Alexandre Tharaud - stille Wasser sind tief

  • Alexandre Tharaud - oder: Stille Wasseer sind tief


    Vor kurzer Zeit kamen wir in einem Thread über Interpretationen über Musik französischer Barockkomponisten auf dem modernen Konzertflügel auf Alexandre Tharaud zu sprechen. Fast zwangsläufig möchte man meinen, wenn man sich die Diskographie des inzwischen 37-jährigen Franzosen betrachtet: Rameau, Bach und inzwischen auch Couperin. Aber Tharaud ist keineswegs einseitig auf eine Nische des Repertoires abboniert. Natürlich fällt ins Auge, dass er eine Vorliebe fürfranzösische Komponisten zu haben scheint- und Tharaud sagt dies auch selbst. Nach Aufnahmen Ravels, Debussys oder Cesár Francks schien es ihm völlig natürlcih Rameau (und auch Couperin) aufzunehmen- den beiden Ahnherren französischer Klaviermusik. Rameau und Couperin stehen für Tharaud am Anfang einer Linie die bis Darius,oder Chabrier oder eben Debussy reicht.


    Alexandre Tharaud wurde 1968 in Paris geboren und studierte am Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse de Paris. Bekannt wurde Tharaud mit einem dritten Preis beim Concurs Internacional Maria Canals de Barcelona 1987 und einem Zweiten Preis beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD in München. Weitere Auftritte folgten. Zu Beginn seiner Karriere trat Tharaud häufig als Kammermusiker auf- weil er Scheu vor soloistischen Auftritten hatte. Schüchtern wirkt er bisweilen heute noch, aber diese Eindruck schwindet, sobald er am Flügel Platz nimmt- geblieben ist die Liebe Tharauds zur Kammermusik. Ein liebenswertes Details am Rande: Alexandre Tharaud besitzt nach eigenem Bekunden in seiner Wohnung keinen Flügel- zum Üben geht er zu Freunden, die gerade nicht zu Hause sind.


    Von den jüngsten CD´s von Alexandre Tharaud möchte ich hier nur zwei nenen, die mir besonders ans Herz gewachsen sind:


    Bach:



    Chopin:


    Höre ich diese CD denke ich an Dinu Lipatti. Natürlich ist Lipatti eben nun einmal Lipatti, aber Tharauds Chopin-Spiel atmet eine Natürlichkeit, die mich an Lipatti erinnern. Ein Wort, das Aleanxde Tharauds Personalstil, gut umschreibt ist "Eleganz"- und zwar eine von der völlig uneitlen Sorte. Insbesondere bei Chopin spürt man die intensive Beschäftigung Tharauds mit Bach.


    Mit seiner neuesten CD, Kompositionen Francois´Couperins kehrt Rameau wieder zu seinen Wurzeln zurück. Die Einspielung ist deshalb besonders interessant, weil man hier den Zugang Tharauds sehr gut mit dem Angela Hewitts vergleichen kann, die auf drei CD´s ebenfalls Werke Couperins eingespielt hat. Tharaud hat "Suchtpotential", wie in einer Rezension zu lesen war. Aber hört einfach einmal selbst.



    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Wir haben schon einige Aufnahmen von Alexandre Tharaud.


    Ausgezeichnet gefällt uns von Tharaud auch das Italienische Konzert in F-dur von Johann Sebastian Bach. Er spielt mit schönem Tempo, klar und differenziert, der zweite Satz ruhig und klar. Für uns eine beseelte Interpretation. Mit gelegentlichem Einsatz des Pedales. Tharauds grosse Stärken liegen auch in seiner pianistischen Rhetorik.



    Alexandre Tharaud, dem die Barocke Musik Frankreichs sehr am Herzen liegt, hat auch eine wunderbare Einspielung von



    Jean-Philippe Rameau: Nouvelles Suites de Clavecin


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

  • Hallo,


    ich habe Tharaud kürzlich live gehört (recital im Théâtre des Champs- Elysées, erste Hälfte Bach-Konzerte, dann Ravels Tombeau du Couperin alternierend mit Couperin-Stücken). Interpretatorisch war das sehr schön: nobel und ohne das der Interpret sich in den Vordergrund drängt. Man konnte aber auch hören, das Tharaud technisch gesehen etwas wacklig ist: sicher kein grosser Virtuose. Ich denke, dass Tharaud seine Karriere vor allem guter Programmgestaltung und einer sehr intelligenten Verwaltung seiner Mittel verdankt.


    Beste Grüsse,


    Jürgen

  • hallo,


    hmm - stehe derzeit vor der frage, ob ich mir den allerorten gepriesenen couperin mit tharaud besorgen soll. zweifel habe ich vor allem bekommen, weil mich sein rameau so garnicht überzeugen konnt. nach dem kauf hatte ich seinerzeit nur den direkten vergleich mit den rameau-interpretationen von grigory sokolov (aus live-konzerten): und da wirkt ein tharaud doch vergleichsweise farblos, z.T. sogar "dickfingrig" dagegen. bestätigung erhielt ich dann, als in der folge zwei weitere, diesmal wie ich finde sehr gelungene rameau-aufnahmen erschienen: einmal die von tzimon barto bei ondine (sehr individualistische anverwandlungen - aber unendlich spannend und raffiniert; hier gehen die meinungen aber sicher auseinander.... ;-)), dann die aufnahme von deny proshayev bei sony: sehr lebendig, farbenreich, gewitzt z.t.: und hier geht eben tharaud für mich klar als dritter sieger ins ziel.
    frage: kann das jemand so nachempfinden - und mir dennoch zum couperin raten (hier konnte ich noch nicht "hereinhören")?


    gruß
    john lackland

  • Hallo,
    also mich hat die Couperin CD regelrecht umgehauen.
    Das ist so farbig und entzückend gespielt.


    Allerdings hat mir auch die Bach CD super gefallen.
    Auf dem Flügel regelrecht gesungen, wie ich finde.


    Aber es ist wie so oft Geschmackssache.


    Bei Glenn Gould wäre die Musik wahrscheinlich vertrocknet :stumm:
    Nix gegen Gould, doch manchmal ist mir das zu staubig...


    Gruß
    embe

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  • Kürzlich erschienen ist Alexandre Tharauds zweite Chopin-Aufnahme nach den "Valses", Gekoppelt sind die Preludes mit zwei Stücken Mompous und fünf weiteren Stücken Chopins:




    Die ersten Eindrücke:


    Wenn man eine exzentrische Darstellung der Preludes a la´ Pogorelich erwartet, ist man bei Tharaud an der falschen Adresse, Tharaud meidet die Extreme. Und doch wirken die Preludes bei Tharaud keineswegs harmlos. Die Kontraste zwischen den 24 Miniaturen kommen deutlich heraus, was man bei den Nummern 14 und 15 gut hören kann. Das dunkel gefärbte es-moll-Prelude nimmt Tharaud schon fast als Presto. Die ersten Takte des folgenden Prelude in Des-Dur wirken heiter, doch hebt hebt Tharaud die pochenden Begleitfiguren der linken Hand dezent hervor- ohne sie zu sehr zu betonen. Dadurch entsteht neben der heiteren Melodie von vorneherein eine bedrohliche Grundstimmung, die im weiteren Verlauf immer mehr an Nachdrücklichkeit gewinnt- bis von Heiterkeit nichts mehr übrig bleibt- nur abgrundtiefe Schwärze. Bis zum Schluss hin wieder das Thema in den Vordergrund tritt.


    Das folgende b-moll-Prelude (presto con fuoco) nimmt Tharaud auch so- rasant mit Feuer.


    Letztes Stück der Preludes ist das d-moll-Prelude. Bei Tharaud strahlt das Stück tiefste Verzweiflung aus, das ist nicht einfach nur ein allegro appassionato: Wie er die letzten Töne wie Hammerschläge in den Flügel stemmt hat- der Schluss hat etwas furchtbar Entgültiges.


    Tharaud spielt auf einem acht Jahre alten Steinway D, der sehr direkt aufgenommen ist- man meint neben dem Flügel zu stehen.


    Herzliche Grüße,:hello::hello:


    Christian

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