Liebe Taminos,
während eines kleinen Dresdenaufenthalts ließ ich es mir natürlich nicht nehmen, auch die Semperoper zu besuchen. Die einzige Vorstellung, zu der noch Karten zu erlangen waren, war das schlaue Füchslein von Janacek, der bisher ein Komponist war, mit dem ich mich nur kaum anfreunden konnte.
Soviel zur Vorgeschichte: Mit recht niedrigen Erwartungen (seine Oper Osud, schreckte mich vorerst von einer weiteren Beschäftigung mit Janacek ab) ging ich also in das prächtige Opernhaus - und wie kam ich wieder heraus? Tief ergriffen, freudig und beeindruckt. Die Inszenierung von Frank Hilbrich war eine Wucht. Er präsentierte dem Publikum Bilder voller Schönheit - selten habe ich eine moderne Inszenierung mit solcher Ästhetik gesehen. Mittelpunkt der Oper bildet ein zentraler Raum (Bühnenbild von Volker Thiele), der von Hilbrich als die Gedankenwelt des Försters interpretiert wird und die Handlung aus seiner Sicht verdeutlicht. Je eine große Tür an jeder Seite öffnet sich, sobald sich die innere Gefühlswelt des Försters ändert, oder sich der Raum an sich verändert. Mal erscheint ein idyllischer Wald, mal dunkle, morsche Bäume, mal ein Spiegelkabinett in dem sich erotisierende Bilder von Füchsen vervielfältigen. Dies alles, verbunden mit einer hervorragenden Lichtregie (Fabio Antoci) sorgte für farbenprächtige, atmosphärische Bilder von hoher Intensität.
Die einzelnen "Personen" der Oper sind nur bedingt als Tiere verkleidet, Farben und Stoffarten sind die einzigen Impulse, die dem Publikum bei der Identifizierung der Tiere helfen. Hilbrich schafft einen flüssigen Übergang zwischen Mensch und Tier, und lässt somit das Publikum entscheiden, inwieweit ein Verhalten menschlich oder animalisch ist - ein - wie ich finde - sehr schlüssiger Interpretationsansatz. Die alten Menschen in der Gastwirtschaft, werden hingegen mit großen Köpfen fürs Publikum als Mensch definiert und schaffen einen großen Kontrast zu den als Lebenssymbol gedeuteten Tieren.
Musikalisch wurde ich ebenfalls sehr überrascht - wie kann dieser Mann komponieren! Zugegeben war es nach wie vor für mich schwer, mich an die doch eher trockenen Orchesterklänge zu gewöhnen, doch war ich von der rhythmisch feinen und teils doch sehr lyrischen, naturschildernden Musik äußerst angetan. Nicht nur einmal bekam ich Gänsehaut (man denke an die Hochzeit mit dem Chor oder an den fantastischen Schluss mit der Hymne an die Natur), was aber auch an dem Libretto, welches doch so viele Botschaften parat hält, lag. Tomas Netopil, der die musikalische Leitung innehatte, schien mir sehr in dieser Musik aus seiner Heimat aufzugehen. Auch die Staatskapelle Dresden fühlte sich hörbar wohl. Gesanglich ist in erster Linie Sergej Leiferkus in der Rolle des Försters hervorzuheben. Mit großer Spielfreude und einem vollen, sehr flexiblen Bariton war er der Star des Abends. Doch auch Vanessa Goikoetxea als Füchsin konnte voll überzeugen. Die weiteren Stimmen waren m.E. nichts besonderes, doch waren alle mit schauspielerischen Einsatz voll dabei.
Insgesamt war es ein wirklich beglückender Opernabend und an Dr. Pingel: Es gibt jetzt einen weiteren großen Füchslein-Fan
LG
Christian