Epochenunterteilung in der klassischen Musik

  • Mittelalterliche Musik: um 900 - um 1430
    Renaissance: um 1430 - um 1600
    Frühbarock: um 1580 - um 1620
    Hochbarock: um 1620 - um 1680
    Spätbarock: um 1680 - um 1750
    Wiener Klassik: um 1760 - um 1830
    Klassik: um 1780 - um 1830
    Romantik: um 1820 - um 1900


    Natürlich ist die Einteilung nicht eindeutig, wie würdet ihr sie gestalten?

    Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die Menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher.
    - Albert Einstein (1879-1955)

  • Salut,


    was ist mit der Lücke 1750-1760 bzw. 1750-1780 ???


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • diese Einteilung kann nicht unwidersprochen bleiben, wobei mir klar ist, daß es immer "Grenzfälle" geben wird, Komponisten, die in kein Zeitklischee zu pressen sind.


    Mittelalterlich war die Musik von Gregor dem Großen (um 600) bis in die Regionen der Hoch-Reinaissance und etwa mit dem Tode Josquins (1521), etwa zeitgleich mit der Reformation Martin Luthers ging diese Epoche zu Ende und ist demzufolge für eine Treminologie kaum brauchbar !


    Mein "Versuch" einer Einteilung_


    Musik der späten Antike bis Frühes Mittelalter: um 600-um 900
    Musik der Gotik: um 1000-um 1300
    Am Anfang stehen hier die "Ars Antiqua" und "Ars Nova" , Leonin, Perutin und die frühe Mehrstimmigkeit


    Musik dert Gotik: um 1300-um 1400
    wichtige Komponisten: Landini, Ciconia, Machaut, Dunstable


    Musik der Rennaissance: nach 1450-nach 1550 (eine schwer zu fassende Epoche)
    Josquin, de Rore, Willaert


    Musik der Hoch-Renaissance/Frühbarock
    nach 1550-1600
    erste Versuche von Mehrchörigkeit bei Andrea Gabrieli und Jacobus Gallus


    Musik des Frühbarock-Hochbarock
    nach 1600-1700
    Geistliche Konzerte Viadanas
    die "monodische" Schreibart Monteverdis wurde stilprägend
    Giovanni Gabrieli, Heinrich Schütz


    Musik des Hochbarock ab 1650-1720
    Lully, Corelli, Purcell, Fux


    Musik des Spätbarock ab ca. 1730 bis nach 1750
    Bach, Händel, Telemann, Rameau



    Musik der Frühklassik um 1740-1770
    Mannheimer und "1. Wiener Schule, Wagenseil, Monn)


    Musik der Klassik: um 1760 bis 1827


    Musik der Romantik (lass ich weg)
    es gibt ihn nicht, DEN romantischen Komponiten per Excellence


    Musik nach Beethoven:
    ab 1830 bis 1914

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Zitat

    Musik nach Beethoven:
    ab 1830 bis 1914


    Und dann? Da fehlen ja noch rund 100 Jahre bis heute! Auch bei Philippe Duc d'Orléans ist um 1900 Feierabend! Das zählt ihr wohl nicht mehr zur klassischen Musik?


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Hallo Philippe


    Ich würde Spätbarock früher beenden und zwische Spätbarock und Wiener Klassik die Vorklassik oder aber auch "mannheimer Klasssik" einschieben. Die "Wiener Klassik" IST ja die Klassik im musikalischen Bereich, ich würde sie später beginnen lassen, weil ja nicht alles was Haydn schrieb bereits "Wiener Klassik war, genauso wie Schuberts Lieder eher der Romantik nahestanden als der Wiener Klassik.


    Auf jeden Fall hat Thread gezeigt, daß eine lineare Darstellung nicht möglich und auch nicht richtig ist. Hat Johann Sebastian Bach beispielsweise bis ans Ende seiner Tage im barocken Stil komponiert, waren zur etwa gelichen Zeit bereits die Gebrüder Benda und Johann Stamitz, Georg Matthias Monn und Carl Philipp Emanuel Bach aktiv, die IMO weder dem Barock noch der Wiener Klassik zugerechnet werden können. Der Verlauf war also, wie wir sehen gleitend.


    Auch die Spätromantiker fehlen in der Aufstellung, die Klassische Moderne (auch wenn man sie ablehnt, sie existiert nun mal :D) und das "danach" mit all seinen "Spielarten" :P


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zitat

    Original von salisburgensis


    Und dann? Da fehlen ja noch rund 100 Jahre bis heute! Auch bei Philippe Duc d'Orléans ist um 1900 Feierabend! Das zählt ihr wohl nicht mehr zur klassischen Musik?


    Thomas


    Na ja, der Rest interessiert mich ehrlich gesagt kaum noch. :D Ihr dürft das ja gern noch ergänzen.

    Zwei Dinge sind unendlich: Das Universum und die Menschliche Dummheit. Aber beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher.
    - Albert Einstein (1879-1955)

  • Hallo


    Sehr schwierig ist so eine Unterteilung allemal, weil ja kein Komponist beschließt, so jetzt ist das das Jahr 1825, jetzt komponiere ich romantisch oder so. Beispiel Beethoven/Schubert, gemeinhin als romantischer Klassiker und klassischer Romantiker bezeichnet. Eine klare Grenze zu ziehen, wo die Klassik aufhört und die Romantik anfängt ist extrem schwer. (Sind Beethovens letzte Streichquartette und Klaviersonaten in irgendeiner Hinsicht klassisch?)


    Dazu kommen die Komponisten, die immer ihrer Zeit ein bisschen hinterher sind, wie beispielsweise Rachmaninoff, der bis weit ins 20. Jahrhundert hinein überwiegend spätromantische Musik schreibt, ähnlich Sibelius.
    Oder einer wie Otto Nicolai, der sieben Jahre nach dem Erscheinen von Wagners (hochromantischem und progressiven) Holländer seine frühromantische Nummernoper "Die lustigen Weiber" veröffentlicht.


    Dennoch gibt es für mich Schlüsselwerke, die sozusagen das Ende der Epochen markieren. Beispielsweise Beethovens Neunte, die die Wiener Klassik auf den Gipfel führt, oder der Ring des Nibelungen, der die romantische Oper toppt sowie Schönbergs Gurrelieder und Mahlers Lied von der Erde, die für mich die größten spätromantischen Schöpfungen darstellen.


    Gruß, flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Hi pianoflo


    Zitat

    ...oder der Ring des Nibelungen, der die romantische Oper toppt...


    Das ist jetzt interessant. Ich hätte gemeint, dass der Höhepunkt der deutschen romantischen Oper der Lohengrin sei, danach ist Wagner in neue Gefilde entschwunden...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Nochmal: ich habe einfach Schwierigkeiten mit der zeitlichen Definition für Romantik überhaupt, denn "romantische" Züge hatte Musik lange, bevor die zeitliche Bemessungsgrenze dafür überhaupt in Sicht war, es gibt z.b. in "The Fairy Queen" von Purcell (1692) Chorsätze, die alles das an sich haben, was gemeinhin "romantische" Musik ausmacht....
    Andereseits gibt es bei Beethoven reichlich Romantisches, aber dennoch denke ich, kann man mit seinem Tod 1827 eine Zäsur setzen...
    Nach Beethoven kam Mendelssohn, aber den als Romantiker zu bezeichnen, tu ich mich schwer, denn er ist der Hauptmeister des Klassizismus, einer Richtung, die auch in der bildenden Kunst und Architektur ihre Parallelen hat (Schinkel). Schumann steht dann als petrson vielleicht als der "romantischste" aller Komponisten da.
    Tatsache ist, daß mit dem Auftreten Wagners die Spätromantik eingeläutet wird, wobei der "zeitgleiche" Brahms eher da wietermacht, wo Beethoven und Mendelssohn aufegört haben und noch während meines Studiums stritten wir darüber, ob Mahler nun der letzte Spätromatiker oder der "Vater der klassischen Monderne" war ! ich denke, er war beides ! Ihr merkt schon, es ist vertrackt und ideale Schubladen wie für die Epochen davor lassen sich nicht mehr finden.
    Wann und wo beginnt z.b. die "Klassische Moderne" ?
    Mit Mahler ? Oder doch erst mit Schönberg ? Fragen über Fragen !!!

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Solch eine Unterteilung ist hinfällig denn sie greift einfach nicht.
    Da werden dann irgendwelche Komponisten hernagezogen und an denen wird dann eine Epoche fest gemacht.
    Um 1770 hat man in vielen europäischen Ländern schon längstens Symphonien und Streichquartette gespielt, und doch gab es immer noch einzele Reginonen wo ganz derb noch im Barockstil geschrieben wurde.
    Das ist bei jede musikalischen Epoche so.
    Ob die genannten (jetzt nicht hier) wirklich dann so Stilbildenden waren mag dahingestellt sein.


    Die Einteilung von BigBerlinBear kann ich noch am ehesten zustimmen auch wenn bei dem Mittelater etwas ergänzen muss.


    Ich denke es ist auch noch zu früh das 20. Jahrhundert in verschiedenene Kategorien einzuteilen, das überlasse ich meinen Nachfahren :D


    Anmerkung zum Mittelalter: Vor der Ars Antiqua kommt noch die Notre Dame Epoche etwa 1200-1300


    Die Ars Antiqua und die Ars Nova werden in die Zeitspanne 1300-1400 eingestuft.
    Fällt als in die Epoche der Gotik, der Beginn der Frühgotik wird mit 1235-50 angegeben.

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  • @ theophilus


    Dass der Ring des Nibelungen die romantische Oper toppt, war vor allem auch auf die Ausmaße bezogen. In der Romantik war ja ein gewisser Gigantismus (böse Zungen behaupten Größenwahnsinn) oft auszumachen, die Sinfonien und Opern wurden immer länger, die Orchestrierungen üppiger usw.. In dieser Hinsicht treibt der Ring des Nibelungen diese Entwicklung definitiv auf die Spitze.


    Ob Wagner wirklich stilistisch in neue Gefilde entschwebte nach dem Lohengrin, nun, ich weiß nicht so recht. Ich finde den Ring stilistisch nicht fortschrittlicher als Lohengrin und Tannhäuser.


    Zum Thema allgemein noch eine Anekdote aus dem Musikhochschulleben, die die Probleme des Schubladendenkens zeigt: Ein Klavierstudent wollte zum Examen eine Schubert-Sonate (ich glaube die C-Moll-Sonate) als die verlangte klassische Klaviersonate spielen. Der Prüfungsausschuß sah das überhaupt nicht ein, weil ja Schubert ein Romantiker ist und somit definitionsgemäß keine klassischen Klaviersonaten geschrieben hat.
    Also spielte der Student aus Protest Beethovens Sonate op. 109, die ja nun wirklich nicht mehr viel mit einer "klassischen" Klaviersonate zu tun hat, was allerdings vom Prüfungsausschuss gebilligt wurde, weil Beethoven ja der Klassiker überhaupt ist.


    Sollte man mal drüber nachdenken


    Gruß, flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Salut,


    Prüfungsausschuss ist schon in zweifacher Hinsicht die korrekte Bezeichnung :stumm:


    Wie sieht's eigentlcih aus mit Mozarts Kleiner Gigue KV 574? Ist das "klassisch"? Es könnte doch [fast] Reger sein...


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ulli fragt:


    Zitat

    Wie sieht's eigentlcih aus mit Mozarts Kleiner Gigue KV 574? Ist das "klassisch"? Es könnte doch [fast] Reger sein...


    Nein, KV 574 ist wohl doch eher Felix Draeseke denn reger :)

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • DerLullist ergänzt:


    Zitat

    Vor der Ars Antiqua kommt noch die Notre Dame Epoche etwa 1200-1300


    Aus mangel an überliefertem mehrstimmigen Material der Zeit zw. 1200-1300 habe ich die Notre Dame Epoche in Schublade Ars antiqua/Ars nova gepackt. Bei speziellen threads über diese Epochen oder Einzelportraits der Komponisten Leonin und Perotin (ich hab nur Zweifel daran, od das ausser 2, 3 Leuten hier wirklich jemand interssieren könnte) wäre dieses entsprechend zu präzisieren !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Ulli fragt:


    Zitat

    was ist mit der Lücke 1750-1760 bzw. 1750-1780


    Diese Lücke wäre am ehesten mit Namen denn mit neuen, zwangsläufig noch kleineren Schunkästen zu füllen:


    1750-1760: Rameau, Telemann, Friedeman bach, aber eben auch schon
    Johann Stamitz, Georg Matthias Monn und Michael und Joseph Haydn.


    Ab ca.1770 fällt die Hauptwirkungszeit C.P.E. Bachs an, Joseph Haydn war auf dem Höhepunkt seines sinfonischen Schaffens angekommen
    und Mozart arbeitete an einem seiner genialsten Werke, dem "Idomeneo" ! Nur: brachen wir hierzu noch eine neue Unter-Schublade im eh schon stattlich gefüllten Registerkasten ? Ich denke: nein !
    Noch Fragen :rolleyes:

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Salut,


    Zitat

    Original von BBB
    Joseph Haydn war auf dem Höhepunkt seines sinfonischen Schaffens angekommen [1770].


    Ach... !


    Zitat

    Original von BBB
    Noch Fragen?


    Ja: Wozu wird diese Unterteilung in Epochen bzw. die Namensgebung einzelner Zeitabschnitte eigentlich benötigt, wenn sie nicht eindeutig festlegbar ist? Um Diskussionsstoff zu haben? War Bach also ein romantisierender Spätbarocker, der eigentlich im hochbarocken Stil komponierte und einfach ignorierte, dass er bereits zur Vor- bzw. Frühklassik gehört!? ;)


    Ich finde die reinen Zahlenangaben sehr viel aussagekräftiger, als eine schwammige Epochalangabe.


    Wer zum Teufel ist Felix Draeseke? - Eine Frage, die zum Verständnis des Gags angedacht ist. ;)


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Damit die CD Händler es einfacher haben die CD's zu sortieren
    :D:D:D:D - wenn sie es nur könnten...


    Das ist einfach eine Festlegung von Musikwissenschaftlern, und wie alle Wissenschaftler müssen sie alles in verschiedene Schubladen stecken.
    Ich befasse mich jetzt schon so lange mit Musikgeschichte und ich weiß schon jetzt, dass eine solche Katalogisierung nur bedingt greift und sie vielleicht hilft eine vage Vorstellung von der Musik des jeweiligen Komponisten geben kann, obwohl ich ein Blick aufs Geburts- und Sterbedatum da schon wesentlich aufschlußreicher finde.


    Bach war Barockkomponist - tja das sind 150 Jahre (nach Meinung der Wissenschaftler), aber allein von 1600 - 1750 gab es soviele unterschiedliche Musikrichtungen, aber das muß ich hier wohl kaum jemanden erzählen...

  • Ulli fragt azfgeregt:


    Zitat

    Ja: Wozu wird diese Unterteilung in Epochen bzw. die Namensgebung einzelner Zeitabschnitte eigentlich benötigt, wenn sie nicht eindeutig festlegbar ist?


    Tja Ulli, darüber stritt ich schon als Student mit meinen Lehrern, aber EINEN Aspekt hat DerLullist ja schon genannt: die Plattenhändler müssen ein System in ihre Ware bringen, damit eben ein ganz Unbedarfter Heinrich Schütz nicht im 20. Jahrhundert sucht.


    Felix Draeseke war keinesfalls "der Brahms für Sozialhilfeempfänger" wie ein boshafter Freund von mir immer kolportiert, er schrieb achtbare Sinfonien, wundervolle Kammermusik und großartige Geistliche Musik und er wär nen eigenen thread durchaus wert. Es gibt in seiner Kammermusik Anklänge an Mozart, die ein wenig überladen wirken; Musik der Gründerzeit eben. Wilst du wissen über Draeseke mehr guggsdu hier: http://www.draeseke.org/idg/verlagsverzeichnis.htm

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Salut,


    mir stellt sich dann im eigentlichen die Frage: "Was ist klassisch"? Waren die Romantiker romantisch? War Bach das nicht [Air]? Und Mozart [2. Satz C-Dur-Konzert KV 467], was ist an Beethovens 3. Sinfonie romantisch? Ist sie nicht eher heroisch oder ist es dasselbe? Ist nicht klassisch eher eine Bezeichnung für Altes [zeitlich gesehen - nicht veraltet] und unabdingbar Gutes?


    Wenn klassisch den selben Wortstammt hat wie das Wort Klasse!, dann bin ich einverstanden.


    Wenn man sich mit einer Epoche [ich nenne es nun einmal so...] beschäftigt, finde ich sehr wichtig, sich nicht nur mit der Musik dieser Zeit, sondern auch mit dem Umständen, also politisches Geschehen, Schriften [Dramen, Schauspiele, Zeitungen usf.], mit dem Leben in dieser Zeit zu beschäftigen, um ein gut umrissenes Bild zu erhalten.


    Akzeptabel finde ich dann noch eher Stilbezeichnungen wie volkstümlicher Stil, Wiener klassischer Stil, Barockstil und, und, und... diese Bezeichnungen sind nicht unbedingt auf eine gewisse Entstehungszeit festgenagelt [wenn sie auch zu bestimmten "Stoßzeiten" vermehrt vorkommen], aber man hat auch um 1780 herum teils noch im barocken Stil und heutzutage noch im Wiener klassischen oder romantischen Stil komponiert. Den Stilistika werden bestimmte [z.B ornamentische] Merkmale zugeordnet, welche schlüssig sind und einen Stil eindeutig identifizierbar machen, was bei Epochen nicht möglich ist. Trotzdem gibt es natürlich innerhalb eines x-beliebigen Werkes Stilübergreifendes. Der Stil als solcher ist jedoch m. E. unverrückbar.


    Cordialement,
    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Dann lasst uns lieber von Personal-Stilen denn von Stil-Epochen sprechen :D

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  • Zitat

    Dann lasst uns lieber von Personal-Stilen denn von Stil-Epochen sprechen


    Dam kann ich mich nicht gant anschließen - Die Epochen hat es ja gegeben - lediglich die lineare Zuordnung ist falsch.


    Während es in frühen 19. Jahrhundert noch Kompositionen gegeben hat, die der Klassik verpflichtet waren, so gab es zu gleichen Zeit schon Vorboten der Romantik, die Übergänge sind wie gesagt fließend. Schubert beispielsweise wird von manchen als reiner Klassiker gesehen, andere rechnen ihn bereits zur Romantik. Wie man sieht geht der Bruch auch durch Komponistenkarrieren.


    Trotzdem ist zur groben Begriffsbestimmung eine Schublade hilfreich.
    Ich finde die Aussage: "Schubert war ein klassischer Komponist an der Grenze zur Frühromantik" als ausrechend präzise. Man muß boß die Überlappungen zulassen.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred Schmidt
    Schubert beispielsweise wird von manchen als reiner Klassiker gesehen, andere rechnen ihn bereits zur Romantik.


    Salut,


    genau deswegen würde ich sagen, jenes Werk von Schubert ist im klassischen Stile, dieses aber im romantischen Stile geschrieben. Schubert ist nämlich gar nichts - er hat sich entwickelt und verschiedene Stilistika durchlaufen.


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Alfred meint:


    Zitat

    Während es in frühen 19. Jahrhundert noch Kompositionen gegeben hat, die der Klassik verpflichtet waren, so gab es zu gleichen Zeit schon Vorboten der Romantik, die Übergänge sind wie gesagt fließend.


    Das betrifft die älteren Stil-Epochen in meiner Aufteilung ebenso !
    Monteverdis "Missa in illo tepmpore" ist ganz den Klangidealen der Palestrina-Schule verbunden, und das zu einer gleichen Zeit, als der Meister bereits den "Orfeo" und die "Marien-Versper" vorgelegt hatte.
    Bei einem Komponisten wie Telemann jedoch taugen derartige Schubladen nur nich bedingt:


    Er beginnt um 1700 als Komponist in der Nachfolge Johann Rosenmüllers, zu dem ert sich nachhaltig bekennt...


    ab etwa 1720 organisiert er sein komplettes Material um, bezieht Anregungen aus Italien und Frankreich und "verschmilzt" diese mit
    gutem, alten deutschen Kontrapunkt.


    nach 1750 wiederum ist er einer der ersten, die die Neuerungen in der Instrumentierung, neue Formen, "die Mannheimer Orchesterwalze"
    dankbar aufnimmt und sein Werk beschliesst die Solokantate "Ino" (1765), in dem alle Merkmale der aufkeimenden Klassik bereits voll ausgeprägt sind. DAS EINZIGE; WAS DANN ALS ANHALTSPUNKT BLEIBT IST: DER PERSONALSTIL und der ist bei Telemann immer zu erkennen.


    Kein Kunstwissenschaftler z.b. käme auf die abwegige Idee, zu behaupten, der goße englische Maler William Blake z.b. sei ein Expressionist, der eben nur schon in den Zeiten des Biedermeider tätig war :rolleyes:


    Ich denke schon wir brauchen beides: die Katalogisierung, um überhaupt
    den Ansatz einer Orientierung zu haben UND das persönlich-individuelle eben dann, wenn die Schablonen-Schublade nicht mher ausreicht, den Inhalt zu fassen.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • JA , ich pflichte BigBerlinBaer in allen Punkten bei. Mein Beispiel mit Scubert war ja nur ein exemplarisches Muster, natürlich war das zu allen Zeiten so....


    Zitat

    Ich denke schon wir brauchen beides: die Katalogisierung, um überhaupt
    den Ansatz einer Orientierung zu haben UND das persönlich-individuelle eben dann, wenn die Schablonen-Schublade nicht mher ausreicht, den Inhalt zu fassen


    Besser kann man es nicht formulieren, so handhabe ich es persönlich schon seit Jahren.


    Beste Grüße
    aus Wien
    Alfred

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  • Salut Ulli


    Zitat

    ...genau deswegen würde ich sagen, jenes Werk von Schubert ist im klassischen Stile, dieses aber im romantischen Stile geschrieben.


    Ich glaube, dass nicht einmal diese Aussage für die meisten Werke greifen wird.
    Schubert könnte man als Klassiker bezeichnen, der beim Komponieren schon häufig romantische Elemente verwendet. Wie man überhaupt die Romantik in der Musik als Obermenge der Klassik bezeichnen könnte ( = Klassik + "romantische" Erweiterungen ). Und da wird man bei den "Übergangskomponisten" wohl auch innerhalb einzelner Werke diesen Übergang herausarbeiten, und nur wenige Kompositionen ziemlich eindeutig zuordnen können.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Salut,


    Zitat

    Original vonTheophilus
    Schubert könnte man als Klassiker bezeichnen, der beim Komponieren schon häufig romantische Elemente verwendet.


    Meinst Du, er hat das gewusst...? Klingt etwas flach meine Aussage, aber Du verstehst, worauf ich hinaus möchte?!


    Ich würde sogar soweit gehen und behaupten, Mozart hat nicht einmal eine wirklich "klassische Sinfonie" geschrieben. Diese hätte zwischen der Linzer und der Prager stehen müssen. Was meint Ihr?


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut


    Zitat

    Meinst Du, er hat das gewusst...? Klingt etwas flach meine Aussage, aber Du verstehst, worauf ich hinaus möchte?!


    Nein, natürlich nicht. Ich würde sagen, der Komponist weiß nur, dass er einen Stil weiterentwickelt (und nur wenige - wie Beethoven, Wagner oder Schönberg - machen ein Prinzip daraus). Aber jeder ernsthafte Komponist wird versuchen, von seinem Ausgangspunkt heraus einen individuellen Stil zu entwickeln**. Die Klassifizierung ist aber so gut wie immer der Nachwelt vorbehalten.



    ** Bei Mozart und Schubert jedoch habe ich als Außenstehender das Gefühl, dass sie eine unerschöpfliche innere Quelle an Musik hatten, die durch den Filter ihres Könnens ans Tageslicht trat. Musik floss quasi aus ihnen heraus und findet vielleicht gerade wegen des so augenscheinlich unbewussten Charakters so leicht den Weg ins Gemüt des Hörers.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • ich halte auch nichts von der Schubladisierung (ganz generell, nicht nur bezogen auf die Musikgeschichte). Einige wenige haben die Musik verändert, viele dagegen im Geschmack der Zeit geschrieben. Für Letztere allerdings tifft die Einteilung in Epochen ganz gut. Aber der Querköpfe wird man nicht Herr damit. Und grade die sind´s, die am interessantesten sind.


    Thomas

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Salut,


    Zitat

    Original von saliburgensis
    Aber der Querköpfe wird man nicht Herr damit. Und grade die sind´s, die am interessantesten sind.


    :yes:


    Zitat

    Original von Theophilus
    Bei Mozart und Schubert jedoch habe ich als Außenstehender das Gefühl[...]


    Mobeschubvergner ???


    Zitat

    Original von Theophilus
    Musik floss quasi aus ihnen heraus und findet vielleicht gerade wegen des so augenscheinlich unbewussten Charakters so leicht den Weg ins Gemüt des Hörers.


    Schön!


    Cordialement,
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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