Ute Selbig, eine Sopranistin aus Dresden

  • Ich möchte heute eine Sängerin vorstellen, die bisher hier noch keinen eigenen Thread hat, aber eine große nationale und internationale Karriere vorzuweisen hat und mit ihrem wunderbaren, leuchtenden Sopran (mich) immer wieder an Gundula Janowitz erinnert.


    Es ist die gebürtige Dresdnerin Ute Selbig.



    Nach ihrem Studium an der Dresdner Musikhochschule Carl Maria von Weber bei Prof. Ilse Hahn konnte sie bereits in den 1980er Jahren große Erfolge verzeichnen, vor allem in ihrer Heimatstadt Dresden, und das sowohl im Konzertsaal als auch an der berühmten Semperoper. Ich habe ihre wunderschöne Stimme erstmals in folgender Aufnahme gehört:

    Camille Saint-Saens: Oratorio de Noel (Weihnachtsoratorium) und Felix Mendelssohn: Vom Himmel hoch (Choral-Kantate)
    mit dem Dresdner Kreuzchor und der Dresdner Philharmonie, Dirigent: Martin Flämig (Aufnahme: Lukaskirche Dresden, 1987).
    Ihr wunderbar heller, lupenreiner Sopran fällt sofort ins Ohr, mit einer Leuchtkraft, der an helle Sonnenstrahlen erinnert, die aus dunklen Wolken hervorbrechen.
    Die Aufnahme ist mir sehr ans Herz gewachsen und verschönert mir seit über 20 Jahren jede Weihnachtszeit.


    Inzwischen ist die Sängerin, die seit vielen Jahren zum Stammensemble der Semperoper ihrer Heimatstadt gehört, durch viele nationale und internationale Preise ausgezeichnet worden, jüngst erst durch die Christel-Goltz-Medaille, die ihr von Frau Goltz persönlich überreicht wurde. Sie wurde auch zur Sächsischen Kammersängerin ernannt. Neben ihrer umfangreichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Konzert- und Oratoriengesangs tritt sie auch in großen Opernpartien auf, nicht nur in Dresden, sondern auch u.a. in München, Berlin, Mannheim, Genf und Zürich. So war sie z.B. als Pamina (Zauberflöte), Gräfin (Figaros Hochzeit), Elvira (Don Giovanni), Fiordiligi (Così fan tutte), Michaela (Carmen) und Eva (Meistersinger) zu erleben, und das auch international. So führten sie Gastspiele durch ganz Europa sowie nach Kanada, Fernost und in die USA, wo sie bei den jährlichen Festspielen im kalifornischen San Diego zu einem wahren Publikumsliebling wurde. Im Wiener Musikverein eroberte sie die anspruchsvollen Wiener Musikliebhaber mit einem reinen Mozart-Programm.
    Schwerpunkt ihres Wirkens ist aber nach wie vor die Geistliche Musik, die sie häufig mit dem Dresdner Kreuzchor oder dem Thomanerchor Leipzig aufführt. Berühmt sind ihre jährlichen Auftritte in der wiedererrichteten Dresdner Frauenkirche, deren Erlös sie dem Wiederaufbau und Erhalt dieses Wahrzeichens ihrer Stadt zu Verfügung stellt.
    Leider gibt es neben der weiter oben angeführten CD nur wenige Tonträger mit Ute Selbig. Das ist bedauerlich, hängt aber wohl vor allem damit zusammen, daß die Plattenindustrie längst nicht mehr so aktiv ist wie in den Tagen von Schwarzkopf, Grümmer, Seefried und Janowitz. Ute Selbig brauchte sich hinter diesen Gesangslegenden absolut nicht zu verstecken!
    Ich zeige hier noch ein paar CD-Ausgaben, in denen Ute Selbig an herausragender Stelle mitwirkt:

    in einem Mittschnitt aus der Frauenkirche zugunsten des Wiederaufbaufonds.
    Dann ist sie hier zu hören:

    in einer preisgünstigen 3 CD-Box mit der Matthäus-Passion von J.S. Bach aus der Thomaskirche Leipzig
    und in dieser bemerkenswerten Rarität:

    Eine Vertonung der berühmten Schiller-Ballade von Max Bruch, mit der Singakademie Dresden und der Dresdner Philharmonie, Dir.: Hans-Christoph Rademann.


    Zum Schluß möchte ich noch auf einen Youtube-Beitrag hinweisen: Im Jahr 2004 fand zum Jahrestag der Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 ein Konzert in der Semperoper statt, und zwar wurde das Mozart-Requiem aufgeführt, mit dem Chor der Staatsoper Dresden und der Sächsischen Staatskapelle unter Sir Colin Davis. Neben weiteren großartigen Solist/inn/en singt Ute Selbig die Sopranpartie, mit herrlicher Tongebung und Beseelung.

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich kenne neben dem genannten Weihnachtsoratorium unter Flämig bewusst nur eine Aufnahme mit Ute Selbig:



    In diesem Konzertmitschnitt von 1988 singt sie die Sopranpartie in Luonnotar von Sibelius. Sir Colin Davis dirigiert die Staatskapelle Dresden und animiert diese zu Höchstleistungen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber "nemorino",


    herzlichen Dank für deine Rubrikeröffnung zur Sopranistin Ute Selbig, die ich sehr schätze. Das erste Mal habe ich sie 1989 als Ännchen an der Komischen Oper Berlin erlebt - und dann in den Neunzigern recht häufig an der Semperoper Dresden: als Susanna, 2x Fiordiligi, Pamina, bestimmt ein halbes Dutzend mal Marzelline und einiges andere mehr.


    Gerade erst habe ich einen ganzen Schwung Aufnahmen mit Ute Selbig bekommen, u.a. Fiordiligi und Marzelline aus Dresden, beides sehr gut. Vieles andere (etwa 10 weitere Opernpartien und einige Konzertpartien) habe ich noch gar nicht hören können. Gehört habe ich gerade erst vor ein paar Tagen ihre Blonde - und das war nicht ihre optimale Rolle! Dazu war die Stimme nicht leicht und expansionsfähig genug (v.a. die hohen E's in der ersten Arie fallen ihr hörbar schwer). Sie war halt keine leichte Soubrette, sondern schon am Begin ihrer Karriere eher eine Lyrische mit einer runden, gut sitzenden leuchtenden Stimme. Daher fiel ihr dann der Fachwechsel ins lyrische Fach auch leichter als anderen, sie sang dann Gräfin statt Susanna, Agathe statt Ännchen, Eva, Michaela und und und.


    Im Ensemble der Semperoper war sie in den Neunzigern eine absolute Leistungsträgerin, ich habe sie eigentlich immer sehr gerne gehört, vor allem viel lieber als einige Fach- und Ensemblekolleginnen von ihr.



    Offizielle Aufnahmen gibt es in der Tat nur wenige. Ich habe seit gut 20 Jahren einen Rundfunkmitschitt einer Dresdner "Paulus"-Aufführung mit ihr und Pape, muss ich mal bei Gelegenheit von MC umschneiden, also digitalisieren.


    Bei Youtube findet sich das Mozart-Requiem unter Colin Davis:



    https://www.youtube.com/watch?v=D95igow6I6g


    Außerdem findet sich auch noch ein Stück von der zweiten Contessa-Arie von 2010:



    https://www.youtube.com/watch?v=0DBOKZU-GS8


    Und hier noch ein Mozart-Liedchen (bei nicht ganz optimaler Textverstädlichkeit):



    https://www.youtube.com/watch?v=aWFIf7QYfDo


    Einer ihrer ersten Auftritte dürfte hier im Mai 1987 die Diana (Artermis) in der Wagner-Fassung von Glucks "Iphigenie in Aulis" im Dresdner Kulturpalast gewesen sein:



    (ab 1:46:40)


    https://www.youtube.com/watch?v=6z5GenrcvtU&t=15s

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Tolle Sängerin, mit der ich die Erinnerung an eine wunderbare Schwester Angelika in Dresden verbinde. Was sie an Verzweiflung und Ausdrucksstärke sowohl szenisch als auch stimmlich aus ihren eher zarten Körper herausholte, wird mir sehr lange in Erinnerung bleieben. Immerhin ist es schon über 20 Jahre her.


    Und stolz macht es mich auch, daß in der eingestellten Aufnahme der Schöpfung von Haydn (Beitrag 1) das Reussische Kammerorchester aus Gera diese wunderbare Sängerin begleiten darf.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Hallo, "Stimmenliebhaber",


    vielen Dank für Deine ausführliche Erwiderung und das Einstellen einiger Youtube-Clips mit Ute Selbig. Leider ist das Bild bei der Gräfin-Arie aus "Figaro" schlecht geraten, aber ihr Gesang entschädigt dafür überreich. Am besten gefällt mir ihr Auftritt von 2004 in der Semperoper, mit dem inzwischen verstorbenen Dirigenten Sir Colin Davis, bei der Aufführung des Mozart-Requiems zum Jahrestag der Zerstörung Dresdens. Da singt sie ganz einfach himmlisch.

    Es freut mich, daß Du das Glück hattest, die Künstlerin mehrmals live zu erleben. Mein Wohnort ist leider mehr als 600 km von Dresden entfernt, so daß da die Möglichkeiten sehr begrenzt sind. Selbst wenn sie, wie ich immer noch hoffe, einmal beim Rheingau-Festival auftreten sollte, so wäre das für mich eine Anreise von über 100 km. Aber das würde ich gerne auf mich nehmen!


    Was mir Ute Selbig, von ihrem Gesang und ihrer blendenden Erscheinung abgesehen, so sympathisch macht, ist die Tatsache, daß sie, trotz großer internationaler Erfolge, ihrer Heimatstadt Dresden ein Leben lang die Treue gehalten hat. Immerhin ist sie in Großstädten wie New York, Seattle, Los Angeles, Milwaukee, St. Louis und Vancouver/Kanada erfolgreich aufgetreten, mit Orchestern und Dirigenten von Weltruf, wie Colin Davis, Giuseppe Sinopoli, Kent Nagano, Fabio Luisi, Christian Thielemann etc. Auch Japan und Rußland hat sie bereist und dort großartigen Eindruck hinterlassen.


    Ich bin mir sicher, daß sie, wenn sie ihre Karriere gleich nach dem Krieg begonnen hätte, heute so bekannt und berühmt wäre wie z.B. Rita Streich, Irmgard Seefried, Elisabeth Grümmer oder Erna Berger, die ebenfalls aus Dresden (Cossebaude) stammte. Zudem habe ich den Eindruck, daß Frau Selbig keinen großen Wert auf Publicity legt, wie die Domingos, Netrebkos und Bartolis, sondern trotz ihrer großen Erfolge immer bodenständig geblieben ist. Auch ihr Privatleben hält sie total unter dem Deckel, was ebenfalls für sie einnimmt.


    Ich hoffe, daß die liebenswürdige Künstlerin noch viele erfolgreiche Jahre vor sich hat. Vielleicht erscheint ja auch noch die eine oder andere CD auf dem Markt - darauf hoffe ich.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Tolle Sängerin, mit der ich die Erinnerung an eine wunderbare Schwester Angelika in Dresden verbinde.



    Hallo, LaRoche,,


    ich kann mir gut vorstellen, daß Ute Selbig eine großartige Schwester Angelika war. Was Puccini betrifft, so könnte ich sie mir auch sehr gut als Mimi vorstellen, und auch als Lauretta in "Gianni Schicchi", aber so weit ich sehe, hat sie beide Partien nicht gesungen.
    Sehr interessiert wäre ich an einer Recital-CD mit Opernarien; irgendwo habe ich gelesen, daß es eine solche gibt (gab?), von EMI (?) produziert. Ich finde aber den Hinweis nirgendwo. Kann mir da jemand einen Tip geben? Danke!


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Nemorino,


    es tut mir selber leid, ich kenne auch kein Opernrecital mir Ute Selbig.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Danke, LaRoche, für die prompte Antwort. Vielleicht werde ich ja noch irgendwo fündig, aber bei allen potentiellen Anbietern gab es keine Treffer.


    Schönen Abend noch,
    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Vielleicht wendest Du Dich bzgl. dieses etwaigen Opern-Recitals direkt an Ks. Ute Selbig, lieber Nemorino. Sie unterhält eine eigene Website mit Kontaktmöglichkeit via E-Mail. In der auf der Seite aufgeführten Diskographie finde ich jedenfalls kein Recital.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Joseph II.,


    auch Dir vielen Dank für den Hinweis. Ich werde das gerne mal versuchen.


    Gruß, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Hallo,
    ich kenne Ute Selbig noch aus den frühen 80er Jahren, damals sang sie an der Semperoper die Susanna im Figaro, und da fiel sie schon sehr positiv auf. Schön, dass sie sich auch international so gut entwickelt hat.
    Schöne Grüße
    wega

  • ich kenne Ute Selbig noch aus den frühen 80er Jahren, damals sang sie an der Semperoper die Susanna im Figaro

    Hallo, frühe Achtziger kann nicht sein, sowohl weil Frau Selbig da noch nicht sang, als auch weil die Semperoper da noch gar nicht wieder eröffnet war! ;)


    Späte Achtziger und frühe Neunziger - da kommen wir der Sache schon näher! :yes:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Gerade entdeckt: Meine live erlebte Lieblingsrolle von ihr auf Youtube:


    Diese Marzelline ist wirklich über die Maßen entzückend. Ich erinnere mich an die TV-Übertragung und war schon seinerzeit sehr angetan von ihrer hervorragend sitzenden Stimme - und auch von ihrer Präsenz. Ich gehe so weit zu sagen, dass Ute Selbig der eigentliche Star dieser konzertanten Aufführung des "Fidelio" im Leipziger Gewandhaus gewesen ist. Und das will wirklich etwas heißen. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold!


    Ich kannte bisher nur den Namen, hatte Frau Selbig nie bewußt gehört, weder live noch auf Aufnahmen. Eine angenehme Entdeckung, weil sie im Stimmklang und in der ganzen Art zu singen die gute alte deutsche Tradition lyrischer Soubretten fortsetzt.
    Ich werde mich mal nach anderen Aufnahmen von ihr umhören. Die Marzelline zumindest singt sie recht hübsch. Das mag mancher etwas bieder finden, aber etliche Sängerinnen finde ich einfach zu glamourös für die Tochter des Kerkermeisters.


    Liebe Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Es ist Karwoche, die traditionelle Zeit für Johann Sebastian Bachs große Passionsmusiken.
    Deshalb möchte ich hier noch einmal auf die bereits eingangs erwähnte MATTHÄUS-PASSION aufmerksam machen, in der die wunderbare Ute Selbig die Sopransoli übernommen hat, und die z.Zt beim großen Urwaldfluß zu einem Spottpreis (neu ab € 3,34 + Porto) zu haben ist:

    Unter der Leitung vom Thomaskantor Georg Christoph Biller sind der Thomanerchor Leipzig und das Gewandhausorchester zu hören (Aufnahme: 2006). Es handelt sich um eine öffentliche Aufführung aus Anlaß des 800jährigen Jubiläums des berühmten Chors.
    Die Rezensionen sind überwiegend sehr gut bis enthusiastisch, sowohl was die klangliche Realisation als auch die künstlerische Umsetzung betrifft.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Die Marzelline zumindest singt sie recht hübsch. Das mag mancher etwas bieder finden, aber etliche Sängerinnen finde ich einfach zu glamourös für die Tochter des Kerkermeisters.


    Für mich ist die Marzerlline bieder, lieber Caruso. Und das muss ja nicht negativ sein. Es ist die Rolle, und die Selbig macht nicht mehr daraus. Deshalb gefällt sie mir so gut. :)


    Ich bin mir sicher, daß sie, wenn sie ihre Karriere gleich nach dem Krieg begonnen hätte, heute so bekannt und berühmt wäre wie z.B. Rita Streich, Irmgard Seefried, Elisabeth Grümmer oder Erna Berger, die ebenfalls aus Dresden (Cossebaude) stammte.


    Das ist für mich sehr schwer nachzuvollziehen, lieber nemorino. Immerhin gab es nach dem Krieg und schon früher - nicht nur die genannten und zurecht noch heute sehr berühmten Damen. Sie sind nur die Spitze. Das Fach selbst war in dieser Zeit sehr breit aufgestellt. Es gab sehr viele Ute Selbig's.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Das ist für mich sehr schwer nachzuvollziehen


    Guten Abend, Rheingold1876,


    ...... natürlich ist das Spekulation und wird es auch bleiben, vielleicht hängt das ein wenig mit meiner persönlichen Affinität zu dieser Sängerin zusammen, die ich leider nie auf der Bühne oder im Konzertsaal erlebt habe. Vielleicht ergibt sich ja noch eine Gelegenheit ....
    Ich hatte bewußt nur die "Spitze(n) des Eisberges" genannt, aber in den ersten Nachkriegsjahren sind Sängerinnen und Sänger berühmt geworden, die m.E. längst nicht die stimmliche Kapazität von Ute Selbig hatten. Mir ist ihre reine, glockenhelle Sopranstimme erstmals in dem Weihnachtsoratorium von Saint-Saens ins "Ohr gefallen". Damals war sie noch sehr jung und stand ganz am Anfang, und wenn ich mir vorstelle, daß sie ähnliche Startbedingungen wie die erste Nachkriegsgeneration gehabt hätte, so könnte ich mir schon eine weitaus größere Breitenwirkung vorstellen. Im übrigen hat Ute Selbig ja, wie es heißt, keine große Weltkarriere angestrebt, sondern ist neben ihren Verpflichtungen im Ausland ganz überwiegend der Dresdner Oper treu geblieben.


    Übrigens, wenn ich Dein Cover richtig deute, so bist Du wohl Katzenliebhaber. Ich selber habe fünf dieser Samtpfoten in meinem Haus. Sie nehmen zwar einen beträchtlichen Teil meiner Zeit in Anspruch, aber sie bereichern mir das Leben und sind neben der klassischen Musik mein liebstes "Hobby".


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber Nemorino!


    Diachronische Vergleiche von Sängern sind immer schwierig. Wenn es um die Stimme, Gesangstechnik, Interpretation und so weiter geht, können sie gleichwohl durchaus sinnvoll sein.


    Wie man aber die Chancen für die Karriere und die Rolle und den Stand im Opernleben des Landes oder gar der Welt vergleichen will, ist mir völlig unklar.


    Zum Vergleich der Qualität von Grümmer/Seefried/Berger einerseits und Selbig anderseits möchte ich lieber nichts sagen!


    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Zum Vergleich der Qualität von Grümmer/Seefried/Berger einerseits und Selbig anderseits möchte ich lieber nichts sagen


    Lieber Caruso41,


    dazu fehlen erstens einmal die Vergleichsmöglichkeiten, da es von Ute Selbig im Gegensatz zu ihren berühmten Vorgängerinnen viel zu wenige Tonaufnahmen gibt, und ich bin ehrlich genug zu bekennen, daß mir auch die fachliche Kompetenz dazu völlig fehlt. Mir persönlich gefällt die Stimme von Ute Selbig außerordentlich, was Timbre, Reinheit und Klangschönheit angeht, und ich bewundere ihre, ich möchte sagen, unspektakulären Auftritte. Sie scheint mir eine Künstlerin zu sein, die die Bodenhaftung nicht verloren hat, und das hat schon Seltenheitswert.


    Schönen Abend,
    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Übrigens, wenn ich Dein Cover richtig deute, so bist Du wohl Katzenliebhaber. Ich selber habe fünf dieser Samtpfoten in meinem Haus. Sie nehmen zwar einen beträchtlichen Teil meiner Zeit in Anspruch, aber sie bereichern mir das Leben und sind neben der klassischen Musik mein liebstes "Hobby".


    Du deutest sehr richtig, lieber Nemorino! Kater Max sucht die Nähe zu Antinoos. Gelegentlich sitzt er auch auf dessen lockigem Haupt, wenn nicht gerade Bruder Moritz diesen Platz einnimmt. Ja, die beiden Kater - in Schweden heißen Katzen übrigens offiziell Gesellschaftstiere - bereichern mein Leben ungemein. Schön, dass wir uns hierbei treffen. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Hallo, frühe Achtziger kann nicht sein, sowohl weil Frau Selbig da noch nicht sang, als auch weil die Semperoper da noch gar nicht wieder eröffnet war! ;)


    Späte Achtziger und frühe Neunziger - da kommen wir der Sache schon näher! :yes:



    Hallo,
    hm, da habe ich noch mal Programme gewälzt, tatsächlich es war 1988. Aber eine der besten Susannas, die ich je gehört und gesehen habe.
    Schöne Grüße
    wega

  • Hallo,
    hm, da habe ich noch mal Programme gewälzt, tatsächlich es war 1988. Aber eine der besten Susannas, die ich je gehört und gesehen habe.
    Schöne Grüße
    wega

    Das war die Mielitz-Inszenierung in deutscher Sprache, die habe ich leider verpasst. Ich habe die Selbig als Susanna dann genau zehn Jahre später, in der originalsprachlichen Hollmann-Inszenierung, dort erlebt, und war von ihrer Susanna sehr angetan.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es gibt eine weitere Ausgabe der Matthäus-Passion, mit diesem Cover:

    Die Besetzung ist die gleiche, doch auf dem Cover heißt es hier: "Ersteinspielung der Frühfassung". Doch wenn ich die Spielzeiten vergleiche, so kann es sich eigentlich nur um dieselbe Aufnahme handeln. Allerdings kostet sie neu bei Amazon weit mehr als das Doppelte als die weiter oben gezeigte Edition.
    Man weiß ja, daß die Uraufführung der Passion mit recht kleiner Besetzung stattfand, aber was heißt genau "Frühfassung"?


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich kannte bisher nur den Namen, hatte Frau Selbig nie bewußt gehört, weder live noch auf Aufnahmen. Eine angenehme Entdeckung, weil sie im Stimmklang und in der ganzen Art zu singen die gute alte deutsche Tradition lyrischer Soubretten fortsetzt.

    Lieber caruso41,


    diesmal bin ich nicht ganz auf Deiner Seite. Die Angelika in "Schwester Angelika" ist wohl keine lyrische Soubrettenrolle!! Und in dieser Rolle war sie umwerfend!!!!


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Lieber caruso41,


    diesmal bin ich nicht ganz auf Deiner Seite. Die Angelika in "Schwester Angelika" ist wohl keine lyrische Soubrettenrolle!! Und in dieser Rolle war sie umwerfend!!!!


    Herzlichst La Roche

    Sie war auch zu ihrer Zeit im Soubrettenfach schon immer lyrischer als die meisten anderen Soubretten (wie weiter oben schon gesagt, die Leichtigkeit für die Blonde hatte sie eigentlich nie) und hat ja dann auch den Fachwechsel ins lyrische Fach geschafft, sang also erst Susanna und später die Gräfin, erst Ännchen und später Agathe. Reinen "Soubretten" ist ein solcher Fachwechsel zumeist nicht vergönnt oder er gelingt nicht so erfolgreich wie bei ihr. Also: Der Begriff "Soubrette" greift bei ihr wirklich zu kurz!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Dazu kann ich nichts sagen, lieber Stimmenliebhaber!


    Ich habe Frau Selbig einzig und allein als Marzelline in dem hier eingestellten „Fidelio“ gehört. Da höre ich ganz klar eine lyrische Soubrette! Andere Aufnahmen von ihr kenne ich nicht, und live hatte ich nicht das Vergnügen mit ihr.


    Wenn man ihre Auftrittspläne ansieht, sind da nicht so sehr viel ausgesprochen lyrische Partien, in denen sie angesetzt wird. Gräfin in „Nozze di Figaro“ und Michaela in „Carmen“. Und sonst? Ich habe den Eindruck, dass sie Agathe und Fiordiligi probiert hat, aber nicht in diesen Partien weiter reüssiert. In Dresden etwa singt sie Despina und nicht Fiordiligi.


    Ich finde es ja gut, wenn Sängerinnen und Sänger nicht zwanghaft in ein schwereres Fach drängen. Die beste lyrische Soubrette, die ich kenne, nämlich Lisa Otto hat für die Schallplatte wunderbare Aufnahmen von Boheme- und Butterfly-Ausschnitten eingespielt. Sie war aber klug genug, diese Partien nie auf der Bühne zu singen! Dafür war sie noch im fortgeschrittenen Alter eine zauberhafte Sophie, ein locker perlendes Blondchen oder ein kecker Oskar, der in den Ensembles mit flüssigen Koloraturen und weitgespannten lyrischen Bögen wirklich führen konnte.


    Also: ich habe nicht das Gefühl, Frau Selbig unrecht getan zu haben. Wenn sie sich inzwischen zum lyrischen Fach hin entwickelt hat, dann konnte ich das an pihrer Marzelline nicht erkennen oder ahnen.


    Wenn ich neuere Eindrücke bekomme, werde ich mich sicher wieder melden.
    Liebe Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Und sonst? Ich habe den Eindruck, dass sie Agathe und Fiordiligi probiert hat, aber nicht in diesen Partien weiter reüssiert. In Dresden etwa singt sie Despina und nicht Fiordiligi.

    Also: ich habe nicht das Gefühl, Frau Selbig unrecht getan zu haben.

    Lieber "Caruso41",


    doch, das hast du mit dem von mir noch einmal zitierten Satz ganz eindeutig, denn Ute Selbig war ab 1998 für viele Jahre eine ganz wunderbare Fiordiligi, ich habe sie 2x live in dieser Rolle erlebt. Dass sie inzwischen, wo sie etwa 60 Jahre alt ist, nicht mehr das lyrische Fach singt, sondern wieder eher Partien wie Despina, die man auch im Alter singen kann, ist doch nun wirklich nichts Ungewöhnliches, oder? Agnes Baltsa hat auch zierst Dorabella und später Despina gesungen, aber muss man ihr deshlaab absprechen, eine gute Dorabella gewesen zu sein, weil sie später Despina gesungen hat? ?(
    Zu behaupten, Ute Selbig hätte die lyrischen Partien nur "probiert", aber nicht gemeistert, ist einfach Blödsinn, sorry, wenn ich das so deutich sage!
    Sie hat diese Partien über etwas zwei Jahrzehnte lang mit großem Erfolg gesungen, auch wenn diese Zeit jetzt vorbei ist.


    Sonst legst du immer so viel Wert auf Live-Erlebnisse und Urteile, die daraus entstehen und fundierter seien, als wenn man eine Sängerin oder Sänger nur von Aufnahmen kennt - und ich finde, du hast völlig Recht mit dieser deiner Meinung!


    Umso unverständlicher, ja völlig unbegreiflich, ist mir jetzt, wie du dir jetzt ein Urteil über eine Sängerin anmaßt, die du nach eigener Aussage nie live erlebt hast, sondern nach dem Hören einer einzigen Aufnahme beurteilst! :no:


    Ich habe Ute Selbig mindestens 20x live gehört und muss dir sagen, dass du in der Bewertung von ihr total auf dem Holzweg bist!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Hallo,


    wie schon gesagt, ich hatte leider nicht das Glück, Ute Selbig live zu erleben, weder im Konzertsaal noch in der Oper, deshalb gründet sich mein Urteil nur auf die wenigen Tonaufnahmen, die zur Verfügung stehen.


    Kennengelernt habe ich ihre Stimme in dem zum Thread-Beginn genannten Weihnachtsoratorium von Camille Saint-Saens, in dem ausschließlich (damals) junge Sänger zum Einsatz kamen, die alle einen guten Eindruck machten, aber Ute Selbig ist mir sofort "ins Ohr gefallen", selten hat mich eine Sängerin auf Anhieb so begeistert, und ich war damals (es war Ende der 1980er Jahre, als ich mir die Aufnahme anschaffte) schon der Überzeugung, daß diese Stimme eine große Zukunft vor sich hätte.


    Nun ist das mit Sängerkarrieren ja immer so eine Sache: eine schöne, gut timbrierte Stimme ist natürlich Grundvoraussetzung, aber vieles hängt von den persönlichen Vorstellungen des Künstlers bzw. der Künstlerin ab, vom Management, von privaten Ereignissen, die zu einem Karriereknick führen können, usw.usf.


    Frau Selbig hat trotz ihrer unbestreitbaren großen Erfolge, die sich nicht nur auf in ihre Heimatstadt Dresden beschränkten, und der zahlreichen Auftritte an großen Häusern des In- und Auslandes nie eine internationale Jetset-Karriere angestrebt, was aber keine Rückschlüsse auf ihre künstlerischen Leistungen zuläßt. Sie als Soubrette einzustufen, die nur hin und wieder ein paar "Grenzüberschreitungen" mit wenig Erfolg unternommen hat und dann reumütig zu ihrem eigentlichen Handwerk zurückgekehrt ist, würde m.E. zu kurz greifen. Die wenigen Tonaufnahmen von ihr sprechen eine andere Sprache. Man höre nur einmal die schöne Arie der Contessa aus "Figaros Hochzeit" auf Youtube, klangtechnisch nicht gerade erstklassig, aber gesanglich wunderbar vorgetragen und ausgeformt. Anhand der wenigen Tondokumente kann ich mir sie jedenfalls sehr gut als eine überzeugende Fiordiligi oder Agathe vorstellen.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Teuerster Stimmenliebhaber!


    Ich hätte nie etwas über Frau Selbig geschrieben, weil ich sie kaum dem Namen nach kannte und nie etwas von ihr gehört hatte.


    Da aber in dem Kapitel „Die berühmte Stimme“ ein Thread über Ute Selbig eröffnet wurde und Nemorino ihren Namen in einem Atemzug mit Grümmer/Seefried/Berger nannte, wurde ich neugierig. So habe ich mir die von Dir eingestellte Aufnahme des „Fidelio“ angehört.
    Was ich dann zu Frau Selbig geschrieben habe, gründete allein auf dem Eindruck, den ich dabei gewonnen habe. Das habe ich mehrmals ausdrücklich betont! Und: ich habe überhaupt nichts Abfälliges oder Abwertendes über sie geschrieben. Auch habe ich nichts behauptet, sondern geschrieben „Ich habe den Eindruck,.....“! Das ist etwas ganz anderes.


    Deine Entrüstung darüber, dass ich etwas über eine Sängerin geschrieben habe, die ich nur von einer Aufnahme kenne, finde ich -ehrlich gesagt- ziemlich ungerecht. Hast du nicht in dem Thread über Aufnahmen von Jubilaren allein nach dem Hören einer Arie geurteilt? Und da hast du dich auch mit kritischen Urteilen nicht gerade zurückgehalten. Ich konnte das oft nicht nachvollziehen, habe dir aber das Recht, solche Urteile zu fällen, nicht bestritten.


    Da ich annehme, dass ich in absehbarer Zeit kaum Gelegenheit haben werde, Frau Selbig live zu hören, werde ich wohl diesen Thread in Zukunft nicht weiter verfolgen. Eine Motivation, nach Aufnahmen von Frau Selbig zu suchen und mich mit ihr intensiver zu beschäftigen, habe ich eher nicht.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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