Welche Werke hörten die Prominenten vergangener Jahrhunderte?

  • Von Stendhal wissen wir welche Musik er mochte:
    Sein selbst entworfener Grabstein sollte (in italienischer Sprache) unter anderem den Satz enthalten:


    Zitat

    Er lebte, schrieb, liebte. Diese Seele verehrte Cimarosa, Mozart und Shakespeare


    Aber ansonst ist das Quellenmaterial eher spärlich - oder hatte bisher nur kaum jemand Interesse es freizulegen, bzw war es den Menschen vergangener Jahrhunderte gar nicht so wichtig, wessen Musik sie hörten ? Es waren ja mehrheitlich stets Zeitgenossen, denn die Tonaufzeichnung war noch nicht erfunden - und man spielte in der Regel keine Werke aus der Vergangenheit. Beim derzeitigen Angebot wäre das allerdings undenkbar.


    Wer von den einstigen Dichter- und Malergrößen war überhaupt musikalisch ? Welche gekrönten Häupter bevorzugten welche Musik ?


    Ich weiß nicht ob ich dem Thema eher das Attribut: interessant - schwierig - oder kaum recherchierbar - zuschreiben soll.....



    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Thomas Mann fiele mir ein. Für ihn war Musik fraglos bedeutend.


    Es gibt sogar ein Hörbuch von ihm zu dem Thema.


    marta

  • Einstein wurde nachgesagt, dass er die Violine virtuos spielen konnte. Ich denke das wird den meisten bekannt sein.


    Dann fällt mir noch ein, dass Goethe wohl recht wenig von Beethoven hielt.

  • Friedrich der Große von Preußen spielte Flöte und komponierte auch selber für dieses Instrument. Gerne spielte er auch Konzerte seines Flötenlehrers Quantz. Sein Hofkomponist war C.P.E. Bach. Johann Sebastian Bach komponierte für Ihn das Musikalische Opfer.


    Sein bevorzugter Opernkomponist war Carl Heinrich Graun für dessen Oper Montezuma er sogar das Libretto schrieb. Des weiteren schätzte er auch die Werke von Johann Adolf Hasse.


    Das sind die Komponisten, die mir so auf die Schnelle einfallen, andere Forianer können die Liste sicherlich noch ergänzen.


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Leicht ist die Frage nach Mozarts Vorlieben zu beantworten, da ein Schreiben von Mozart aus Paris an seinen Vater erhalten ist:


    ... schreiben Sie mir doch ob sie die Concerts von schrötter zu salzbourg haben? – die sonaten von hüllmandel? – ich wollte sie kaufen, und ihnen überschicken, beyde œuvre sind sehr schön ...«


    Johann Samuel Schrötter (1753-1788 ) - Er schrieb vorzugsweise Klaviersonaten und Klavierkonzerte, von denen aber heut kaum etwas ausser den von Mozart zitierten mehr im Katalog zu finden ist.


    Von Hüllmandel ist so gut wie nichts mehr zu bekommen....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich möchte an dieser Stelle noch einmal Mozart zitieren, der im November 1777 in Mannheim Ignaz Holzbauers "Günther von Schwarzburg" hörte:
    die Musick vom Holzbauer ist sehr schön. die poesie ist nicht werth einer solchen Musick. an meisten wundert mich, daß ein so alter Mann, wie holzbauer, noch so viell geist hat; denn das ist nicht zu glauben was in der Musick für feüer ist.

    .


    MUSIKWANDERER

  • Zitat

    Original von iLLumination
    Einstein wurde nachgesagt, dass er die Violine virtuos spielen konnte. Ich denke das wird den meisten bekannt sein.


    Dann fällt mir noch ein, dass Goethe wohl recht wenig von Beethoven hielt.


    ...aber wohl sehr viel von Mendelssohn.


    Und war nicht Joseph II. von der Musik Salieris begeistert?


    Kann man nicht auch Ludwig II. und Wagner entsprechend zuordnen?


    Wenn ich mich richtig erinnere, sagt man doch vom letzten deutschen Kaiser Wilhelm II. daß er Mascagnis Musik mochte.

    .


    MUSIKWANDERER

  • Von Prominenten kann ich hier nicht sprechen, aber ich habe eine verblüffende Entdeckung bei Thornton Wilder gemacht. Thornton Wilder gehört zu meinen Lieblingsautoren, eines seiner schönsten Bücher ist "The Bridge Of San Luis Rey", in den Zwanzigern mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet. Alle 5 Jahre lese ich es. Wer beschreibt meine Überraschung, als ich bei der letzten Lektüre einen Hinweis auf einen Komponisten fand, den ich inzwischen selbst erst entdeckt hatte: Tomás Luis de Victoria. Die Handlung spielt in Lateinamerika, und eine der Hauptpersonen, eine adlige Gräfin, erwartet voller Sehnsucht ein Schiff, das neue Motetten von Victoria aus Spanien mitbringt. Wie gut kann ich diese Gräfin verstehen, nur dass ich nicht lange darauf warten muss.
    Und - man steigt niemals zweimal in den gleichen Fluss.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ich lese gerade den Beitrag über Thomas Mann und möchte darauf hinweisen, dass ich eines (aber leider nur dieses) mit ihm gemeinsam habe: die Liebe zum "Palestrina" von Hans Pfitzner. Er hat in seinen "Bekenntnissen (oder heißt es Betrachtungen?) eines Unpolitischen" eine lange Abhandlung darüber geschrieben (die leider in diesem etwas rekationären Buch der beste Teil ist).

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Ich bleibe fürs erste mal bei Mozart.
    Er der an vielen Kollegen, die er oft (und das vermutlich zu Recht) als Rivalen sah, hat ausser Schrötter und Hüllmandel (wie wärs, cpo oder Naxos ?) noch eineige andere Komponisten positiv erwähnt. Da wäre zunächst einmal Cannabich, wobei man hier wissen sollte daß Mozart oft lange feuchtfröhliche Nächte im Hause Cannabich verbrachte - und wir nicht wissen inwieweit das sein Urteilsvermögen beeinträchtigt hat. Auch der väterliche Freund Haydn, sowie Johann Christian Bach erfuhren höchste Anerkennung durch Mozart. nicht zu vergessen Ignace Pleyel.
    Jedoch das sind leichte Übungen. Was wissen wir über den Musikgeschmack von Joseph II (den Kaiser - nicht das Tamino Mitglied ), von seiner Mutter Maria Theresia, und wie war der Musikgeschmack all der Dichter, Maler , Bildhauer und Wissenschafter der Vergangenheit, Welche gerönten Häupter waren denn überhaupt musikalisch ?
    Ein gar nicht leichtes Thema. Sollten wir zu dem Schluss kommen, dass - von Ausnahmen mal abgesehen - die Regierenden und "Opinion-Leader" der Vergangenheit, ebensolche Banausen waren, wie jene des 20. Jahrhunderts und der Gegenwart ?


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Das Thema entdecke ich heute erst. Sehr spannend!


    Mein Namensgeber wurde ja schon genannt. Seinen Musikgeschmack kennt man sogar: Der war — untypisch für ihn — sehr konservativ. In einem alten Sammelband über Joseph II. gibt es einen Aufsatz über den Kaiser und die Musik. Der Autor kam da zu dem Schluss, dass er ein Reformer in der Politik war, aber nicht in der Musik. Er bevorzugte den in den 1780ern schon leicht altmodischen vorklassischen Stil. Mit Mozart konnte er auch nicht besonders viel anfangen, auch wenn er dessen Engagement für das "deutsche Nationaltheater" schätzte. Bekanntlich hielt er ja etwa Salieris Oper Axur von 1788 für "die beste Oper, die je komponiert wurde". Damit bewies er keineswegs einen schlechten Geschmack. M. W. kam diese Oper seinerzeit sehr gut an und wurde bis 1805 hunderte Male gespielt. Allein die Zeit gab ihm dann doch nicht Recht, wie wir wissen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Recherche zu diesem Thema gestaltet sich recht schwierig, weil scheinbar recht wenig dokumentiert wurde.
    Ich bin aber im Rahmen meiner Suche im Internet auf Hermann Hesse (1877-1962 ) gestoßen, welcher ein großer Verehrer Mozarts (Lieblingssinfonie KV 550) und Johann Sebastian Bachs war. Anspielungen bzw. Hinweise bieten "Der Steppenwolf" (Mozart) und "Das Glasperlenspiel (Bach)


    Das Thema " Hermann Hesse und Mozart" wird auf dieser Website von Helga Abret ausführlich behandelt.
    Es ist normalerweise unerwünscht auf andere Websiten zu verlinken - aber in Anbetracht der hohen Qualität des Artikels
    und der Tatsache, daß diese Ausführlichkeit den Rahmen des Forums sprengen würde mache ich es ausnahmsweise:


    http://www.erika-mitterer.org/…t_hesse-mozart_2-2008.pdf


    Zitat

    „Wer Musik liebt und innig versteht, für den hat die
    Welt eine Provinz, ja eine Dimension mehr! Für mich
    ist die Musik, obenan Mozart, neben dem Sehen von
    Farben der höchste Genuß.“
    Hermann Hesse


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wen wundert es: Wilhelm II. war Wagnerianer. Ein gemeinsamer Besuch des Parsifal mit seinem Günstling und Freund Philipp zu Eulenburg bestärkte ihn darin nur noch. Dies ging sogar soweit, dass er kurz nach seiner Thronbesteigung 1888 ernsthaft erwog, die Schirmherrschaft über die Bayreuther Festspiele zu übernehmen. Allein Bismarck riet davon ab, weil man dies als Einmischung Preußens in bayerische Angelegenheiten deuten könnte (gerade in dieser Zeit war der Gegensatz zwischen beiden Ländern groß) und weil dem Kaiser dadurch ungeahnte Kosten erwachsen könnten. Letztlich hielt sich der junge Kaiser an den Rat des Alten und lehnte schweren Herzens ab. 1889 übernahm Prinzregent Luitpold von Bayern dann das Protektorat über die Festspiele. Das tat der Wagner-Verehrung Wilhelms freilich keinen Abbruch. Der wohl berühmteste lebende Biograph Wilhelms II., John C. G. Röhl, geht sogar soweit, zu behaupten, dass ""[d]ie antisemitische Grundeinstellung des Kaisers [...] ihn fast zwangsläufig in die Nähe des Wagner-Kreises [brachte]" (Röhl, Wilhelm II., Bd. 2: Der Aufbau der Persönlichen Monarchie, München 2001, S. 166).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Diese Nacht wurde in einem anderen Thread die Frage gestellt ob denn Schopenhauer unmusikalisch sei. Es wurde ferner festgestellt, ein Thread über die musikalischen Vorlieben und Abneigunegen von Dichtern, Künstlern etc. wäre einen eigenen Thread wert.
    Der Meinung war ich auch - und habe diesen Thread schon am 26. März 2010 gestartet...... :P


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Landläufig bekannt sein, dürfte, denke ich, dass Nietzsche lange Zeit großer Wagnerianer war bis er sich mit nämlichen überwarf und es ihn dann (ausgerechnet) u.a. zu Brahms zog.
    Auch Puccini war großer Wagner-Fan, sein Lieblingswerk war der "Parsifal", er soll sogar gesagt haben, dass es eigentlich keinen Sinn mehr mache Musik zu schreiben, nachdem er diese Oper zum ersten Mal gehört hatte.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

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  • Nietzsche liebte nicht nur Wagner, sondern spielte auch sehr gut Klavier und komponierte sogar. Wagner war davon zwar weniger begeistert, das ändert aber nichts an Nietzsches Musikalität.


    Es gibt einige niederländische Schriftsteller, die in ihren Büchern exzessiv Bezug auf klassische Musik nehmen. Am bekanntesten ist in Deutschland sicher Maarten t'Hart, aber auch Simon Vestdijk wäre zu nennen (Mahlerenthusiast). Hesse und Thomas Mann wurden ja bereits erwähnt. Werfel war glühender Verdiverehrer, Romain Rolland liebte Strauss und Telemann.

  • Nietzsche zu Brahms? Im ernst, hast Du dafür eine Quelle? Soviel ich weiß, war doch das Gegenmodell zu Wagner dann auf einmal "Carmen". Über Schumann hat Nietzsche jedenfalls auch trefflich hergezogen ("sächsische Schweiz der Seele").


    Nun war Nietzsche selbst Musiker und sogar Komponist. Dennoch sehe ich in solchen Urteilen hauptsächlich Kuriositäten. Was Th. Mann für Musik mochte, ist interessant als Faktum über Mann, nicht über die geschätzte Musik usw. Musiker sind natürlich kompetenter, aber oft auch befangener. Oft ist allerdings ein "Fehlurteil" oder vernichtende Kritik von Berlioz, Schumann oder Adorno aufschlussreicher als ein Lob von Kaiser & Co.


    Romain Rolland (von dem ich noch nie was gelesen habe) war v.a. ein Händel-Enthusiast, der wohl einen gewissen Anteil am "Revival" im ersten Drittel des 20. Jhds. hatte und ein oder mehrere Bücher über Händel verfasst hat.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Nietzsche zu Brahms? Im ernst, hast Du dafür eine Quelle?


    Meines wissens war einer der Gründe, die schließlich zum Zerwürfnis zwischen Nietzsche und Wagner geführt haben, die sehr negative Einschätzung Wagners von Brahmsens "Triumphlied", welches er als "Händel und Mendelssohn in Leder gewickelt" bezeichnete. Nietzsche hingegen war von der Komposition begeistert und interpretierte Wagners Urteil als "Neidhammelei". Zu Schumann hatte Nietzsche eine ambivalente Beziehung, bekannt ist jedenfalls, dass er oft Schumann am Klavier spielte.