Vielen Dank für den Hinweis, die Aufnahmen von Boris Giltburg kenne ich noch nicht!
Es gab in den letzten 10 Jahren ja doch eine stattliche Anzahl von Neueinspielungen, die hier noch nicht besprochen wurden, soweit ich sehe. Darunter die Aufnahmen von J. E. Bavouzet, Fazil Say, Paul Lewis, die schon erwähnten von Jonathan Bliss, K. Scherbakov, weiter natürlich Igor Levit, Neueinspielungen von Daniel Barenboim und Rudolf Buchbinder, und dann gibt es noch Außenseiter wie Saleem Ashkar, Martin Rasch, Mélodie Zhao, Mari Kodama und andere, die ich jetzt vergessen habe.
Ich habe ja den Eindruck, dass sich das Klavierspiel im letzten Jahrzehnt durch die überragende Technik der asiatischen Künstler verändert hat. Technik, Präzision und Kontrolle ist bei allen unglaublich, hinzugekommen sind jedoch Pianistin mit einem faszinierenden gestalterischen Vermögen. Allerdings gibt es aus dieser Riege - abgesehen von Mélodie Zhao - noch keinen Beethoven-Zyklus.
Eine Gesamtaufnahme der Beethoven-Sonaten scheint nach wie vor ein sehr schwieriges Unterfangen zu sein. Jede Annäherung ist mit Kompromissen verbunden - und gerade dieses Ungenügen finde ich an den Gesamteinspielungen sehr faszinierend. Dass sie niemals komplett gelingen, ist ein Hinweis auf den utopischen Charakter dieser Werke. Ein gutes Beispiel ist Jonathan Biss, von dessen ersten Aufnahmen ich sehr angetan war. Und obwohl er sich dann 10 Jahre Zeit genommen hat für das Projekt, wirkt sein Zyklus verfrüht und teilweise etwas beliebig. Einzig Igor Levit scheint es gelungen zu sein, einen großen Wurf vorzulegen. Mit schnellen Tempi und mitunter radikalen Lösungen sorgt er für Aufsehen und wird damit dem Zyklus auf seine eigene Art gerecht. Weil er etwas wagt.
Viele Grüße
Christian