RAFFiniert instrumentiert - Joachim Raff

  • Es ist eine typische amerikanische Haltung stets wie bei einer Olympiade die "Superstars" zu suchen- und zu finden - und die Meinung des Zeitgeistes zum Dogma zu machen. Ich werde beispielsweise nie verstehen, wie man Raff in die 2. Reihe stellen kann - und die Musik von Schönberg, Webern und Alban Berg ertragen kann....
    Wenn Raff nämlich etweas nicht war, dann ein Komponist der 2. Reihe. in den Jahren zwischen 1857 und 1870 war er der meistgespielteste Komponist in Deutschland. Und offenbar deshalb einer Reihe von Anfeindungen ausgesetzt, denen er offenbar nicht gewachsen war, wie das Programm seiner 6. Sinfonie gut dokumentiert. Im Beiheft (Tudor) zu seiner 6. Sinfonie wird nämlich das Rätsel gelöst ob Raff zu Lebzeiten ein anerkannter oder verkannter Komponist war. Mich haben die beiden mir zur Verfügung stehenden Texte von Kritiken zur 3. und 4 Sinfonie irritiert, welche ja eher vernichten waren. Indes hatten sie mit der Realitität wenig zu tun, denn die 3. war ein "Renner" ohnegleichen, der erst durch die 5. übertroffen wurde.
    Es ist ja bekannt, daß Raff sich mit seinem (angeblichen) "Gönner" Liszt auseineadergelebt oder überworfen hatte (genaueres ist mir nicht bekannt) und zudem stets im Spannungsfelt zwischen "Neudeutschen" und "Konservativen" stand. So etwas hat natürlich Auswirkungen. Raff scheint angefeindet gewesen zu sein - eine Auswirkung auf seine Popularität hatte dies aber nicht. Im Booklet zur 6. wird behauptet, dass Raffs Stern zu sinken begann, als Brahms seine erste Sinfonie veröffentlichte. Das hätte unter anderem auch wieder das Interesse auf Beethoven gelenkt - und gegen das Duo Beethoven-Brahms hätte Raff keine Chance gehabt. Erst ab diesem Zeitpunkt konnten abwertende Kritiken seinen Stern verblassen lassen.
    Man kann sich nun die Frage stellen, weshalb Raff HEUTE nicht beliebter sei. Ich würde als hypothetische Erköärung vorschlagen, dies ist deshalb der Fall, weil das romantische Weltbild mit dem derzeitigen (und ich sage bewusst NICHT: mit unserem !!) nicht kompatibel ist. Es ist ja - seien wir ehrlich - auch so - daß Mendelssohn heute - von der italienischen Sinfonie und der Musik zum Sommernachtstraum -vielleicht noch von den Liedern ohne Worte - abgesehen, kaum mehr Interesse entgegengebracht wird, von Weber als Sinfoniker ganz zu schweigen und auch Schumann feiert heute keine wirklichen Triumphe. Desungeachtet halte ich ALLE soeben genannten Komponisten, für solche der ersten Reihe.
    Die Erwartungshaltung des derzeitigen deutschen Publikums ist heute auf (oft vorgetäusche) Tiefe und auf konfliktreiche Werke ausgerichtet - das konnte und wollte Raff niemals bieten, seine Stärke sind ein lieblicher bis beeindruckender Klang und volkstümlich anmutendende Themen geschickt in seine Stücke zu integrieren....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es ist ja bekannt, daß Raff sich mit seinem (angeblichen) "Gönner" Liszt auseineadergelebt oder überworfen hatte (genaueres ist mir nicht bekannt)


    Gemäß dieser Quelle


    http://www.musiksommer.ch/PDF%…zinerKapelle_AP_11okt.pdf


    haben sich die beiden Komponisten 1845 kennengelernt; Liszt machte Raff, dessen Potenzial er erkannte, mehrfach "gönnerhafte Angebote", die dieser jedoch ausschlug; schließlich kam es 1854 zum Bruch zwischen Liszt und Raff, weil letzterer ein Buch mit dem Titel "die Wagnerfrage" veröffentlichte (welches hier nachgelesen werden kann http://reader.digitale-sammlun…ay/bsb10599253_00005.html), woraufhin Liszt daran zweifelte, "ob Raff seine Idee des "neuen Weimar" noch mittrug. Raff schätzte zwar die Musik von Wagner und orchestrierte für ihn, aber sein antisemitisches Weltbild in dessen Schriften widersprach Raffs humanistischer Einstellung." (a. a. O.).

  • Man sollte in diesem Zusammenhang auch erwähnen, dass Joachim Raff auch einer der Schüler von Franz Liszt war.
    Er hatte entscheidend an der Instrumentation von Liszt´s Sinfonischer Dichtung Nr.1 "Bergsinfonie" (1850) mitgearbeitet und die Instrumentation der Sinfonischen Dichtung Nr.8 "Heldenklage" wurde 1854 gar ganz von Raff ausgeführt.


    Die Angaben fielen mir dieser Tage auf, als ich im Reclams Konzertführer (17.Ausgabe 2001) nach Joachim Raff sehen wollte. :huh: Raff ist dort nicht vertreten ! Dies waren denn auch die einzigen Infos zu Raff, in diesem Nachschlagewerk.
    ;) Ob man dies als Bezeichnend ansieht oder nicht, mag jeder für sich entscheiden.



    Ich hatte wegen der aktuellen Diskussion mir die Sinfonie Nr.5 mit Stadlmair (TUDOR) angehört. Eingängige Themen, gute Aufnahme, aber mehr als ein "ganz ordentlich" konnte ich dem auch nicht abgewinnen. Der 3.Satz (offenbar ein Rondo) hatte schöne Themen, aber die ständigen Widerholungen waren zu zahlreich - es hätten 5-6Minuten für den Satz gereicht.
    :);) Da konnte ich bereits damals den o.g. Liszt-Dichtungen einfach mehr abgewinnen. Dies und die anderen Liszt-Dichtungen sind u.a. zwei Werke von Liszt die ganz entscheidend zu meiner "klassischen Interessenlaufbahn" geführt hatten. Die Liszt-Dichtungen schätze ich bis heute.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zum Verhältnis von Joachim Raff und Franz Liszt findet man auf der englischsprachigen Raff website einiges, auch über die These, dass die Instrumentationen einiger Kompositionen von Liszt weitgehend von Raff stammen. Das ist wohl immer noch recht umstritten. Sympathisch wird mir Raff aber dadurch, dass er sich offensichtlich vom im Wagnerumkreis grassierenden Antisemitismus abgestossen fühlte.

  • Da konnte ich bereits damals den o.g. Liszt-Dichtungen einfach mehr abgewinnen. Dies und die anderen Liszt-Dichtungen sind u.a. zwei Werke von Liszt die ganz entscheidend zu meiner "klassischen Interessenlaufbahn" geführt hatten. Die Liszt-Dichtungen schätze ich bis heute.

    Lieber Wolfgang
    Dass kann ich für mich nicht so klar sagen, dass ich die Liszt'schen Dichtungen den Raff-Symphonien vorziehe. Das käme auf Einzelfallbetrachtungen an. Die Faustsymphonie habe ich z.B. eine Zeitlang sehr gerne gehört, mit der Dantesymphonie hatte und habe ich Probleme. Die Bergsinfonie finde ich sehr gut, vielleicht meine liebste symphonische Dichtung von Liszt. Aber dass sie mir besser gefällt als die Lenore würde ich nicht unterschreiben. Ich höre ja selber gerade wieder viel Raff und je mehr ich höre, umso mehr gefällt es mir. Aber ein abschliessendes Urteil über diesen Komponisten (wie auch über Liszt) kann und will ich noch nicht fällen.

  • Zitat

    Raff ist dort nicht vertreten ! Dies waren denn auch die einzigen Infos zu Raff, in diesem Nachschlagewerk.


    Das gilt auch für andere Konzertführer, z.b. jenen von Csampai und Holland. Überraschenderweise widmet der "Harenberg Konzertführer Raff doch 2 Seiten, wobei man jedoch leicht erkennen kann, daß die Autorin des Artikels sich hier eher einer Pflichtübung entledigt . Eine Seite ist der Lebensgeschichte gewidmet, die zweite den Sinfonien, wobei nur einige Sinfonien mit mehr als einem pauschalen Satz bedacht werden. Dem stehen NEUN !!!! Seiten über Hans Werner Henze entgegen.
    Damit ist (für mich) wohl alles gesagt.
    Dennoch enthält der Kurzaufsatz einige interessante Passagen. So wird beispielweise erwähnt, daß Raff zu Lebzeiten als anerkannte Autorität galt, daß er einer der meistgespielten Komponisten seiner Zeit, war und auch im Ausland einen guten Ruf hatte.
    Es werden zwei Meinungen damaliger Zeitgenossen zitiert, eine negative und eine positive:
    "Es gibt Gedanken und Melodien, die mit dem Gebaren auftreten, als sollten sie einem die Seele aus dem Leibe reissen, einem aber doch die Überzeugung zurücklassen, daß ihr Erfinder gar nichts dabei empfunden hat."


    Franz List schreibt indes: "Wenn es wahr ist, daß die Kunstwerke durch ihren Stil leben, so dürfen die Arbeiten Raffs einer ziemlichen Dauer sicher sein. Er hat sich einen Stil geschaffen, der vollständig mit den Eigenheiten seines Talentes und seiner Individualität übereinstimmt"


    Was er über Raff schrieb - oder vermutlich nur sagte - als das Verhältnis zu Raff getrübt oder abgebrochen war - das wird wohl kaum zu erfahren sein - man kann aber getrost davon auisgehen, daß es nicht sehr schmeichelhaft war. Raff saß nun gewissermaßen zwischen zwei Stühlen. Er hatte die "Neudeutsche Schule" gewissermaßen "verraten - bzw sich von ihr abgewendet - und bei den "Konservativen" war er schon bisher nicht beliebt.


    Es ist IMO kein Wunder, daß er es heute auch nur in einem kleinen Kreis ist, denn die Tugenden seiner Werke, wie beispielsweise ein traumhaft ausbalancierter Klang, volkstümliche, eingängige Themen und Harmonische Geschlossenheit, basierend auf Vorbildern wie Mendelssohn, Beethoven, Schubert und Berlioz gelten zur Zeit eher als Untugenden.
    Interessant hier auch wie bei den genannte Vorbildern die Parameter, Bekanntheit, Ruhm und verbale Wertschätzung jenen wie Beliebtheit und Verbreitung ihrer Werk in Konzertsälen von heute diametral gegenüberstehen.- Dazu vielleicht in Kürze ein neuer Thread oder ein bereits bestehender, den ich überarbeiten würde...


    Mit freundlichen GRüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Im Booklet zur 6. wird behauptet, dass Raffs Stern zu sinken begann, als Brahms seine erste Sinfonie veröffentlichte. Das hätte unter anderem auch wieder das Interesse auf Beethoven gelenkt - und gegen das Duo Beethoven-Brahms hätte Raff keine Chance gehabt. Erst ab diesem Zeitpunkt konnten abwertende Kritiken seinen Stern verblassen lassen.
    Man kann sich nun die Frage stellen, weshalb Raff HEUTE nicht beliebter sei. Ich würde als hypothetische Erköärung vorschlagen, dies ist deshalb der Fall, weil das romantische Weltbild mit dem derzeitigen (und ich sage bewusst NICHT: mit unserem !!) nicht kompatibel ist. Es ist ja - seien wir ehrlich - auch so - daß Mendelssohn heute - von der italienischen Sinfonie und der Musik zum Sommernachtstraum -vielleicht noch von den Liedern ohne Worte - abgesehen, kaum mehr Interesse entgegengebracht wird, von Weber als Sinfoniker ganz zu schweigen und auch Schumann feiert heute


    Die hypothetische Erklärung funktioniert aber doch offensichtlich nicht, weil eine außerordentliche Diskrepanz zwischen der heutigen Popularität udn Wertschätzung Mendelssohns und Schumanns gegenüber Raffs besteht. Es stimmt doch schlicht und einfach nicht, dass Mendelssohn und Schumann kaum mehr Interesse entgegengebracht wird.
    Wenn irgendein "Zeitgeist" von damals oder heute das entscheidende Kriterium wäre, warum fällt dann nur Raff hintenrunter?


    Ich kannte Raff dem Namen nach schon in einer Klassikeinsteiger Zeit, teils aus Konzertführern, teils wegen der Liszt-Verbindung. Inzwischen habe ich außer einigen Kammermusik-CDs zwei Sinfonien, aus der älteren Tudor-Aufnahmereihe der 1970er (mit einem Orchester aus Basel). Um es mit der alten Formulierung zu sagen: Viel hängengeblieben ist nicht...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • zwei Sinfonien, aus der älteren Tudor-Aufnahmereihe der 1970er (mit einem Orchester aus Basel). Um es mit der alten Formulierung zu sagen: Viel hängengeblieben ist nicht...

    Die letzte vier gelten nun aber auch nicht als seine besten Werke, obwohl ich persönlich die 9. sehr mag. Etwas mehr Raff solltest Du vielleicht noch ausprobieren.


    Ich finde jedenfalls, das die besten Werke von Raff besser sind als die schwächeren von z.B. Mendelssohn. Allerdings funktioniert der Markt leider so, dass von einem etablierten Komponisten auch die schwachen Werke eine viel grössere Chance haben eingespielt und aufgeführt zu werden als die besten Werke wenig bekannter Komponisten. Das hat mich immer schon geärgert und dagegen anzuschreiben, ist eine Motivation für mich hier im Forum aktiv zu sein. Ich gebe mich natürlich nicht der Illusion hin, dass ich die Musikgeschichte umschreiben kann, aber vielleicht kann ich bei dem einen oder anderen die Lust wecken, es mal mit Raff auszuprobieren.

  • In Lachen am Zürichsee wurde Joachim Raff 1822 geboren, dort wurde zum 150. Geburtstag 1972 die Joachim Raff Gesellschaft gegründet, bei der man auch Mitglied werden kann. Der Präsident der Gesellschaft Res Marty, offensichtlich ein umtriebiger Raff-Verehrer, der versucht soviel wie möglich über ihn zusammenzutragen, hat kürzlich eine Biographie des Komponisten veröffentlicht, die Interessierte hier bestellen können. 69 SFr sind zwar ein stolzer Preis, aber es ist ja bald Weihnachten. :D Eine kürzere Biographie von Raff hat Markus Römer geschrieben, die kann man als Schwyzer Heft Nr. 22 für SFr 10 im Internet bestellen.


  • Die letzte vier gelten nun aber auch nicht als seine besten Werke, obwohl ich persönlich die 9. sehr mag. Etwas mehr Raff solltest Du vielleicht noch ausprobieren.


    Ich habe die 8. "Frühling" und 10. (Herbst), wie gesagt nicht die Stadlmair, sondern die ältere (Dirigenten sind Lehel und Travis). Ich finde das ja nicht schlecht (vermutlich auch nicht schlechter als etliche der Lisztschen Sinfon. Dichtungen), aber ich habe kaum das Gefühl, etwas verpasst zu haben, wenn ich sie nie gehört hätte und daher sehe ich auch nicht so recht, warum ich 12? oder wieviele Sinfonien dieses Komponisten anhören soll. Bei Onslow, Spohr, Ries habe ich mich auch mit je zwei Sinfonien oder so begnügt.


    Zitat


    Ich finde jedenfalls, das die besten Werke von Raff besser sind als die schwächeren von z.B. Mendelssohn.


    Was wäre zum Beispiel eines der besten Raffs und eines der schwächsten (und dennoch regelmäßig eingespielten?) Mendelssohns? Bei letzterem gibt es ja eine erhebliche Anzahl, die er als junger Teenager schrieb (Streichersinfonien, Doppelkonzerte, Kammermusik). Die sehe ich auch nicht alle als unverzichtbare Meisterwerke.


    Klar, ich finde den "winner takes it all" Effekt auch problematisch. Und es gibt etliche "Entdeckungen", bei denen ich froh bin, sie kennengelernt zu haben, zB die Rott-Sinfonie oder auch Berwalds Sinfonien. Letztere kenne ich zwar schon länger und viel besser, aber die gefallen mir erheblich besser als irgendeine Sinfonie von Raff oder Spohr, die ich gehört habe.
    Entscheidend ist aber am Ende für die meisten Hörer (und auch für den Konzertbetrieb), dass die besten Werke zB Mendelssohns wie das Violinkonzert oder die 3. u. 4. Sinfonie Raffs derartig überlegen sind, dass man sich mit letzteren ebensowenig befasst wie mit Mendelssohns frühem Konzert für Klavier+Violine.

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  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Entscheidend ist aber am Ende für die meisten Hörer (und auch für den Konzertbetrieb), dass die besten Werke zB Mendelssohns wie das Violinkonzert oder die 3. u. 4. Sinfonie Raffs derartig überlegen sind, dass man sich mit letzteren ebensowenig befasst wie mit Mendelssohns frühem Konzert für Klavier+Violine.

    Lieber Johannes
    Du hast ja bewusst Mendelssohn 3 und 4 genannt, die sind zweifelsohne größere Werke als Raff 1-11, aber bei Mendelssohn 1, 2 und 5 sieht die Sache m.E. schon ganz anders aus.

  • Ich glaube, es ist unbestreitbar, dass es von Raff schöne und hörenswerte Musik gibt und Instrumentieren konnte der Mann wie ein junger Gott - da ist unglaublich viel Sinn für Klangfarben vorhanden. Doch ich bin schon lange der Ansicht, dass Raff ein "Komponist der dritten Sätze" war. Mir fiel irgendwann einmal auf, dass mir die dritten Sätze seiner Symphonien regelmäßig am besten gefallen - was natürlich ein subjektives Urteil ist. Bei Raff fehlt einfach das, was große Musik ausmacht: Den Hörer voll zu packen, ihn auf eine Reise mitzunehmen, ihm genau diese Musik zur Musik für das eigene Leben werden zu lassen, Musik, die einen durch alle Höhen und Tiefen des Lebens begleitet, Musik, die einen ob ihrer Kraft erschüttert, bewegt und mitreißt. Und das vermag Raff bei mir nur sehr bedingt zu erreichen - und vielen anderen Menschen geht es da ähnlich. Wäre es anders, dann stünde die Musik Raffs auf Konzertprogrammen, würde im Radio gespielt und Karajan hätte bereits 1961/62 die erste Stereo-GA der Symphonien mit den Berliner Philharmonikern eingespielt, die dann von der DGG im Luxus-Leinen-Schuber unter die spätwirtschaftswunderlichen Weihnachtsbäume der 60er-Jahre-BRD expediert worden wäre - und Richter, Serkin, Gould und Gulda hätten sein c-Moll-Klavierkonzert dutzendfach eingespielt. Das alles ist aber nicht geschehen. Und das hat seine Gründe, aber sicher nicht den einer sinistren Verschwörung.


    Ich schrieb gestern hier, dass Raff es ohne eigenes Verschulden schwer hat - ja, dabei bleibe ich auch. Wenigstens die Symphonien Nrn. 2, 3, 4 und 5 könnte man öfter mal im Konzert hören. Diese Musik ist gut. Auch einige der kürzeren Orchesterouvertüren wären da vorstellbar. Aber schon die Solo-Konzerte: Neulich hörte ich das Klavierkonzert und die beiden Violinkonzerte - nichts blieb hängen. Ehrlich: phasenweise langweilte das, weil die Idee fehlt. Und das alles schreibt einer, der Raff positiv gegenüber steht, der ihn gerne weiter verbreitet sähe. Aber über den Schatten meiner Wahrnehmung vermag ich dann doch nicht zu springen: Einfach hochjubeln und alles zu tönendem Gold verklären, was der Mann je zu Notenpapier gebracht hat - nein, das verbittet sich von selbst.


    Man wird Raff nicht in den Mainstream schreiben können, seine Musik müsste das leisten, aber das kann sie nicht.


    Grüße
    Garaguly

  • Sehr viel interessantes ist hier geschrieben worden - und sehr viel Vorurteile wurden aufgewärmt. Hätte ein Musikhistoriker bisher unentdeckte Noten der 5. Raff aufgefunden und sie fälschlicherweise Mendelssohn zugeschrieben - die Musikwelt wäre aus dem Häuschen gewesen......... (Wir kennen das aus realen Fällen wo Zuschreibungen sich als falsch herausgestellt hatten , worauf die Werke dann in der Versenkung verschwanden.
    Ich werde mein Lebtag nicht verstehen, warum man von Musik stets Mitgerissen werden will. Bachs Brandenburgische Konzerte sind auch nicht "mitreissend", aufwühlend oder erschütternd. Ja sie sind nicht mal ausgesprochen fortschrittlich für ihre Zeit - Dennoch zweifelt kaum jemand daran, daß es sich um Meisterwerke handelt. Sind Haydns und Mozarts Klaviersonaten besonders aufregend ? Ich glaube kaum. Bei Mozart hat man soviel hineininterpretiert um diese Werke als einzigartig zu "verkaufen" - einfach weil man es WOLLTE , weil man eine gewisse Vorstellung davon hatte, daß ein "Genie" nur exceptionelle Werke schreiben könne. Das stimmt aber nicht - Mozart hatte in gewisser Hinsicht ein kindliches Gemüt.
    Viele Komponisten, und besonders ihre berühmtesten Werke, gefallen uns deshalb, weil wir schon von Kindesbeinen mit ihrer Musik vertraut waren -im Falle Raff war ich das nicht. Wir sehen schon an den Einschaltquoten dieses Threads, welches Problem Raff hat: Es interessiert sich niemand für ihn - egal wie gut oder schlecht er war. Man will Beethovens 5. immer wieder hören. Kommen wir aber zum Phänomen Rott: Er gilt als tragischer Komponist, weil er im Irrenhause endete, und ausserdem sehr nach Gustav Mahler klingt. Letzteres wäre an sich zwar fatal - aber als mildernder Umstand gilt, daß er seine Sinfonie VOR Gustav Mahler geschrieben hat - und dieser ihn sogar als Vorbild hingestellt werden. Wenn sowas passiert, dann kann ja gar nicht mehr viel schiefgehen. Das 19, Jahhundert hat viele Komponisten hervorgebracht, die mich (derzeit noch ?) langweilen. Raff - Ries und Rubinstein gehören indes nicht dazu...!!!


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das 19, Jahhundert hat viele Komponisten hervorgebracht, die mich (derzeit noch ?) langweilen. Raff - Ries und Rubinstein gehören indes nicht dazu...!!!


    Mich langweilen die Genannten und insbesondere der hier im Thread in Rede stehende Raff ja auch nicht durchgehend - das habe ich ja schon oft genug bekundet. Ich glaube zu verstehen, was du meinst, Alfred. Dann lassen wir mal Verben und Adjektive beiseite, die auf künstlerische Superlative und Genialtäten - also Ausnahmen von der menschlichen Regel - abzielen: Mitreißend, faszinierend, substanziell, tiefgehend ... etc. etc. Dann lassen wir uns von gut gemachter Musik einfach gut unterhalten - so ist es weniger dramatisch formuliert. Aber es ändert sich unter diesen Vorzeichen nichts, denn Raffs Musik unterhält mich stellenweise nicht - sie fließt vorbei, ohne mir die Möglichkeit zu geben, irgendwo wirklich an ihr teilzuhaben. Aber diese Einladung zur geistigen und emotionalen Teilnahme muss eine Musik, die gehört werden will, aussprechen, das ist nicht verhandelbar. Sonst ist sie nichts weiter als blutleerer Akademismus - und den findet man bei Raff, bei Spohr und besonders auch bei Rubinstein ganz ohne Zweifel. Wobei Raff da oft noch besser weg kommt, weil er ein, wie ich finde, genialer Instrumentator war.


    Ich glaube, mit der Tonsprache Raffs kann man nicht so ohne Weiteres aufwachsen, da diese zu wenig Anknüfungspunkte bereithält, um eines Menschen Aufmerksamkeit dauerhaft zu fesseln, sie ist nicht unverwechselbar genug. Alle, die wir uns hier zu Raff äußern, verfügen über viel Hörerfahrung mit klassischer Musik. Wenn selbst unter diesen Hörerfahrenen sich viele befinden, die meinen, Raffs Muaik biete ihnen nicht genug Eigenes, was soll dann erst ein weniger hörerfahrener, aber dennoch musikliebender Mensch sagen? Er wird immer von anderer Musik - von mir aus von Beethovens Fünfter oder Dvoraks Neunter angezogen werden und nicht von Raffs Sechster.


    Grüße
    Garaguly

  • Ich kenne bislang nur Kammermusik von Raff, wobei ich anteilsmäßig recht viel hohle Virtuosität gehört habe, Stücke, die für den heutigen Hörer in der Tat völlig ungewohnt sind, man hat den Eindruck, dass diese Virtuosität irgendwie umsonst abgebrannt wird.


    Zum Glück sind nicht alle seine Stücke so.

  • Ich muss gestehen, daß mich Raffs Kammermusik - es ist einige Jahre her, dass ich sie gehört habe - weniger beeindruckt hat als seine Sinfonien und orchestralen Werke. Aber das ist lange her und bedarf einer neuerlichen Prüfung. Geschmäcker und Hörgewohnheiten ändern sich im Laufe der Zeit. Grundsätzlich ist aber natürlich zu sagen, daß bei Kammermusik Raffs Spezialität - nämlich die der effektvollen Orchestrierung naturgemäß nicht oder kaum zum Tragen kommt. Wie gesagt - ich werde mein damaliges Urteil nicht kritiklos weitergeben , sondern bei Gelegenheit allenfalls revidieren oder bestätigen....


    mit freundlichen Grüßen aus Wein
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe nun alle 11 erhaltenen Sinfonien von Raff in unterschiedlichen Interpretationen durchgehört und fühle mich jetzt einigermaßen in der Lage eine erste Einschätzung zu wagen. Vorerst möchte ich aber hier noch auf etwas antworten - wenngleich ich mit Gegenwind rechne:


    Zitat

    ....weil eine außerordentliche Diskrepanz zwischen der heutigen Popularität udn Wertschätzung Mendelssohns und Schumanns gegenüber Raffs besteht. Es stimmt doch schlicht und einfach nicht, dass Mendelssohn und Schumann kaum mehr Interesse entgegengebracht wird.


    Diesen Standpunkt teile ich nicht - oder milder ausgedrückt - erscheint mir die Formulierung zu eindeutig, für etwas, das eher zweifelhaft ist.


    Beginnen wir mit Mendelssohn, von dem EIN Violinkonzert ein "Renner" ist - dann natürlich die Musik zum Sommernachtstraum und die beliebte "Italienische" Sinfonie.Werke die sich im allgemeinen"Klassikbewusstsein etabliert haben. Klavierliebhaber werde vielleich noch die "Lieder ohne Worte" erwähnen.


    Die Sinfonie Nr 1 wird so gut wie nie erwähnt, die 2. "angezweifelt. Die Klavierkonzerte haben etwa den Bekanntheits- und Beliebheitsgrad wie die Sinfonien von Raff. Kammermusik wird im Forum zwar erwähnt - aber in der "normalen" Klassikszene wird sie stets hinter Mozart, Haydn, Beethove und Schubert stehen und vermutlich auch hinter Schostakowitsch.
    Es wird immer wieder erwähnt, welch Schaden die Reputation Mendelssohns durch das Aufführuingsverbot in den dreissiger und vierziger Jahren erlitten hat. Würde man Mendelssohn heute so schätzen - wie er es zweifellos verdiente - so wäre es nicht notwendig immer wieder drauf hinzuweisen, warum er doch nicht so oft auf den Programmzetteln steht wie zb. Mozart oder - Mahler.


    Robert Schumann - eine deutsche Ikone der Romantik, ein scharfer Kritiker mit Neigung zur Erbarmungslosigkeit. Wenn er (sinngemäß)einst über Haydn schrieb, dieser wäre zwar eine sympatische Figur der Musikgesichte - aber er hätte den gegenwärtigen Menschen (er meinte die Romantik) nur wenig zu sagen, dann sehe ich hier fast eine Ironie des Schicksals - denn schon allein die Aktivitäten des Forums im Schumannjahr vor einiger Zeit sprechen eine deutliche Sprache.


    Auch die Wertschätzung Vivaldis war noch vor eingen Jahrzehnten so gering, daß man sich nicht mal die Mühe machte zu suchen wo sie denn alle gelagert waren. Angeblich sind bis heute nicht alle gefunden - Aber Vivaldi geniesst heute jene Aufmerksamkeit die er verdient.


    Max Reger -Wie stehts mit dem ? Die Aufmerksamkeit, die man ihm gegenüber an den Tag legt - ist sicher nicht höher als jene gegenüber Raff. Der entscheidende Unterschied ist indes, das Reger wenigstens dem Namen nach in Klassikkreisen - und nur dort - bekannt ist, was bei Raff derzeit nicht der Fall ist.


    Diese Erklärungen - wenn sie angefochten werde - wovon ich ausgehe -habe jetzt mehr Schreibzeit in Anspruch genommen als ich dachte. Deshalb - und auch um die Mitleser nicht zu ermüden oder zu langweilen - werde ich mein allgemeines Statement zu Raff auf einen späteren Zeitpunkt verlegen...


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


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    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • So - nach Anhören aller 11 Sinfonien fühle ich mich imstande zumindestens diesen Teil von Raffs Kompositionen einzuschätzern - ich vermeide bewusst das Wort "beurteilen"
    Aus meiner Sicht handelt es sich um elf durchwegs hörenswerte Sinfonien mit gewissen - durchaus üblichen - Qualitätsschwankungen - in der Nachfolge von Robert Schumann und Felix Mendelssohn-Bartholdy - gelegentlich auch mit Einflüssen von Berlioz. Ich würde - auch wenn das gelegentlich behauptet wird, Raff nicht als Epigonen sehen, denn er hat teilweise unverwechselbare Themen erfunden. Natürlich war er dem Zeitgeist verpflichtet - und natürlich hat er dem Publikumsgeschmack Genüge leisten müssen. Somit entstanden sehr romantisch geprägte Sinfoninen mit gewissen Merkmalen, wie beispielsweise einer gewissen Naturverbundenheit und speziell zu Jagd, Wald und Hörnerklang. Auch ein tänzerischer Satz ist meist vorhanden, sei es ein Totentanz, einer der Elfen, Feen Geister oder aber einfach nur ein Faschingsvergnügen. Man findet sehr viel volkstümliches, Melodien , die man zu kennen glaubt, und dennoch von Raff sind, aber auch Zitate. Dazu kommt eine meisterhafte, fast konkurrenzlose Instrumentierung. Raff wurde von List, Hans von Bülow, Clara und Robert Schumann gesschätzt. In der Jury des Wiener Musikvereins, die ihm im Rahmen eines Wettbewerbs der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien den ersten Preis zusprech saßen Ferdinand Hiller, Carl Reinecke, Robert Volkmann und Vinzenz Lachner. Aus meiner Sicht gehört Raff in die erste Riege der romantischen Symphoniker des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Auffassung kam auch Hans von Bülow, der in einem an Tschaikowsky gerichteten Brief meinte: "Sie sind einer der der fünf unter meinen Zeitgenossen, die ich für die ausgeprägtesten Individualisten halte. Die vier anderen sind Brahms, Raff, Rheinberger und Camille Saint Saens." ich werde im Laufe der nächsten Monate und Jahre auch den anderen der hier genannten die gebührende Aufmerksamkeit schenken......


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich kann das hier von Alfred geschriebene nur bestätigen. Mein Eindruck ist, dass die meisten sich - wenn überhaupt - nur eher oberflächlich mal mit ihm beschäftigt haben um das vermeintliche Urteil bestätigt zu bekommen. Kaum einer scheint bereit, die 11 Symphonien 3-4 mal zu hören, um ihre Qualität wirklich beurteilen zu können. Ich habe aber auch z.B. bei Komponisten wie Schumann oder Mahler mehrere Hörsitzungen benötigt, um die Qualität der Musik komplett erfassen zu können. Vergleiche zwischen Komponisten sind immer schwierig, deshalb werde ich sie hier jetzt nicht über das bereits gesagte hinaus vornehmen. Ich zumindest würde mich aber eher über eine weitere gelungene GA dieser Werke freuen, als über eine von Brahms, Schumann oder Mendelssohn. Denn dort ist der Markt schon bis zum "Überdruss" gesättigt.


    Einer interessanten Frage werde ich in den kommenden Monaten ebenfalls noch nachgehen, nämlich wie es sich mit den anderen romantischen Komponisten der "zweiten Reihe" verhält, nämlich z.B. Czerny und Spohr. Deren Musik kenne ich nicht gut genug, um sie in Relation zu Raff beurteilen zu können. Zu Saint-Saens habe ich schon eine Meinung, lediglich die dritte ist meiner Erinnerung nach auf dem Niveau von Raff.

  • Ich habe neulich noch mal die "Frühlingssinfonie" angehört und werde mir auch den "Herbst" nochmal vornehmen (besitze die älteren Tudor-Aufnahmen aus Basel). Sicher ist diese Sinfonie ein hörenswertes schönes Stück; sie erinnert mich auch nicht offensichtlich an Schumann oder Mendelssohn, vielleicht ein klein wenig an dessen "Italienische". Das Hauptproblem Raffs, das lutgra auch anderswo schon einmal erwähnte, ist m.E. dass etliche Sätze (hier die Ecksätze) zu lang geraten sind. Es geht ihnen irgendwann "die Luft aus", bzw. wird mit Themen etwas ziellos rumgewurstelt oder mit weniger prägnanter Thematik "aufgefüllt". (Das fällt gerade im Vergleich zu solch einem überragenden Meisterstück wie dem Kopfsatz von Mendelssohns A-Dur auf.)
    Die stimmungsvollen Mittelsätze haben dieses Problem nicht, wobei bei diesem Stück bemerkenswert ist, dass selbst der 3. Satz nicht richtig langsam ist; sie hat gar keinen typischen langsamen Satz.


    Wenn ich recht erinnere, erschien das Stück etwa gleichzeitig mit Brahms 1. Sinfonie (etwa aus der Zeit stammen auch Bruckners 3. u. 4. in den Erstfassungen). Gegenüber Raff kann ich verstehen, dass die seinerzeitigen Hörer Brahms stellenweise sehr schwierig und sperrig fanden, Bruckner ist noch weiter weg davon. Umgekehrt erklärt das vielleicht auch, warum heute viele Hörer Raff als vergleichsweise "flach" empfinden.


    Czerny (*1791) und Spohr (*1784) sind beinahe zwei Generationen älter als Raff (*1822). Raffs Sinfonien wurden größtenteils zwischen 1860 und 1880 komponiert. Da sind schon Liszt, Brahms, Bruckner, Saint-Saens, Franck, Volkmann, Dvorak etc. naheliegende Vergleichspunkte, nicht Spohrs Werke aus den 1820ern-40ern.

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  • Es kann und soll nicht der Sinn eines Klassikforums sein, Leute von etwas überzeugen zu wollen, das ihnen partout nicht gefällt. Wenn hier der Eindruck entstanden sein sollte, dann trügt er. Wohl aber möchte ich jene, denen Raff vermutlich gefallen würde, so sie schon mal was von ihm gehört hätten auf ihn aufmerksam machen. Denn wenn man einen Komponisten einerseits in fast keinem Konzertführer findet, andrereseits immer wieder lesen muß, er hätte keine eigenen Ideen gehabt, etc etc - dann ist das schon ziemlich abschreckend. Aus meiner Sicht stimmt das nicht - und -überspitzt formuliert - wäre schon das Thema "Alle meine Entlein" ein Erlebnis - wenn es von Raff orchestriert worden wäre ;)
    Es soll also nur der potentielle Interessent auf etwas aufmerksam gemacht werden. In meinem Bekanntenkries hat einaml jemand behauptet, der Jägerchor in Webers "Freischütz" wäre die Schwachstelle dieser Oper - für den eignen sich Raffs Sinfonien natürlich nicht. Ich erinnere nur, was unsere Vorfahren über die Schwächen der Schubertschen Sinfonien und Klaviersonaten gesagt haben, bzw wie man sie einst ignoriert hat.
    Wenn man Raff Längen vorwirft (die ich persönlich nicht als solche empfinde) - was sage mann dann zu Bruckner ?


    Zitat

    Gegenüber Raff kann ich verstehen, dass die seinerzeitigen Hörer Brahms stellenweise sehr schwierig und sperrig fanden, Bruckner ist noch weiter weg davon. Umgekehrt erklärt das vielleicht auch, warum heute viele Hörer Raff als vergleichsweise "flach" empfinden.


    Ich glaube, das bringt die Sache weitgehend neutral genau auf den Punkt. Ich würde auch davon ausgehen, daß es auch heute noch Hörer gibt, die genau so reagieren, wie im Zitat beschrieben.


    in aller Kürze noch zu Spohr: Ich habe bis heute keinen Zugang zu ihm - freue mich aber über die Wiederaufnahme des Themas. Ich selbst habe einige Spohr-Sinfonien- Threads ins Leben gerufen - mit der Absicht vielleicht meinen Zugang zu verbessern. Das ist mir bis jetzt indes nur in Ansätzen gelungen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich höre jeden morgen im Bett von 6:00-7:15 SWR2 am Morgen. Das ist eine Sendung, in der Aktuelles mit Kulturellem gemischt serviert wird unterbrochen von klassischer Musik, natürlich nur Häppchen sprich Einzelstücke oder Einzelsätze, aber immer noch besser als das Popgedudel auf den anderen Sendern.
    Und man glaubt es kaum: in den letzten 6 Tagen wurde zweimal ein Stück von Joachim Raff gespielt, einmal ein Satz aus der vierten Symphonie und ein anderes Mal eine Tarantella aus einem Kammermusikwerk. Hat mich gefreut. :)


  • Der neue Raff-Zyklus mit Neeme Järvi schreitet langsam voran.
    2013 erschien die 2. Sinfonie, jetzt ist die 5. Sinfonie für Februar/März 2014 angekündigt.
    Technisch sind die Einspielungen als SACDs umgesetzt und in Stereo oder Multichannel abspielbar.


    Das war's auch schon … denn aus dem Hause CHANDOS war zu erfahren, dass in Bezug auf die Raff Symphonien es momentan keine Pläne für weitere Aufnahmen gibt.


    Wie heißt doch der Geburtsort von Raff? … (und die enttäuschten Musikfreunde) … Lachen am Zürichsee … :pfeif:

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • aus dem Hause CHANDOS war zu erfahren, dass in Bezug auf die Raff Symphonien es momentan keine Pläne für weitere Aufnahmen gibt.


    Was auch ich sehr schade finde. Es hätte dem Schweizer Orchester gut angestanden, den bedeutendsten Symphoniker des Landes mit einer GA zu würdigen.

  • Zitat

    Das war's auch schon … denn aus dem Hause CHANDOS war zu erfahren, dass in Bezug auf die Raff Symphonien es momentan keine Pläne für weitere Aufnahmen gibt.


    Das schmerzt mich zwar, aber es war zu erwarten. Selbst im Tamino-Forum, wo man eigentlich Nischenrepertoire-Publikum vermutet war es nicht möglich eine signifikante Gruppe für diesen wirklich guten Komponisten zu begeistern. Das wird am "freien Markt" nicht wesentlich anders sein.
    Und daß der Klassikmarkt darauf reagiert ist nur zu verständlich - Wer will schon gutes Geld verlieren ?
    Ich gehe davon aus, daß auch TUDOR auf die drohende Konkurrent reagiert hat, denn sie haben (zu meinem Leidwesen)einige der mir aus dieser Serie noch fehlenden Einzelveröffentlichungen gestrichen, andere wieder im Preis aof 27.99 (!!!) pro CD gesetzt - und den Kunden so "ermuntert" ALLE Sinfonien en block zu 59.99 zu kaufen.
    Die Naxos Veröffenlichungen scheinen auch nicht weiter fortgesetzt werden - obwohl etliche gestrichene Aufnahmen in den Marco Polo Archiven schlummern., und das CPO Projekt ist leider auch zum Erliegen gekommen.....


    Aber wie sagt schon ein altes Sprichwort so treffend ?:
    KOMMT ZEIT - KOMMT RAFF


    na hoffen wirs...
    mfg Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein Mitteilung an Interessenten, die zwar Raff ein gewisses Interesse entgegengebracht haben, indes die Aufnahmen waren ihnen einfach zu teuer, kein Wunder bei der sehr laxen Begeisterung hier im Forum für diese Musik, Dies ist aber teilweise der momentanen Zusammensetzung der Forenmitglieder zuzuschreiben UND auch der Art von Raffs Musik.
    Es lässt sich über sie nur schwer diskutieren, zum einen weil sie weitgehend unbekannt ist, zum anderen, weil sie nicht polarisiert und auch keine "revolutionären" Ansätze aufweist. Ein Kritikerpaneel mit Schwerpunkt auf Bruckner, Mahler, Schostakowitsch wird vermutlich nie mit Raff etwas anfangen können.
    Und nun zur Sache: TUDOR hat derzeit die in Beitrag Nr 56 dieses Threads Gesamtausgabe aller Sinfonien mit den Bamberger Symphonikern unter Hans Stadlmair von 59,99 auf 39,99 Euro herabgesetzt.

    Bitte zu beachten, daß es inzwischen einige Einzelthreads zu Raffs Sinfonien gibt - siehe Tamino Thread Directory


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wie extra für uns bestellt: Im JPC Kurier 2/2016 hat man Joachim RAFF eine ganze Seite gewidmet. Da gibt es ein ziemliche Auswahl an Aufnahmen, auch Abverkäufe und Sonderangebote. Nichts Ungewöhliches indes. Wohl aber ist der erste Satz des Einführungstextes dieser Seite interessant:


    Das Ansehen von Joachim Raff war einmal so hoch, daß er in den 1860er und 1870er Jahren von vielen als der führende Sinfoniker seiner Zeit angesehen wurde.....


    Josef Wieniawski (1837-1912) widmet seine Fantasie und Fuge op. 25 "A Monsieur Joachim Raff"
    Anton Urspruch widmet ihm sein Klavierkonzert op 9.
    Er war einer der bevorzugten Komponisten des Dirigenten Hans von Bülow.



    Wenn ich so etwas lese bin ich irgendwie beruhigt, daß meine Einschätzung dieses Komponisten nicht so falsch sein kann, wie hier gelegentlich behauptet wird. Das wird auch indirekt durch die doch einigermaßen repräsentative Diskographie unterstrichen.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Durch diese Doppel-CD mit bisher nicht eingespielten Werken höre ich mich derzeit durch. Die beginnt mit der Urfassung des Liszt'schen Prometheus, von der man heute davon ausgeht, dass ihre Instrumentierung weitgehend von Liszt's damaligen Schüler Raff stammt. Hat mir gefallen, müsste jetzt aber noch die letzte Fassung von Liszt'scher Hand, der in den folgenden Jahren mehrere Umarbeitungen vorgenommen hat, im Vergleich dazu hören.
    Die erste CD enthält weiterhin drei Bühnenmusiken zu "Bernhard von Weimar", einem Theaterstück über einen bedeutenden Feldherrn im 30-jährigen Krieg, der angeblich auf Befehl Kardinal Richelieus vergiftet wurde. Das Theaterstück hatte nur wenige Aufführungen und ist dann auf Nimmmerwiedersehen in der Versenkung verschwunden. Die Musik dazu wohl auch. Die Ouvertüre zu dem Stück ist mit gut 18 min lang und in sich geschlossen genug, um als eigenständige Symphonische Tondichtung angesehen zu werden und ist IMO sehr hörenswert, wenn man so etwas mag. Der Marsch aus dem II. Akt deutet dann unüberhörbar schon auf den "berühmtesten Hit" von Joachim Raff hin, den Marsch aus der Lenore-Symphonie.
    Über die 2. CD berichte ich demnächst.
    Das Opernorchester aus Göteborg ist gut und in dem Repertoire fühlt man sich anscheinend durchaus zu Hause, nun spielt ein Opernorchester natürlich auch überwiegend Musik aus dieser Epoche.


    P.S. Ein Besuch der Homepage des Göteborger Opernhaus relativiert die letzte Aussage ein wenig, in der kommenden Saison spielt man vor allem ein Stück: das Musical Hair. :(

  • Wie extra für uns bestellt: Im JPC Kurier 2/2016 hat man Joachim RAFF eine ganze Seite gewidmet. Da gibt es ein ziemliche Auswahl an Aufnahmen, auch Abverkäufe und Sonderangebote. Nichts Ungewöhliches indes. Wohl aber ist der erste Satz des Einführungstextes dieser Seite interessant:


    Das Ansehen von Joachim Raff war einmal so hoch. daß er in den 1860er und 1870er Jahren von vielen als der führende Sinfoniker seiner Zeit angesehen wurde.....


    Nun ja, das wußten wir doch schon viel früher (aber "doppelt genäht hält besser"):

    Kein Wunder, daß Raff zu Lebzeiten einer der meistgespielten Komponisten war.
    Seine Musik kam offenbar beim Publikum an.

    mfG
    Michael

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