Antonio Casimir Cartellieri (1772 - 1807)

  • Tach,


    ich weiss gar nicht mehr, wie ich auf diesen Komponisten gekommen bin. Jedenfalls gehören seine Klarinetten-Quartette und Konzerte eingespielt von Dieter Klöcker auf MDG zu meinen absoluten Lieblingsaufnahmen.



    Meine Kenntnisse über Cartellieri sind eher dünn und stammen von dem leider sehr knappen Artikel bei Wikipedia de.wikipedia.org/wiki/Antonio_Casimir_Cartellieri


    Er war wohl mit Ludwig van Beethoven befreundet. Sein Werk ist leider nicht allzu umfangreich, was aber auch an seinem frühen Tod mit 35 Jahren liegen mag.


    Nun würde ich gerne von euch wissen, ob ihr Cartellieri kennt, was ihr von seinen Werken haltet (Spätbarock oder frühe Romantik oder was ?) und ob ihr weitere Quellen zu seinem Leben und Werk kennt.


    Schon mal vielen Dank !


    VG, Bernd

  • Antonio Casimir CARTELLIERI: Sinfonie Nr. 1


    Nach langer Pause setze ich diesen verdienstvollen - aber weitgehend unbeachteten Thread fort. Schon 2012 erschiene bei jpc alle 4 Sinfonien.

    Ich wurde darauf aufmerksam, als ich mich mit den Sinfonien von Theodor v. Schacht befasste. Im Booklet ist ein Hinweis auf die Catellieri-Sinfonien, da mit gleichem Dirigenten und gleichem Orchester aufgenommen (Gernot Schmalfuß - Evergreen Symphony Orchestra) "Die muß ich kaufen" - war mein erster Impuls - Glücklicherweise habe ich dann - gebrandmarkt durch zahlreiche Doppelkäufe - in meiner Sammlung - bei den - noch Ungehörten - nachgesehen. 'Und wurde fündig.

    Ich werde nun meine Taktik fortsetzen, die ich bereits bei Schacht eingesetzt habe, nämlich jede Sinfonien einzeln zu hören und vorzustellen - und nicht die gesamte CD in Bausch und Bogen kurz zu erwähnen.

    Die hier vorgestellte 1. Sinfonie hate eine Spieldauer von ca 17 Minuten

    und hat 4 Sätze


    Der erste Satz (Allegro) beginnt furios. Das Evergreen Smphony Orchestra aus Taipei, Taiwan legt ordentlich los. Ob dieser Drive in der Komposition begründet ist, oder ein charakteristischer Zug des Orchesters. vermag ich nicht zu zusagen. Auf jeden Fall ist das Ergebnis beeindruckend. Mit knapp über 5 Minuten ist dieser stürmische Satz der längste dieser Sinfonie.


    Welcher Kontrast: der folgende Satz (andante Espressivo) entlockt dem Orchester ein Muster an an Klangschönheit und Süße, das ihm alle Ehre macht. Ähnlich wie Schacht, scheint Cartellieri Bläserstellen zu lieben. Durch ihren prominenten Einsatz erzielt er Wohlklang und Tiefe.


    Es folgt ein Menuetto moderato - in der Tat moderat - und sehr eigenständig. Und wieder runden gegen Satzmitte Blasinstrumente den Gesamtklang ab.


    Das Finale beginnt leise, aber stürmisch, bis sich dann einige Eruptionen quasi als Zäsur einfinden. Danach ein Wechselbad der Stimmungen, wobei als Gemeinsamens Ganzes ein drängender Zug zu erwähnen ist, mal leise, mal erruptiv dazwischenfahrend. Der Ausklang der Sinfonie ist ein Verlöschen.


    Die Wiederentdeckung der Sinfonien Cartellieris, von denen nur bekannt war , daß sie existierten verdanken wir Dieter Klöcker und Gernot Schmalfuß.

    Näheres findet sich im Booklet der Aufnahme.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Antonio Casimir CARTELLIERI: Sinfonie Nr. 2

    Relativ kurz- und nur dreisätzig kommt die 2. Sinfonie daher


    1) Allegro

    2) Andante con variazoni

    3) Allegro


    Also ohne das übliche Menuett.

    Etwas träge, fast an manche mediokren Werke des Barock erinnernd beginnt die Sinfonie, sie gewinnt aber rasch an Fahrt und Temperament - ohne mich persönlich indes begeistern zu können, obwohl auch gelungen Passage zu finden sind. Gut - aber nicht aussergewöhnlich, stets den Charakter ändernd - mir fehlt der "große Bogen" oder aber auch das "Markante"

    Sehr hübsch hingegen der sanfte 2. Satz mit seinen Variationen, er ist schon markanter und eingängiger. Hier mag ein Hauch von Haydn mitklingen.

    Gegen Mitte des Satzes erklingen einige heftge Akzente, die aber den lieblichen Gesamteindruck eher kontrastieren als unterbrechen oder gar stören.

    Mir ist der Satz viel zu kurz..

    Mit dem dritten Satz kommt hüpfende Fröhlichkeit ins Spiel, Hörner geben weitere Akzente. Bald wird es feurig-stürmisch umd kurz danach ins Liebliche zu verfallen. Aber nicht für lange - Schon ertönt das selbe Motiv, das wir schon zu Beginn des Satzes gehört haben. Diesmal aber treibt es dem Ende zu und klingt triumphierend aus.


    Im Booklet ist zu lesen, wie schwierig es war die Noten für die "verschollenen" zwei der insgesamt 4 Sinfonien von Cartellieri zu bekommen, wie sich die Biblithek wo sie versteckt gelagert waren mit allerlei Ausreden schützte sie nicht herausgeben zu müssen (auch keine Kopien) LEdeiglich durch familiäre Bande zu einer Einflußreichen Person des entsprechenden Ministeriums war es dann schliesslich doch möglich. Angebklich kein Einzelfall.....

    WArum man immer wieder Mit Haydn und Beethoben (in verschiedenen Quallen) vergleicht , erschliesst sich mir nicht. Cartellieri hat ansprechende, gelegentlich auch sehr eingängige Musik mit Ohrwurmcharakter geschrieben - für seine Zeitgenossen - und nicht einen Platz in der Musikgeschichte.

    Den hatt er nun aber dennoch bekommen - Wenngleich nicht ganz vorne mit dabei.....

    Dem durchschnittlichen Klassikhörer - zu dem ich mich zähle - kann das aber völlig egal sein.....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Antonio Casimir CARTELLIERI: Sinfonie Nr. 3

    Heute bin ich bei der dritten Sinfonie angelangt, die mit über 23 Minuten Spieldauer die längste der Sinfonien Cartellieris ist.

    Sie hat 4 Sätze:


    1) Adagio maestoso - Allegro presto

    2) Andante poco Adagio

    3) Menuetto Allegro

    4) Finale Allegro


    Sie beginnt sehr zurückhaltend, aber gleichzeitig mit kurzen agressiven Attacken - fast ein wenig abweisend. Gleichzeitig wird (zu recht) suggeriert, daß es sich hier um eine "große Sinfonie" handelt. Der feurige Schwung - ich hatte ihn nicht erwartet - folgt kurz darauf. Cartellieri versteht es, angriffige Stellen mit eingängigem schönen Klang zu verbinden. Hierbei ist vielleicht auch das chinesische Orchester unterstützend beteiligt, das mit auffallender Attacke - niemals aber spröde - spielt.

    Cartellieri muß einen starken Eindruck beim Fürsten Lobkowitz hinterlassen haben, der ja auch Beethoven förderte (mit dem Cartellieri lebenslang befreundet blieb), denn dieser warb ihn von seinem bisherigen Dienstherrn dem Grafen Oborski ab, der ihn nur widerstrebend ziehen ließ.

    Hört man die dritte Sinfonie, kann man verstehen warum.

    Ein Ohrwurm von besonderer Güte und Lieblichkeit ist der 2. Satz, mit zahlreichen Variationen des Themas.

    Aber auch die folgenden Sätze sind mehr als nur hörenswert und haben ebenfalls Orhrwurmcharakter Der markant dritte erinnert mich ein wenig an die "Tänze und Märsche" von Mozart und Beethoven. der Finalsatz beginnt tänzelnd und extrem schnell. Es folgen Attacken des Orchesters. Relativ Schnell erreicht das Orchester die Höchstlautsärke - aber immer wieder kommt das Anfangsthema zum Vorscheine, bis am am Schluß mit Tschinellen verstärkt feurig die Sinfonie beschliesst.


    mfg aus Wien

    Alfred


    clck 2.600

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Vielen Dank für die Vorstellungen! Ich habe sie zum Anlass genommen, diesen mir völlig unbekannten Komponisten ein wenig über YouTube kennenzulernen. Ein Sinfoniker der Mozartzeit, dessen Musik durchaus individuelle Züge aufweist, wie ich finde. Ich werde mir die Musik bei Gelgenheit nochmals anhören und schauen, ob sie bei mir 'gut gealtert' ist.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Antonio Casimir CARTELLIERI: Sinfonie Nr. 4


    Auffallend bei Cartellieri ist IMO die Vielfalt der Stimmungen. Wieder beginnt die Sinfonie Düster-feierlich um dann plötzlich besonders aggressiv-vitale polternde Töne mit Geschindigkeitsrausch anzuschlagen, die aber andauernd durch mildere Stellen abgefedert werden. Was sich mir allerdings nicht erschließen will ist, warum die Tempobezeichnung des ersten Satzes "Adagio" lautet.

    Des ungeachtet hier die Satzbezeichnungen wie sie im Booklet abgedruckt sind


    1) Adagio

    2) Andante poco adagio

    3) Menuetto Allegro

    4) Finale Allegro


    Der zweite Satz erinnert mich flüchtig an den Beginn von "Ah! vous dirai-je, Maman"

    Der dritte Satz, eingängig aber nicht aufregend - sieht man von der Umspielung des Themas durch die Bläser ab.

    Der Finalsatz voll Feuer , etwas, das viele Stellen in Cartellieris Sinfonien charakterisiert, vielleicht gelegentlich ZU polternd und mit Attacke, wobei er immer wiederdurch die Kontraste mit besonders klangschönen Passagen die Balance wahrt.


    Stellenweise feurig wie Beethoven - aber nicht unbedingt ähnlich....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !