Wilhelm Backhaus - Grandseigneur des Klavierspiels(?)

  • Wilhelm Backhaus- diesen Namen verbindet man üblicherweise mit Beethoven. Durch die Interpretation von Beethovens 32 Sonaten machte der Pianist nach 1945 eine "zweite Kariere". Bis weit in das hohe Alter konzertierte Backhaus unermüdlich. Die Schilderung seines letzten Auftritts in Ossiach durch Joachim Kaiser in "Große Pianisten" hat mich unwahrscheinlich fasziniert.

    Aber Backhaus ist weitaus mehr als der große Beethoven Pianist wie seine Einspielung der Chopin - Etüden aus den zwanziger Jahren zeigt. Backhaus Interpretation steht den Aufnahmen eines Maurizio Pollini oder Claudio Arrau in keinster Weise nach.


    Wilhelm Backhaus wurde 1884 in Leipzig geboren und besuchte das dortige Konservatorium, 1905 gewann den Anton-Rubinstein-Wettbewerb in Paris- vor Bela Bartok übrigens. Mit diesem Erfolg begann Backhaus´ Karriere. Interessanter Weise erfreute sich Backhaus im Ausland - insbesondere in England- erheblich größerer Beliebtheit als bei den deutschen Kritikern. Sie beurteilten seinen Stil als zu "kühl", bei aller technischen Brillianz. Das Backhaus´ Technik über jeden Zweifel war bestritten aber auch seine Kritiker nicht.


    In seinen späten Jahren lebte Wilhelm Backhaus in Österreich, wo er 1969 in Villach starb. Was Backhaus´Beethoven Spiel auszeichnet ist seine Ernsthaftigkeit, seine eherne Monumentalität. Was für ein Erlebnis die Auftritte von Wilhelm Backhaus waren dokumentieren weniger seine Studio-Aufnahmen als die Mitschnitte von den Salzburger Festspielen, die deutlich zeigen zu was für einer geistigen wie physischen Präsenz dieser außergewöhnliche Künstler auch noch im hohen Alter in der Lage war.


    Welche Aufnahmen von Wilhelm Backhaus kennt Ihr oder schätzt Ihr besonders?


    Zwei meiner Favoriten:











    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo Christian,


    es gibt sogar den Mitschnitt des letzten Recitals, das Backhaus in der Stiftskirche Oissach kurz vor seinem Tod gegeben hat. er erlitt in dem Konzert einen Schwächeanfall und musste spontan die Programmfolge ändern. Dass sind die definiv letzten Töne, die Backhaus produziert hat...
    Hab die CD zuhause stehen. Werde sie umgehend mal vorkramen und bei Interesse die Daten durchgeben.
    Schöne Grüße!
    Daniel
    :hello:

  • Danke Daniel! Den Mitschnitt habe ich inzwischen selbst- und höre ihn immer wieder gern!



    Herzliche Grüße,:hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Ave Caesar,


    Wilhelm Backhaus mag 1905 in Paris einen Wettbewerb gewonnen haben, es kann sich aber nur um den Anton-Rubinstein-Wettbewerb gehandelt haben.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus
    Ave Caesar,


    Wilhelm Backhaus mag 1905 in Paris einen Wettbewerb gewonnen haben, es kann sich aber nur um den Anton-Rubinstein-Wettbewerb gehandelt haben.


    Ave Theophilus,


    Du hast natürlich recht :D Da waren die Finger schneller als das Hirn .... soll vorkommen. :D :D
    Jedenfalls habe ich den Lapsus korrigiert. Merci!


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

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  • Hallo


    Wilhelm Backhaus und Wilhelm Kempff - das waren in meiner früheten Jugend die beiden "Giganten" die mir Beethovens Klavierwerk nähergebracht haben.
    Ich hatte die Klavierkonzerte von Beethoven - aufgeteilt auf die beiden Pianisten (Schallplatten waren damals seeehr teuer), wobei ich damals Backhaus den Vorzug gab. Sein Stil war im Alter im besten Stile "klassisch ausgewogen", bei den Klaviersonaten hört men eine gewisse Entspanntheit, die jedoch nie in Beliebigkeit oder Langeweile ausartete, ich empfand (und empfinde heute noch) einen gewissen hypnotischen Effekt. Ich würde nie auf die Idee verfallen, Bachhaus Spiel als kühl zu bezeichen (aber sowas ändert sich natürlich im Laufe der Jahre)- ich würde eher das Attribut, erhaben, majestätisch , überlegen vergeben, wobei man unter "überlegen" nicht etwa vordergründige Brillanz verstehen sollte - genau auf sie verzichtete Backhaus nämlich bewußt


    Ich besitze heute, abgesehen von einiigen Langspielplatten mit Beethoven-Klavierkonzerten unter Schmidt-Isserstedt, nur eine Doppel-CD mit Beethoven-Klaviersonaten und die Aufnahme des 2. Klavierkonzertes von Johannes Brahms (auf CD) mit den Wiener Philharmonikern unter Karl Böhm....


    Zur Gesamtaufnahme aller Beethoven-Sonaten in einer Kassette konnte ich mich bis dato noch nicht entschließen, weil die Aufnahmetechnik (stereo ab etwa 1958 ) sehr durchwachsen ist, das Grundrauschen ist auch für die damalige Zeit relativ hoch. Das Klangbild ist leicht dunkel und füllig, aber glücklicherweise nicht dumpf oder stumpf.


    Mich würde interessieren von wann die Mitschnitte auf Orfeo sind, ob Mono oder Stereo - und welcher Klang zu erwarten ist.



    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred


    Zitat

    Mich würde interessieren von wann die Mitschnitte auf Orfeo sind, ob Mono oder Stereo - und welcher Klang zu erwarten ist.


    Wie wir als aufmerksame Leser im Tamino-Forum alle wissen, sind die Salzburger Mitschnitte bis Anfang der Siebziger immer in Mono (Rundfunkübertragungen), aber zumeist in recht ordentlicher Klangqualität.


    ;)


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • hallo,


    ersteinmal muss ich sagen, dass mein damaliger klavierlehrer in den 70er jahren in hannover grosse aehnlichkeiten mit dem spaeten w. backhaus hatte und auch wilhelm hies. die erste aufnahme mit ihm, die ich hatte waren die sonaten op.13, op.27/1 und op.57 von teldec. fuer mich typisches spiel der deutschen schule. darueber hinaus habe ich mit ihm einige exzellente chopin-interpretationen, was fuer die deutsche schule eher untypisch ist. er muss ein sehr gelassener und toleranter mensch gewesen sein.


    gruss, siamak

    Siamak

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Mich würde interessieren von wann die Mitschnitte auf Orfeo sind, ob Mono oder Stereo - und welcher Klang zu erwarten ist.


    Lieber Alfred,


    wie Theophilus schrieb handelt es sich bei den Orfeo-Mitschnitten um Monoaufnahmen, was bei den beiden Mitschnitten allerdings kaum auffällt. Das Klavier ist gut aufgenommen, ein warmes, helles Klangbild, kaum Rauschen, kein Hall.


    1. Am 30. Juli 1966 spielte Backhaus Präludien und Fugen aus dem WT II; Mozart KV 331 und Beethoven:
    opp. 57 und 111.


    2. Am 10. August 1968 ein reines Beethovenprogramm: Die As-Dur-Sonate op. 26, die "Mondscheinsonate", op. 31,2 und zum Abschluss op. 81 a.


    Besonders beeindruckt hat mich Backhaus´ Interpretation von op. 111: Technisch souverän, mit einer heiteren Gelassenheit- so stelle ich mir "Altersweisheit" vor, das der Pianist hoch in den 80er´n ist fällt überhaupt nicht auf.


    Zu den stärksten Stücken auf dem zweiten Mitschnitt gehört op. 26 (sowieso einer meiner Favoriten unter den Sonaten).


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Guten Morgen,


    Grundsätzlich bin ich kein Backhaus-Fan. Vielleicht liegt's an dem, was siamak als "deutsche Schule" attestiert hat: Geradlinigkeit, technische Zuverlässigkeit (ohne natürlich in manuellen Exhibitionismus abzugleiten), einen erdig-kompakten, quasi "gesunden" Klavierton und die Bevorzugung der großen Linie gegenüber dem Detail (was keineswegs Nachlässigkeit bedeuten soll - die kann und darf man Backhaus natürlich nicht ankreiden!). Im Vergleich zu Backhaus merkt man übrigens, wie "undeutsch" die kokett-feinnervige Pianistik eines Wilhelm Kempffs ist - Der Passvermerk "deutsch" bedeutet alkso nicht zwangsläufig, auch auf den Tasten den Teutonen zu geben.


    Mich hat Backhaus' ohne Frage "werkdienlicher" und uneitle Ansatz allerdings nie sonderlich interessiert. Er entspricht einfach nicht meinem Temperament.
    Ich sah vor einiger Zeit ein Video mit dem greisen Backhaus und einem kaum jüngeren Knappertsbusch, die gemeinsam eines der Beethoven-Konzerte spielten. Das war wirklich gruselig: Es ging einfach nur in Stechschrittmanier stur geradeau, freilich mit (für diese Altersklasse) bewunderswerter technischer Souveränität. Sicher, andere werden das als schörkellos und tiefsinnig empfinden - ich fand's einfach nur klotzig und phanatsielos...
    (Oh weh, dafür werde ich hier voraussichtlich eine Menge Widerspruch ernten...)


    Überzeugt hat mich Backhaus allerdings mit einigen erstaunlich modernen Bach-Einspielungen (Decca). Da wirkt diese persönliche Zurückhaltung auf einmal enorm sachdienlich, Bach kommt ganz zu sich selbst - 1960 wahrlich keine Selbstverständlichkeit...


    Schöne Grüße!
    Daniel

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  • Hallo Daniel,


    Zunächst mal mein Kompliment für diese analytische Darstellung.
    Dennoch kommt , wie ja erwartet war, Widerspruch.
    Und zwar nicht der Fakten wegen, sondern deren Auswertung.
    Als Österreicher frage ich mich, was so schlimm dran sein soll, wenn ein deutscher Weltspitzenklassepianist Beethoven "deutsch" interpretiert ?


    Dennoch haben einge Backhaus so gesehen wie Du.
    "Er ruhe in Frieden" schrieb seinerzeit ein Kritiker kurz nach seinem Tod - und deutete an, es gäbe interessantere Deutungen, als jene von Backhaus.


    Dennoch konnte ich mich dieser Auffassung allerdings nie anschließen. Ein Hörerlebnis viele Jahre später bestätigte mein Urteil, zu dem ich noch heute stehe. Einschränkend sollte allerdings gesagt werden, daß Backhaus untere anderem zu jenen Pianisten gehört, deren Interpretationen diejenigen waren, die mir Beethovens Sonaten nahe gebracht haben (teilweise auch die Klavierkonzerte) - das soll heißen ich bin von ihm "gegprägt"


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Daniel Behrendt
    Grundsätzlich bin ich kein Backhaus-Fan. Vielleicht liegt's an dem, was siamak als "deutsche Schule" attestiert hat: Geradlinigkeit, technische Zuverlässigkeit (ohne natürlich in manuellen Exhibitionismus abzugleiten), einen erdig-kompakten, quasi "gesunden" Klavierton und die Bevorzugung der großen Linie gegenüber dem Detail (was keineswegs Nachlässigkeit bedeuten soll - die kann und darf man Backhaus natürlich nicht ankreiden!).


    Lieber Daniel,


    vorab: es sei Dir verziehen, dass Du kein Backhaus-Fan bist .....:D:D


    Nun ich denke, unser Bild von Wilhelm Backhaus ist sehr stark durch den Beethoven-Interpreten der Nachkriegszeit bestimmt- und da treffen Deine Beobachtungen durchaus zu. Obwohl die Mitschnitte aus Salzburg alles andere denn "klotzig" oder "phantasielos" wirken. Im Gegenteil- bei aller Ernsthaftigkeit auch feinsinnig und leicht (da wäre als Beispiel die "Marcia funebre" aus op. 26 zu nennen oder das Adagio aus 31/2)).


    Wenn man es nicht weiß merkt man eigentlich nicht, dass der Interpret schon ein betagter Greis von über 80 Jahren ist.


    Und bei seiner Einspielung der Etüden von Chopin (1926/27) ist von teutonischem Schwermut nun wirklich gar nichts zu spüren. Lässt man einmal die Klangqualität außen vor: Backhaus brennt hier ein regelrechtes Feuerwerk ab, virtuoser und mit mehr Esprit haben auch Pollini oder Perahia die Etüden nicht gespielt.


    Soweit ich weiß muss Backhaus übrigens auch in jüngeren Jahren ein großartiger Liszt-Interpret gewesen sein.


    Und wenn ich Kempffs spätere Beethoven-Platten zur Hand nehme unterscheidet sich sein "Beethoven" gar nicht einmal so sehr von Backhaus Stil.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Lieber Alfred, Lieber Christian,


    hoffentlich ist aus meinen Zeilen deutlich geworden, dass ich keinerlei Aversion gegen Backhaus habe, nur weil ich nicht begeistert "mehr!" schreie... Ich finde selbstredend, dass er zu den "Großen" gehört. Dass er nicht meinen Geschmack trifft steht auf einem anderen Blatt.


    Eure begründeten Einwände werde ich natürlich im Herzen bewegen wie's so schön heißt, bzw. einfach noch mal ein paar CD-Vergleiche anstellen. Es mag tatsächlcih sein, dass sich Kempff und Backhaus in ihrem Altersstil berühren. (obwohl Kempff der technisch unzuverlässigere war, dafür aber einen wesentlich modulationsreicheren Ton besaß - daran halte ich fest... :D)


    Was man eigentlich noch sehr schön und ausführlicher erörtern könnte (vielleicht in einem eigenen thread?) wären die "nationalen" Klavierschulen. Was ist "deutsches", "russisches" oder "französisches" Klavierspiel und: funktionieren diese Schubladen heutzutage überhaupt noch (diesbezüglich würde ich frisch herazs "nein" sagen..)
    Wenn man diese etwas schematischen Zuordnungen näher betrachet, wird man eine große Anzahl von Pianisten finden, die man nicht auf einen Nationalstil reduzieren kann - oftmals weisen, wie ich behaupten würde, gerade die bedeutendsten Vertreter ihrer Zunft eine größere Anzahl individueller als allgemeiner Merkmale auf - da kommt man mit Kategorien wirklich nicht sonderlich weit...


    herzliche Grüße :hello:
    daniel

  • Lieber Christian :




    neben den beiden von Dir vorgestellten Konzertmitschnitten , die mich wie Dich und Joachim Kaiser wohl besonders überzeugen , sei nochmals auf die erhältliche beeindruckende Interpretation der Études von Frédéric Chopin besonders empfohlen .


    Dann der Mitschnitt von Wilhelm Backhaus' letzten Konzert in Ossiach am 28. Juni 1969 mit folgende Aufnahmen :


    W A Mozart : Klaviersonate A - Dur KV 331
    Beethoven : Klaviersonate C - Dur Op 53 "Waldstein"
    Schubert : Impromptu As Dur Op. 142 Nr. 2
    Beethoven : Klaviersonate Nr. 18 , Op. 31 Nr 3 ( ohne den letzten Satz )
    R Schumann : Aus "Fantasiestücke" Op. 12
    Des Abends . Sehr innig zu spielen
    Warum ? Langsam und zart .


    ( ERMITAGE ; Erm 187- 2 ; ADD ; P 1996 )


    Professor Backhaus musste wegen einer Herzerkrankung das Konzert nach Schumanns "Warum ?" aus Opus 12 abbrechen und starb nur wenige Tage später in Villach .


    Beerdigt ist der Künstler auf dem Friedhof "Melaten" in Köln .


    Sehr überzeugend ist Backhaus' Interpretation des B - Dur - Klavierkonzertes von Johannes Brahms .



    Dann die beiden CDs aus der Edition "Great Pinaist of the Century" bei Plips , insbesonder der Konzertmitschnitt aus New York mit einem reinen Beethoven - Programm .



    Soweit ich dies weiss sind leider bei weitem nicht alle früheren LP-Aufnahmen auf CD übertragen worden , um sich ein über Beethoveninterpretationen hinaus wirkliches Bild von der Kunst des grossen Pianisten machen zu können .



    Beste Grüsse und Danke für Deine Erinnerung an Backhaus !



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin



  • Ich kann diese Aufnahme auf dem japanischem Label Otaken sehr empfehlen. Es ist eine Aufzeichnung von einem Live-Konzert in Carnegie Hall. Ausser das Klavierkonzert spielt Backhaus nog die Sonaten 25 und 26 (Les Adieux) und einige Zugaben. Er war in Höchstform!

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  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Professor Backhaus musste wegen einer Herzerkrankung das Konzert nach Schumanns "Warum ?" aus Opus 12 abbrechen und starb nur wenige Tage später in Villach .


    Lieber Frank,
    soweit ich informiert bin, waren das zwei veritable Infarkte, die Wilhelm Backhaus da erlitten hat. Backhaus hatte die Sonate op. 31,3 gespielt und brach nach dem Menuett ab. Er beendete das Konzert dennoch nicht. Und fuhr fort mit zwei Fantasiestücken op. 12, "Des Abends" und "Warum"


    Backhaus zog sich ein weiteres mal zurück und bat dann über seinen Sekretär, das Konzert mit einem Impromptu von Schubert (op. 142,2) beenden zu dürfen.


    Backhaus hat an diesem Abend -vermutlich auch sonst, aber das weiß ich eben nicht- vor jedem Stück ein wenig preludiert, bevor er mit dem eigentlichen Werk anhob. Dem Fantasiestück "Des Abends" verleiht dies eine unglaubliche Schönheit. Da muß sich niemand mehr beweisen. Da träumt der Pianist vielmehr der Musik hinterher. Und das ist auch bei den letzen Tönen so, die Backhaus in seinem Erdenleben angeschlagen hat, dem Impromptu Schuberts.



    Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Soweit ich dies weiss sind leider bei weitem nicht alle früheren LP-Aufnahmen auf CD übertragen worden , um sich ein über Beethoveninterpretationen hinaus wirkliches Bild von der Kunst des grossen Pianisten machen zu können .
    Frank


    Doch doch, lieber Frank, es gab sogar einmal zwei Backhaus Boxen: die eine mit allen Beethoven Sonaten, die andere mit allen DECCA-Aufnahmen, die er in stereo gemacht hat (Schumann unter Wand dabei ausgeklammert, die war natürlich auch dabei).


    Der Beethoven des Wilhelm Backhaus ist ganz gut zu greifen. Die KK's unter Schmidt-Isserstedt ebenso wie alle Klaviersonaten.


    Bei den Klavierkonzerten muß ich allerdings auch schon Wünsche äußern. Es gab sie auch in mono. Unter Clemens Krauss und Karl Böhm.


    Und dann Brahms: lieber Frank, das B-dur Konzert hat Wilhelm Backhaus dreimal eingespielt. Zweimal mit Karl Böhm und einmal mit Carl Schuricht (die erste Böhm-Aufnahme aus der Schellackzeit um 1936, die zweite in stereo).


    Man muß sich das wirklich stets vergegenwärtigen: der junge Backhaus hat dem greisen Brahms noch vorgespielt.


    Backhaus war nicht nur der Beethoven-Interpret. Schubert, Haydn, Bach, Brahms, Schumann oder Mozart, das war sein Kosmos. Und Chopin. 1932 ist mit Backhaus am Klavier die für mich großartigste Aufnahme des ersten Klavierkonzertes von Johannes Brahms entstanden. Adrian Boult dirigiert. Die habe ich als Schellack-Album. Aber diese Einspielung ist sogar in unterschiedlichen Restaurierungen bei verschiedenen Labels erhältlich.


    Gegen die nicht wiederveröffentlichten LP's und Schellacks stehen indes die diversen Mitschnitte von Konzerten; zu seinen Lebzeiten gab es offiziell ja nur das Carnegie Hall Konzert auf LP. Wilhelm Backhaus ist insgesamt recht gut dokumentiert auf dem CD-Markt


    Vielleicht einmal ganz allgemein bemerkt: wenn ich Backhaus verehre, werde ich über kurz oder lang wohl die meisten seiner Plattenaufnahmen bekommen können. Es braucht halt Geduld. Es ist halt nicht alles immer und überall verfügbar. Und der Liebhaber findet schon Wege, um an das Objekt der Begierde heranzukommen.


    Mein intensivstes Backhaus-Erlebnis war allerdings eine Welte-Mignon-Rolle. Ich hatte einen Automaten-Sammler besucht, der von meiner Liebe zur Musik wusste. Und der eine respektable Sammlung von Welte-Mignon-Rollen hatte. "Wen würden Sie den gerne hören wollen?" hat er mich gefragt. Ohne die Sammlung zu kennen hatte ich promt repliziert "Wilhelm Backhaus" Und er hatte eine Backhaus-Rolle. Von Backhaus selbst paraphiert. Und 22 Jahre nach des Pianisten Tod bewegte er wie von Geisterhand die Tasten des Pianos (ich meine, es war Chopin) in Köln Braunsfeld, nicht sehr weit entfernt von Backhaus' letzten Ruhestätte.


    Wie beschreibe ich nun Wilhelm Backhaus? Vor allem so: integer. Und demütig. Backhaus muss über eine für seine Zeit ungewöhnliche Fingerfertigeit verfügt haben. Die Presse hat ihm die in den 1920er Jahren zuweilen als Kälte vorgeworfen. Und hier verteidige ich ihn gegen seine (frühen) Kritiker: Seine Technik und Fingerfertigkeit waren ihm nie Selbstzweck: das Werk stand stets im Vordergrund.


    In den 1960er Jahren konkurierte er auf dem Beethoven Markt vor allem mit Wilhelm Kempff. Zeitloser ist sicher Backhaus.


    Aus eben dieser Zeit gibt es nun ein Film-Dokument auf DVD: Backhaus spielt das 4. Beethoven-Konzert. Hans Knappertsbusch dirigiert. Für mich war diese DVD ein Erlebnis: zwei meiner Hausgötter gemeinsam musizierend auf Film gebannt. Und vor allem dies: auch in hohem Alter kann man noch wunderbare Musik machen.



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Rolducien :



    danke für diesen Hinweis . Ich werde versuchen , diese Aufnahme zu bekommen , da ich früher schon die Kunst Guido Cantellis wie die von Wilhelm Backhaus gesonders bewundert habe .


    Jemand , den ich kannte , hat sich mit Beethovens 4. Klavierkonzert sehr eingehend beschäftigt . Diese Aufnahme hat es selbst in der nun wirklich beeindruckenden Musikabteilung der British Library nicht gegeben .


    Über wen hast Du diese Aufnahme bekommen ?


    In den Niederlanden gibt es häufiger Aufnahmen, die hier nie erschienen sind ( oder noch nicht veröffentlicht sind ) .




    Lieber Thomas :




    dass Wilhelm Backhaus' Kunst nicht dokumentiert ist , hatte ich nicht geschrieben . Es handelt sich um meinen persönlichen aktuellen CD - Bestand . Nicht die LP - Aufnahmen ! Altersbedingt war zu meiner Schulzeit Professor Backhaus d e r Beethoven - Interpret überhaupt neben Artur Schnabel . Soweit ist die verfolgen konnte ist Backhaus' Kunst nie aus dem Focus auf die bleibenden bedeutenden Interpreationen Beethovens gekommen ist .


    Auf Backhaus' Interpretation der Études von Chopin hatte ich schon - unabhängig von einem Forum - um 1997 ff. mehrfach in Korrespondenzen mit einem damals auf seinen Höhepunkt befindlichen Musikritiker hingewiesen .


    Meine Kenntnisse über seinen letzten Klavierabend entstammen der hier vorleigenden CD bei Eremitage , den schriftlichen ( nicht einheitlichen ) Übermittlungen .


    Ob Wilhelm Backhaus zwei Herzinfarkte hatte weiss ich nicht . Dazu fehlen mir alle erforderlichen Unterlagen ( EGK , Laborchemie ; bildgebende Verfahren ,natürlich der klinische Verlauf ) . Deswegen bin ich hier mit einer endgültigen Diagnose wohl nachvollziehbar besonders zurückhaltend . Ich kenne auch keine zuverlässige Publikation über Diese beiden Herzinfarkte von Herrn Backhaus .


    Wenn er einen ersten Herzinfarkt gehabt haben sollte und dann einen Re-Infarkt erleitten hat , sinken die Überlebenschancen dramatisch . Aber wie gesagt , dazu müsste man die gesamte Krankenakte haben .


    Man darf , dies ganz allgemein , kaum eine Vergleich mit den diagnostischen wie u. U. therapeutischen Möglichkeiten der derzeitigen Kardiologie wie zum Beispiel der Kardiologie mit benachbarter Herz- , Thorax- und Kardiovaskularchirrugie ( wie eben in hochspezialisierten Zentren in dem Universitätsklinikum Köln ) mit dem Ktankenhaus in Villach 1969 ziehen . Und selbst dann ist es eigentlich unbedeutend zu diskutieren , ob man diesen grossen Ausnahemünsler hätte lebensverlängernd behandeln können .


    Dieser letzte Abend gehört für mich jedenfalls zu den ergreifenden Aufnahmen und Ton-Zeitzeugnissen , die ich kenne .


    Demut scheint mir die angemessenen Beschreibung für den Künstler Wilhelm Backhaus .


    Ich darf an dieser Stelle noch einmal an meine Auführungen hier im Klavierforum über die Beethoven-Klaviersonaten Opp. 109 - 111 erinnern .


    Dir einen erholsamen Sonntag !



    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna



    Dieser letzte Abend gehört für mich jedenfalls zu den ergreifenden Aufnahmen und Ton-Zeitzeignissen , die ich kenne .


    In der Tat lieber Frank.


    Es ist ein erschütterndes Dokument- bemerkenswert überhaupt, dass dieses Konzert in einem Rundfunkmitschnitt dokumentiert worden ist.


    Bewundernswert wie technisch souverän Backhaus´ Spiel auch noch im höchsten Alter gewesen ist, ich denke da beispielsweise an zweite Brahms-Konzert mit Karl Böhm.


    Mir scheint, Backhaus scheint als Interpret immer hinter die Werke zurückzutreten- nüchtern und sachlich. Vielleicht auch deswegen der von Thomas erwähnte Vorwurf der Kälte in seinem Spiel.


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Eine wunderbare Aufnahme eines Beethoven-Konzertes hat Wilhelm Backhaus in einer weiteren Zusammenarbeit mit Hans Knappertsbusch eingespielt, das große Klavierkonzert Nr. 5 Es-dur op. 73.


    Bei der Einspielung, auf die ich auch schon im Klavierkonzert-Nr.5-Thema hingewiesen habe, handelt es sich um eine Live-Aufnahme mit dem Beyerischen Staatsorchester vom 14. Dezember 1959 in sehr guter Klangqualität (auf die interpretatorische Qualität muss man eigentlich bei diesen beiden Interpreten gar nicht eingehen, ich habe es aber ohnehin bei meinem anderen Beitrag schon kurz gemacht).


    Neben Friedrich Gulda mit Horst Stein ist dies auf jeden Fall meine Lieblingsaufnahme dieses Werkes.

    'Architektur ist gefrorene Musik'
    (Arthur Schopenhauer)

  • Zitat

    Original von Rolducien
    coverjc6.jpg



    Ich kann diese Aufnahme auf dem japanischem Label Otaken sehr empfehlen. Es ist eine Aufzeichnung von einem Live-Konzert in Carnegie Hall. Ausser das Klavierkonzert spielt Backhaus nog die Sonaten 25 und 26 (Les Adieux) und einige Zugaben. Er war in Höchstform!


    Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Ich werde versuchen , diese Aufnahme u bekommen , da ich früher schon die Kunst Guido Cantellis wie die von Wilhelm Backhaus gesonders bewundert habe .


    Über wen hast Du diese Aufnahme bekommen ?


    Hallo,


    besonders, da es noch Rückfragen gab, die Aufnahme BEETHOVENs Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op.58 mit G. Cantelli ist auf mehreren CDs erscheinen.
    Z.B. in einer 3-CD-Box "Cantellit Great Beethoven Recordings" bei dem Label Andromeda (gab es vor ca. einem Jahr bei Z001 für 8 Euro)
    Eine Abbildung des Cover findet sich unter:
    -http://www.musicweb-internatio…/Cantelli_andrcd5092.htm-
    Die Box enthält noch BEETHOVENS Konzerte Nr.1 (mit R. Serkin), Nr.3 (mit R. Firkusny) und Nr. 5 (mit R. Casadesus), sowie die Sinfonien Nr. 5 & 7.
    Näheres dazu vielleicht später im Thread zu Guido Cantelli .


    Das Konzert Nr.4 zusammen mit Klaviersonaten von BEETHOVEN findet man auch auf folgender (bei jpc) lieferbarer Doppel-CD:



    * * *



    Wer hat Erfahrungen mit der 4-Cd-Box bei andante?


    31VV1ZSC4HL._SL500_AA240_.jpg


    Sie enthält auche ine Aufnahme der Klaviersonate Nr.1 von C.M.v. WEBER, diese Aufnahme würde mich sehr interessierein!
    (Wohl nur Satz Nr. 4 , d.h. das Perpetuum mobile, wie ich gerade bemerke, schade!)


    Gruß pt_concours

    Hören, hören und nochmals hören: sich vertraut machen, lieben, schätzen.
    Keine Gefahr der Langeweile, im Gegensatz zu dem, was viele glauben, sondern vielmehr Seelenfrieden.
    Das ist mein bescheidener Rat. (S. Richter, 1978)

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  • Zitat von Caesar73

    Es ist ein erschütterndes Dokument- bemerkenswert überhaupt, dass dieses Konzert in einem Rundfunkmitschnitt dokumentiert worden ist.

    Lieber Christian,


    die Eremtiage-CD ist ein Zusammenschnitt von zwei Abenden. Wilhelm Backhaus hatte in Ossiach am 26. Juni und am 28. Juni 1969 konzertiert. Die Waldstein-Sonate, Mozarts KV 331 und die erste Variante von Schuberts Impromptu op. 142,2 sind am 26.06.1969 aufgezeichnet worden.


    Der Abend des 28.06. hatte ein anderes Programm, nämlich drei Beethoven-Sonaten: op. 31,3, dann "les Adieux op. 81a und op. 111. Ein ziemlich heftiger Brocken. Backhaus begann mit der Sonate op. 31,3. Und ich gebe jetzt Werner Burkhardt das Wort:


    "Im dritten Satz ereignete sich dann das Gespenstische, und es war gespenstisch im doppelten Sinne, denn plötzlich wurde der tapfere alte Mann am Flügel leichenblaß, schien in sich zusammenzusinken, doch fast unheimlicherweise hatte dieser Verfall des Gesichtes keinerlei Einfluß auf die Tätigkeit der Hände. Er spielte mit einer Disziplin, deren Unerbittlichkeit sich nur ahnen lässt, das Menuett zuende. Erst dann stand er schwankend auf, bat wegen einer Unpässlichkeit um Entschuldigung, verließ die Empore der Kirche und zog sich in die Sakristei zurück, ohne das Finale gespielt zu haben".


    Nach einer kurzen Pause dann die Ankündigung, daß Professor Backhaus das Programm ändern wolle und zwei Schumann-Stücke "Des Abends" und "Warum" zu spielen gedenke. Ärzteratswidrig. Danach ein erneuter Rückzug. Nach einer halben Stunde trat Backhaus dann ein letztes Mal vor das Publikum und verabschiedete sich mit dem Schubert-Impromptu op. 142,2.


    Die Eremitage-CD sollte also besser heißen: "Seine letzten Konzerte" Immerhin, zu LP-Zeiten ist soviel von Backhaus' letzten Konzerten nicht veröffentlicht worden. Nach seinem Tode brachte die DECCA eine LP auf den Markt, die auf Seite 2 das komplette letzte Konzert enthält und auf Seite 1 Mozarts KV 331 und Schuberts op. 142,2 aus dem Konzert vom 26.06.1969.


    Diese letzten Dokumente von Wilhelm Backhaus sind auch für mich mehr als ergreifend. Zumal die bewundernde Zuneigung diesen Aufnahmen gerne ihre musikalische Qualität zugestehen wird. Und doch: der Meister ist langsam geworden, nicht alles gelingt ihm. In diesem Dokument hört man einen ganz, ganz Großen, der plötzlich Fehler macht. Um am Schluß sein letztes Wort nicht mit Beethoven, sondern mit Schumann und Schubert an sein Publikum zu richten.



    Zitat von Caesar73

    Mir scheint, Backhaus scheint als Interpret immer hinter die Werke zurückzutreten - nüchtern und sachlich. Vielleicht auch deswegen der von Thomas erwähnte Vorwurf der Kälte in seinem Spiel.

    Nein, das glaube ich nicht. Wenn ich das richtig erinnere, galt dieser Vorwurf tatsächlich seiner stupenden Virtuosität und stammte aus den 1920er Jahren.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat von Frank Georg Bechyna

    danke für diesen Hinweis . Ich werde versuchen , diese Aufnahme zu bekommen , da ich früher schon die Kunst Guido Cantellis, wie die von Wilhelm Backhaus besonders bewundert habe.


    Jemand , den ich kannte , hat sich mit Beethovens 4. Klavierkonzert sehr eingehend beschäftigt. Diese Aufnahme hat es selbst in der nun wirklich beeindruckenden Musikabteilung der British Library nicht gegeben.


    Über wen hast Du diese Aufnahme bekommen?


    Lieber Frank,


    Die Otaken cd hab ich im Internet runtergeladen, sie wird auch in den Niederlanden wohl schwer zu beschaffen sein. (Wenn du interessiert bisst, schicke mir bitte eine PN). Aber zum Glück gibt es das Konzert mit Cantelli wie pt_concours andeutete auch auf dem Label Andromeda. Ein Vergleich der Aufnahmedaten der Sonaten würde sich lohnen da Backhaus mehrere Male in New York auftrat.


    Hier die Daten der Otaken cd:



    LG, Ger :hello:

  • Zitat von Thomas Pape

    die Eremtiage_CD ist ein Zusammenschnitt von zwei Abenden. Wilhelm Backhaus hat in Ossiach am 26.Juni und am 28. Juni 1969 konzertiert.Die Waldstein-Sonate, Mozarts KV 331 und die erste Variante von Schuberfts Impromptu op. 142,2 sind am 26.06.1969 aufgezeichnet worden.
    [...]
    Die Eremitage-CD sollte also besser heißen: "Seine letzten Konzerte" Immerhin, zu LP-Zeiten ist soviel von Backhaus' letzten Konzerten nicht veröffentlicht worden. Nach seinem Tode brachte die DECCA eine LP auf den Markt, die auf Seite 2 das komplette letzte Konzert enthält und auf Seite 1 Mozarts KV 331 und Schuberts op. 142,2 aus dem Konzert vom 26.06.1969.




    Nein, das glaube ich nicht. Wenn ich das richtig erinnere galt dieser Vorwurf tatsächlich seiner stupenden Virtuosität und stammte aus den 1920er Jahren.

    Lieber Thomas,


    das die CD ein Zusammenschnitt ist war mir neu, zumal die CD als Mitschnitt des letzten Konzerts verkauft wurde. Da kommt mir doch spontan das Wort "Ettikettenschwindel" in den Sinn :D


    In Bezug auf den Vorwurf der Kälte in Backhaus´ Spiel hattest Du recht. Es bezog sich auf seine Virtuosität, ich habe bei Kaiser noch mal nachgeschaut.



    Zitat

    Diese letzten Dokumente von Wilhelm Backhaus sind auch für mich mehr als ergreifend. Zumal die bewundernde Zuneigung diesen Aufnahmen gerne ihre musikalische Qualität zugestehen wird. Und doch: der Meister ist langsam geworden, nicht alles gelingt ihm. In diesem Dokument hört man einen ganz, ganz Großen, der plötzlich Fehler macht. Um am Schluß sein letztes Wort nicht mit Beethoven, sondern mit Schumann und Schubert an sein Publikum zu richten.

    Schöner kann man´s nicht formulieren.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Liebe Freunde des Kunst von Wilhelm Backhaus ,


    ich denke dass wir von der packenden Interpretation der Études Opp. 10 und 25 von Chopin bis zu seinen letzten drei , ganz stillen , verinnerlichten Interpretationen , einen beeindruckenden Überblick und Zugang zu der Kunst von Wilhelm Backhaus hier haben .



    Angesichts der offensichtlich schweren Erkrankung von Professor Backhaus ist es schon ein Wunder , dass er an dem von Dir , lieber Thomas , zweiten Abend noch zwei kurze Stücke von Schumann aus Opus 11 und ein Impromptu von Franz Schubert gespielt hat .


    Offengestanden : Mir ist es nicht bedeutend , wenn der alte Herr manuelle Fehler beging .


    Seine letzten Stücke ewaren , davon bin ich überzeugt , auch vor dem Hintergrund gespielt worden , das er um seinen Lebensabschied wusste .


    Wilhelm Backhaus hat hier inne gehalten und sich auch von seiner Kunst öffentlich verabschiedet .



    Mit besten Grüssen ,


    Frank



    PS.: Dankbar bin ich Euch allen , dass es hier nur um Musik geht und ging und nicht um irgendwelche politischen Hinweise . F.

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat von pt_concours

    Wer hat Erfahrungen mit der 4-Cd-Box bei andante?



    Gruß pt_concours


    Lieber pt_concours,


    Erfahrungen kann ich jetzt nicht sagen. Die Aufnahmen sind sämtlich historisch (also Umschnitte von Schellack-Platten): die beiden Brahms-Konzerte stammen aus der Mitte der 1930er Jahre - tolle Aufnahmen allerdings - Grieg unter Barbirolli ebenfalls aus der Zeit; auch die kleinen Petitessen auf der ersten CD sind die ganzen Electrola-Schellacks, die Backhaus so aufgenommen hat. Somit dürfte es sich bei Chopin-Etuden um die bereits mehrfach erwähnte Gesamteinspielung aus 1928 handeln.


    Der Amazon-Preis ist allerdings heftig und wäre nur durch exorbitant gute Restaurierungen zu rechtfertigen. Dazu kann ich jedoch nichts sagen.


    Aber vielleicht reicht Dir diese Information ja schon.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Nun habe ich ihn auch im Bestand, den Mitschnitt des vierten KK von Ludwig van Beethoven vom 18.3.1956 (dankenswerterweise seinerzeit in der italienischen Kioskserie "I grandi concerti" veröffentlicht). Backhaus spielt da recht stürmisch, und ich gestehe, daß mir die abgeklärteren Deutungen, die im Studio mit Clemens Krauss und Hans Schmidt-Isserstedt sowie live mit Hans Knappertsbusch entstanden sind, besser gefallen. Backhaus scheint hier sehr stark auf Guido Cantelli einzugehen. Aber von den anderen -mir nicht bekannten- Mitschnitten dieser Carnegie Hall Konzerte liest man hier ja auch, daß sie von Backhaus "üblichen" Deutungen abweichen. Gibt es möglicherweise biographische Hintergründe dafür?


    Interessant ist diese Aufnahme des 4. KK allemal, mein Highlight indes nicht.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas ,



    Deine Meinung teile ich , dass Wilhelm Backhaus wahrscheinlich stark auf Guido Cantellis eher im allgemeinen recht zügigen Tempi eingegangen ist .


    Anzumerken bleibt im Hinblick auf den Toscanini - Schüler Cantelli , dass mir seine Aufnahmen bei weitem nicht mehr so gefallen wie dies vor Jahren noch der Fall gewesen ist . Dies mag ( auch ) mit den oft für mich zu schnellen Tempi zusammenhängen .


    Biographische Hintergründe kenn e ich bei Backhaus nicht . Er war jedenfalls durch und nach seinen Solokonzerten erstaunlich beliebt und bewundert in den USA für diese frühe Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg .


    Gerne stimme ich Dir zu , dass diese Aufnahme mehr als nur Sammlerwert hat .


    Viele Grüsse in das aktuell einmal mehr so traurig - stürmische Köln !


    :hello:


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Liebe Backhaus-Freunde,


    Bayern4-Klassik widmet seine tägliche Sendung "pour le piano" in dieser Woche Wilhelm Backhaus. Die Sendung läuft täglich von 15.05 Uhr - 16.00 Uhr.



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Wie ist das eigentlich mit seinen Beethoven-Studioaufnahmen?



    Seine GA bei der DEECCA gilt ja als die erste Stereo-Einspielung überhaupt (bis auf die Hammerklaviersonate)



    Ich kann nirgends eine Backhaus-Diskographie im Netz entdecken: Gibt es von ihm wirklich keine im Studio aufgenommenen Beethoven-Sonaten in Mono?


    Ich bin ja ganz großer Liebhaber seines op.111, die es bei Ermitage/Aura, gepaart mit eben dieser Sonate von Arrau und Badura-Skoda gab. Auch mag ich besonders seine eingangs schon gezeigte Orfeo-Beethoven-CD.


    :hello:

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Lieber a.b.,


    doch, doch, Studio Aufnahmen in mono gab es. So etwa op. 109, eine Aufnahme, die auf LP mit der 2. Chopin-Sonate gekoppelt war. Es ist natürlich klar, daß ein Unternehmen wie DECCA nur die stereo-Aufnahmen veröffentlicht. Wilhelm Backhaus hat sich ja nicht hingesetzt, um einen Zyklus der Beethoven-Sonaten einzuspielen. Die Aufnahmen entstanden Stück für Stück. Erst nach seinem Tode wurde die Hinterlassenschaft erstmalig zum Zyklus zusammengefasst und als Box veröffentlicht. Auch die Klavierkonzerte hat Backhaus mehrfach eingespielt (Nr. 4 und 5 mindestens dreimal). Bekannt ist dennoch nur die GA mit Hans Schmidt-Isserstedt.


    Ich bin mir nicht sicher, ob Backhaus von Anfang an ein Beethoveninterpret war. Seine erste Schallplattenaufnahme war das Grieg-Konzert, danach kam vor allem Brahms. Maßstab bis heute ist seine Einspielung der Chopin-Etuden aus 1927. Seine Einspielung der beiden Brahms-Konzerte aus den 1930er Jahren ist grandios (Nr. 1 mit Boult, Nr. 2 mit Böhm). Und in den 1930ern enstanden auch einige Aufnahmen von Brahms' Solowerken.


    Im Konzertbetrieb hat Backhaus wohl recht früh die Beethoven-Sonaten zyklisch aufgeführt. Aus den 1930er Jahren ist mir indes nur eine Aufnahme der Mondscheinsonate auf Schellack bekannt. Und Einspielungen der Klavierkonzerte 4 und 5.Das war alles noch für die Electrola.


    Ich meine, die diskographische Hinterlassenschaft von Wilhelm Backhaus recht gut zu überblicken und wage daher die Behauptung, daß die Beethoven-Diskographie von Wilhelm Backhaus eine Art Altersweisheit oder -fokus war.


    Man muß dabei vielleicht auch noch bedenken, daß in Schellackzeiten die Idee, Werkzyklen aufzunehmen, nicht sonderlich ausgeprägt war (wer hätte das auch kaufen sollen resp. können? Nur ein Beispiel: das erste Brahmskonzert in der Aufnahme Backhaus/Boult ist ein voluminöses Album mit 5 LP-formatigen Schellacks. Das braucht Platz und wiegt auch was).


    Nach dem Kriege arbeitete Backhaus für die DECCA. Und wiederholte -mit besserer Aufnahmetechnik- einige der alten Einspielungen. Das zweite Brahms-Konzert spielte er mit Carl Schuricht ein (zuvor mit Karl Böhm und später in stereo nochmals mit Böhm), es entstanden Aufnahmen aller Klavierkonzerte von van Beethoven (mit Clemens Krauss und Karl Böhm, später in stereo mit Hans Schmidt-Isserstedt) und auch erste Aufnahmen der Beethoven-Sonaten. Die Diabelli-Variationen hat Backhaus auch nie in stereo wiederholt.


    Als Backhaus anfing, die Beethoven-Sonaten in stereo aufzunehmen, war er schon über 70. Die älteren mono-Aufnahmen gibt's leider nur kaum auf CD. Da muß man mühselig auf dem Plattenmarkt nach fahnden.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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