Was Lisa Otto so unvergleichlich machte , war die Verbindung von gespreizter Theatralik, Doppelbödigkeit und Ironie, die sich dann in Arie in Wärme und heiterer Humanität auflöst. Ob der Traum, der hier erzählt wird, von der Base wirklich geträumt wurde, oder ob Ännchen ihn in therapeutischer Absicht erfindet, bleibt bei ihr in der Schwebe. Unerreicht!
Lieber Caruso, nicht umsonst hatte ich die Aufnahme von Regina Werner mit "gewinnend" etwas unbestimmt eingestuft. Soll heißen, ich suchte lange nach einem passenden Begriff, damit sich die Begeisterung auch in deutlichen Grenzen hält.
Was Du nun zu Lisa Otto feststellst, finde ich im Kern sicher getroffen. Wunderbar. Ich staune immer wieder, wie genau Du hören, beobachten und bewerten kannst. Und wie gut Du verstehst, was da ausgesendet wird. Weil wir ja gerade an anderer Stelle über gestaltendes Singen und über den "Freischütz" im Gespräch waren. Würde so intensiv gesungen, dargestellt und vermittelt, es brauchte manchen Inszenierungsaufwand mit reißerischen und derben Symbolen eigentlich nicht. Das ist meine Schlussfolgerung, die Du nicht teilen brauchst. Aber so eine wie die Otto lässt die Frage nach einem Försterhaus auf der Bühne für mich gar nicht aufkommen. Sie singt es mit allen seinen Beschränkungen, seiner Enge und seinen Zwängen. Insofern ist das Försterhaus schon ein hintersinniges Symbol und keine Kulisse schlechthin. Damit will ich nicht schon wieder die Vergangenheit über den grünen Klee loben. Das nütze rein gar nichts. Wir schreiben 2015, bald 2016! Ich plädiere für genaues Singen. Mehr nicht. Aber auch nicht weniger.
LG Rheingold