Taminos, welche schon länger dabei sind wissen, dass ich einen gewissen Hang zur "Bassophilie" habe
Insofern möchte ich mit diesen Thread mal wieder einem meiner Lieblingssänger widmen. Der finnische Bass Martti Talvela wurde am 04.02.1935 in Hiitola/Finnland geboren und verstarb leider viel zu früh bereits am 22.07.1989. Nach seinem Debüt 1960 in Helsinki als Sparafucile (Rigoletto/Verdi) fällt er Wieland Wagner auf, was der Beginn einer weltumspannenden Karriere werden soll. Im Folgenden interpretiert er weltweit alle Bassrollen Wagners und Mozarts, gastiert an allen großen Bühnen der Welt inklusive Bayreuths und der Salzburger Osterfestspiele. Ab 1962 gehört er dem Ensemble der Deutschen Oper an (was für "Goldene Zeiten" für dieses Haus, wenn man sich dort heute die Besetzungen anschaut ).
Hinter der gewaltigen Erscheinung des hühnenhaften Mannes verbirgt sich (welch Segen für uns!) eine äußerst sensible Künstlerseele. Dem so jung aus dem beschaulichen Heim herauskatapultierten Sänger behagt die Weltkarriere nicht. Immer öfter wird er von Heimweh geplagt, sagt Auftritte ab. Erntet Unverständnis, dass er lieber in Finnland auf seinem Landgut sein möchte, als in Bayreuth zu singen.
Die sensible Persönlichkeit prägt wenig verwundernd auch seine Gesangskunst: Obwohl mit einer Stimme von eindruckssvoller Fülle und warmem Timbre ausgestattet, glänzt er vor allem durch einfühlsame Sangeskunst und durch die psychologische Gestaltung der Rollen. Keine bloße "Röhre" also. Das Timbre ist unverwechselbar, obwohl man Ihn am einfachsten an seiner Art des Singens identifizieren kann. Er vermag seiner Stimme in vielen lyrischen Phrasen eine ausdrucksstarke Note zu geben, die manchmal fast "weinerlich" klingt, aber nicht kitschig wirkt. Ein Markenzeichen.
Zum Leidwesen der Nachwelt sind wohl einige seiner Glanzrollen nicht oder nur ungenügend konserviert worden: So habe ich schon oftmals lesen müssen, dass seine Einspielung des Boris Godunov bei weitem nicht wiederzugeben vermag, was er der Rolle zu geben vermochte. Ebensolches soll wohl für seinen "Phillip II." (Don Carlos) gelten.
Trotzdem ist auffällig, dass sein Name auf vielen Aufnahmen auftaucht, die im Rahmen des diskutablen Begriffes "Referenzaufnahme" heiss gehandelt werden:
So singt er wunderbar in der Missa Solemnis unter Klemperer und im Karajan-Ring, Hunding und den Fasolt. Hier zeigt sich die Macht seiner Stimme vor allem im direkten Vergleich zum wahrhaft nicht schlechten Karl Ridderbusch als Fafner. Ein Highlight sicher auch die rührende Gestaltung des "König Marke" unter Böhm, der Titurell unter Knappertsbusch. Weiterhin wäre der "Daland" unter Klemperer zu erwähnen. Talvella war auch ein wundervoller Mozartsänger, wobei wohl die Aufnahmen unter Solti (Sarastro, Komtur und Osmin) auch nicht immer sein wahres Leistungsvermögen widerspiegeln sollen.
Mich begeistert er z.B. auch in Haydns "Jahreszeiten" unter Böhm, obwohl da seine Stimme in der Höhe schon an Ihre Grenzen stößt.
Jedenfalls ist der Mann für mich heutzutage leider massiv unterschätzt, seine großartigen Gesangsleistungen werden meist nur am Rande wahrgenommen, weil sie halt zu vielen großartigen Aufnahmen einfach dazugehören (was wiederum auch ein Lob für sich ist). Sicher auch begünstigt durch die Tatsache, dass in unserer Gesellschaft Tenor und Sopran schon immer höher angesehen waren, als die Bässe. Was für ein Segen doch, dass so viele Komponisten so wundervolle Arien für sie geschrieben haben.
Besitzt Ihr Aufnahmen mit Talvela und wenn ja welche, ist Euch dieser Künstler schon mal in positiver oder negativer Hinsicht aufgefallen ?
Kann sich noch jemand für diese einfühlsame Gesangskunst begeistern ?
Gruß und schönes Wochenende
Anti