Wagnertenöre von gestern und heute

  • Liebe Forianer,



    Obwohl ich mit diesem Thema schon einmal "baden" gegangen bin, probier ich es nochmals, und zwar deshalb, weil ein "glücklicher Zufall" (dem ich vielleicht ein klein wenig nachgeholfen habe :happy:)hier doch einige Opernfreunde zusammengewürfelt hat, die zu diesem Thema was zu sagen haben.
    Also ich stelle mir vor, daß hier legendäre Wagnertenöre der Monozeit, wobei es keine strengen Abgrenzungen geben soll, mit jenen der Stereo-Epoche, und nicht zuletzt Aufnahmen der Digitalära
    verglichen werden, bzw das jeweils Einzigartige des Künstlers beschrieben werden, vorzugsweise unterstrichen anhand von CD-Beispielen.





    Als "Neuwagnerianer" werde ich diesem Thread vielleicht nicht allzuviel zu bieten haben, meine Wagnerbegesterung ist relativ jungen Datums (von meinen 7 Operngesamtaufnahmen sind 3 erst seit ca 2-3 Monaten in meinem Besitz, auch hab ich ein paar historische Arien-CDS) und so wird mein Beitrag zu diesem Thema wohl hauptsächlich darin bestehen, es gestartet zu haben. Aber natürlich sind mir etliche Sänger diese Genre (vor allem historische) ein Begriff. Lediglich in der Einschätzung fühle ich mich nicht so treffsicher, wie bei Mozart-Sängern...


    Man könnte das Thema vielleicht so gestalten, zu untersuchen, ob die Zeit der großen Wagner-Tenöre,
    wie oft behauptet wird, vorbei sei,. oder aber ob dies nur ein Mythos ist. Die Archive, die wir zum Vergleich benötigen, sind ja zum Glück übervoll....


    Ich hoffe auf zahlreiche Beteiligung


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nicht verzagen, caro Alfredo,
    ein Appell an die anderen Forumsteilnehmer: Macht dabei mit. Aus Euren Stellungnahmen sehe ich den einen oder anderen, dem Wagner nahesteht. Also, los.


    Das von AS aufgeworfene Thema ist natürlich gemeinerweise ein komplexes, das sich nicht mit den Zuständen ja/nein, O/1 lösen läßt.



    Meine Theorie: Es gibt keine bessere Zeit für Wagner-Tenöre als die Zeit, in der wir sie gerade hören.


    Nun, die Basis meines Statements ist mein Geschmack. Dieser sagt mir, daß ich Wagner-Tenöre lieber singen als brüllen höre.


    a) dadurch bleiben aus den Urzeiten bis zur Zeit nach den frühen 50er-Jahren nur wenige Sänger übrig.
    Als Beispiel ist Slezak zu nennen.


    b) von den Zeiten danach:
    Ramon Vinay, Jess Thomas, James King, Wolfgang Windgassen, Rene Kollo


    c) in der Jetztzeit:
    Johann Botha (für mich nicht nur figürlich, sondern auch stimmlich der Slezak des 21. Jahrhunderts - er singt auch den Canio, den Andrea Chenier etc.)


    Peter Seifert
    Ben Heppner
    Gösta Whimberg (leider verstorben)
    Thomas Moser


    und viele, die ich in meiner Alterssenilität vergessen habe.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Nicht grundsätzlich, sondern nur und im Moment ausschliesslich zu Botha.


    Vor ca. drei Wochen habe ich ihn im "Parsifal" bei Levine in München gehört und bin sehr unzufrieden geblieben. Keine Spur von der Individualität, von einer Ausstrahlung, von einer Rollenführung, eine 08/15 Variante. Da wäre sogar der aktuelle Bayreuth-Schlammschlachtheld gefühlvoller.

  • Lieber peet,


    Das überrascht mich etwas, aber manchmal verlieren auch die Bayern gegen die Löwen.
    Ich habe Botha in folgenden Rollen live erlebt:
    Canio, Turiddu: Eindruck gut
    Andrea Chenier: Eindruck gut
    Parsifal: Eindruck hervorragend.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

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  • Hallo peet,


    Canio, Turiddu: Jänner 2003
    Andrea Chenier: Juni 2003


    Parsifal: Im April 2004


    Damit ich nicht vergesse, den Stolzing mit ihm habe ich 2002 an der Wiener Volksoper gehört.
    Eindruck: Hervorragend

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • An alle Wagnerianer!!!


    Ich bin kein Wagner-Fan, habe aber Interesse an Wagner!!


    Welche Opern bzw. Aufnahmen könnt ihr mir empfehlen???


    Hab bis jetzt nur einen Lohengrin mit Rudolf Schock, Gottlob Frick, Josef Metternich, Margarete Klose aus dem Jahre 1953 unter Wilhelm Schüchter. Einfach großartig.
    und
    eine Götterdämmerung mit Cook, Brinkmann, Tervo, die mir nicht so gut gefallen hat. Liegt es daran, dass ich mit ihr einen Fehlgriff gemacht habe oder dass die Götterdämmerung an sich nicht gerade ein guter Einstieg ist???


    Der Lohengrin ist meine zweite Aufnahme von Wagner und jetzt ist meine Frage: Was haltet ihr von Schock, und welche Aufnahmen mit ihm oder anderen großen Tenören könnt ihr mir empfehlen!!


    Vielen Dank im Voraus


    Mfg Joschi

  • Ich würde auch Ludwig Suthaus,Franz Völker und Spas Wenkoff, Set Svanholm nicht ausser acht lassen, wenn es um Heldentenöre geht.


    Gruss Heldenbariton :)

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • @DonBasilio


    Lohengrin ist als "Einstieg" imho gut geeignet. Die Götterdämmerung hingegen ist was für Fortgeschrittene, hinzu kommt, daß es sich ja um den letzten Teil der Ring Tetralogie handelt und sie sich daher weder inhaltlich noch musikalisch ohne Kenntnisse der anderen Teile erschliesst.
    Allg. Empfehlungen zum Einstieg bei Wagner sind ohnehin schwer. Ich selbst habe - zufällig - mit dem Holländer angefangen (Vorteil: kurz), meine Frau hat als erstes Werk Tristan erlebt - und war hin und weg.
    Der Lohengrin, den Du hast ist eine sehr schöne Aufnahme. Schock hatte eine der schönsten Tenorstimmen der Nachkriegszeit, war sicher kein "Wagner Tenor" i.S. des Heldentenors aber ein sehr guter Lohengrin und Stolzing (und Max); Klose war zu dieser Zeit immer noch eine excellente Ortrud und auf CD gibt es keinen besseren Telramund als Metternich.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Hallo,


    in der Aufzählung der Nachkriegstenöre fehlt vor allem noch Sandor Konya. Mit Abstrichen könnte man noch Manfred Jung und Peter Hofmann erwähnen.


    Halt! Vor Jung und Hofmann ist wohl noch Siegfried Jerusalem einzureihen.


    Ein Kapitel für sich ist Jon Vickers. Nicht jedermanns Geschmack, aber ich glaube, sein Siegmund und sein Tristan sind irgendwie singulär in den letzten Jahrzehnten.



    @DonBasilio
    Bei Bedarf kann man deinen Lohengrin schon noch verbessern. Da gäbe es einige Möglichkeiten. Aber so lange du mit ihm zufrieden bist, kannst du dich ja anderen Werken Wagners wiedmen.


    Generell ist es schwer abzuschätzen, wer auf welches Wagner-Opus besonders anspricht. Aber im Zweifel würde ich mich einfach an die historische Abfolge halten (Holländer, Tannhäuser, Lohengrin,....)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Hallo DonBasilio,


    Rudolf Schocks Ruf hat m.E. unverdienterweise darunter gelitten, daß er in der Spätphase seiner Karriere (Ende der 60er und 70er Jahre) häufig im Fernsehen auftrat und dort operettenhaft-leichtes (und häufig auch volkstümlich-seichtes) Repertoire in Galasendungen gesungen und präsentiert hat (ähnlich ging es Anneliese Rothenberger). Für mich war er immer ein sehr zuverlässiger lyrischer Tenor mit etwas verquetschtem Timbre und zu kurzer Höhe, aber sehr guter Diktion. Die Tendenz zum Forcieren bei den Spitzentönen ist in den 60er Jahren immer stärker geworden, so daß ich guten Gewissens eigentlich nur die frühen Aufnahmen empfehlen kann: bei Wagner also noch die ausgezeichnete Kempe-Aufnahme der "Meistersinger" (EMI, mono, 1956), dann noch die klassische "Ariadne" unter Karajan (EMI, mono, 1954) oder etwa den Keilberth-"Freischütz" ( EMI, stereo, 1958 ).


    Ansonsten würde ich Dir empfehlen, einfach "draufloszuhören". Generell kann man sagen, daß man als schallplattentechnisch "goldene Zeit" des Wagnergesanges etwa den Zeitraum von 1925 bis 1945 bezeichnen kann, die "silberne Zeit" lief dann von 1945 bis etwa Mitte/Ende der 60er Jahre und danach gab es trotz einiger seltener Höhepunkte dann einen spürbaren Niedergang der Gesangsqualität (Tiefpunkt wohl Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre, etwa die Zeit in der die von Theophilus erwähnten Herren Jung und Hofmann sangen). Heute gibt es heldentenortechnisch wieder ein wenig Licht am Ende des Tunnels (Heppner, Seiffert, Botha, mit Einschränkungen Franz).


    Tenöre, die du hören solltest (nicht nur in Gesamtaufnahmen, sondern auch in Einzelaufnahmen von Szenen), wären: Melchior (alle großen Tenorrollen), Lorenz (vor allem Tristan, aber auch Rienzi und Siegmund) Völker (Lohengrin, möglichst die Ausschnitte von 1936 aus Bayreuth), Suthaus (Stolzing Bayreuth 1943, Tristan und Siegmund unter Fürtwängler), Anders (als Lohengrin und Stolzing), Treptow (hervorragender Tristan 1950 unter Knappertsbusch), dann den unvermeidlichen Windgassen (viele Bayreuther Mitschnitte), Sandor Konya (1958er Lohengrin mit Cluytens in Bayreuth) und Jon Vickers (Siegmund unter Karajan/Leinsdorf, Tristan). Du siehst: wer sich mit Wagner intensiv beschäftigen will, braucht Zeit (und ein bißchen Kleingeld :D)


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Kann mich der Ansicht von GiselherHH anschliessen; allerdings ist man, wenn man die erwähnten Tenöre des goldenen Zeitalters gehört hat, für die heutigen Vertreter des schweren Wagner Fachs verloren (Kritiker kompensieren das dann immer mit dem Hinweis auf "darstellerische Qualitäten").
    Eine CD für die einsame Insel ist sicher

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Hallo zusammen,
    Als ich mich so vor ca 15 Jahren mal mit einem Gesangsstudenten unterhalten habe, und ihn fragte, wen er zur Zeit für den besten Wagnertenor halte, sagte er Placido Domingo. Nun kommt er ja in diesem Fach in diesem Forum überhaupt nicht gut weg. In der Aufzählung hier kommt er auch nicht vor. Ich habe Domingo dann auch mal vor einigen Jahren live in der Walküre in Wien gesehen und fands, von ein paar Sprachproblemen mal abgesehen eigentlich auch nicht schlecht. Allerdings muss ich dazu sagen, dass Wagner nicht gerade mein Spezialgebiet ist. Auf der anderen Seite habe ich neulich den Lohengrin mit Peter Hofmann auf DVD geschaut und habe es schon allein wg seines starken Vibrato wegen nicht lange durchgehalten, da würde ich dem Allrounder Domingo klar den Vorzug geben. KAnn mich mal jemand aufklären was genau Domingo in den Augen der Wagnerkenner so indiskutabel macht und vielleicht was der grundsätzliche Unterschied zwischen einem Wagner und Verdisänger ist, abgesehen von der Sprache natürlich ?


    Gruss
    Syrinx :hello:

  • Zitat

    Zitat Misha
    allerdings ist man, wenn man die erwähnten Tenöre des goldenen Zeitalters gehört hat, für die heutigen Vertreter des schweren Wagner Fachs verloren


    Seltsam, bei mir ist es genau anders herum - und keineswegs nur aus darstellerischen Gründen.
    Dazu muß ich allerdings etwas zu meinem Wagner-Bild vorausschicken. Meiner Meinung nach hat sich das Wagner-Bild in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts etwas verschoben zu langsam und laut. Zwangsläufig braucht's dafür Sänger, die brüllen können, egal, was im Text steht.


    Wenn ich mir nun die meisten der sogenannten Heldentenöre "von früher" anhöre, packt mich das nackte Entsetzen. Da wird die Rolle in einem Timbre durchgebrüllt, die szenische Darstellung kann gar nicht steifer als die vokale gewesen sein. Die Wortdeutlichkeit ist entweder in der Gegend von Null, oder die Konsonanten werden mir an den Kopf gespuckt, daß ich ganz automatisch in Abwehrstellung gehe.


    Der Höhepunkt der tenoralen Geschmacklosigkeiten sind dann zumeist die "Wälse"-Rufe, über die Wagner zwar eine Fermate gesetzt hat. Wenn er aber gewollt hätte, daß "Wä-" so grotesk überdehnt wird, wie das früher gerne gemacht wurde, dann hätte er wohl einen anderen Notenwert mit Fermate versehen. Solche Sachen haben mit der gesteigerten Deklamation, die meiner Meinung nach Wagners Basis ist, nichts mehr zu tun.


    Deshalb bin ich mit der heutigen Situation nicht ganz unzufrieden: Etwas leichtere Stimmen (was gut zu zügigeren Tempi und klarerem Kontrapunkt paßt), klug und nuanciert geführt, in besseren Fällen mit natürlicher Diktion ohne Verzerrung, vokal beweglich, in der Bandbreite des Ausdrucks vom Liedhaften bis zum dramatischen Höhepunkt - der eben ein Höhepunkt ist und nicht eine Höhestunde, intelligent statt eindimensional heldisch.


    Soll heißen: Zur "alten Art" der Wagner-Interpretation paßten auch diese Heldentenöre. Ich bin aber sehr froh, daß Wagner heute nicht mehr so aufgeführt wird, denn sonst ginge mir einer der mir wichtigsten Komponisten im Kanon meiner Top-Genies verloren.


    :hello:

    ...

  • Ich höre gerade einen Mitschnitt der "Götterdämmerung" - Covent Garden 1970, Martti Talvelas erster (und einer von wenigen) Hagen. Dabei fällt mir der Name des Siegfried-Sängers auf : Karl Josef Hering, ein eher lyrischer Held in der Art eines Windgassen, sehr gut. Von ihm weiss ich nur, dass er zu dieser Zeit an der Deutschen Oper Berlin engagiert war, seine Karriere aber aufgab, um nach meinen Informationen Gastwirt am Wannsee zu werden.
    Hat jemand mehr Informationen ueber Hering?


    Mikko

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  • Hallo Mikko,


    Hering sang an der DOB auch Florestan und Bacchus..
    er gab seine Karriere wegen eines Hüftleidens auf.
    Wo ist der von Dir erwähnte Mitschnitt erschienen??


    :hello:Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Guten Morgen,


    Im MET-Ring unter James Levine gefallen mir


    Gary Lakes als Siegmund und


    Reiner Goldberg als Siegfried


    sehr gut.


    Habe allerdings von keinem von beiden, weder vorher noch nachher, anderes gehört.


    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)


  • Meine Begeisterung für Wagner ist noch relativ neu - Dein zitiertes Statement entspricht aber auch meinem "Empfinden".


    Im vergangenen Jahr habe ich Seifert mehrmals im Ring gehört. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir seine Stimme allerdings nicht.


    Dagegen hat mich Ben Heppner so sehr (allerdings anlässlich eines konzertanten Fidelio) für sich eingenommen, dass ich bei der nächsten Gelegenheit Karten für sein Wagner-Recital besorgt habe und mich auf ihn im kommenden Monat im Lohengrin freue. Mir gefällt besonders die sehr lyrisch geführte Stimme und sein Timbre sowie seine ausgezeichnete Diktion. Meine Zuneigung hat sogar zum Erwerb von etlichen CDs geführt - obwohl ich normalerweise eher Soprane sammle.


    Herzlich grüsst LaCastafiore

  • Zitat

    Original von heldenbariton
    Hallo Mikko,


    Hering sang an der DOB auch Florestan und Bacchus..
    er gab seine Karriere wegen eines Hüftleidens auf.
    Wo ist der von Dir erwähnte Mitschnitt erschienen??


    :hello:Heldenbariton


    Hallo heldenbariton!


    Danke fuer die Antwort. Der Götterdämmerungsmitschnitt (u.a. mit Ludmilla Dvorakova als Bruennhilde) scheint eine Rundunkuebertragung zu sein, nicht offiziell erschienen, sondern bei einer yahoo-Tauschgruppe heraufgeladen.


    Mikko


  • Hallo Austria,
    Beide waren Eintagsfliegen mit schwachen Nerven. Besonders Goldberg war eine permanente Risikobesetzung. Und seine Stimme nicht Jedermanns Sache. :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Beim Thema Heldentenöre - ich habe dies wohl schon einige Male angemerkt - gilt m.E. der Satz "gute Sänger gab es nur früher" am deutlichsten. Das ist freilich mit einer gewissen Ironie gemeint!


    Seit Wagners Zeiten gabs kaum je wirklich befriedigende Heldentenöre, Herr Schnorr von Carolsfeld soll wohl einer gewesen sein. Auf den Bildern war er äußerlich das Kaliber Heppner, ist mit 29 Jahren gestorben, wohl eher am Diabetes, der damals ja eine todsichere Krankheit war, denn an der Überanstrengung durch die Partie des Tristan.


    Dann kam nicht viel, wie man in der CD-Box von Gebhardt hören kann: viele laute Stimmen, die gnadenlos drauflosbrüllten ohne Rücksicht auf irgendwelche Nuancen. Eine Ausnahme war Jacques Urlus, aber: wenn man das ewige Statement, dass nur ein baritonaler Tenor ein wirklicher Heldentenor sein kann, ernst nimmt, dann selbst er nicht mehr als ein hochgeschraubter Tamino oder Evangelist (beides hatte er gesungen!). M.E. zweifellos einer der größten seit es Aufnahmen gibt!


    Der potted Ring wurde teilweise neu aufgenommen, als Lauritz Melchior erschien, der seitdem, da ja eigentlich immer Bariton, seitdem als Riochtschnur dient. Er war aber schon zu Lebzeiten eine Ausnahmeerscheinung! Der ursprüngliche Siegfried der Schellacksammlung hieß Rudolf Laubenthal, ein tüchtiger Sänger, doch solche gibts heute und gabs immer! Und in seinen amerikanischen Jahren (während des rieges) war er in der neuen Welt nicht zu ersetzen: da gabs keinen zweiten Tristan oder Tannhäuser!


    Franz Völker sang in jungen Jahren toll Aufnahmen ein, mit Mitte 40 wurde es eng, mit Anfang 50 war Schluss. Max Lorenz war eher ein dramatischer Charaktertenor mit greller, alles durchdringender Stimme und blitzkriegartige´m Vorwärtsdrang. Teilweise beeindruckend, wo's hysterisch sein darf, aber bitte (!) nicht nachahmen!


    Dann kam Neubayreuth und das Gerede,es gäbe keine Wagnertenöre mehr. Diese hießen Wolfgang Windgassen, Bernd Aldfenhoff, Günther Treptow, Ludwig Suthaus, Ramon Vinay oder Hans Hopf. Uns gelten sie heute als das Maß, an dem sich unsere heutigen Sänger nicht mehr messen können. Liest man z.B. alte Schallplattenrezensionen, so erfährt man, dass Suthaus der Schwachpunkt von Furtwänglers legendärem Tristan war, uns heute unverständlich, und ich meine: zurecht!


    Die Sänger, die ja eigentlich nicht mehr Wagner singen konnten hießen dann René Kollo, Peter Hofmann, Siegfried Jerusalem, Jean Cox, James King oder Jon Vickers. Diese erscheinen uns natürlich heute als die letzten großen, denn heuer ists ja noch schlimmer!


    Erstaunlich, dass Wagner überhaupt noch aufgeführt wird, und das nicht nur in Bayreuth oder den Opernmetropolen! Ich erinnere mich an wirklich sehr gute Ring-Aufführungen aus Hannover, einen gesanglich sehr beachtlichen Tristan aus Lübeck, gute Aufführungen aus Kassel oder Kiel. Hier bei uns in Lübeck wird in der nächsten Saison sogar ein Ring geschmiedet!


    Ich hoffe ja auf Resonanz auf meinen Sermon, den ich hier mal schnell in die Tasten haue, möchte aber abschließend noch erwähnen, welche Aufnahmen ich für außergewöhnlich halte und wer meine ganz persönlichen Favoriten in den Gesamtaufnahmen sind:


    Lauritz Melchior - Romerzählung und Siegfrieds Tod sowie Brautgemachszene aus Lohengrin (mit Emmy Bettendorf)


    Franz Völker - Lohengrinszenen aus Bayreuth 1947


    Gesamtaufnahmen (nach Rollen):


    Erik: Wofgang Windgassen und Peter Seiffert


    Tannhäuser: Ludwig Suthaus


    Lohengrin: Peter Anders und Peter Seiffert (nur nicht bei Barenboim!)


    Tristan: Jon Vickers


    Stolzing: Peter Seiffert und Ben Heppner


    Siegmund: Lauritz Melchior und Ramon Vinay


    Siegfried I: René Kollo


    Siegfried II: Max Lorenz


    Parsifal: Siegfried Jerusalem



    So, vielleicht liest es ja jemand!


    Gruß aus Lübeck,
    Dieter

  • Zitat

    Original von vitelozzo-tamare
    Lohengrin: Peter Anders und Peter Seiffert (nur nicht bei Barenboim!)


    Lieber langer Nick,


    ;)


    in Lübeck ist eine meiner liebsten Freundinnen Harfenistin an der Oper...


    Der Seiffert-Lohengrin unter Barenboim ist wirklich eine Tragödie. 2001 hörte ich ihn im Radio aus Bayreuth und war überwältigt: sehr deutlich eine Völker-Kopie, aber besser als das Original in seinen besten Tagen.


    Einfach nur wunderbar, sehr lyrisch und doch strahlend. Lohengrin eben...


    :angel:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Grundsätzlich verweise ich auf meinen Beitrag weiter oben im Thread. Ansonsten bin ich der Auffassung, dass man faute de mieux vor allem die schweren Heldentenorrollen Wagners (Tristan, Siegfried, Tannhäuser) seit Ende des 2. Weltkrieges tendenziell zu leicht besetzt hat. Es bereitet kein Vergnügen, wenn man Tenören zuhören muss, die von ihren vokalen Gegebenheiten den Rollen einfach nicht gewachsen sind, daher ins Stemmen, Schreien und Deklamieren ausweichen müssen und damit bestenfalls eines Skizze, schlimmstenfalls eine Karikatur des Gemeinten abliefern. Das bedeutet andererseits aber auch nicht einen Freifahrtschein für Stimmprotzerei und tenorale Eitelkeiten. Mir sind daher die Stimmen am liebsten (nicht nur im Bereich der Heldentenöre), die nicht andauernd an die Grenze ihrer stimmlichen Mittel geraten, sondern noch mit Reserve singen, die sie dann an den Höhepunkten effektvoll einsetzen können, also ein gesunder Stimmklang. Wenn solche Stimmen im Wagnerfach Mangelware sind, dann muss man eben die Konsequenzen daraus ziehen und durch andere Maßnahmen dafür sorgen, dass die Werke aufgeführt werden können: niedrigere Orchesterstimmung, dynamische Anpassung des Orchesters an die Leistungsfähigkeit der Sänger, kleinere Orchesterbesetzungen etc. Allerdings gibt es für mich auch da Grenzen. Eine Bachevangelistenstimme wie Klaus Florian Vogt als "Heldentenor" zu bezeichnen, halte ich, mit Verlaub, schlcht für indiskutabel.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Lieber Giselher,


    kennst Du die Aufnahme des fliegenden Holländers auf "period instruments" unter Bruno Weil?


    Nicht perfekt, aber sehr vielversprechend - ich hätt' so gern einen Tristan ohne Stahlsaiten und Brutalblech...


    Ohne Hoffnung grüßt
    der
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Hallo BBF,


    die Weil-Aufnahme habe ich und sie ist wirklich recht gut (der Erik von Jörg Dürmüller (?) gefällt mir besonders). Es klingt manchmal eher nach Weber und Marschner, was dem Frühwerk-Charakter in Wagners Oeuvre ja auch ganz gut entspricht. Beim "Tristan" wäre ich da ein weng skeptischer. Da ist Wagners Personalstil voll entwickelt und der verlangt nun einmal eine sehr flexible Agogik jenseits purer Metronomisiererei (Wagner war ja erklärter Gegner des klassischen Dirigierstils Mendelssohns). Was mir bei den HIP-Wagner-Aufnahmen z.B. Norringtons mißfällt sind nicht die Tempi, sondern seine offenkundige Weigerung, die Tempi nicht einfach nur herunterzuschlagen, sondern flexibel zu handhaben. Da müssten die meisten HIP-Dirigenten noch einiges lernen...


    :hello:


    GiselherHH


    P.S.: Hans Sachs sagt: "Die Hoffnung lass ich mir nicht mindern, nichts stieß sie noch über'n Haufen!" ;)

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • Lieber Giselher,


    das regt mich ja auch zB bei den Beethoven-Symphonien mit Gardiner so episch auf. Wo doch historische Instrumente im Grunde so viel mehr Klangfarben, Flexibilität und Intensität zulassen würden...


    Vielleicht kriegt ja Herreweghe nach dem Bruckner- auch noch den Wagner-Rappel ;) .


    Schön wär's...


    Und wann befreit uns endlich ein Dirigent vom Brutalblech-Verdi???


    :hello:
    BBF

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Zitat

    Original von Barockbassflo
    ...
    Und wann befreit uns endlich ein Dirigent vom Brutalblech-Verdi???
    ...


    Soll doch Harnoncourt mit seiner Aida schon längst gemacht haben?!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • ...on :shudder: modern :shudder: :wacky: 8o:no: :angry: instruments?????


    ;)
    BBF (der mit Aida so GAR nix anfangen kann...)

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Hallo Leute,


    wo steht denn, das Suthaus der Schwachpunkt von Furtwänglers "Tristan" ist ??
    Der Schwachpunkt der Aufnahme ist (für mich) Greindl.


    Und das Völker als Lohengrin in Bayreuth 1936 Furore machte, ist unbestritten.
    Auch Völkers Siegmund aus München 1947 kann sich noch hören lassen...


    :hello:Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Komisch, für mich ist Flagstad der Schwachpunkt,


    deren hohe Töne von Schwarzkopf gesungen wurden.


    Sicher gibt es auch jemand, für den Fischer-Dieskau


    der Schwachpunkt ist. :D


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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