"Das Ganze findet im Maßanfertigungsstudio einer großen Schneiderei statt."

  • Zitat

    "Das Ganze findet im Maßanfertigungsstudio einer großen Schneiderei statt. Das war eine Atmosphäre, die mich mit meinem Großvater verband"


    Da im Thema "Sammelplatz...." nicht mehr kommentiert werden soll, kann nur hier Stellung zu dem von Stimmenliebhaber dort eingestellten Interview der Berliner Morgenpost mit Claus Guth Stellung genommen werden.
    Eine "Salome" von Richard Strauss im Maßanferigungstudio eine großen Schneiderei!!!! :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: Es wird immer absurder und lächerlicher!
    Abgesehen davon, dass das überhaupt nicht zu dem Text der Oper passt, zeigt der Regisseur, dass er hier - wie aus dem Text hervorgeht, nur eine Selbstdarstellung vorhat.
    Noch immer sind Regisseure an der Modeerscheinung erkrankt, das alles, was war zerstört und auch historische Stücke in eine nahe Gegenwart gezogen werden müssen (hier um 1950). Alltag und Gegenwart bekommen wir täglich bis zum Überdruss zu sehen und hören und auch das Theater langweilt uns seit langem mit immer demselben Mist.
    An anderer Stelle sucht man z.B. als Statisten sechs wohlproportionierte Frauengestalten, die im Bikini auf einem "Traumschiff" Platz nehmen sollen, weil man den "Liebestrank" von Donizetti auf Fernsehserienniveau herabziehen will.
    Leider gibt es zu viele Zuschauer, die sich diese Verar..... immer noch gefallen lassen.


    Hier noch einmal der Link zu dem Artikel der Berliner Morgenpost.
    http://www.morgenpost.de/kultur/berlin-k…Extremfall.html

    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Eine "Salome" von Richard Strauss im Maßanferigungstudio eine großen Schneiderei !!!! :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:. Es wird immer absurder und lächerlicher!
    Abgesehen davon, dass das überhaupt nicht zu dem Text der Oper passt, zeigt der Regisseur, dass er hier - wie aus dem Text hervorgeht, nur eine Selbstdarstellung vorhat.

    Hier stimme ich dir absolut zu, weil ich schon die Begründung dafür absolut lächerlich finde: er hat das als Kind bei seinem Großvater so erlebt. Das ist ja sehr schön für ihn, aber warum muss er damit diejenigen behelligen, die das nicht selbst erlebt haben, und was hat das noch mit der "Salome" zu tun?


    Typisch Guth ist auch, dass die wichsten Handlungsangelpunkte natürlich gesprengt bzw. in ihre Gegenteil verkehrt werden müssen: Während bei Guths "Rosenkavalier" in Frankfurt am Main die Marschallin am Ende stirbt, stirbt seine Berliner Salome natürlich nicht, sondern lebt weiter. Solche gravierende Handlungseingriffe gehen für mich gar nicht! Ich werde diese Produktion deshalb auch nicht besuchen.



    An anderer Stelle sucht man z.B. als Statisten sechs wohlproportionierte Frauengestalten, die im Bikini auf einem "Traumschiff" Platz nehmen sollen, weil man den "Liebestrank" von Donizetti auf Fernsehserienniveau herabziehen will.

    Hier habe ich ein etwas andere Haltung: "Liebestrank" war und ist relativ seichte, oberflächliche (und trotzdem gute) Unterhaltung, immer gewesen, hatte nie wirklich einen darüber hinausgehenden Anspruch (trotz der Bezeichnung "semiseria"), und deswegen finde ich da Bikini-Girls oder ein "Traumschiff" auch erst einmal überhaupt nicht schlimm, solange das Grundgerüst der Handlung weitgehend unangetastet und der Werkcharakter weitgehend erkennbar bleiben. Bei einer "Salome", bei der die Titelheldin am Ende nicht stirbt, bleibt das Grundgerüst der Handlung hingegen nicht unangetastet.


    Wenn Flórez in diesem "Liebestrank" den Nemorino singen würde, würde ich reingehen, aber ein Sänger, wegen dem ich in die Guth-"Salome" gehen würde, fällt mir beim besten Willen nicht ein.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zitat

    Zitat von Stimmenliebhaber: und deswegen finde ich da Bikini-Girls oder ein "Traumschiff" auch erst einmal überhaupt nicht schlimm, solange das Grundgerüst der Handlung weitgehend unangetastet und der Werkcharakter weitgehend erkennbar bleiben.

    Lieber Stimmenliebhaber,


    müssen denn alle heiteren Opern auf das Niveau von seichten Fernsehserien (häufig sogar Blödelshows) herabgezogen werden. Fällt den Regisseuren zu einer Komödie nichts Besseres ein solch billige Mätzchen?



    Zitat

    Immerhin kann man dann den Kopf Johanaans als Nadelkissen nehmen, um die Abstecknadeln zwischenzulagern. :D

    Lieber Lutgra,


    du bringst es auf den Punkt. An solch tolle Verwertungsmöglichkeiten hatte ich noch gar nicht gedacht.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Zitat

    Das Ganze findet im Maßanfertigungsstudio einer großen Schneiderei statt. Das war eine Atmosphäre, die mich mit meinem Großvater verband.


    Clausi, dein Oppa in interessiert misch nischt. Hat der dir nie ne Schoggi geschenkt oda 'n Gummibärschen?

  • Die Guth Inszenierung erinnert mich an die Salome Inszenierung von Frau Gürbaca an der Rhein Oper. Bei uns spielt die Salome in einer bürgerlichen Kleinfamalie in den 70 Jahren und es gibt eine reichliche Blutorgie.

  • ... und diese Blutorgie bei Salomé ging auch technisch in die Hose, denn die meisten Opfer fielen schon um, bevor sie das Messer erreicht hatte. Vielleicht waren diese Sänger auch nur vorsichtig, wer weiß, was die Regisseurin Gürbaca den Messerstechern vorher gesagt oder sogar versprochen hatte. Oder sie hatte verlangt, dass alles nach "method acting" ablaufen solle. Gesungen wurde übrigens nicht schlecht: Morenike Fadayomi war mal wieder in ihrem Element.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Hier stimme ich dir absolut zu, weil ich schon die Begründung dafür absolut lächerlich finde: er hat das als Kind bei seinem Großvater so erlebt. Das ist ja sehr schön für ihn, aber warum muss er damit diejenigen behelligen, die das nicht selbst erlebt haben, und was hat das noch mit der "Salome" zu tun?


    Dazu schreibt Ingrid Wanja in ihrer Rezension im "Opernfreund": "Da beschleicht den Opernbesucher immerhin ein Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass die Oma nicht Klofrau war." :jubel:

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Zitat von Mme.Cortese

    Dazu schreibt Ingrid Wanja in ihrer Rezension im "Opernfreund": "Da beschleicht den Opernbeucher immerhin ein Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass die Oma nicht Klofrau war." :jubel:

    Liebe Mme.Cortese,


    freu dich nicht zu früh! Die Oma als Klofrau werden wir bei dem Verunstaltungswahn der heutigen Regisseure mit Sicherheit auch noch erleben. Die Männer auf Omas Klosett haben wir ja im "Maskenball" bereits zu sehen bekommen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Liebe Freunde!


    Was regt ihr Euch denn darüber auf? Es gibt doch hier im Forum auch Liebhaber dieses Blödsinns, der mit Oper wohl kaum etwas zu tun hat. In einer Irrenanstalt aufgeführt, gäbe es bestimmt "sachkundigen" Applaus! :jubel:

    W.S.

  • Zitat von 9079Wolfgang

    In einer Irrenanstalt aufgeführt, gäbe es bestimmt "sachkundigen" Applaus!


    :hahahaha: :jubel: :hahahaha: :jubel: :hahahaha: :jubel:

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)


  • Lieber Stimmenliebhaber,
    müssen denn alle heiteren Opern auf das Niveau von seichten Fernsehserien (häufig sogar Blödelshows) herabgezogen werden. Fällt den Regisseuren zu einer Komödie nichts Besseres ein solch billige Mätzchen?

    Lieber Gerhard,


    ich finde es schade, dass du immer alles in einen Topf wirfst und nicht differenzierst zwischen einem modernen "Aufpeppen" einer Handlung, die damals in erster Linie unterhalten sollte und das heute auch soll (Oper war damals in Italien Grundunterhaltung des Bürgertums, Schauspielhäuser gab es nicht, also amüsierte man sich in der Oper, wenn man nicht nur lesen wollte - weitere Alternativen gab es kaum. Für mich gibt es da schon Parallelen zwischen Fernsehserien / Soap Operas heute und eher heiteren Opern damals) und der m.E. total willkürlichen Handlungsortverlegung und dem gegenteiligen Ausgang bei der Guth-"Salome".
    Ich sehe da einen riesigen Unterschied!



    Dazu schreibt Ingrid Wanja in ihrer Rezension im "Opernfreund": "Da beschleicht den Opernbesucher immerhin ein Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass die Oma nicht Klofrau war." :jubel:

    :thumbsup:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Gerhard,
    was hast du gegen wohlproportinierte Frauen ? Die sind mir lieber als wohlproportionirte Männer. Wenn du die Oper live gesehen hättest könnte ich deine Aufregung ja verstehen.

  • Was regt ihr Euch denn darüber auf? Es gibt doch hier im Forum auch Liebhaber dieses Blödsinns, der mit Oper wohl kaum etwas zu tun hat. In einer Irrenanstalt aufgeführt, gäbe es bestimmt "sachkundigen" Applaus! :jubel:


    Ich mag dieses Stück sehr und habe mir auch schon einen Termin für den Opernbesuch Anfang April vorgemerkt. Eigentlich bin ich relativ offen für Inszenierungsideen, aber alles hat seine Grenzen. Wie ich las, ist das Bühnenbild eine Herrenboutique mit Maßanzügen. In einem Zeitungsinterview sagt die Sopranistin Naglestad: "Wir schreiben die Geschichte der Salome neu". Nein danke. Den Termin habe ich gestrichen.


    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Wie leider allzu oft findet die Auseinandersetzung mit einem Regie-Konzept hier wieder einmal auf dem Niveau des "Sammelplatzes..." statt, nur dass dieses Mal kein Szenenfoto als Aufhänger dient, sondern ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat. Wenn man das ganze Interview liest und nicht nur bei dem einen Satz hängenbleibt, dann wird doch zumindest angedeutet, welche Aspekte dieses Stückes Guth ausloten will, warum er es in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts spielen lässt und warum ihm ein Maßanfertigungsstudio für seine Deutung als geeigneter Rahmen erscheint. Die eigentlich interessante Diskussion wäre eine darüber, ob diese Ideen tragfähig sind, ob Guths Lesart der Oper gerecht wird oder ob er ihr einen fremden Stoff überstülpt, wobei es auch hier wieder schwierig ist, etwas zu beurteilen, was man noch gar nicht kennt. Aber dieser Thread zeigt für mich erneut, dass eine sachliche Diskussion über Opern-Inszenierungen seitens der meisten RT-Gegner gar nicht gewollt ist.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • warum ihm ein Maßanfertigungsstudio für seine Deutung als geeigneter Rahmen erscheint.


    Die Frage ist, ob man bereit ist, JEDE Schauplatzverlegung, und wenn sie auch noch so willkürlich ist, zu akzeptieren oder nicht. Du scheinst erst einmal immer alles akzeptieren zu wollen - und darin unterscheiden wir uns. Ich kann mir sehr viele Stücke mit vielen spannenden Geschichten in einer Herrenmaßschneiderei vorstellen - man muss sie nur schreiben! "Salome" ist schon geschrieben und von Strauss so vertont, wie er sie vertont hat - und diese Interpretation des Stoffes und des Textes durch die Musik des Komponisten bekomme ich nicht stimmig mit einer Herrenmaßschneiderei zusammen. Dass der Regisseur den Stoff mit einer Herrenmaßschneiderei zusammenbekommt, kann ja gut sein, aber ob das dann noch in irgendeiner Art und Weise mit der Erstinterpretation des Textes durch die Musik des Komponisten in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen ist, wage ich doch stark zu bezweifeln.


    Im Übrigen finde ich die generelle Verteidigung aller auch noch so absurden Regisseursideen für eine "sachliche Diskussion" ebenso kontraproduktiv, wie wenn man alles verdammt, sobald die kleinste Abweichung vom Buchstaben zu sehen ist.


    Es ist aber natürlich dein gutes Recht, dir solche Inszenierungen anzusehen, ebenso wie es dein gutes Recht ist, dich an solchen Diskussionen, die dir unsachlich erscheinen, nicht zu beteiligen.


    Ebenso ist es übrigens auch mein gutes Recht, solche Inszenierungen abzulehnen, nicht zu besuchen und die darüber von den Akteuren getroffenen Aussagen oder auch das, was die Rezensenten beschreiben, öffentlich zu kritisieren.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Das Problem ist doch das das wie beim Freischütz über eine Premiere geschrieben wird, die keiner gesehen hat. Und Gerhard schreibt dann in seinen Berichten dann auch immer nur über die Misslungene Inszenierung, aber kein Wort über Sänger, Dirigenten und die Publikumsreaktionen.

  • Zitat

    Zitat von Rodolfo: was hast du gegen wolproportinierte Frauen ?

    Lieber Rodolfo,


    hier habe ich mich wohl unglücklich ausgedrückt. Gesucht werden Frauen, die so proportioniert sind, dass sie im Bikini eine schöne Figur für den Zuschauer ergeben. Du hast sicher etwas anderes darunter verstanden.



    Zitat von Rodolfo

    ... aber kein Wort über Sänger, Dirigenten und die Publikumsreaktionen.

    Darum geht es hier doch gar nicht, sondern um die optische Darstellung und die Beibehaltung der Originalhandlung.
    Ich habe schon mehrfach hier erklärt - vielleicht hast du es nicht gelesen - dass bei mir auch das Auge mithört und dass mir eine verhunzte Darstellung den Geschmack an der geliebten Oper völlig verdirbt. Ich möchte ja nicht mit geschlossenen Augen in die Oper gehen, was ich einmal nach kurzem Hinschauen gemacht habe, als ich von einer verschandelten Darstellung (es war ein Gastspiel hier, über das ich vorher nichts Genaues erfahren hatte) überrascht wurde, aber die Sänger gut waren. Danach habe ich mich immer vorher genauer informiert und mein Abonnement gekündigt. Für mich bleibt die Oper ein Werk, in dem Bild und Ton harmonisch zusammen gehören und miteinander harmonieren müssen.
    Mehrfach erklärt habe ich auch, dass ich mich zur Beurteilung der Sänger nicht aufschwingen will, weil ich mich da als Musikliebhaber ohne musikalische Ausbildung nicht als kompetent genug ansehe. Ich kann - und das habe ich in meinen Schilderungen von gesehenen Opern (heute leider fast nur noch im Fernsehen oder auf DVD) auch getan, aber vielleicht hast du das auch übersehen, immer nur sagen, ob mir ein Sänger gefallen oder weniger gefallen hat. Ob sie nun bestimmte Töne getroffen oder nicht getroffen haben und ob sie von der stimmlichen Lage in die Rolle passen oder nicht passen, das überlasse ich denen, die sich als "Experten" fühlen, und verfolge höchstens deren Berichte. Aber ich muss in vielen Themen auch feststellen, dass die Urteile unter den "Experten" da oft weit auseinander gehen. Warum sollte ich mich darauf einlassen?



    Zitat von Stimmenliebhaber

    ich finde es schade, dass du immer alles in einen Topf wirfst und nicht differenzierst zwischen einem modernen "Aufpeppen" einer Handlung, die damals in erster Linie unterhalten sollte und das heute auch soll

    Lieber Stimmenliebhaber,


    für mich ist ein Opernhaus etwas, was ein höheres Niveau bieten sollte, als das, was uns das Fernsehen an billigen Serien (die ich mir, nachdem ich in einige "hineingerochen" habe, erst gar nicht anschaue) täglich unterjubelt. Ich habe den "Liebestrank" mehrfach in sehr schönen Inszenierungen gesehen und fühlte mich immer gut unterhalten. Und soviel ich gesehen habe, die anderen Zuschauer auch. Nennst du das "modernes Aufpeppen", wenn die Handlung auf ein Traumschiff verlegt wird, damit das breite Publikum der Serienzuschauer befriedigt werden? Und glaubst du, dass dieses Publikum in die Oper geht?



    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Und glaubst du, dass dieses Publikum in die Oper geht?


    Ja, ich glaube, dass das auch ein potentielles Opernpubikum ist, denn wenn nur die Taminos (von denen viele ja ohnehin nicht gehen) und andere eingefleischte Klassik-Liebhaber in die Oper gehen würden, wären das viel zu wenig, um die Opernhäuser zu erhalten. Mein Credo von Oper für alle müsste dich doch eigentlich bekannt sein, ich bin doch jetzt schon ein paar Jahre dabei. Und ein Korrespondieren mit anderen medialen Sehgewohnheiten bei einem Unterhaltungswerk finde ich alles andere als verwerflich, solange nicht die Handlung total auf den Kopf gestellt wird. Ein Guth-"Liebestrank" würde wahrscheinlich in irgendeiner Nervenheilanstalt spielen und Nemorino würde am Ende sterben, weil er es im originalen Stück ja nicht tut und bei Guth immer alles anders sein muss als gedacht. Da würde ich einen "Liebestrank" auf einem Traumschiff mit Bikinis aber SEHR deutlich vorziehen, auf alle Fälle wäre diese Konzeption für mich kein Grund nicht reinzugehen.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Zitat

    Da würde ich einen "Liebestrank" auf einem Traumschiff mit Bikinis aber SEHR deutlich vorziehen, auf alle Fälle wäre diese Konzeption für mich kein Grund nicht reinzugehen.


    Weder noch! Da liegen meine Ansprüche zu einer Opernaufführung wesentlich höher!

    W.S.

  • Die Frage ist, ob man bereit ist, JEDE Schauplatzverlegung, und wenn sie auch noch so willkürlich ist, zu akzeptieren oder nicht. Du scheinst erst einmal immer alles akzeptieren zu wollen - und darin unterscheiden wir uns.


    Meine Toleranz ist in diesem Punkt insofern recht groß, als ich einen Schauplatz nicht schon als solchen ablehne, ohne mir das dahinter stehende Konzept anzuschauen. Willkürlich sollte der Schauplatz allerdings nicht sein, sondern er sollte in einem sinnhaften Zusammenhang mit dem Stück stehen. Wenn Herr Guth erklärt hätte, er lasse die Salome in einer Schneiderei spielen, weil er so schöne Kindheitserinnerungen daran habe (so wurde es hier ja kolportiert), dann würde ich das in der Tat als eitle Selbstdarstellung verurteilen. Wenn er aber sachliche Gründe dafür angibt, die mit seiner Lesart des Stückes zusammenhängen - und die lassen sich ja nachlesen -, dann kann man zumindest einmal darüber diskutieren, ob das gute oder schlechte Gründe sind.


    Dass der Regisseur den Stoff mit einer Herrenmaßschneiderei zusammenbekommt, kann ja gut sein, aber ob das dann noch in irgendeiner Art und Weise mit der Erstinterpretation des Textes durch die Musik des Komponisten in einen sinnvollen Zusammenhang zu bringen ist, wage ich doch stark zu bezweifeln.


    Da sprichst Du allerdings einen wichtigen Punkt an, der nach meiner Wahrnehmung in den einschlägigen RT-Kontroversen bislang kaum diskutiert wurde: In welchem Verhältnis steht eine Regiearbeit nicht nur zum Text, sondern zur Musik?


    Im Übrigen finde ich die generelle Verteidigung aller auch noch so absurden Regisseursideen für eine "sachliche Diskussion" ebenso kontraproduktiv, wie wenn man alles verdammt, sobald die kleinste Abweichung vom Buchstaben zu sehen ist.


    Wie gesagt: ich will nicht jede absurde Idee verteidigen, aber ich meine, dass eine Idee nicht schon deshalb absurd ist, weil sie z.B. eine Oper an einem bestimmten Schauplatz spielen lässt.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Ja, ich glaube, dass das auch ein potentielles Opernpubikum ist, denn wenn nur die Taminos (von denen viele ja ohnehin nicht gehen) und andere eingefleischte Klassik-Liebhaber in die Oper gehen würden, wären das viel zu wenig, um die Opernhäuser zu erhalten.


    Ich bin davon überzeugt, dass Menschen, die sich TV-Serien anschauen, nicht nur ein potentielles Opernpublikum sind, sondern dass da schon jetzt eine recht große Schnittmenge besteht. Anders gesagt: ich würde darauf wetten, dass ein recht großer Anteil des Publikums in einer Opernvorstellung sich durchaus TV-Serien anschaut und damit natürlich auch einen direkten Zugang zu einer Bilderwelt hat, die aus einer solchen Serie entnommen wurde.


    Zitat
    Zitat von Rodolfo: was hast du gegen wolproportinierte Frauen ?
    Lieber Rodolfo,


    hier habe ich mich wohl unglücklich ausgedrückt. Gesucht werden Frauen, die so proportioniert sind, dass sie im Bikini eine schöne Figur für den Zuschauer ergeben. Du hast sicher etwas anderes darunter verstanden


    Ich glaube, Rodolfo hat genau das darunter verstanden :hahahaha:

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Willkürlich sollte der Schauplatz allerdings nicht sein, sondern er sollte in einem sinnhaften Zusammenhang mit dem Stück stehen.

    Für mich steht eine Herrenmaßschneiderei in keinem sinnvollen Zusammenhang zum Stück "Salome".


    Wenn Herr Guth erklärt hätte, er lasse die Salome in einer Schneiderei spielen, weil er so schöne Kindheitserinnerungen daran habe (so wurde es hier ja kolportiert), dann würde ich das in der Tat als eitle Selbstdarstellung verurteilen.

    Er hat erklärt, dass er es da spielen lasse, weil er das bei seinem Großvater so erlebt hat. Ich verurteile das als eitle Selbstdarstellung.


    Genau hat er gesagt:


    Zitat

    "Es gibt aber eine andere biografische Spur. Das Ganze findet im Maßanfertigungsstudio einer großen Schneiderei statt. Das war eine Atmosphäre, die mich mit meinem Großvater verband."

    (Quelle: siehe Beitrag 1 dieser Rubrik)


    Mich interessieren Spuren, die mir weitere Zugänge zum Stück eröffnen, keine biografischen Spuren des Regisseurs!


    Aber das scheint die "Grundidee" dieses Regisseurs zu sein:


    Zitat

    Für meinen Theaterbegriff muss man immer Brücken in die eigene Welt schlagen, sich an die eigene Biografie ankoppeln.

    Ich halte das für einen Irrglauben Guths, weil das weder dem Werk noch dem Publikum nützt, sondern nur dem Regisseur selbst. Er schlägt keine Brücke vom Werk zum Publikum, sondern nur zu sich selbst. Warum soll das die Leute im Sall interessieren?




    dann kann man zumindest einmal darüber diskutieren, ob das gute oder schlechte Gründe sind.

    Der von ihm genannte Grund (Großvater) ist für mich ein schlechter!


    Ich bin davon überzeugt, dass Menschen, die sich TV-Serien anschauen, nicht nur ein potentielles Opernpublikum sind, sondern dass da schon jetzt eine recht große Schnittmenge besteht. Anders gesagt: ich würde darauf wetten, dass ein recht großer Anteil des Publikums in einer Opernvorstellung sich durchaus TV-Serien anschaut und damit natürlich auch einen direkten Zugang zu einer Bilderwelt hat, die aus einer solchen Serie entnommen wurde.

    Da gehe ich mit.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"


  • Du hast auch wieder das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen. Guth sagt folgendes:


    "Es spielt in den 1950er-Jahren, es spielt also auch in die Entstehungszeit dieses Opernhauses hinein. Mich interessiert immer das Thema Monströsität unter einer perfekten Oberfläche. In dieser Disziplin war gerade die Nachkriegszeit führend. Das Abgründige sollte überall verborgen bleiben." [...] "Das Ganze findet im Maßanfertigungsstudio einer großen Schneiderei statt. Das war eine Atmosphäre, die mich mit meinem Großvater verband. Es war ein bürgerliches Umfeld in Bad Reichenhall, das ich gut kannte. Das Studio ist ein Ort, an dem man sich mit der Hülle, der Verhüllung von Menschen befasst. Dort trifft man auf Herren, Anzüge, Korrektheit. Es ist das Gegenteil von Monströsität und Nacktheit. Die Geschichte beginnt damit, wie die kleine Salome nachts an diesen Ort kommt. Das Stück ist eine Parabel. Ich erzähle, wie sich das Kind über die Puppenwelt seine Situation vergegenwärtigt."


    Der Grund für die Wahl des Maßanfertigungsstudios ist damit doch klar benannt: es versinnbildlicht Oberflächlichkeit und Verhüllung, für Guth offenbar Themen, die in der Salome eine wichtige Rolle spielen. Er ist zwar darauf gekommen, weil er es aus seiner Kindheit kannte und einen bestimmten Kontext damit verbindet, soweit die biografische Spur. Aber daneben gibt es sehr wohl noch einen inhaltlichen Grund. Man kann ja diese Ideen blödsinnig und abwegig finden, vielleicht tue ich das selbst. Aber man sollte dann zumindest so fair sein, diese Gründe auch zu benennen und anzuerkennen.


    Mich interessieren Spuren, die mir weitere Zugänge zum Stück eröffnen, keine biografischen Spuren des Regisseurs!


    Einverstanden: wenn es nicht mehr ist als eine biografische Spur des Regisseurs, dann ist es uninteressant. Mich interessieren auch nicht die Biographie des Regisseurs oder seine persönlichen Probleme. Mich interessiert, was das Stück uns an Allgemein-Menschlichem zu sagen hat. Daher gebe ich Dir auch in folgenden Recht:


    Zitat
    Für meinen Theaterbegriff muss man immer Brücken in die eigene Welt schlagen, sich an die eigene Biografie ankoppeln.
    Ich halte das für einen Irrglauben Guths, weil das weder dem Werk noch dem Publikum nützt, sondern nur dem Regisseur selbst. Er schlägt keine Brücke vom Werk zum Publikum, sondern nur zu sich selbst. Warum soll das die Leute im Sall interessieren?


    Ich verstehe hier aber Guth so, dass er durchaus auch die Brücke zu den Leuten im Saal schlagen will und nicht nur sich selbst meint.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zitat

    Zitat von Bertarido: Ich glaube, Rodolfo hat genau das darunter verstanden

    Lieber Bertarido,


    und dennoch glaube ich nach dieser Frage von Rodolfo, dass er nicht verstanden hat, worum es mir bei der Erwähnung des Inserates zur Suche nach schön gestalteten weiblichen Statisten ging. Ich habe nichts gegen schöne Frauen im Bikini, wo sie hingehören, genau so wenig wie gegen kräftiger proportionierte. Ich habe nur etwas gegen das, wofür sie gesucht werden: Das Herabziehen einer - wenn auch heiteren Oper - auf das Niveau von Fernsehserien. Ich muss im "Liebestrank" keine durch das Libretto völlig unbegründeten Bikinimädchen haben. Und mir ist bekannt, dass noch viele anderen Opernfreunde genauso denken, ich weiß sogar, dass Opernfreunde, die sich den "Liebestrank" ansehen wollten, aufgrund dieser Anzeige darauf verzichtet haben.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Gerhard,


    dann musst du ja ein Gedankenleser sein, wenn du weißt was viele andere Opernfreunde denken. Ich habe ja auch nicht die große Fachkenntnis gehe aber halt nicht so verbissen in die Oper mit der Vorstellung das alles stimmen muss. Beim Liebestrank und La Cenerentola erwarte ich keine politische Deutung einer Inszenierung sondern möchte einfach nur unterhalten werden . Welche Salome Inszenierung dir gefallen könnte, ist die aus der Wiener Staatsoper, die sehr konventionell ist. Ich kenne auch viele die Fernsehen u. a. Serien und Rosamunde Piilcher , sich ein Fußballspiel ansehen und trotzdem in die Oper gehen. Ich schaue mir grade zum Beispiel Ski Alpin an.

  • Du hast auch wieder das Zitat aus dem Zusammenhang gerissen.

    Das kann man natürlich bei jedem Zitat behaupten. Irgendetwas griffiges muss man ja auswählen, man kann ja - nicht nur aus urheberrechtlichen Gründen - immer das Ganze zitieren, um immer den kompletten Zusammenhnag zu haben.


    Der Grund für die Wahl des Maßanfertigungsstudios ist damit doch klar benannt: es versinnbildlicht Oberflächlichkeit und Verhüllung, für Guth offenbar Themen, die in der Salome eine wichtige Rolle spielen.

    Ich bin mir sicher, das könnte man auch anders, allgemeinverständlicher zeigen als mit dieser willkürlichen Verlegung aufgrund der Biographie des Regisseurs.


    Ich verstehe hier aber Guth so, dass er durchaus auch die Brücke zu den Leuten im Saal schlagen will und nicht nur sich selbst meint.

    Und ich verstehe das so, dass er die Brücke nur zu sich selbst schlägt, zumindest ist im Interview nur von ihm die Rede, vom Publikum hingegen weniger (oder habe ich was überlesen?)


    Auf alle Fälle glaube ich nicht, dass es einer Inszenierung mit solch einem persönlichen "Konzept" gelingt, diese Brücke auch zu anderen zu schlagen.



    Das Herabziehen einer - wenn auch heiteren Oper - auf das Niveau von Fernsehserien.

    Mir ist immer noch nicht ganz klar, warum du überhaupt meintest, diese "Liebestrank"-Sache hier in einer Rubrik, die du selbst zu "Salome" eröffnet hast, gleich mitthematisieren zu müssen? Was soll das? Was hat der eine Fall mit dem anderen zu tun?


    Mich nervt an den hiesigen Regiediskussionen ganz besonders, dass die Extremstandpunktler auf beiden Seiten immer meinen, alles in einen Topf werfen zu müssen: auf der einen Seite wird jede noch so absurde Regisseurs-Idee bis aufs Messer verteidigt und auf der anderen Seite wird jede Abweichung, egal ob gravierend (Regietheater extrem) oder gering (Regietheater light) in einen Topf geschmissen und generalverdammt - hier Generalabsolution, da Generalverdammnis. Auf dieser Grundlage kann man freilich nur ganz schwer sachlich diskutieren.


    Der "Liebestrank" auf dem Traumschiff oder was und wo auch immer hat mit der Guth-"Salome" nichts zu tun. Außerdem hat die heutige gepflegte seichte Fernsehunterhaltung mehr mit gepflegten seichten Unterhaltungsformaten aus früheren Zeiten zu tun, als manche offenbar wahrhaben wollen. Der Begriff "Seifenoper" ist ja nicht ganz zufällig. Aber das hat absolut nichts mit der Guth-"Salome" zu tun, um die es hier laut Rubrik-Überschrift eigentlich gehen sollte...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich verstehe die Aufregung nicht ganz. Claus Guth ist ein völlig belangloser Regisseur, was ich auch aus eigener Erfahrung sagen kann. Man sollte ihm gar nicht erst eine solche Plattform bieten. Der Thread trägt indirekt wohl dazu bei, noch für diese Produktion zu werben, auch wenn die Intention des Erstellers freilich eine andere war.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Beim Liebestrank und La Cenerentola erwarte ich keine politische Deutung einer Inszenierung sondern möchte einfach nur unterhalten werden .


    Lieber Rudolf!


    Das ist genau der springende Punkt! Ich möchte nicht nur "unterhalten" werden, sondern möchte eine Oper genießen, so wie sie vom Komponisten gewünscht und dem Libretto entspricht. Aber da machen wir wieder die Rolle rückwärts und sind wieder beim alten Thema "Regietheater". Aber dazu nehme ich hier nicht mehr Stellung! :stumm:

    W.S.

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