Dmitri Schostakowitsch: Sinfonie No.7 C-Dur op.60 "Leningrader"

  • Hallo Thomas (Norderstedt),


    das "Lied" ist das berühmte Couplet (?) des Grafen Danilo aus Lehars "Lustiger Witwe", den Johannes Heesters mit großem Erfolg nicht nur auf der Operettenbühne gegeben hat, sondern auch in einem Ufa-Film. Da Hitler wiederum ein großer Fan dieses Erfolgsstücks war (im Bunker hörte er keinen Wagner mehr, sondern nur noch Lehar) und - Gerüchten zufolge - dieses Couplet in intimer Runde öfters zum besten gegeben haben soll (auch wenn Letzteres Schostakowitsch wohl kaum bekannt war), passt die Assoziation mit der herannahenden Wehrmacht wieder.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo!


    Zitat

    Beispiel: "McDonalds" heißt auf Japanisch "Makodonaldaruda" (soweit ich mich erinnere)


    Ja, und auf Russisch heißt es ausgeschrieben Maкдоналдс
    момент...


    что ето?



    я писаю па-русски!! пачиму?


    дазвиданя
    ренуа


    Gesundheit!
    So ein Ärger aber auch

    Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann...
    Das Gegenteil ist schon schwieriger. (K. Tucholsky)

  • Dass mich Schostakowitsch mal dazu bringt, die Lustige Witwe zu hören - ich muss sie erst kaufen -, hätte ich auch nicht gadacht.


    Danke für den Hinweis

  • Lieber Thomas,


    die gemeinte Stelle aus dem Couplet ist:


    "Da geh' ich zum Maxim
    dort ist man sehr intim"


    Da ich nun mit Notenkenntnis nicht dienen kann, versuche ich nun anderweitig, dieses Zitat bei Schostakowitsch zu identifizieren. Das Invasionsmotiv beginnt:


    da daa dadamdam
    da daa dadamdam


    folgt eine Tonanhebung


    da daa dadamdam


    und nun das Zitat


    da da da da dadam(dam)
    da da da da dadam(dam) (Zitatende)


    und so weiter. Es ist wirklich nur dieses kurze, jedoch unüberhöbare Zitat. Und tasächlich: ca. ab min 14:08 (in der Kondraschin-Aufnahme) verschwindet es. Da dominieren die Russen. Das ganze Schlachtgetümmel endet dann ungefähr bei min 16 im grausamen Elend (musikalisch unglaublich eingefangen).


    Stalin hin, Stalin her: als sowjetischer Bürger dürfte Schostakowitsch 1941 wenig Sympathien für die Deutschen gehegt haben. Die Anti-Stalin Metaebene wird sicherlich denkbar sein - nachträglich - doch zur Zeit der Komposition des Werkes?


    Ich schließe da jetzt einfach mal von mir auf andere: selbst ich als Kriegsdienstverweigerer würde mich in einer Situation wie Russland 1941 wahrscheinlich freiwillig zur FLAK melden. Unabhäng davon, wer nun gerade mein Land regiert.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hallo, miteinander!


    Falls das Folgende hier schon vermerkt worden sein sollte, bitte ich um Vergebung. Beim schnellen Durchgang des Fadens habe ich nichts gefunden.


    Abgesehen davon, dass auch ich nicht nachvollziehen kann, wo der Berührungspunkt zwischen dem Invasionsthema und dem Ravelschen Bolero sein soll: Das "Heesters"-Motiv aus der Lehar-Operette wird bekanntlich auch in Bartoks "Konzert für Orchester" zitiert. Wer war nun früher? Wohl Schostakowitsch. Wegen der zeitlichen Nachbarschaft dürfte ohnehin keine gegenseitige Beeinflussung vorliegen.


    Oder weiß wer mehr?


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat

    Original von WolfgangZ


    Das "Heesters"-Motiv aus der Lehar-Operette wird bekanntlich auch in Bartoks "Konzert für Orchester" zitiert. Wer war nun früher? Wohl Schostakowitsch. Wegen der zeitlichen Nachbarschaft dürfte ohnehin keine gegenseitige Beeinflussung vorliegen.


    Oder weiß wer mehr?


    Das Booklet der Fritz Reiner Aufnahme des Bartok Konzerts ("Living stereo") gibt an, dass Bartok die Radioübertragung der Leningrader (Toscanini?) hörte, als er am Konzert arbeitete und daraufhin das Zitat einarbeitete. Die Bartok-Uraufführung war ja auch erst Ende 1943. Wäre zu ermitteln, wann Toscanini die Amerikapremiere der Leningrader dirigierte.

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Wäre zu ermitteln, wann Toscanini die Amerikapremiere der Leningrader dirigierte.


    Am 19. Juli 1942 (NBC-Radioübertragung), war auch als CD innerhalb der "Toscanini Edition" erhältlich.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Original von WolfgangZ
    Abgesehen davon, dass auch ich nicht nachvollziehen kann, wo der Berührungspunkt zwischen dem Invasionsthema und dem Ravelschen Bolero sein soll:


    Zum Invasionsthema wohl nicht. Unabhängig von der Analyse der musikalischen Themen ist wohl das Ostinato der Snare-Drums das verbindende Element. Die Betonung dieses Ostinatos steht bei Kondraschin sehr im Vordergrund: es wird sturheil über den Tonalitätswechsel bis zum totalen Zusammenbruch durchgehalten.


    Anders Barshai, der die Invasion schwerfälliger angeht. Wenn man denn in dem Einmarschbild bleiben will, so beleuchtet Barshai stärker die kriegerische Katastrophe, das Trommelostinato wird immer wieder überlagert.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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  • Meine Güte -- was für eine Wortklauberei -- was mich wieder einmal zu dem Schluß kommen läßt, meine Internet-Aktivitäten noch drastischer zu beschneiden ...

  • Hallo Ben,


    bitte nimm es mir nicht übel, aber deine Aussage wundert mich. Du stellst einen - durchaus interessanten - Sachverhalt fest und ziehst daraus eine Folgerung, ohne diese zu begründen.


    Ich habe meiner Auffassung Ausdruck verliehen, dass ich deine Folgerung für nicht überzeugend halte.


    Mit Wortklauberei hat das nichts zu tun. Das "mithin" habe ich nur deshalb zitiert, weil es anzeigt, dass du eine Schlussfolgerung ziehst.


    Meines Erachtens läge es jetzt an dir, zu begründen, weshalb du die Schrecken des Invasionsthemas allein auf Stalin münzt, obwohl es deutliche Bezüge zu Deutschland gibt (den historischen Kontext, das Danilo-Motiv...).


    Oder wirfst du etwa die Wortklauberei nicht mir vor, sondern beziehst dich auf die - musikalisch zu beantwortende (!) und deshalb erst recht nicht wortklauberische - Frage, ob der Aufbau des Invasionsthemas Boleroähnlich ist?


    Viele Grüße
    Thomas

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  • Zitat

    Original von Thomas Pape


    Stalin hin, Stalin her: als sowjetischer Bürger dürfte Schostakowitsch 1941 wenig Sympathien für die Deutschen gehegt haben. Die Anti-Stalin Metaebene wird sicherlich denkbar sein - nachträglich - doch zur Zeit der Komposition des Werkes?


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:


    Lieber Thomas,


    oh ja, auch zur Zeit der Komposition des Werkes!


    Seit dem "Chaos statt Musik"-Artikel war Schostakowitsch massiven Verfolgungen ausgesetzt, für die Stalin ganz persönlich verantwortlich war. Dieses erste Scherbengericht hat Schostakowitsch enorm beeinflusst. Es hat seine Persönlichkeit, sein Verhalten massiv beeinflusst. Schostakowitsch hat das nie vergessen. Die Angst vor Stalin war sein ständiger Begleiter, auch 1941.


    In meinen Beiträgen zur vierten und fünften Sinfonie habe ich dazu ein wenig geschrieben. Besteht Interesse daran, dass ich diese Beiträge ebenfalls hier bei Tamino einstelle?


    fragt freundlich grüßend
    Thomas

  • Hallo,
    ich möchte noch ergänzen, daß Bartok m.W. das Zitat in sein Konzert für Orchester als Seitenhieb gegen Schostakowitsch eingebaut hat, da er es banal fand.


    Schostakowitsch soll mit der Interpretation von Toscanini unzufrieden gewesen sein, ich erinnere mich nicht mehr genau, warum.
    Ich denke, sie war ihm einfach zu schnell.


    Meine Lieblingsaufnahme dieser von mir sehr geschätzten Sinfonie ist die alte Melodija- Aufnahme unter Swetlanow.


    Ich habe keine Ahnung, ob diese jemals auf CD erschienen ist.
    Als LP erschien sie jedenfalls u.a. auch bei EMI.
    Die Klangqualität ist knarzig und direkt und es fliegen die Fetzen.


    Eine sehr gute und lohnende Alternativaufnahme ist für mich auch noch die EMI-Einspielung des Bournemouth S.O. unter der Leitung von Paavo Berglund.
    Diese Aufnahme aus den 70er Jahren hat übrigens eine sehr, sehr gute Tonqualität, vor allem die orginale Schallplatte.


    Ich hoffe, jetzt jeden Namen richtig geschrieben zu haben..... :no:
    Über zum Teil eigenartige Schreibweisen meines Namens im russischen oder englischen und seiner Aussprache habe ich mich übrigens noch niemals geärgert.
    Ich finde es ja interessant und lehrreich, sich Mühe zu geben, das immer korrekt zu schreiben.
    Aber ich finde es auch eigenartig, daraus ein Dogma machen zu wollen.


    Zitat

    Wer da meint "ich als Deutscher verwende eine deutsche Schreibweise"


    Ich meine das.


    Zitat

    möge sich bitte einmal fragen, wie er es finden würde, wenn im Ausland sein deutscher Name in eine Landes-Version "verballhornt" wird


    Ich finde das lustig und interessant.
    Und es stört mich auch nicht.


    Wie wird eigentlich J.S. Bach in Frankreich oder Spanien ausgesprochen?
    :D
    Und stört das im Ernst irgendjemanden?


    Und wie wird Beethoven in Rußland geschrieben?
    Oder Schumann?
    Oder Horowitz?
    Diesen Namen gibt es z.B. in Rußland gar nicht.
    Er heißt nämlich Gorowitz.
    :angel:


    Michael

  • Lieber Michael,


    russian dvd listet die Svetlanov-Einspielung als CD



    Ob auf der Scribendum-CD die Melodija-Aufnahme wiedrveröffentlicht wurde kann ich allerdings nicht sagen. In meinem Posting weiter oben meinte ich auch die Melodija Box, als ich Svetlanov erwähnte. Die Tontechniker waren am Aufnahmetag allerdings nicht sonderlich motiviert, das ganze kling recht schrill und ohne rechtes Bass-Fundament (wie übrigens auch Kondraschin).


    Musikalisch ist die Aufnahme (Svetlanov) allerdings klasse.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:


    PS

    Zitat

    möge sich bitte einmal fragen, wie er es finden würde, wenn im Ausland sein deutscher Name in eine Landes-Version "verballhornt" wird


    Ich weiß ja nicht, in welchem Ausland der Verfasser sich so bewegt, für Franzosen etwa ist mein simpler Nachname quasi unaussprechlich. Und bei einer Autofahrt von - sagen wir Brüssel nach Aachen - dürfte der Verf. ebenfalls so seine Probleme bekommen: auf den Schildern steht "Aken" und nicht Aachen. Ob der Verf. seinerseits auch immer brav "Firenze" sagt, oder hierzulande doch lieber "Florenz"

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  • Hallo Thomas,

    Zitat

    das ganze kling recht schrill und ohne rechtes Bass-Fundament


    möglich, daß die LP der CD-Übernahme überlegen ist.
    Die LP ist auch kein Tiefbasswunder, der Klang ist tendenziell hart, aber nicht schrill.
    Ich finde die LP gar nicht so übel aufgenommen, es ist alles sehr gut durchhörbar und das Klangbild der LP paßt m.e. sehr gut zum Werk.


    Wer weiß, ob und wie bei der CD noch am Klang rumgedreht wurde.


    Ich schwöre bei diesen Melodija Aufnahmen immer auf die EMI-Pressungen.
    Im Falle von Kondraschin, dessen Leseart der 7. Sinfonie mich übrigens nicht so begeistert (die einzige Ausnahme seiner Gesamteinspielung für mich) schwöre ich auch auf die von Aulos gemasterte CD-Ausgabe.


    Aber das hatten wir (ich meine nicht Dich,Thomas ) ja schon mal in anderem Zusammenhang und es war wenig erquicklich.


    Die Aulos sind ja auch recht teuer und mich hat tatsächlich letzthin ein Nichttaminoaner angemailt, ob ich ihm diese CDs brennen kann, da er hier davon gelesen hat.
    Ja klar, ich setze mich ein paar Stunden hin und kopiere das alles, bezahle das Porto und so weiter.
    :D :no:


    Die Aulos sind teuer, aber lohnenswert und ich habe dafür auch sehr gerne einiges ausgegeben.
    Ich kann sie nur immer wieder empfehlen.
    Das Klangbild ist nicht schrill sondern ganz hervorragend ausgeglichen, was die alten Aufnahmen nicht unbedingt waren.


    :hello:
    Michael

  • Wie die Interpretation der Sinfonie in dem „DDR“-Konzertführer von Schönewolf (3-bändige Ausgabe des VEB Deutscher Verlag für Musik, 1974) ausgesehen hat, kann man sich denken.


    Zum dritten Satz, zu dem ich oben schrieb, dass ihm in der Regel leider keine Beachtung geschenkt wird, steht dort (was dort zum ersten steht, kann man unschwer erraten):


    „Der dritte Satz (Adagio) ist eine der innigsten Schöpfungen Schostakowitschs. Wir hören ein Poem auf die geistige Größe des Volkes. Der vertierten „Moral“ des Feindes stellt der Komponist edle, humanistische Ideale gegenüber. Das zu Herzen dringende Thema des Adagio erhebt sich – wie Phönix aus der Asche – als Ausdruck unvergänglicher Lebenskraft.“


    Tja, andere Zeiten.

  • Drei Anmerkungen noch für heute:


    @Michael: Bei mir dreht sich die russische Melodija-Pressung von Svetlanovs Einspielung. Ich habe sie gerade noch einmal nachgehört und finde sie tontechnisch schon merkwürdig. Möglicherweise klingen die britischen Angel-Pressungen da besser; ich werde mal danach fahnden. Deine Ausführungen zu Aulos glaube ich Dir unbesehen. Meine Kondrashin-Box ist die von Melodija (ein wenig inhaltsschwerer ist die ja). Die Tonqualität ist nicht übel, aber absolut nicht High-End. Schadet aber auch nix.


    Thomas: Das ist nicht nur eine Frage von Propaganda, sondern auch von persönlicher Wahrnehmung. Vertiert? Ja, so empfinde ich das Verhalten der Deutschen während der Operation Bismarck auch (jedenfalls anhand dessen, was sich aus der historischen Literatur erschließen lässt). Wenngleich der Begriff eigentlich eine Beleidigung der Tiere ist. Zu so etwas sind nur Menschen fähig.


    Doch zurück zu Schostakowitsch: Es ist vielleicht die Stärke dieses Werkes, (bei der 5., die Du auch ansprachest ist das ähnlich) daß es sehr individuelle Lesarten zulässt. Ich selber empinde es stets als Widerspiegelung der sowjetischen Sicht auf die Ereignisse 1941/42 (da streut auch der Schluß des vierten Satzes wieder Pulver in die Augen - pardon - Ohren).


    Zwielicht: Danke für den interessanten Link


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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  • Hallo Thomas,

    Zitat

    Ich habe sie gerade noch einmal nachgehört und finde sie tontechnisch schon merkwürdig. Möglicherweise klingen die britischen Angel-Pressungen da besser

    Ich besitze die Melodija und die EMI-Pressung.


    Angel ist die amerikanische EMI-Pressung und normalerweise etwas schlechter.


    Die EMI-Pressung ist bei mir deutlich besser als die Melodija.


    Und nicht nur bei diesem Werk.
    Ich versuche immer, bei LP's mit alten Melodija-Aufnahmen die britische EMI-Pressung zu bekommen.


    Diese sind, was die LP's angehen, bei mir ohne Ausnahme wesentlich besser.


    Auf meiner EMI-Pressung steht übrigens noch der Name des Vorbesitzers, von ihm groß handschriftlich ausgeführt:


    Marc Andre Hamelin
    :D
    Auch eine Möglichkeit,an ein Autogramm zu kommen...........



    Zitat

    und finde sie tontechnisch schon merkwürdig

    Das kann ich nachvollziehen.
    Aber die EMI-Pressung macht einen deutlichen Unterschied zwischen einem harten, zugegebenermaßen etwas verfärbtem Klangbild und einem schrillen aus.
    Auch gibt es mehr Tiefbass auf der EMI-Pressung.
    Das Klangbild ist im Gegensatz zur Melodija weitaus ausgewogener.


    :hello:


    Michael


    P.S.

    Zitat

    Meine Kondrashin-Box ist die von Melodija

    Komm doch mal vorbei!



    Zitat

    Die Tonqualität ist nicht übel, aber absolut nicht High-End.

    Das ist die Aulos auch nicht.
    Aber ich bin wirklich von den Socken, was Aulos da gezaubert hat.
    Kein High-End, natürlich nicht.
    Aber ein Klangbild, wie ich es niemals für möglich gehalten hätte bei diesen Aufnahmen.

  • Hallo Michael und beide Thomas,


    ich lese bei Euch so einiges über die Swetlanow-Aufnahme der leningrader Sinfonie und kann dieser Euforie nur zustrimmen.
    Ich hatte mir in den 80er-Jahren so nach und nach alle Schostakowitsch-Sinfonbien auf Eurodisc-LP´s zugelegt (keine GA sondern Einzel-LP´s).
    Die meisten Aufnahmen sind dabei mit Kondraschin, einige mit Swetlanow, die 15. mit Maxim Schostakowitsch. Die Mrawinsky-Aufnahmen die dabei waren, dessen Wert ich damals noch nicht erkannte, habe ich aus klangtechnischen Gründen durch Kondraschon ersetzt; sie klangen auf LP noch schlimmer.


    Swetlanow / Staatliches SO Moskau (Eurodisc-LP / 70er AAA)
    Die Lenigrader ist bei mir eine Top gestaltete Eurodisc-Doppel-LP mit der Sinfonie Nr.6 (Kondraschin) gekoppelt. Die Sinfonie Nr.7 ist die von Euch genannte Swetlanow-Aufnahme, die dort auf 3Plattenseiten untergebracht ist. Klanglich kam sie mir damals nie schlecht vor. Man war ja damals an diesen Klang einfach gewöhnt.
    Die Interpretation war für mich der absolut ideale Ersteinstieg und alles was danach kam mußte sich daran messen. Kann s einen besseren Einstieg für die Leningrader geben ? Nein !
    Als ich das Werk in den 80ern im Konzert dann anschließend mit Volker Wangenheim in Bonn mit dem Orchester der Beethovenhalle Bonn hörte, kam mir das Werk weit weniger spannend vor als auf meiner Eurodisc-Swetlanow-LP !


    Haiting / London SO (Decca 1979 DDD)
    Mit der besten zur Verfügung stehenden Klangqualität geht Haitink ans Werk. Diese Aufnahme habe ich nach Swetlanow, als das CD-Zeitalter begann jahrelang gehört und es stellt sich für mich eine gewohnte Aufnahme ein, an der es nichts zu beängeln gibt. Nur aus klangtechnischen Gründen habe ich diese Aufnahme der Swetlanow-LP vorgezogen und einfach öfter gehört.
    Sie ist IMO eine der besseren Haitink-Aufnahmen der Sinfonien (so gut wie die Nr.8).
    Der erste Einsatz der Trommeln ist zwar sehr leise, aber durch die gute Klangtechnik sind diese hörbar. Die Gänsehaut des Schreckens stellt sich aber erst später ein, wenn es zur Sache geht. Haitink bleibt auf dem Teppich und liefert natürlich nicht den Roshdestwensky-Wahnsinn (so wie ich es mag). Aber trotzdem eine packende Aufnahme mit der alleine man zufrieden sein könnte (so wie ich es jahrelang war).


    Roshdestwensky / Moskauer PH (Eurodisc 1984 DDD)
    Als die Roshdestwensky-Eueodisc-CD´s erschienen habe ich auch diese alle einzeln gekauft - und dann sehr schnell, weil ich die alle haben muste !!!
    Roshdestwensky nimmt sich mit über 27Minuten mehr Zeit als seine Kollegen; damit läßt sich alles bestens auskosten. Die Klangqualität ist durchweg sehr gut und alle Instrumente sind gut durchhörbar.
    Die Sinfonie beginnt machtvoll und spannungsgeladen, die folgende Friedensstimmung folgerichtig und wenn die Invasionsepisode mit den Trommeln einsetzt sind diese von Anfang an gut hörbar. Der erste Einsatz der Trommel treibt einem eine Gänsehaut des Schreckens auf den Rücken (ganz anders als M.Schost. später).
    Das Geschehen wird immer dichter und tumulktartiger. Die Paukenschläge im Kriegsgewusel klingen bei Roshdestwensky wie Kanonenschläge, die 4 Gongschläge (nicht einer wie Thomas228 immer schreibt) kommen unerbittlich und sind klar im Orchestertutti zu hören, dazu die unerbittlichen Kanonen-Pauken. Ein Wahnsinn, den alle anderen Aufnahmen nicht bieten.
    Die russischen Blechbläser haben das, was diese Aufnahmen so unverwechselbar machen – einfach Klasse.
    Das Geschehen beruhigt sich und die Sinfonie erinnert im Trommelrhytmus nochmal an die geschehnisse. Nach dem ruhigen und nicht überhasteten Schluß wird man die Eindrücke, die diese Aufnahme bietet so schnell nicht mehr vergessen.
    :jubel: Seit ich diese Aufnahme das erste mal hörte, wurde sie mein absoluter Favorit !


    Kondraschin/Moskauer PH (AULOS, 1975 ADD)
    Dank Michaels "Empfehlungen" bin ich erst recht spät zur Kondraschin-Aufnahme der Leningrader gekommen (hier bei Tamino).
    Über die AULOS-Remastering-Story hatten wir ja schon ausführliche Diskussionen (z.Bsp. im Thread der Sinf.Nr.11).
    Meine Begeisterung über diese AULOS-Neuauflage deckt sich 100% mit Michaels Ausführungen - ein Klangwunder fast ohne Rauschen und trotzdem natürlicher Klangreproduktion.
    Seine Einschränkungen über die Interpreattion deckt sich allerdings nicht mit meiner Einschätzung, denn Kondraschoins flotte Gangart liegt mir und ich finde diese angemessen.
    Kondraschin ist wesentlich schneller ohne gehastet zu klingen.
    Wie Thomas in seinem mustergültigen Schostakowitsch 7-Beitrag schon schrieb: es ist wirklich alles „Richtig“. Wenn gut hörbaren Trommeln die Invasion einleiten, kommt die gleiche Spannung auf, wie bei Roshdestwensky, aber die Geschwindigkeit des Trommelrhymusses ist so schnell, das nur ein TOP-Schlagzeuger diesen wirklich durchhalten kann. Nach dem AULOS-Remastering ist alles gut durchhörbar, auch die 4Gongschläge. Die Pauken sauber, aber haben nicht den unerbittlichen Wahnsinn einer Rosh.
    Die von ThomasN gemachten klanglichen Einwände zu Kondraschin finde ich bei meinen CD´s mit dem AULOS-Remastering nicht bestätigt.
    Ich bin zufrieden und für mich ist das eine von Anfang bis Ende eine spannende Aufnahme, die ich mit Barshai nach Rostdestwensky gleichsetzen würde.
    Auch die Klangqualität dieser späteren Kondraschin-Aufnahme von 1975 ist auf AULOS mustergültig. Sie ist einen fetten Batzen besser als die alte Melodya-CD-Ausgabe (von denen ich auch eine CD-Ausgabe hatte - ist natürlich lange verkauft).
    **Melodiya selbst hat ja kurz nach AULOS auch ein neues Remastering erstellt, das laut einiger Taminos genau so gut sein soll, wie die AULOS-CD´s !?! Die Frage ist aber immer noch nicht erfüllend beantwortet, weil kaum einer beide Ausgaben hat.
    Im "anderen" Forum wurde jedenfalls von der neuremasterten Melodiya-GA 2006 berichtet, dass die CD´s seltsame braune Verfärbungen aufweisen !!! Wer weis wie lange diese CD´s halten werden ? :D Fallen die nach ein paar Jahren auseinander ? :D Russischer Selbstzerstörungsmechanissmuss - auch heute im 21.Jhd ?
    Michael kann sich glücklich schätzen, die auch optisch anständige AULOS_GA zu besizen --- :] und ich auch !


    Barshai / Kölner RSO (BRILLANT, 1992 DDD)
    Die Aufnahme gehört klanglich zusammen mit der Haitink-Aufnahme zu meinen Besten (wohlgemerkt klanglich). Leider klingen die Blechbläser nicht so mannhaft russisch, wie bei Roshdestwensky. Aber kurz gesagt zeigt diese Interpretation, welch hervorragende Aufnahmen Barshai vorgelegt hat. Spannung wird von Anfang an aufgebaut, gehalten, alles ist gut durchhörbar, auch die Gongschläge.
    Nach Roshdestwensky ist Barshai gemeinsam mit Kondraschin bei mir an zweiter Stelle.
    Die Aufnahme ist, fast so wie Kondraschin und Roshdestwensky - einfach packend.


    Maxim Schostakowitsch / Prager SO (Supraphon, 2005 DDD)-LIVE
    Wenn nicht DDD draufstehen würde, würde man es nicht für möglich halten – Live muß doch nicht so unzeitgemäß sein. Für die Supraphon-Einzel-CD´s wurden bei einigen Händlern Traumsummen verlangt – für mich nicht nachvollziehbar.
    Die Sinfonie beginnt machvoll, aber man meint immer mit einer Bremse versehen. Die folgende friedvolle Stimmung sehr romantisch und schön, sodaß man mit einer großen Kontrastwirkung rechnet, wenn die Invasion beginnt. Leider nicht, denn die Trommeln sind ganz leise im weit entfernten Hintergrund, fast kaum wahrnehmbar. Die danach einsetzende Flöte und das Fagott ist mindesten drei mal so laut aufgenommen wie die Trommeln – die Balance völlig daneben – die Gänsehaut bleibt natürlich aus. Das Tempo ist von Anfang bis Ende schlüssig und „richtig“.
    Das Kriegsgeschehen vermag nur wegen der Klangtechnik nicht zu überzeugen, da zu wenig rüberkommt. Das Orchester hat nicht den russischen Ton auf der Supraphon-CD. Ich könnte mir vorstellen, das dieses Konzert LIVE besucht den Hörer wesentlich mehr überzeugt hätte, da die Klangtechnik dann nichts kaputt macht.
    Nachmal sei erwähnt:
    M.Schostakowitsch hätte mit dem Kölner RSO und der gleichen Klangtechnik wie bei Barshai einen Spitzenzyklus hinlegen können.


    Ashkenazy / St.Petersburg PO (Decca, 1995, DDD)
    Meine letztgekaufte Schostakowitsch-Sinfonien _ GA mit Ashkenazy empfinde ich als vollen Erfolg, weil hier bei Decca, wiedermal das klanglich machbare geboten wird und Ashkenazy sich durchweg als guter Schostakowitsch-Dirigent erweist. Das er letztlich nicht ganz an die großen Drei Roshdestwensky, Swetlanow und Kondraschin herankommt läßt die fabelhafte Klangrechnik verschmerzen, die diesen Umstand fast wieder wett macht, denn packend ist Ashkenazy allemal - ohne einen Effekt auszulassen.
    Auf Einzelheiten möchte ich aber aus Zeitgründen jetzt nicht eingehen.
    Ein Glücksfall, das er die 7 und 11 mit dem Petersburg PO in dieser GA dirigiert, da beide Interpretationen dadurch auch gleichzeitig den russ.Orchesterklang und die damit verbundene "altgewohnte" Atmosphäre aus der Eurodisc-Zeit erhalten. Eine Wahnssinnsaufnahme.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Mein Favorit ist bei der 7. auch Roshdestwensky, aber auch Jansons finde ich bei dieser Symphonie sehr gut gelungen.


    Was die Debatte über die verschiedenen Bedeutungsmöglichkeiten angeht, bin ich der Meinung, dass Schostakowitsch bewußt auf diese verschiedenen Bedeutungsdimensionen anspielt, sie sich also nicht unbedingt ausschließen müssen.
    Zwar zitiert Wolkow Schostakowitsch: "The Invasion Theme has nothing to do with the attack. I was thinking about other enemies of humanity when i composed the theme. ...I have nothing against calling the Seventh the "Leningrad Symphony", but it´s not about Leningrad under siege, it´s about Leningrad that Stalin destroyed and that Hitler merely finished off..."
    Aber andere zitieren wieder anders lautende Äußerungen Schostakowitschs. Problematisch erscheint mir generell bei Wolkow, dass er Schostakowitsch zu einer Art Dissidenten a la Sacharow machen will.
    Belegt ist jedenfalls für die 20er Jahre bis zur völligen Zerschlagung der letzten Reste der Opposition zu Stalin innerhalb der Bolschewiki in den großen Säuberungen der 30er bis zur deutschen Invasion Schostakowitschs enge Kontakte zu einigen dieser Oppositionskreise, insbesondere zum Marschall Tuchatschewski, dem Stabschef der Roten Armee bis zu seiner Absetzung und Erschießung bei den stalinistischen "Säuberungen" der Roten Armee, denen etwa 2/3 des Offizierschors ab dem Majorsrang zum Opfer fielen. Tuchatschewski, so neuere Forschungsergebnisse, scheint auf eine Einigung der antistalinistischen Oppositionskräfte gewartet zu haben, zu der es jedoch tragischerweise nie kam, um aussichtsreich gegen Stalin losschlagen zu können, ohne dabei zum Bonaparte werden zu müssen.


    Schostakowitsch scheint mir insofern eher der innersozialistischen Opposition in der SU zurechenbar zu sein. Das passt auch besser zu seinem familiären Hintergrund. Schon die Großeltern waren revolutionäre Sozialisten und hatten unter anderem die spektakuläre Flucht des polnischen Oberkommandierenden der Pariser Kommune aus dessen sibirischer Verbannung organisiert. Seine Eltern waren bewußt nach der Revolution in der SU geblieben, obwohl sich ihre persönliche, materielle Lage wesentlich verschlechterte und sie Emigrationsmöglichkeiten gehabt hätten. Enge Verwandte übernahmen zum Teil hohe Funktionen in der SU und gehörten antistalinistischen Oppositionskreisen an und überlebten das teilweise nicht.


    War schon der "Formalismus"- Vorwurf der Hauptverwalter für "proletarische" Musik allein für Schostakowitsch bedrohlich genug, war durch diese seine Kontakte sein Leben in der ganzen Zeit des Stalinismus akut gefährdet. Um so mutiger war es, Codes, die auch antistalinisch deutbar waren, in seine Musik einzubauen, in der 7. den großen, pathetischen Triumpf zu verweigern und sich wiederholt für andere Verfolgte einzusetzen.


    :hello: Matthias

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  • Kurz noch einmal zurück zu den Einspielungen: Die Sinfonie wurde am 8.8.1942 erstmalig in Leningrad aufgeführt (die Partituren wurde unter Durchbrechung der Luftblockade in die Stadt eingeflogen). Aufführungsdirigent war Karl Eliasberg. Diese Aufführung ist wohl von allen sowjetischen Rundfunkanstalten übernommen worden. Ist bekannt, ob es davon einen Mitschnitt gibt (der klanglich wahrscheinlich lausig genug sein dürfte)?


    1968 hat Eliasberg die Sinfonie für die Schallplatte aufgenommen. Auch hier die Frage (da die immerhin beschaffbar wäre): Kennt jemand diese Aufnahme und kann sie empfehlen?


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

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  • Zitat

    Diese Aufführung ist wohl von allen sowjetischen Rundfunkanstalten übernommen worden


    Ist das wirklich aufgenommen worden?


    Die Musiker und das Publikum sind unter Lebensgefahr in die Philharmonie gegangen, es muß eine unglaubliche Leistung aller Beteiligten gewesen sein.
    Musiker, welche Monate oder gar Jahrelang ihr Instrument nicht anfassen konnten, wurden von der Front abkommandiert.


    Hier etwas interessantes zu diesem Thema:
    "http://www.youtube.com/watch?v=RKOZEW9SfdU"


    Ehrlich gesagt glaube ich nicht, daß die Uraufführung aufgenommen wurde, dafür waren die Umstände zu schrecklich.


    :hello:
    Michael

  • Zitat

    Original von Michael SchlechtriemIst das wirklich aufgenommen worden?


    Das weiß ich ja eben nicht. Die Leningrader Aufführung war ja die dritte "Uraufführung" nach Kujbyschew und Moskau (die während fortwährenden Luftalarms). Aber es wäre doch möglich, daß es Acetat- oder Drahtmitschnitte von der Rundfunksendung gibt (auf diese Weise ist ja auch die Rede vom 18.2.1942 eines gewissen Propagandaministers nahezu vollständig als Tondokument erhalten).


    Aber, wie gesagt, Eliasberg hat das Werk 26 Jahre später für die Schallplatte aufgenommen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Ah, nun noch Angaben zuu dem oben angesprochenen Film.
    Wie bereits gesagt, die 7. Sinfonie sollte als Soundtrack zu einem Film dienen, die den Kampf der Russen gegen die Invasoren zeigt (aus diesem Film dürfte auch der von Michael erwähnte Filmbeitrag stammen. Klammer auf: Es gibt weiters einen Film: Leningrad-The Film of a symphony. Valery Gergiev dirigiert dort das Werk, ergänzt um historische Filmaufnahmen und Interviews mit noch lebenden Zeitzeugen. Der hat mit dem von mir gemeinten Film nichts zu tun.Klammer zu).


    Gemeint ist dieser:
    Leningradskaya simfoniya (1958 )
    Regie: Zakhar Agranenko
    Premiere: 21. Juni 1958 (USA
    Produziertin: Soviet Union:92 Min
    Alternativ:
    Leningrad Symphony (USA)
    Leningrader Sinfonie (Deutsche Demokratische Republik)


    Ist nur leider nicht als DVD zu bekommen. Jedoch: mit ein wenig Geduld...


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:
    (der nach der deutschdemokratischen Synchronfassung sucht)

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  • Die Siebte ist meine Liebste von Schostakowitsch. Das war quasi Liebe aufs erste Hören. Einen ähnlichen Effekt erzielten sonst nur die Fünfte und Zwölfte.


    Ich habe heute eine neue Referenz gefunden: Swetlanow.


    Ich zitiere mich mal selbst:



    Achtung: Es gibt zwei Aufnahmen der Leningrader mit dem Staatlichen Symphonieorchester der Sowjetunion unter Swetlanow: 1968 Studio und 1978 live. Die '78er Aufnahme ist oben abgebildet, die '68er sieht so aus:


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    Ich finde die Live-Version noch besser. Die Tonqualität ist genauso gut, aber die Pauken sind saftiger eingefangen. Zudem spielt das Staatliche Symphonieorchester der UdSSR irgendwie noch ein Fünkchen entfesselter. Die Coda des Finale habe ich noch nie so gehört. Swetlanow nimmt das Tempo am Ende zurück und zelebriert es so richtig majestätisch. Wahnsinn!


    Nebenbei: Es gibt noch zwei spätere Aufnahmen Swetlanows aus den 90ern, eine mit dem Schwedischen Runfunk-Sinfonieorchester, eine mit dem Residenzorchester Den Haag. Ich habe nur in die letztere mal gehört. Leider kein Vergleich zu den sowjetischen Aufnahmen. Das Orchester klingt zu mittelmäßig.


    Was mich interessieren würde: Welche UdSSR-Aufnahme befindet sich in der Box von Warner? Die von 1968 oder die von 1978?



    Sehr gut sind auch Gergijew und Roschdestwenskij. Mrawinskij ist bedauerlicherweise arg historisch und fällt daher bei dieser Symphonie leider bei mir raus (dafür lieferte er m. E. die besten Aufnahmen der Fünften und Zwölften ab).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich hatte gerade Gelegenheit, den Live-Mitschnitt der Siebten von Shostakovich mit Valery Gergiev und seinem Mariinsky-Orchester von einem Konzert in München zu hören. Dieses Konzert war im russischen Fernsehen übertragen worden, und ich hörte den Sound von einer DVD. Einfach irre - dagegen ist die Einspielung aus Rotterdam "kalter Kaffee"! Sollte diese Aufnahme offzielll auf DVD erscheinen, werde ich sie mir unbedingt zulegen.


    Gruß, Peter

  • Hallo Josef,


    die Sinfonie Nr.7 in der Aufnahme von 1968 mit Swetlanowwar damals meine erste Aufnahme auf LP (Melodiya/Eurodisc- Doppel-LP = mit der Sinf.Nr.6 gekoppelt).
    Die Schostakowitsch-Sinfonien hatte ich alle auf Eurodisc-LP. Swetlanow, Kondraschin, Roshdestwensky und M.Schostakowutsch (15.) teilten die sich die Aufnahmen der Sinfonien (auch wenn später von Roshdestwensky und kondraschin alle sinfonien herausgegeben wurden.
    Diese Doppel-LP der Leningrader u.a. gehört noch zu meinem eisernen Bestand von LP-Schätzen, die ich niecht veräussern werde und möchte.
    Eine Wahnsinnsaufnahme, aber technisch ist diese LP nicht so gut (etwas matt) wie spätere Aufnahmen von Roshdestwensky (Eurodisc), Ashkenazy (Decca), Barshai (Brillant) und selbst Kondraschin (AULOS !!!) auf CD.


    Der Zufall wollte es (warscheinlich auch angeregt durch die Diskussion an anderer Stelle bei Tamino), dass ich die von Dir abgebildete WARNER-BOX mit den Sinfonien Nr.1 , 5, 7 diese Woche bestellt habe, um meinen Swetlanow-Bestand zu erweiteren - sie ist zu mir unterwegs.
    :!: Die Aufnahmen bei WARNER sind die LIVE von 1978. Eine Zeit als Swetlanow noch den richtigen Biss hatte. Interessant, dass Du diese noch besser findest als seine Erstversion von 1968 - ich bin gespannt auf diese LIVE-Version von 1978 !


    Swetlanows ganz späte Aufnahmen aus dem Westen mit dem LSO, BBC SO haben nicht mehr diesen unsagbaren Biss der grossen alten Megaaufnahmen mit seinem fabelhaften Staatlichen SO der UDSSR Moskau.


    In der Regel sind nämlich seine wahnsinnigen Erstaufnahmen aus den 60ern fast immer vorzuziehen. Ein bestes Beispiel sind die Rachmaninoff-Sinfonien und die Sinf.Tänze; die Borodin-Sinfonien und Balakiriew-Sinfonien.
    :!: Aber ich habe auch die Tschaikowsky-Sinfonien-GA, die Manfred-Sinfonie und Orchesterwerke-Box von WARNER: Hier sind die Interpretationen zumindest gleichwertig, aber die Klangtechnik der späteren LIVE-Aufnahmen bei WARNER ist noch besser.


    @Josef, :thumbsup: volle Zustimmung das Swetlanow referenzwürdig ist !
    Aber Kondraschin (Melodiya/AULOS) und Roshdestwensky (Eurodisc) können ohne weiteres neben ihm voll bestehen.
    Ich würde sagen - die drei grossen Referenzen für die Leningrader.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • WARNER, Melodiya-LIVE-Aufnahmen 1970 (Nr.1 + 5), 1978 (Nr.7), ADD


    Die Doppel-CD ist aus GB eingetroffen - :D und die Preise sind inzwischen schon wieder gestiegen.


    Ich könnte über die Interpretationsvergleiche mit Roshdestwensky, Kondraschin und Ashkenazy hier Seitenweise schreiben. Ich möchte mich aber auf daswesentliche kurz fassen:
    Klangtechnik:
    Die LIVE-Aufnahmen sind klangtechnisch alle auf diesem russischen Niveau dieser Tage. Die Sinfonie Nr.1 sehr direkt; die Sinfonie Nr.5 viel zu verhallt (Pauken daher weit entfernt) und die Nr.7 klingt auch nur wie bessere Mrawinsky-Aufnahmen ...
    Der krasse klangliche Unterschied zwischen Live- und Studio-Aufnahmen wird bei diesen Aufnahmen aus Russland leider viel deutlicher, als bei uns in diesem Zeitraum von 1960 bis in die 80er Jahre. Deutliche Rauschfahnen und leider manchmal detailschwaches Klangbild trüben den Genuss.
    Die Pauken, von denen Josef in Beitrag 56 schwärmt, sind nur bei f und ff ganz gut wahrnehmbar. Detailreich ist was anderes. Im 4.Satz sind es ja nicht nur Pauken, sonderen auch grosse Trommeln ! Der Unterschied wird nur schwierig heraushörbar.
    Welch ein Vorbild dagegen bei Roshdestwensky (Eurodisc) und audiophil bei Ashenazy mit dem Petersburg PO (DECCA), der einem die Grosse Trommel im Finale und die Pauken nur so um die Ohren haut, das die Membranen sichbar nach vorne schwingen - Wahnsinn. Bei Swetlanow sicher auch im Live-Konzert - leider nicht auf der CD in dieser angemessenen Weise gegeben.


    Interpretation:
    Bei den Sinfonien Nr.1und 5 ist Swetlanow eher auf der schnellen Seite und das ist gut so. Den letzten Satz der Nr.1 liefert er als Feuer auf dem Vulkan - fabelhaft.
    Aber zum Thema Leningrader: Swetlanow ist ganz in seinem Element und präsentiert den Mega-Bolero mit anchliessendem unbändigem Höhepunkt - fabelhafter 1. Satz. Er zelebriert die Sinfonie Nr.7 weit mehr aus als in seiner Studioaufnahme von 1968 (die klangtechnisch auf meiner Eurodisc-Lp aber leider auch nicht allzu toll klingt), aber mir doch mehr liegt, weil er die Sätze 3 und 4 nicht in diesem "Trauerrand" präsentiert wie hier LIVE 1978.
    Ich finde die Sinfonie muss so interpretiert werden, dass für das Werk nicht nur 2 Höhepunkte in Erinnerung bleiben (1. der Gipfelpunkt nach dem Mega-Bolero; 2. das Finale des 4.Satzes). Das wäre mir für die annähernd 80Minuten zu wenig !
    Vorbildlich Roshdestwensky, der auch in den Sätzen 2 und 3 Höhepunkte zelebriert, die unter die Haut gehen und fabelhafte Detailarbeit leistet. Bei Swetlanow sicher nicht minder, wenn die Klangtechnik gegeben wäre !
    Wo ist das präsente Xylophon im 1.teil des 4.Satzes ? Wo ist die unheimlche Atmosphäre im Mittelteil, die dann im Höhepunt des Finales gipfelt ? Wo sind die grossen Trommeln, die hier wie Pauken klingen ?


    Viele Worte: Swetlanows interpretation ist ausgezeichnet, aber die "mrawinskyähnliche" Klangtechnik stört mich dann doch gewaltig. Und sein zügigerer zugriff in seiner 68er-Aufnahme hat mich als meine Erstaufnahme ebenfalls doch mehr begeistert.
    Das "majestätische zurücknehmen des Tempos in der Final-Coda", das Josef bewundert, kommt bei mir weit weniger gut an.

    Ich höre die Sinfonie und das Finale lieber so flott wie bei Kondraschin / Moskauer PH (Melodiya/AULOS): 26:28 - 10:33 - 16:40 - 17:27,
    oder den vorbildlichen Glücksfall, dass Roshdestwensky / SO des Kultusmin der UDSSR (Eurodisc, 1988, DDD) die mit allen Details liefernde Digitalklangtechnik zur Verfügung hatte: 27:28 - 10:50 - 17:08 - 20:31; 4.Satz auch sehr auszelebriert (aber wie !!!);
    sowie die "moderne Referenz" Ashkenazy / Petersburg PO (Decca, 1995, DDD), der sich hier bei der Leningrader der exqusit aufspieleden alten Leningrader PH bediente. Die Pauken und Trommeln sind hier der Wahnwitz: 26:24 - 10:43 - 15:41 - 16:40 !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Je öfter ich die 7te von Schostakowitsch höre, umso mehr entwickelt sie sich zu meiner Lieblingssymphonie des Komponisten. Schuld daran ist u.a. die Aufnahme von 1968 mit Jewgenij Svetlanov, die ich mir kürzlich in einer dritten Inkarnation zugelegt habe. Ich hatte schon die Eurodisc-Aufnahme und die auf Eterna. Jetzt ist mir günstig die Original Melodiya Doppel-LP in die Hände gefallen. Vielleicht ist es Einbildung (ich habe die Aufnahmen noch nicht Seite an Seite gehört) aber mir scheint die Originalversion direkter ins Vinyl gepresst und dadurch klingt sie unmittelbarer. Jedenfalls glaube ich den Terror des 1. Satzes noch nie so eindringlich gehört zu haben. Das ist jedenfalls eine absolut grandiose Einspielung.


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