Es ist eine typische amerikanische Haltung stets wie bei einer Olympiade die "Superstars" zu suchen- und zu finden - und die Meinung des Zeitgeistes zum Dogma zu machen. Ich werde beispielsweise nie verstehen, wie man Raff in die 2. Reihe stellen kann - und die Musik von Schönberg, Webern und Alban Berg ertragen kann....
Wenn Raff nämlich etweas nicht war, dann ein Komponist der 2. Reihe. in den Jahren zwischen 1857 und 1870 war er der meistgespielteste Komponist in Deutschland. Und offenbar deshalb einer Reihe von Anfeindungen ausgesetzt, denen er offenbar nicht gewachsen war, wie das Programm seiner 6. Sinfonie gut dokumentiert. Im Beiheft (Tudor) zu seiner 6. Sinfonie wird nämlich das Rätsel gelöst ob Raff zu Lebzeiten ein anerkannter oder verkannter Komponist war. Mich haben die beiden mir zur Verfügung stehenden Texte von Kritiken zur 3. und 4 Sinfonie irritiert, welche ja eher vernichten waren. Indes hatten sie mit der Realitität wenig zu tun, denn die 3. war ein "Renner" ohnegleichen, der erst durch die 5. übertroffen wurde.
Es ist ja bekannt, daß Raff sich mit seinem (angeblichen) "Gönner" Liszt auseineadergelebt oder überworfen hatte (genaueres ist mir nicht bekannt) und zudem stets im Spannungsfelt zwischen "Neudeutschen" und "Konservativen" stand. So etwas hat natürlich Auswirkungen. Raff scheint angefeindet gewesen zu sein - eine Auswirkung auf seine Popularität hatte dies aber nicht. Im Booklet zur 6. wird behauptet, dass Raffs Stern zu sinken begann, als Brahms seine erste Sinfonie veröffentlichte. Das hätte unter anderem auch wieder das Interesse auf Beethoven gelenkt - und gegen das Duo Beethoven-Brahms hätte Raff keine Chance gehabt. Erst ab diesem Zeitpunkt konnten abwertende Kritiken seinen Stern verblassen lassen.
Man kann sich nun die Frage stellen, weshalb Raff HEUTE nicht beliebter sei. Ich würde als hypothetische Erköärung vorschlagen, dies ist deshalb der Fall, weil das romantische Weltbild mit dem derzeitigen (und ich sage bewusst NICHT: mit unserem !!) nicht kompatibel ist. Es ist ja - seien wir ehrlich - auch so - daß Mendelssohn heute - von der italienischen Sinfonie und der Musik zum Sommernachtstraum -vielleicht noch von den Liedern ohne Worte - abgesehen, kaum mehr Interesse entgegengebracht wird, von Weber als Sinfoniker ganz zu schweigen und auch Schumann feiert heute keine wirklichen Triumphe. Desungeachtet halte ich ALLE soeben genannten Komponisten, für solche der ersten Reihe.
Die Erwartungshaltung des derzeitigen deutschen Publikums ist heute auf (oft vorgetäusche) Tiefe und auf konfliktreiche Werke ausgerichtet - das konnte und wollte Raff niemals bieten, seine Stärke sind ein lieblicher bis beeindruckender Klang und volkstümlich anmutendende Themen geschickt in seine Stücke zu integrieren....
mfg aus Wien
Alfred