Ein impressionistischer Komet - Emmanuel Chabrier 1841 - 1894

  • Die gestrige Ausstrahlung einer vorzüglichen Dokumentation über Chabriers Operette und ihre Pariser Neuaufführung unter John Eliot Gardiner war ein guter Anlass, sich wieder einmal an dieses Werk zu erinnern, zumal die Inszenierung von Jerome Deschamps und Macha Makeïeff eine Fülle hübscher Einfälle bot, die ein sehr genaues Studium der Partitur verraten. Hier die Besetzung der bewzogenen Aufführung für diejenigen, welche die raschen Endtitel nicht mitlesen konnten:


    Chabrier, L'Étoile
    Paris, Opéra-Comique, 14. Dezember 2007
    Musikalische Leitung: John Eliot Gardiner
    Inszenierung: Jérôme Deschamps & Macha Makeïeff
    Ausstattung: Macha Makeïeff
    Beleuchtung: Dominique Bruguière
    Choreographie: Alice Crousset
    Lazuli : Stéphanie d'Oustrac, mezzo
    Le roi Ouf Ier : Jean-Luc Viala, ténor
    La princesse Laoula : Anne-Catherine Gillet, soprano
    Siroco : Jean-Philippe Lafont, baryton
    Hérisson de Porc-Épic : Christophe Gay, baryton
    Aloès : Blandine Staskiewicz, mezzo
    Tapioca : François Piolino, ténor
    Sowie: Jean-Marc Bihour, Philippe Leygnac, Patrice Thibaud
    The Monteverdi Choir
    L'Orchestre Révolutionnaire et Romantique


    Hat jemand zufällig die Ausstrahlung auf ANtenne 2 mitgeschnitten oder Zugang dazu? Dann bitte ich um Nachricht per PN, denn ich habe leider nur den Ton.


    Nach den bisherigen Eindrücken steht die Inszenierung und vor allem die Bewegungschoreographie unter einem starken Einfluss von Laurent Pelly, aber das ist wahrlich nicht der schlechteste.


    Trotzdem gefällt mir (bislang) die poetischere Inszenierung aus Lyon noch einen Tick besser, zumal Colette Alliot-Lugaz als Lazuli die nichtsdestoweniger beachtliche Stephane Oustrac in meinen Ohren klar aussticht, sowohl was die scheinbare Mühelosigkeit ihres Vortrags (welch einen Atem sie hat, merkt man erst wenn man das "Étoile"-Lied der beiden vergleicht), als auch die noch überzeugendere Verkörperung des verliebten Straßenhändlers angeht.


    Bei all dem wurde mir wieder bewusst, dass seit meiner Vorstellung des ersten Aktes schon über ein Jahr vergangen ist. Höchste Zeit, auch das restliche Werk in Kürze hier vorzustellen. Die Dokumentation war ein vorzüglicher Ansporn dazu.


    :hello: Jacques Rideamus


  • Ich glaube, es wird höchste Zeit, dass in diesem Thread wieder einmal etwas gepostet wird, und wenn es nur darum geht, anzukündigen, dass Emmanuel Chabrier im nächsten Jahr einen runden Geburtstag haben wird.


    Heute ist die 174. Wiederkehr seines Geburtstages.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Und heute ist sein Todestag. Leider hat sich seit meiner Geburtstagserinnerung wieder nichts in diesem Thread getan. Zu seinem heutigen Todestag habe ich dies ausgesucht:





    Heute ist sein 121. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo,


    wird zu einem absoluten Musikwerk (also ohne Textbindung) Stellung genommen, wird dabei versucht, die Intention(en) des Komponisten zu erfassen und entspr. zu posten (das ist der übliche Weg).
    Es kann aber auch versucht werden nur darauf einzugehen, was von dem Werk bei einem Selbst ankommt – also unabhängig vom Aussagewunsch des Komponisten. Dies habe ich mit der „Suite francaise“ von Poulenc vor einiger Zeit versucht und das Ergebnis gepostet. Dabei habe ich festgestellt, dass sich wegen der intensiven Beschäftigung mit dem kleinen Werk ein anderes Verständnis zur „Suite...“ entwickelt hat.


    Gleiches will ich nun mit den „Dix pieces pittoresques“ von Chabrier versuchen und entspr. posten.
    Zum Lebenslauf der Verweis auf Google




    Track 3-12

    Die Überschriften zu den 10 Stücken müssen nicht von Chabrier sein –sind es wahrscheinlich auch nicht.


    3. Paysage – 2 Stimmungen sind in der Musik eingefangen, heiter und fröhlich, aber auch aufregend, nervig. (Ich fühle Jahre zurück - ich gehe mit meinem Basco/Hovawart-Rüde spazieren, rundum Wiesen, die Sonne scheint, er läuft ruhig „bei Fuß“, ich kraule ihn am Kopf, schaut immer wieder hoch zu mir – plötzlich zieht er wie verrückt; ein gut 40 kg kräftiger Hund will unvermittelt gehalten werden – aah, 150-200m auf der Wiese ein Reh – scharfer Ruf „sitz“, erst beim 2. Mal sitzt er, aber von Ruhe keine Spur, angespannt wie eine Feder sofort bereit los zu stürmen.



    4. Melancolie - die Zeit von 3. ist lange vorbei – ich wohne nicht mehr auf dem Land, nun in unmittelbarer Nähe zum Altstadtring von Nürnberg - eine sehr beeindruckende Stadt mit reicher Vergangenheit (zuletzt nicht mehr rühmlich!) - ich bin hier geboren, fühle mich heimisch, aber 3. bringt „4.“


    5. Tourbillon – und wenn 3. und 4. miteinander ringen kommt ein ungestümes „5“. heraus.

    6. Sous-bois - eine tiefe (schlafende?) Unruhe liegt in/über dem Stück, Ostinato links, rechts Achtel- und Sechszehntelläufe.


    7. Mauresque – tänzerisch schwebt da was vorbei, jedoch maurisch? – dazu fehlt die passende Harmonik - ein spanisches/nordafrikanisches Harmonikgemisch. (Wenn von Chabrier die Textüberschrift wäre, würde sie wohl anders lauten.)


    8. Idylle – ein rhythmisch betontes Thema, was auch ziemlich streng eingehalten wird (von wenigen Rubati abgesehen) und so das auseinanderbrechen zwischen heiterem Gepräge und nachdenklichen Passagen verhindert – eine Gefühlslage, die sich täglich wiederholt.


    9. Danse villageoise – woher kenne ich das Thema? Von tänzerisch vorbei schweben (wie 7.) kann hier nicht die Rede sein; die beiden Tänzer/innen müssen festen/innigen Kontakt zu aneinander halten, um von dem forschen Tempo nicht aus der Tanzbahn geworfen zu werden (siehe/höre im Tempo eine forsche Polka) – oder handelt es sich um einen Rundtanz von/mit 5 bis…? Tänzern/innen? Art des Tanzes? – keinesfalls ein Barocktanz!
    Vielleicht wird nach dem „Danse…“ gar nicht getanzt - es ist vielmehr die freudige Milieuschilderung von einem Tanzfest für Alle?


    10. Improvisation – über ein gegebenes Thema? Nein!
    Ob das Stück als freie Improvisation bei Chabrier entstanden ist?
    Genauso kommen die 5:20 bei mir an; die Gefühlslage der Improvisationen überspannt ein weites Feld – „pieces pittoresques“


    11. Menuet pompeux – auch dieses „Menuet…“, das kein Menuett ist, zerfällt in 2 Teile, ein rauschendes Fest und - nein, nicht der folgende Kater! - Chabrier mag es (?), „die zweite Seite der Medaille“ unmittelbar, auch in kleinen Werken, darzustellen, auszudrücken.


    12. Scherzo-valse - wenn ich „Scherzo“ als Tempobezeichnung interpretiere, kommt ein schneller, z.T. hüpfender Walzer heraus; hier wird die Fröhlichkeit nicht unterbrochen, sie erhält nur einen leicht anderen „Anstrich“.
    Die Verbindung von Scherzo und Walzer je im eigentlichen Sinn ist überraschend und kommt bei mir gekonnt an - ich empfinde es nicht als pittoresk.


    https://www.youtube.com/watch?v=XKiVXXkmEoI



    Viele Grüße (und Freude beim selber ausprobieren mit einem Werk eigener Wahl).
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler