Dirigenten in der Provinz - die wahren Helden

  • Obwohl im Tamino Dirigentenportrait nach berühmten Dirigenten gefragt wird erlaube ich mir, eine Lanze für die Orchesterleiter zu brechen, die unter schwierigsten Umständen, mit schmalen Budgets in der Provinz die musikalische Kultur hochhalten und mit ihren oft an der Untergrenze besetzten Klangkörpern beachtliche Leistungen vollbringen. Besonders für das Heranführen der Jugend und des breiten nicht unbedingt an klassischer Musik interessierten Publikums sind solche Dirgenten und Orchester unentbehrlich.
    Als ein Beispiel aus meiner Heimatstadt möchte ich das Heilbronner Sinfonie Orchester anführen. Gerade durfte es sein 60-jähriges Bestehen glanzvoll feiern. Der Klangkörper bietet ein farbiges, abwechslungsreiches Programm mit Schwerpunkt auf der Klassik und Romantik. Im Angebot der kommenden Spielzeit sind aber auch selten gespielte Werke wie z. B. in einer "Traumreise Finnland" ein Flötenkonzert von Rautavaara und das 2. Klavierkonzert von Palmgren. Die Programm-Verantwortlichen wollen jedes Konzert zu einem Event machen, dafür werden Themenkonzerte und ungewöhlichere Ereignisse im Konzertsaal geboten wie z. B. Auftritte von Musical-Clowns, Tanzweltmeistern (kein klassisches Tanzpaar), alpenländische Weihnacht mit Zither und Hackbrett, Alphornbläser, ein Konzert mit dem international am höchsten ausgezeichneten Mundharmonika- Quartett usw. Im Programm sind aber auch die großen Werke der Orchesterliteratur von Bruckner, Mahler,Wagner, Holst bis Bernstein.Hierzu muss das Orchester entsprechend aufgestockt werden. Ein bundesweit beachtetes Projekt ist ein Zyklus "Welt des Klaviers" mit dem Pianisten Gerhard Oppitz. Die Besonderheit daran ist, dass Oppitz seine Werke selbst auswählen kann. Ein Privileg, das sonst nur Dirigenten genießen. Ansonsten wird bei den Solisten schwerpunktmäßig auf junge, aufstrebende Künstler Wert gelegt. Die Programmkonzeption des Heilbronner Sinfonie Orchesters wird seit Jahren so gut angenommen, dass über 1.500 Abonnenten und rund 1.800 Besucher die Konzerte regelmäßig besuchen. Damit hat das HSO die besucherstärkste Mietereihe in ganz Baden-Württemberg. Der Erfolg ist maßgeblich dem ständigen Dirigenten, Peter Braschkat, zu verdanken, der seit 33 Jahren diesen Klangkörper leitet, ihn ständig weiter qualifiziert und dem immer wieder bei Publikum und Presse ausgezichnet beurteilte Interpretationen gelingen. Auch sonst ist Kontinuität ein Markenzeichen; die meisten Musiker gehören dem Orchester bereits viele Jahre an. Der vorige Vorsitzende des Orchesters und heutige Ehrenvorsitzende hat das Orchester sage und schreibe 45 Jahre lang geführt und ist heute noch einer der Programmverantwortlichen. (Dass ich das zufällig selbst bin, betrachte ich als großen Glücksfall für mich.)
    Insgesamt erfüllt das Heilbronner Sinfonie Orchester seinen Auftrag hervoragend und wird seiner Aussage:"Das Sinfonie Orchester - ein Stück Heilbronn" in vollem Maße gerecht.
    Sicherlich gibt es weitere Beispiele für hervorragende Dirigenten und Orchesterleistungen im schwierigen Umfeld. Über weitere Berichte über diese "wahren Helden" im Forum zu hören wäre interessant.
    Herzlichst
    Operus

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