Schumann, Robert - Ouvertüre, Scherzo und Finale op.52

  • Wenn man sich mit Schumann´s 4 Sinfonien beschäftigt, gehört eigentlich auch der Hinweis auf Schumann´s durchaus sinfonisches Werk op.52 dazu.


    Mich wundert, warum diese drei romantischen Stimmungsbilder fast nie im Rahmen der Schumann-Sinfonien-GA erscheinen ? Nur fast einer - :!: nämlich Karajan hat den Wert erkannt und 1971 eine grossartige Aufnahme gemacht (die mir jetzt wieder im Rahmen meiner Beschäftigung mit Brahms Erster (Karajan-Aufnahme 1964) aufgefallen ist und die sich bereits in meiner damaligen DG-LP-Box der Schumann- Sinfonien befand ... natürlich mit Karajan !).


    *** Schumann hat die drei Sätze in der Zeit zwischen der 1. und 4.Sinfonie im Jahre 1841 als Sinfonietta geschrieben. Da ihm die Musik nicht gewichtig genug war um für eine Sinfonie/Sinfonietta herauszugeben, gab er sie 1845 unter dem o.g.Titel heraus.


    Die Ouvertüre ist nach verträumter Einleitung schwungvoll und in Form des Sonatensatzes;
    das spielfreudfige Scherzo ist Nachstück a´la mendelsohnscher Sommernachttraum und enthält als Rondo ein zwei mal wiederkehrendes Trio;
    das zündende Finale schliesst dann dieses hörenswerte Opus pathetisch ab.
    Spieldauer: 6:54 - 4:20 - 5:33



    DG, P 1964 (Brahms), P 1972 (Schumann op.52), ADD


    Die Aufnahme macht sowohl von Karajans ausgefeilter Interpreatation, wie auch von der Klangqualität wunschlos zufrieden. (Da auch die Brahms 1 eine ganz grossartige Aufnahme ist, die seine nachfolgenden 2 Aufnahmen auf DG übertrifft, ist das für mich eine ganz herausragende Karajan-CD.)

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Es ist wirklich seltsam, dass dieses Werk so wenig im Fokus steht. Auch ich habe es lange nicht mehr gehört. Eigentlich fehlt ja nur ein langsamer Satz zur "vollwertigen" Symphonie. Hätte Schumann es Symphonie genannt, wäre es sicher viel öfter eingespielt worden. Mir liegt ebenfalls die Karajan-Aufnahme von 1971 vor. Daneben fand ich in meiner Datenbank auf die Schnelle nur eine weitere Aufnahme in meiner Sammlung: Haitink mit dem Königlichen Concertgebouw-Orchester 2015 live. Die Spielzeiten sind etwas anders: 6:25 - 4:05 - 6:28.


    Ich muss mir das Werk bei Gelegenheit mal wieder zu Gemüte führen. Seinerzeit hat es bei mir, anders als die vier Symphonien, irgendwie keinen bleibenden Eindruck hinterlassen, was aber nichts heißen muss.


    Welche Aufnahmen gibt es denn überhaupt noch davon? Gerade im HIP-Bereich sollte es doch nicht an Auswahl mangeln.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es gibt in der Tat wenig weitere Aufnahmen. Spontan fallen mir Wolfgang Sawallisch und Heinz Holliger ein:




    -zusammen mit der 1. Sinfonie und der Erstfassung der 4.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Gardiner hat mit dem Orchestre Revolutionaire et Romantique eine vielgelobte Einspielung bei der Archiv Produktion der DGG vorgelegt:



    Sie zeichnet sich durch eine zügige Frische und ein exzellentes Klangbild aus.



    Liebe Grüße


    Portator

  • Dann wären noch Thomas Dausgaard und Frank Beermann zu nennen:



    -zusammen mit der 1. Sinfonie und einigen Ouvertüren


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Nach dem ersten Abhören der Karajan-Aufnahme seit Jahren war ich zunächst durchaus angetan. Immerhin hat er dieses vernachlässigte Werk eingespielt und somit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Allerdings stellte sich beim vergleichenden Hören dann schnell heraus, dass diese Einspielung m. E. schwerlich das Prädikat "referenzträchtig" tragen kann. Das fängt bei der nicht idealen Tontechnik (etwas mulmig, wenig räumlich) an und geht über verblüffende Ungenauigkeiten im Orchesterspiel (zu wenig geprobt?) bis hin zur insgesamt nicht mehr als soliden Interpretation Karajans. Ich gebe zu, dass einem dies erst bewusst wird, wenn man auch andere Aufnahmen gehört hat. Sehr gut gelungen ist es bei Paavo Järvi mit demselben Orchester (verfügbar in der Digital Concert Hall) sowie mit dem hr-Sinfonieorchester (verfügbar bei YouTube). Das ist schon deutlich spritziger und auch klangtechnisch überzeugender dargeboten. Absolut überzeugend und sehr paukenstark auch Harnoncourt mit dem Chamber Orchestra of Europe (ebenfalls bei YouTube), der natürlich einen ganz anderen Zugang hat, was diesem Werk m. M. n. aber zu Gute kommt.


    An weiteren CD-Einspielungen besteht übrigens gar kein Mangel, wie mir auch erst bei der Recherche bewusst wurde:





    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • So wenig Einspielungen gibt es ja tatsächlich, wie ich noch beim Erstellen des Beitrag 1 dachte, ja tatsächlich nicht.


    Ich habe auch neben Karajan noch eine ganz Starke, die ich ganz vergessen hatte - natürlich wird es (bei mir) keinen wundern mit wem --- Georg Solti / Wiener PH (Decca). (Abb im Vorbeitrag von Josef.) :thumbsup:


    Solti hat auch noch die total unbekannte Julius Caesar-Ouvertüre mit im Programm ... aber fragt nicht wie - erste Klasse !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Schumann wollte das Stück zuerst "Symphonette" nennen, was er besser getan hätte. Der sperrige Titel hat sicher nicht zur Verbreitung beigetragen...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Schumann wollte das Stück zuerst "Symphonette" nennen, was er besser getan hätte.


    Das wäre passend gewesen, denn für eine Symphonie ist es mit drei kurzen Sätzen zu leichtgewichtig. Andere Bezeichnungen, die Schumann erwogen hat, waren "Suite" und "Novelle für Orchester". Mir gefällt besonders das schwungvolle Finale, aber die vier Symphonien spielen dann doch in einer anderen Liga.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Dieses Werk ist wirklich ein eigener Fall. Weder ist es eine richtige Symphonie, noch ist es eine Suite oder einfach eine Ouvertüre. Symphonette ist schon eine passende Bezeichnung.

    Zwei wirklich gelungene Einspielungen sind folgende:



    Staatskapelle Dresden unter Wolfgang Sawallisch (EMI, 1972)



    Philharmonia Orchestra unter Christian Thielemann (DG, 1998)

    Ich habe mir die Aufnahmen gestern mehrmals hintereinander angehört, was aufgrund der Kürze des Werkes problemlos geht. Sawallisch (6:36 - 3:54 - 6:36) entwickelt ein enormes Feuer und eine zupackende Gangart, die mitreißt. Thielemann (7:10 - 4:36 - 8:18) hat einen völlig anderen Ansatz. Er versucht mehr als jeder andere mir bekannte Dirigent, eine wirkliche Symphonie aus diesem Werk zu machen und kommt auf eine Spielzeit von 20 Minuten. Besonders der Finalsatz erhält größeres Gewicht. Das klappt erstaunlich gut. Ich möchte keine der beiden Deutungen missen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Symphonette ist schon eine passende Bezeichnung.

    Ja, leider hat Schumann weder sich noch dem Werk mit dem Titel "Ouvertüre, Scherzo & Finale" einen Gefallen getan.


    Meine Sammlung kann nur mit drei Aufnahmen aufwarten, Sawallisch, Solti und Karajan. Letzterer gebe ich den Vorzug, wegen des strahlenden Klangs. Solti als Schumann-Dirigent ist so gar nicht mein Fall, da klingt mir vieles denn doch zu grell, mehr nach Bruckner als nach Schumann. Aber das ist sicher eine Frage des persönlichen Geschmacks.

    Karajans Tempi, 6.54 - 4.20 - 5.34 Min. finde ich stimmig, und die klangliche Seite tut ein übriges, um ihn letztlich für mich auf Platz Nr. 1 zu setzen.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).