Guten Tag
Am 19. Juli 1613 verstarb in Venedig nach nur vier Jahren Amtszeit als „Maestro di Capella di San Marco“ der aus Verona stammende Giulio Cesare Martinengo.
Für Claudio Monteverdi, der sich schon vergeblich in Rom und Mailand für eine Domkapellmeisterstelle beworben hatte,
ein günstiger Zufall sich für diese wichtige und einflussreiche Position zu interessieren.
Die Prokuratoren von San Marco entschieden schnell, am 19. August 1613 leitete Monteverdi bereits im Markusdom ein festliches Konzert,
unmittelbar danach wurde er einstimmig zum Nachfolger Martinengos als neuer „Maestro di Capella“ ernannt.
Die Ungewissheit der letzten Jahre war beendet, er begleitete diese wichtige musikalische Stelle in Italien bis zu seinem Tode 1643.
Mit dem Niveau der Domkapelle und die Disziplin der Kapellmitglieder war in den letzten Jahren enorm bergab gegangen,
Monteverdi wurde mit größeren Befugnissen als seine Vorgänger ausgestattet,
er konnte Personalangelegenheiten mitentscheiden, sorgte für regelmäßige Proben
und bewies eine glückliche Hand bei der Organisation der Kapelle, um deren alten Glanz wiederherzustellen.
In einem Brief von 1620 schrieb er über die Entscheidung der Prokuratoren für seine Person:
"Sie haben ihre Entscheidung nie bereut,
sondern haben mich geehrt und ehren mich noch immer in der Weise, dass man im Chor keinen Sänger anstellt,
ohne vorher die Meinung des Kapellmeisters eingeholt zu haben und bei Klagen der Sänger
wollen sie nur den Bericht des Kapellmeisters hören;
sie stellen keinen Organisten, keinen zweiten Kapellmeister ein
ohne die Meinung und den Bericht des Kapellmeisters gehört zu haben;
zudem gibt es keinen Edelmann,
der mich nicht schätzt, und wenn ich irgendwelche Musik aufführe, sei es Kammermusik oder Kirchenmusik,
so schwöre ich, dass die ganze Stadt auf den Beinen ist.
Und dann ist der Dienst höchst angenehm, weil der ganze Chor mit Ausnahme des Kapellmeisters dem Dienstplan unterworfen ist, ja,
der Kapellmeister macht selbst den Plan und kann den Sängern Erlaubnis zum Fernbleiben erteilen oder nicht,
und wenn er selbst nicht zum Dienst erscheint, kann ihm niemand etwas vorwerfen;
und sein Gehalt ist ihm sicher bis zum Tode,
was auch durch den Tod von Prokaturen oder Fürsten nicht aufgehoben werden kann.“
Monteverdi, dem musikalischen und organisatorischen Chef der Kapelle, gelang es innerhalb kurzer Zeit
–mehr durch die Kraft seiner künstlerischen Autorität-,
aus dem Lotterhaufen wieder eine vorzügliche Musikertruppe zu formen.
Er gab den Instrumentalisten, die bisher nur als Aushilfen herangezogen wurden, eine feste Stellung an San Marco;
der unter Sopranistenmangel leidenden Chor wurde durch Kastraten und Falsettisten ergänzt.
Die „Capella di San Marco“ umfasste zu Monteverdis Amtszeiten zwei Organisten, etwa dreißig Sänger und zwanzig Instrumentalisten,
die bei besonderen Anlässen um auswärtige Musiker aufgestockt wurden.
Durch umfangreiche Notenkäufe wurde das Repertoire der Kapelle erweitert, wobei man sich nicht nur auf moderne Werke beschränkte,
sondern auch ältere Kompositionen wie etwa von Palestrina oder di Lasso anschaffte.
Allerdings hatte er sich in seinem Kapellmeisteramt auch mit den „Gewerkschaften“ seiner Musiker und dem Fiskus herum zu streiten;
oder e musste sich einigen Anfeindungen und Verleumdungen seiner Untergebenen erwehren.
Das musikalische Repertoire des Ensemble von San Marco lässt sich nur erahnen,
Monteverdi schuf für den immensen Musikbedarf an den Sonn- und den vielen Feiertagen in Venedig eine Fülle
von Messen, Solomotetten und Psalmvertonunge,n sowie jede Menge weiterer kleiner und großer Kirchenwerke.
Daneben griff man auf viele Werke früherer und zeitgenössischer Komponisten zurück.
Erahnen lässt sich das reiche Musikleben an San Marco nur durch einige Veröffentlichen Monteverdis aus dieser Zeit wie die 1640 veröffentlichte Sammlung:
»SELVA MORALE E SPIRITVALE DI CLAVDIO MONTEVERDE
Maestro Di Capella della Serenissima Republica Di Venetia
DEDICATA ALLA SACRA CESAREA MAESTA DELL'IMPERATRICE ELEONORA GONZAGA
Con Licenza de Superiori & Priuilegio. [...] IN VENETIA MDCXXXX Appresso Bartolomeo Magni«
oder der 1650 erschienenen:
„Messa a 4 v. et salmi a 1-8 v. e parte da cappella & con le litanie della B.V.“
Wie viel von den an San Marco aufgeführten Kirchenmusikwerken verschollen sind, lässt sich wohl nicht mehr bestimmen.
Von der Sammlung „Selva morale e spirituale“ gibt es eine Unmenge Aufnahmen,
von denen ich einige Vorstellen und gerne hierzu andere Meinungen und Aufnahmen wissen möchte.
Gruß
aus der Kurpfalz
Bernhard