Schach dem Regietheater !!!

  • Nachdem ich jetzt ein paar Seiten von dem wirren Geschreibsel dieser Frau überflogen habe, möchte ich mich dem anschließen.


    Obwohl ich tendenziell bekanntlich auch kein Freund des sog. Regietheaters bin, will es mir dergestalt erscheinen, als erweise Gilles dem "Kampf" dagegen damit eher einen Lichasdienst.


    Ob das oben eingestellte, eher obskure Video in seiner 70er-Jahre-Ästhetik "besitzenswert" ist, sei jedermann selbst überlassen. Einspielungen im wörtlichen Sinne finde ich bei den Werbepartnern leider keine.


    Herr Schönborn(?)


    Vielleicht ist gar der Kardinal und Wiener Erzbischof gemeint. :whistling:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Vielleicht ist gar der Kardinal und Wiener Erzbischof gemeint. :whistling:

    Wäre zumindest inhaltlich plausibel :untertauch:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich möchte hier wieder einmal auf die neue Mitteilung der Frau Prof. Marie Louise Gilles hinweisen, die - wie immer - einige sehr nachdenkenswerte Artikel enthält.

    http://www.marie-louise-gilles.de

    Leider ist die Titelseite, die sonst gewöhnlich ein Bild enthält, nicht auf der Internetseite mit abgedruckt. Sie enthält dieses Mal einen Auszug aus einem Interview, das Georg Zeppenfeld der DPA gegeben hat. ich zitiere daraus:

    Zitat

    Das Publikum ist froh, wenn es ein Stück wiedererkennt.

    Ich hatte neulich eine Produktion, da sagte der Regisseur am Anfang: "Wir müssen nicht die Geschichte erzählen, das ist banal, das können wir voraussetzen."

    Ich halte solche Herangehensweise für falsch. Wir spielen nicht für eine kleine Gruppe von Leuten aus dem Elfenbeinturm, sondern für ein breites Publikum. Mir kann keiner erzählen, dass man heute Opernstoffe nicht mehr auf die Bühne bringen kann, ohne etwas an den Haaren herbeizuziehen.

    Diese Aussage hat nicht nur meine mein volle Zustimmung, sondern auch die vieler Opernbesucher (bzw. Nichtmehrbesucher), die ich kenne.

    Das Übrige könnt ihr ja selbst unter der angegebenen Adresse nachlesen.

    Für diejenigen, die mit dem Lesen der früheren Mitteilungen angeblich nicht zurecht kamen, hier noch zwei Adressen, die rein die Schilderungen der besuchten Aufführung durch Heerrufer (warum wurde dessen Anonymität hier beanstandet, obwohl viele Mitglieder hier anonym schreiben?) enthalten.

    http://www.telezeitung-online.…10.05._und_20.06.2018.htm
    http://www.telezeitung-online.…r_Hannover_16.09.2018.htm


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Sehr gut zu Frau Gilles Äusserungen passt die am am Homoki-Theater Zürich kürzlich erfolgte Verballhornung durch Robert Carlsen von "Hänsel und Gretel" für ein Publikum ab acht (!) Jahren . Hier ein paar Auszüge aus der NZZ-Kritik, die übrigens sehr wohlwollend gehalten ist:

    "Sobald sich der Vorhang hebt, stellt sich Beklemmung ein. Gideon Davey hat düstere, fensterlose Hinterhöfe auf die Opernhausbühne gebaut. Inmitten von Müll leben Hänsel und Gretel in einem halb ausgebrannten Wohnwagen und überbrücken die viele leere Zeit mit Hip-Hop-Moves. Die Mutter schafft offenbar an, der Vater verdingt sich als schäbiger Weihnachtsmann.


    Sie finden statt romantischen Märchenwald wieder nur lichtlose Hinterhöfe, wo sie die «Erdbeeren» im Abfall suchen, bis es dunkel wird. Da beginnen sich die Kartons zu bewegen, und die Container öffnen sich. Es erscheint aber kein Sandmännchen, das im Märchenlibretto den Kindern im dunklen Wald märchenhaften Schlaf bringt, sondern der Leader einer undurchsichtigen Gang (Hamida Kristoffersen). Es sind jene Breakdancer, die, choreografiert von Philippe Giraudeau, immer wieder auftauchen und die orchestralen Zwischenspiele szenisch füllen."

    Viel Spass all denen ,denen es gefällt.

    Übrigens noch ein besonderer Gag: Als Hexe erscheint die Mutter im Weihnachtsmannkostüm des Vaters.

    Einige Jugendliche hätten das Ganze "cool" gefunden.

  • Hört sich interessant an. Diese Produktion der ansonsten von mir wenig geliebten Oper würde ich mir vielleicht sogar anschauen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Im Gegensatz zu Dir mag ich diese Oper sehr! Und Zürich hatte in den letzten Jahrzehnten zwei sehr werkgerechte Inszenierungen. Es gibt ja immerhin zwei auch sängerisch sehr ansprechende DVD`s: Die Inszenierung von Everding und vor allem die vor zwei Jahren in Wien entstandene unter Thielemann von Noble.

  • Und Zürich hatte in den letzten Jahrzehnten zwei sehr werkgerechte Inszenierungen.

    Dann spricht ja nichts dagegen, zur Abwechslung auch mal eine moderne Produktion dieser Oper zu bringen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Dann spricht ja nichts dagegen, zur Abwechslung auch mal eine moderne Produktion dieser Oper zu bringen.

    Richtig. Aber muß es unbedingt so etwas sein????

    "Sobald sich der Vorhang hebt, stellt sich Beklemmung ein. Gideon Davey hat düstere, fensterlose Hinterhöfe auf die Opernhausbühne gebaut. Inmitten von Müll leben Hänsel und Gretel in einem halb ausgebrannten Wohnwagen und überbrücken die viele leere Zeit mit Hip-Hop-Moves. Die Mutter schafft offenbar an, der Vater verdingt sich als schäbiger Weihnachtsmann.


    Sie finden statt romantischen Märchenwald wieder nur lichtlose Hinterhöfe, wo sie die «Erdbeeren» im Abfall suchen, bis es dunkel wird. Da beginnen sich die Kartons zu bewegen, und die Container öffnen sich. Es erscheint aber kein Sandmännchen, das im Märchenlibretto den Kindern im dunklen Wald märchenhaften Schlaf bringt, sondern der Leader einer undurchsichtigen Gang (Hamida Kristoffersen). Es sind jene Breakdancer, die, choreografiert von Philippe Giraudeau, immer wieder auftauchen und die orchestralen Zwischenspiele szenisch füllen."

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Aber muß es unbedingt so etwas sein????

    Das läuft wieder mal auf die Frage hinaus, ob man in der Oper eine heile Märchenwelt sehen möchte oder Stücke, die Anknüpfungspunkte an aktuelle Fragen und Probleme bieten.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Das läuft wieder mal auf die Frage hinaus, ob man in der Oper eine heile Märchenwelt sehen möchte oder Stücke, die Anknüpfungspunkte an aktuelle Fragen und Probleme bieten.

    Gegen aktuelle Probleme und Fragen auf der Opernbühne habe ich ja gar nichts. Es sollte sich doch ein Librettist und ein Komponist finden, der so was neu schreibt.

    Klar ist Hänsel und Gretel keine heile Märchenwelt, aber eine Mülloper auch nicht!!

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Für diejenigen, die mit dem Lesen der früheren Mitteilungen angeblich nicht zurecht kamen, hier noch zwei Adressen, die rein die Schilderungen der besuchten Aufführung durch Heerrufer (warum wurde dessen Anonymität hier beanstandet, obwohl viele Mitglieder hier anonym schreiben?) enthalten.

    http://www.telezeitung-online.…10.05._und_20.06.2018.htm
    http://www.telezeitung-online.…r_Hannover_16.09.2018.htm

    Was ich damals beanstandet habe, dass jemand einen (mehr oder weniger) offiziellen Internetauftritt (heerufer.de) präsentiert ohne das ich irgendwo ein Impressum oder ähnliches gefunden hätte; soetwas ist nicht nur zu beanstanden, sondern m.W. sogar rechtlich fragwürdig. - Wie auch immer: Entweder war ich damals schlicht zu blöd, dass Impressum zu finden, oder der Betreiber Herr Dieter Hansing hat nachgebessert. Ist doch prima!


    Und ja, ich bin kein großer Freund von Anonymität im Internet, es sei denn, es gibt hierfür triftige Gründe, wenn beispielsweise eine politische Verfolgung zu befürchten ist. Da ich einen solchen Sachverhalt insbesondere hier im Forum für nicht gegeben halte, schreibe ich unter meinem Realnamen und finde es gut, dass auch Du es so hälst.


    Schließlich, die Schwierigkeiten, die ich beim Lesen sowohl der Nachrichten von Frau Gilles, als auch beim heerufer.de habe, sind ersteinmal weniger inhaltlicher, als vielmehr "optischer" Natur. Egal, wie gut oder schlecht die Inhalte der jeweiligen Webseiten sein mögen, sind sie im Vergleich zu vielen anderen einfach "handwerklich" schlecht gemacht.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Dann spricht ja nichts dagegen, zur Abwechslung auch mal eine moderne Produktion dieser Oper zu bringen.

    Hallo, Bertarido,

    gerade habe ich das herrliche Adventskonzert aus der Frauenkirche angesehen. Beim Abendsegen und der anschließenden Traumpantomime habe ich an Dein Zitat und an M.Johos eingestellte Kritik der Züricher Inszenierung von Hänsel und Gretel gedacht. Mit Verlaub, mir fehlt jedes Verständnis dafür, wie man diese wunderbare Musik mit der von ihm geschilderten Kulisse in Verbindung bringen kann. Das paßt einfach nicht zusammen.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Mit Verlaub, mir fehlt jedes Verständnis dafür, wie man diese wunderbare Musik mit der von ihm geschilderten Kulisse in Verbindung bringen kann. Das paßt einfach nicht zusammen.

    Lieber LaRoche,


    auch ich kann - wie viele - eine solche Geschmacksverirrung und, wie man diese sogar noch gut heißen kann, nicht verstehen.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Wenn man etwas nicht versteht kann man aber wenigstens akzeptieren, daß es andere Meinungen gibt und diese nicht gleich negativ beurteilen.

  • Und ja, ich bin kein großer Freund von Anonymität im Internet, es sei denn, es gibt hierfür triftige Gründe

    Ich bin dagegen ein sehr großer Freund von Anonymität im Internet.


    Ich habe mich z.B. hier nie verifiziert und dabei wird es auch bleiben. Das hat mit dem TAMINO-Forum oder Alfred Schmidt absolut nichts zu tun. (Sollte mein Benutzerkonto unter den neuen andiskutierten Bedingungen hier irgendwann geschlossen werden, dann ist das dann eben so.) Ich werde hier nie jemanden anonym beleidigen oder meinen Account sonstwie missbrauchen, traue den Stammtaminos hier andererseits auch keinem irgendwelche Gemeinheiten zu. Aber wer weiss schon so genau, wer im Netz sonst noch alles so mitliest und ggf. Arges im Schilde führt.


    Grund ist eher privater Natur, (ich habe ansonsten persönlich nichts zu verbergen): Nachbarstochter wurde im Internet gemobbt, wollte nicht mehr zur Schule. Zum Glück hatte sie wenigstens keine Fotos veröffentlicht. Anderer Nachbar ( Firma) : Identitätsdiebstahl mit einer Menge Ärger, auch finanzieller Art. Gebranntes Kind scheut das Feuer, heisst es, auch wenn ich persönlich noch nie ernsthaft betroffen war.


    Daher ist für mich Anonymität im www , das Heraushalten persönlicher Daten, ein wichtiger Wert an sich. Das Internet vergisst nie.


    Schließlich, die Schwierigkeiten, die ich beim Lesen sowohl der Nachrichten von Frau Gilles, als auch beim heerufer.de habe, sind ersteinmal weniger inhaltlicher, als vielmehr "optischer" Natur. Egal, wie gut oder schlecht die Inhalte der jeweiligen Webseiten sein mögen, sind sie im Vergleich zu vielen anderen einfach "handwerklich" schlecht gemacht.


    Was die angesprochene "handwerkliche" Seite der Veröffentlichungen von Frau Prof. Gilles betrifft wollte ich noch anmerken, dass ich das so ähnlich sehe. Das betrifft nicht die zur Ausdruck gebrachte Haltung . Es sind meiner Meinung nach eher gewisse Schwächen in solchen Dingen wie Satzbau, Stil, schriftlicher Ausdruck, stringent-logischer Aufbau einer Argumentationskette, etc. da sollte man von einer Akademikerin ein klein wenig mehr Sorgfalt und sprachliche Eleganz erwarten dürfen. Das betrifft weiterhin den Aufbau ihrer Internetseite, diese wirkt ziemlich unübersichtlich. Ein bißchen mehr Professionalität in diesen äußerlichen Dingen ( man kann sich dafür auch Rat und Hilfe Dritter einholen) und man wird mit seinem Anliegen ( Kampf gegen RT) auch gleich ernster genommen. Ist wahrlich nicht schlecht gemeint, nur als Hinweis.


    Gruesse...MDM

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Das läuft wieder mal auf die Frage hinaus, ob man in der Oper eine heile Märchenwelt sehen möchte oder Stücke, die Anknüpfungspunkte an aktuelle Fragen und Probleme bieten.

    Wenn ich mir ernsthaft die Frage stelle, unter welchen Umständen ein Geschwisterpaar, wie Hänsel und Gretel heute wohl leben würde, käme wohl etwas ähnliches, wie in der oben geschilderten Inszenierung von Robert Carsen (nicht: Carlsen!) heraus: Sozialer Wohnungsbau, lichtloser Hinterhof, Erdbeeren aus dem Abfall etc. Das wäre, oder besser, das ist heute Realität! Und wenn die Kunstgattung der Oper überleben will, muss sie sich auch mit solchen Realitäten auseinandersetzen. Zwar sei angemerkt, dass ich bzgl. einer weiterreichenden, brechtschen(?) Gesellschaftsbildung durch Kunst oder Kultur im Sinne von "Soetwas gibt es, gegen soetwas muss man etwas tun!" eher skeptisch bin - trotzdem: Auch eine vollkommen elitäre Kunstform (inzwischen nicht mehr unbedingt im finanziellen, aber sicher immer noch im geistig-intellektuellen Sinne), wie es die Oper nun einmal ist, soll und muß dahin zeigen, wo es wehtut!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Wenn man etwas nicht versteht kann man aber wenigstens akzeptieren, daß es andere Meinungen gibt und diese nicht gleich negativ beurteil

    Lieber Rodolfo,


    du übertreibst hier etwas. Ich habe nirgendwo jemanden für seine Meinung verurteilt. Ich habe lediglich gesagt, dass ich eine solche Meinung, die so etwas sogar noch begrüßt, nicht verstehen kann.

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Wenn man etwas nicht versteht kann man aber wenigstens akzeptieren, daß es andere Meinungen gibt und diese nicht gleich negativ beurteilen.

    du übertreibst hier etwas. Ich habe nirgendwo jemanden für seine Meinung verurteilt. Ich habe lediglich gesagt, dass ich eine solche Meinung, die so etwas sogar noch begrüßt, nicht verstehen kann.

    Na ja, genau genommen hast Du folgendes geschrieben:

    auch ich kann - wie viele - eine solche Geschmacksverirrung und, wie man diese sogar noch gut heißen kann, nicht verstehen.

    Sicher, es handelt sich hier nicht explizit um die Verurteilung einer Meinung, aber alleine durch die von Dir ins Spiel gebrachte Begrifflichkeit der Geschmacksverirrung bekommt das Ganze einen gewissen haut goût ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Zitat

    von 9079 Wolfgang aus "Sammelplatz für absurd und lächerliche Inszenierungsideen"

    Ich versuche meine Tochter (12 Jahre) behutsam an die Oper heranzuführen. Nach einigen Operetten auf DVD waren wir in der "Zauberflöte". Sie gefiel ihr musikalisch und auch inszeniert sehr gut. In Bonn läuft nun die "Sizilianische Vesper". Ich werde mich aber vorher genauestens über die Inszenierung erkundigen, um keine Enttäuschung zu erleben. Auch die ausgestellten Fotos im Opernhaus sind für mich aussagekräftig. Ich möchte Kati einen evtl. Klamauk ersparen. Auf eine oben gezeigte "Trojaner-Verballhornung" können wir verzichten, da gefällt mir eine Karnevals-Sitzung wesentlich besser!

    Lieber Wolfgang,


    ich antworte an dieser Stelle, damit in dem Thema "Sammelplatz...", den Alfred mit sehr viel Mühe von den endlosen Diskussionen bereinigt hat und der künftig nur dem Aufzeigen solcher absurden Inszenierungen dienen sollte, nicht wieder endlose Diskussionen erzeugt werden.

    Es ist richtig, dass du dich vorher genau über die Inszenierung unterrichtest ehe du deiner Tochter irgend einen Unsinn zumutest. Sicher hast du auch den Leserbrief einer Frau gelesen, die ihren Musikbegeisterten und Klavier spielenden Sohn (8. Schuljahr, also etwa 14 Jahre alt) an die Oper heranführen wollte. Eine Oper wie den "Freischütz" halte auch ich durchaus als Einführung für geeignet (sie hat mich auch an die Oper herangeführt). Leider hatte sie - wie sie schreibt - sich vorher nicht (wie wir) genau über die Inszenierung informiert, wie wohl die meisten Besucher, die in diese Aufführung in Hannover gegangen sind und schon in der Pause den Saal verlassen haben, und daher sehr über diese Verunstaltung erschrocken. Der Sohn äußerte daraufhin, dass er nie wieder eine Oper sehen wolle. Diese Verunstaltungen haben nicht nur viele Zuschauer verschiedener Altersgruppen aus den Opernhäusern vertrieben, sondern sind abschreckendes Beispiel für alle, die Oper kennen lernen möchten.

    Wenn ich mit dem Hinweis auf die Nicht-Trojaner wenigstens einige Opernbesucher auf die ewig sich wiederholenden Militärkostüme und alle anderen Beigaben (die es wohl im trojanischen Krieg oder in Karthago damals schon gab, im Unterschied zu anderen Inszenierungen diesmal in Blau) informieren konnte, hat der Hinweis seinen Zweck erreicht.

    Ich bin zwar kein Karnevalsanhänger, aber da ist mir der normale Karneval noch lieber als dieser Karneval im Fernsehen.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Gerhard, ich finde es grundsätzlich sehr vernünftig, wenn junge Menschen schon frühzeitig an schwierige Themen herangeführt werden, wie sie sich in vielen Opern stellen. Worum geht es letztlich im "Freischütz"? Um die sexuellen Versagensängste von Männern. Wenn also ein 14jähriger schreiend vor diesem Thema ausreißt, dann vielleicht auch deshalb, weil ihn die Eltern nicht sensibel genug darauf vorbereitet haben, was ihn erwartet in dem Stück. Nun ist dieses Problem für einen Heranwachsenden gewiss sehr schwer nachzuvollziehen. Er sollte nicht überfordert werden. "Freischütz" ist was für Erwachsene. Denn er ist ja keine Oper über den schönen deutschen Wald, Wildbret und das lustiger Jägervergnügen. Was hier geschieht, ist "üble Jagd", um ein Zitat von Hagen aus der "Götterdämmerung" aufzugreifen. Es ist dem RT zu verdanken, den "Freischütz" in die Gegenwart gerettet zu haben. Persönlich denke ich an Ruth Berghaus, die mir vor vielen Jahren die Augen und die Ohren für das Werk und seine Brisanz geöffnet hat. Ich bin ihr ewig dankbar dafür.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Ich habe die betreffende "Freischütz"-Inszenierung leider nicht gesehen und seinerzeit nur ein wenig das Presseecho verfolgt. War das nicht so, dass man sich nicht eh dazu entschloss, sie erst ab 16 freizugeben - oder zu empfehlen?

  • Lieber Rheingold,


    Ob man die Gefühle eines Max mit sexuellen Bedürfnissen in Verbindung bringt (denn Liebe ist für mich nicht unbedingt vergleichbar mit sexuellen Bedürfnissen!), mag die Ansicht jedes Einzelnen sein. Allerdings kann man diese Deutung sicher auch subtiler darstellen als mit der Holzhammermethode jungen Leuten einzupeitschen. Das mit Sensibilität in Bezug auf die Erziehung der Eltern in Verbindung zu bringen, halte ich für völlig absurd.


    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Eine Oper wie den "Freischütz" halte auch ich durchaus als Einführung für geeignet (sie hat mich auch an die Oper herangeführt). Leider hatte sie - wie sie schreibt - sich vorher nicht (wie wir) genau über die Inszenierung informiert, wie wohl die meisten Besucher, die in diese Aufführung in Hannover gegangen sind und schon in der Pause den Saal verlassen haben, und daher sehr über diese Verunstaltung erschrocken. Der Sohn äußerte daraufhin, dass er nie wieder eine Oper sehen wolle. Diese Verunstaltungen haben nicht nur viele Zuschauer verschiedener Altersgruppen aus den Opernhäusern vertrieben, sondern sind abschreckendes Beispiel für alle, die Oper kennen lernen möchten.

    Die meisten Vorstellungen nach der Premiere waren im Hannover ausverkauft, so dass Besucher, welche die Vorstellung vorzeitig verließen, keineswegs als repräsentativ anzusehen sind. Dein Urteil "abschreckendes Beispiel" ist insofern gegenstandslos, weil du diese Freischütz-Vorstellung nicht kennst, außer durch Informationen aus 2. und 3. Hand und möglicherweise durch ein kurzes Video.

    Ob man die Gefühle eines Max mit sexuellen Bedürfnissen in Verbindung bringt

    Es ist sicherlich hilfreich Postings anderer User gründlicher zu lesen, als sofort in die Tasten zu hämmern. Rheingold 1876 meinte keinesfalls sexuelle Bedürfnisse von Max, sondern verwies auf seine sexuellen Versagensängste bzw. auf die von Männern. Das ist ein erheblicher Unterschied.

    Einmal editiert, zuletzt von Amfortas08 ()

  • Es ist dem RT zu verdanken, den "Freischütz" in die Gegenwart gerettet zu haben.

    Da mag etwas dran sein. Bei der reinen Reduzierung auf "den schönen deutschen Wald, Wildbret und das lustige Jägervergnügen" würde er womöglich das Schicksal vieler Opern des frühen 19. Jahrhunderts teilen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Bei der reinen Reduzierung auf "den schönen deutschen Wald, Wildbret und das lustige Jägervergnügen" würde er womöglich das Schicksal vieler Opern des frühen 19. Jahrhunderts teilen.

    Beim Weglassen des deutschen Waldes aber fehlt etwas, was gerade diese Oper so unverwechselbar macht. Und die Deutung der Versagensängste deutscher Männer im Bett kannte wohl auch Weber nicht. In keinem meiner vielen Opernführer wird diese Lesart angegeben!! Allerdings sind diese alle mind. 20 bis 60 Jahre alt. Laut meinem Hausswald-Opernführer geht der Stoff zurück auf eine Gespensternovelle von Apel und Laun, und es wird nur gesprochen von der romantischen Ideenwelt. Der Probeschuß (den Rheingold ja sicher nicht sexuell meint) sollte sogar zum Titel gemacht werden. Hausswald schreibt "Die Uraufführung am 18.6.1821 in Berlin wurde nicht nur ein Erfolg für Weber, sondern zugleich der Sieg der deutschen Oper der Romantik". Und wenn der Erbförster den Max ermahnt, beim Schießwettbewerb am folgenden Tag unbedingt das Ziel zu treffen, sonst wird es nichts aus seiner Ehe mit seiner Tochter, dann kann er doch nicht eine Aufforderung zum vorehelichen Sex ausgesprochen haben! Das Stück handelt kurz nach dem Dreißigjährigem Kriege!!


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Beim Weglassen des deutschen Waldes aber fehlt etwas, was gerade diese Oper so unverwechselbar macht.

    "Deutschen Wald" gibt es auch in anderen Opern. Der bildet im Freischütz durchaus auch sowas wie Metapher.


    Und die Deutung der Versagensängste deutscher Männer im Bett kannte wohl auch Weber nicht. In keinem meiner vielen Opernführer wird diese Lesart angegeben!!

    Das männliche Versagensproblem bzw. Potenzproblem wird doch bereits direkt in Shakespeares Macbeth thematisiert, nämlich im 2. Akt 3. Szene (durch einen Pförtner). Das wird auch in keinem Theaterführer erwähnt. Von Sophokles Ödipus dabei mal ganz zu schweigen.

    Laut meinem Hausswald-Opernführer geht der Stoff zurück auf eine Gespensternovelle von Apel und Laun, und es wird nur gesprochen von der romantischen Ideenwelt. Der Probeschuß (den Rheingold ja sicher nicht sexuell meint) sollte sogar zum Titel gemacht werden. Hausswald schreibt "Die Uraufführung am 18.6.1821 in Berlin wurde nicht nur ein Erfolg für Weber, sondern zugleich der Sieg der deutschen Oper der Romantik". Und wenn der Erbförster den Max ermahnt, beim Schießwettbewerb am folgenden Tag unbedingt das Ziel zu treffen, sonst wird es nichts aus seiner Ehe mit seiner Tochter, dann kann er doch nicht eine Aufforderung zum vorehelichen Sex ausgesprochen haben!

    Zahlreiche Märchen (nicht auf Grimm beschränkt) beziehen sich auf Bildung und Ausprägungen von Sexualität. Wagners Siegfried vollzieht quasi simultan auch die Auslegung/Deutung des Märchens „Von einem, der auszog das Fürchten zu lernen“ als die von Entwicklung/Ausformung von Erotik. Über die sexuellen Gehalte in Märchen gibt es von Bruno Bettelheim ein sehr spannendes Buch mit dem Titel "Kinder brauchen Märchen". Warum sollen Novellen bzw. Opernlibretti davon ausgenommen sein ?

    Das Stück handelt kurz nach dem Dreißigjährigem Kriege!!

    Ist aber aus der Perspektive des beginnenden 19. Jahrhunderts entstanden, war nicht besonders friedliche Ära.

  • Lieber Rheingold


    Ich hatte einen Termin und daher vorhin nicht genügend Zeit, auf auf deinen Beitrag Nr. 680 einzugehen. Daher hier einige Nachträge:

    1) Dass der Junge schreiend ausgerissen ist, davon war nirgendwo die Rede. Das hast du hinzu erfunden. Dass viele Zuschauer nach der Pause den Saal (ohne zu schreien) verlassen haben, hat die Schreiberin festgestellt, weil sie weiterhin noch durchgehalten hat.

    2) Es scheint heutzutage bei vielen die Einstellung zu herrschen, dass Liebe mit Sex gleichzusetzen, und daher Angst um den Verlust des geliebten Wesens mit sexuellen Versagensängsten zu deuten sei. Welch ein grotesker Irrsinn!! Wenn ich die Literatur der Romantik lese, hat man mit Sicherheit damals nicht in solchen Kategorien gedacht. Damals war die Liebe noch ein hohes Gut, das verklärt wurde. Einen Freischütz dahingehend auszulegen, halte ich doch für reichlich abwegig. Glücklicherweise kennen viele - auch speziell die jungen Leute - noch Liebe, ohne sofort an Sex zu denken!

    3) Ich halte die Erziehung der Eltern in dieser Hinsicht für vorbildlich, wenn ein Junge bekennt, dass er solch pubertäre Phantasien in einer Oper ablehnt und daher, nach dieser erstmaligen Begegnung mit dem heutzutage immer mehr entstellten Medium, nichts mehr mit der Oper zu tun haben will.

    4) Der Freischütz ist nun einmal eine romantische Oper und bedarf mit Sicherheit keiner "Rettung" in die Gegenwart, genau so wenig, wie viele andere Werke. Das ist für mich nur krankhaftes Modedenken.


    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Wenn ich die Literatur der Romantik lese, hat man mit Sicherheit damals nicht in solchen Kategorien gedacht. Damals war die Liebe noch ein hohes Gut, das verklärt wurde.

    Wer an Dichtungen aus der Zeit der sog. Romantik auf dem Schirm hat, dem wird sich nicht dieser Eindruck aufdrängen. Weder in Kleists Penthesilea noch in seinem Prinz von Homburg (seine Beziehung zu Natalie) wird Liebe verklärt; im Gegentum.

  • Es ist dem RT zu verdanken, den "Freischütz" in die Gegenwart gerettet zu haben

    Hier habe ich - unabhängig von den Anlassfall - ene völlig andere Meinung dazu:

    Wenn ein Stück nicht stark genug ist WEITGEHEND unbearbeitet bestehen zu können (kleine "Ausbesserungen" passierten immer schon - und auch da meist nicht zum Vorteil des Stücks. Ich erinnere mich noch an die textlichen Anpassungsversuche, wie in Taminos berühmter Bilderarie die Passage "an diesen heißen Busen drücken" folgerichtig in "an dieses heiße Herze drücken" abgewandelt wurde).


    Es ist klar, daß der Probeschuß - oder ähnliche Prüfungen heute weitgehend der Vergangenheit angehören, außer vielleicht im studentischen und gymnasialen Milieu - aber es hängt nicht so viel davon ab. Der berühmte Pakt mit dem Teufel ist eher mittelalterliches Gedankengut, ebenso wie die Beschwörungsformeln, das sich allerdings bis ins frühe 19. Jahrhundert hielt. Der Librettist verfolgt einen zweischneidigen Weg:

    Zum einen lässt er kein Clicheé aus, weder "Deus ex Machina" noch das Erscheinen des Teufels und die Strafe für jenen, der sich ihm verschrieben hat. Ein - etwas wackeliges - moralisierendes Happy-End darf natürlich auch nicht fehlen - zum andern macht er sich in der Ballade "Einst träumte meiner seelgen Base" über den Aberglauben lustig. Die Oper strahlt eigenartigerweise einen Hauch ihrer Entstehungszeit, der Frühromantik aus, obwohl sie ja realtiv kurz nach dem 30 jährigen Krieg spielt. Jägergück und Waldseligkeit sind ebenso Bestandteil der Oper, wie die Gruselszenen (auch wenn das manchem nicht passt). Hätte Weber diesen Chor nicht gewollt, so hätte er ihn nie geschrieben.

    Auch der "Chor der Brautjungfern" ist vielen Leuten ein Dorn im Auge (Ohr)

    Haben diese Figuren und ihre Lebensumstände heutzutage noch irgend eine Aussagekraft ?

    Ich würde das verneinen.

    Nun, da wäre eben eine Art Märchen, eine Geschichte, die in vergangener Zeit spielt, etwa kurz nach dem dreißigjährigen Krieg wie im Originaltext deutlich anklingt.

    Und genau da muß sie spielen, das ist von den Autoren so gewollt. Man ließ dieses Märchen nicht etwa in der (damaligen) Gegenwart sondern ca 170 Jahre früher spielen - und das aus gutem Grund. Die Geschichte verlöre an Nimbus.

    Also: Besser in den Archiven ruhen zu lassen - als entstellt wiederzugeben und das dann als "Rettung" des Werkes zu sehen. Künftige Generationen werden die Oper dann "ausgraben" und ihre "Wiederentdeckung" feiern.

    Zur Oper ans sich:

    Mich hat vor einigen Jahren ein Arbeitskollege gefragt, wenn er im Bereich "Oper" einsteigen wolle, welche ich ihm als Einstieg raten könne.

    "Gar keine" - war meine lakonische Antwort - "Oper wie sie derzeit inszeniert wird ist hässlich und reine Zeitverschwendung".

    Persönlich halte ich mich ebenfalls an diesen Rat...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Haben diese Figuren und ihre Lebensumstände heutzutage noch irgend eine Aussagekraft ?

    Ich würde das verneinen.

    Unterschätze da mal die Romantik nicht.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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