Der Ring, der nie gelungen - Richard Wagner: Der Ring des Nibelungen

  • Wenn es jetzt aber um künstlerische Qualität geht, scheint es mir keinen einfachen Weg von der Rezeptionsgeschichte zur Qualität eines Werkes zu geben. Was sagen die zum Teil vernichtenden Kritiken einiger Zeitgenossen über die musikalische Qualität von Beethovens späten Streichquartetten aus? Was sagt die Tatsache, dass man Mahlers kompositorisches Werk zu seiner Zeit in Teilen als minderwertig betrachtet hat, über die Qualität aus?

    Tertium comparationis!


    Hier geht es um eine Diskussion, die aktuell geführt wird. Und da kann man die wiederholt vorgetragenen Argumente sammeln. Das Niveau ist unterschiedlich. Aber es gibt eine ganze Reihe von Kritiken am RT, die gut begründet sind und auch nachvollziehbar auf sehr hohem Niveau. Die kann man nicht einfach durch billige Polemiken abfertigen wollen oder durch gewolltes Miss- und Falschverstehen um ihren Sinnkern bringen. Man sollte solche Einwände Ernst nehmen, sonst kann man nicht vernünftig über das Thema diskutieren.

  • Ich lasse mir nunmal keinen Bären aufbinden. Es geht nicht darum, was Du gesagt hast, sondern was Du gemeint hats, was der Sinn Deiner Aussage ist, wenn man sie Ernst nimmt und die Konsequenzen daraus zieht, die da impliziert sind. Nicht nur das Explizite gehört zum Sinn, sondern auch das Implizite.

    Das Problem ist, dass Du nicht erfasst, was ich meine, sondern nur, was Du schon zu wissen glaubst, bevor überhaupt jemand eine Äußerung tut. Das macht die Sache für Dich so schwierig: Du hörst nicht zu, weißt nicht, was gesagt wurde und kannst also nur immer wieder denselben Faden abspulen. Und weil das am Ende nichts bringt, bleibt Dir nur, Dir göttliche Unfehlbarkeit anzudichten und zu erklären, dass Du Deine Position nicht erklären und Deine Auffassungen gar nicht belegen musst, weil sie nun mal die Wahrheit sind, die nun mal schweigende Gefolgschaft verlangt, nicht aber eigenes Nachdenken und Nachfragen. Und wenn Du morgen das Gegenteil vom heutigen sagst (was, wie die Erfahrung lehrt, schnell mal vorkommen kann), gilt das eben auch für die gegenteilige Auffassung, und wer die Meinung vertritt, die Du gestern noch für die absolut gültige erklärt hast, muss damit rechnen, dass er als Dummchen behandelt wird.


    Es ist interessant, diese Verblendung zu beobachten, aber mit der Zeit wird es auch langweilig. Die Debatten mit Dir (wenn man sie überhaupt so nennen kann), erinnern mich immer an eine gewisse, sehr witzige Wald-Szene in »Die Ritter der Kokosnuss«. Ich denke, Du weißt, welche ich meine. Mir ist die ein wenig zu makaber, und ich habe keine Lust, sie mir Dir immer wieder durchzuspielen. Lassen wir es also sein.

  • Abschließend gebe ich Dir mal ein Beispiel, was ich meine:


    Vor vielen, vielen Jahren (ich glaube, es müsste 1977 oder so gewesen sein) kam an der Berliner Volksbühne eine Inszenierung von Molieres »Menschenhasser« heraus. Regie Fritz Marquardt, die Schauspielerbesetzung war die beste, die man sich damals ausdenken konnte: Dieter Montag, Hermann Beyer, Winfried Glatzeder, Angelica Domröse, Hildegard Alex, Heide Kipp, Henry Hübchen, Michael Gwisdek u.a. – besser geht’s nicht.


    Die Inszenierung war sehr ungewöhnlich, weil sie ganz auf die Sprache gestellt war. Die Schauspieler bewegten sich so gut wie gar nicht, auf den ersten Blick sah. es aus wie völlig verstaubte traditionelle Operninszenierung. Tatsächlich standen sie oft nebeneinander mit dem Blick in den Zuschauerraum an der Rampe und sprachen ihre Text. Aber wie sie sie sprachen, wie sie aufeinander eingingen und wie virtuos sie mit dem Text spielten, das ließ ein ganz großes Theaterereignis entstehen. (Ich glaube ich habe die Aufführung zehnmal gesehen, vielleicht auch öfter.) Diese Aufführung hat sich mir tief eingeprägt und war ganz entscheidend für mein Theaterverständnis. (Und übrigens auch für’s Leben.)


    Eine Stelle ist mir besonders stark in Erinnerung geblieben: Heide Kipp war Arsinoe, die »gute Freundin«, die zu Celimene kommt, um ihr auf scheinbar sehr freundliche aber in Wahrheit eiskalte und zutiefst bösartige Weise mitzuteilen, wie man in der Gesellschaft über sie redet. Die lange Rede, die sie dafür hat, ist wegen ihres offensichtlichen Doppelsinns urkomisch und erschreckend zugleich, die Schauspielerin hat aber der Versuchung widerstanden, dem Affen Zucker zu geben, und die ganze Rede mit äußerster Strenge und Zurückhaltung gebracht, freilich so, dass man in keinem Moment einen Zweifel haben konnte, was in Wahrheit dahinter steckt, was aber eben mit äußerst subtilen Mitteln, kurzen Blicken, kleinen Pausen, fast unsichtbaren Gesten usw. zum Vorschein gebracht wurde. Darauf folgt eine lange Rede Celimenes, die die Domröse mit unfassbarer Virtuosität abgeliefert hat, und zwar so, dass man immer, wenn man wollte, glauben konnte, dass sie der Freundin tatsächlich dankt, aber doch ständig merkte, dass sie vor allem darauf zielt, ihr eine tiefe Demütigung zuzufügen. Bei der folgenden Rede der Arsinoe war der Körper der Kipp um eine Nuance schlaffer, ihre Stimme um eine Nuance tiefer, ihr Sprechtempo um eine Nuance langsamer, und man fühlte en fast unmerkliches Zittern in der Stimme. Mit diesen Mitteln enthüllte die Schauspielerin, womit niemand gerechnet hatte (und was auch nicht im Stück steht), nämlich dass diese Arsinoe eine tief unglückliche Person ist. Es ist sehr leicht, sie dem Gelächter und der Antipathie des Publikums preiszugeben, es ist aber sehr schwer, das Mitgefühl der Zuschauer zu erregen, die bis eben noch großen Spaß an dem giftigen Hohn hatten, mit dem sie übergossen wurde. Sehr schwer, weil es nur um unausgesprochenes geht.


    So etwas zu erreichen erfordert unendlich viel Arbeit und vor allem Darsteller, die dazu in der Lage sind, das zu spielen. Und ich meine, darauf kommt es im Theater an, nicht auf die Dichtung, die man ja auch so lesen kann. Und es ist eben etwas ganz anderes als die Dichtung oder die Umsetzung der Dichtung. Und die Frage nach der Werktreue, die Frage, ob Moliere das so gemeint hat oder nicht, spielt dafür natürlich absolut gar keine Rolle. Das ist einfach eine Frage für jene, die vom eigentlichen Geheimnis und Zauber des Theaters noch nie berührt worden sind.


    Mehr habe ich dazu nicht zu sagen (weniger auch nicht).

  • Das Problem ist, dass Du nicht erfasst, was ich meine, sondern nur, was Du schon zu wissen glaubst, bevor überhaupt jemand eine Äußerung tut. Das macht die Sache für Dich so schwierig: Du hörst nicht zu, weißt nicht, was gesagt wurde und kannst also nur immer wieder denselben Faden abspulen. Und weil das am Ende nichts bringt, bleibt Dir nur, Dir göttliche Unfehlbarkeit anzudichten und zu erklären, dass u Deine Position hat nicht erklären und Deine Auffassungen gar nicht belegen musst, weil sie nun mal die Wahrheit sind, die Gefolgschaft verlangt, nicht eigenes Nachdenken. Und wenn Du morgen das Gegen0teil vom heutigen sagst (was, wie die Erfahrung lehrt, schnell mal vorkommen kann), gilt das eben auch für die gegenteilige Auffassung, und wer die Meinung vertritt, die Du gestern noch für die absolut gültige erklärt hast, muss damit rechnen, dass er als Dummchen behandelt wird.

    Nein, Du bist ein Egomane, der solche Diskussionen nur selbstzentriert führen kann und entsprechend - dazu braucht man nur Deinen Kommunikationsstil zu analysieren - jede Äußerung des Anderen personalisiert. Weil die Egomanie kann ja nicht unter Abstraktion von der Beziehung zum eigenen Ego denken kann und abgesehen davon - werden also auch alle Äußerungen vom Anderen als egozentrisch erfasst.


    Des weiteren verhältst Du Dich rücksichtslos diskurszerstörerisch. Jede Bemühung, eine Diskussionbasis zu finden, machst Du zunichte, indem Du jedes mögliche tragfähige Fundament für einen Dialog zertrümmerst. Alle Gedanken, an die man anknüpfen könnte, werden gleich zerredet und ins Lächerliche gezogen oder dagegen polemisiert. Nochmals - um die Sache klarzustellen: Ich habe nur Grundzüge der Kritik am Regietheater zitiert, die aus der Diskussion um das Regietheater stammen, die schon seit Jahrzehnten läuft, also gar nicht ursprünglich von mir sind. Den einen Gedanken hat der Theaterwissenschaftler Sven Friedrich formuliert (nicht nur er, viele Andere tun das auch in derselben oder einer ähnlichen Weise), dass sich die Regie vor das Werk schiebt. Thomas Pape z.B. fand das einen sinnvollen Ausgangspunkt für die Diskussion. Was ja nicht heißt, dass das immer so geschehen muss, aber eben eine Gefahr ist, die in der ästhetischen Konzeption des Regietheaters liegt. Daran anschließend stellt sich dann die mögliche Frage, wie man dies vermeidet oder vermeiden kann. Dazu habe ich dann eine Antwort gegeben, nämlich das Kriiterium "werkgerecht" weiter pragmatisch zu verwenden. Du dagegen hast nur abgelehnt und es ist Dir nichts Besseres als Polemik dazu eingefallen. Du selbst hast gar keinen Lösungsvorschlag gemacht, weil Du eben einfach gar kein Problem siehst. Dann braucht man aber auch mit Dir über diese Frage gar nicht diskutieren und Du solltest Dich aus dieser Diskussion einfach raushalten. Mit Jemandem ohne Problembewusstsein braucht man über Probleme und ihre mögliche Lösung nicht zu reden und er kann auch nicht mitreden mit denjenigen, die anders als er so ein Problem sehen. Den anderen Gedanken hat Bernd Fischer formuliert - der ebenfalls oft formuliert wird und formuliert worden ist, etwa von Joachim Kaiser - dass sich nämlich die Handlung gegenüber der Musik verselbständigt. Das ist die Formulierung einer "inneren", ästhetischen Unstimmigkeit in der Konzeption des Regietheaters. Auch hier gilt: Das muss nicht zwangslosig so sein, es bedeutet aber wiederum so etwas wie einen Schwachpunkt, eine Achillesverse in der ästhetischen Konzeption des Regietheaters. Das alles bleibt auf der Beschreibungsebene einer Sondierung der Probleme - die Begründungsebene ist damit noch gar nicht erreicht. Nur wenn man schon damit scheitert, überhaupt das Problem zu formulieren und ein solches Problem als solches anzuerkennen, braucht man auch keine tiefer gehende Diskussion darüber zu beginnen. Sie endet dann schon am Anfang.

    Es ist interessant, diese Verblendung zu beobachten, aber mit der Zeit wird es auch langweilig. Die Debatten mit Dir (wenn man sie überhaupt so nennen kann), erinnern mich immer an eine sehr witzige Szene in »Die Ritter der Kokosnuss«. Ich denke, Du weißt, welche ich meine. Mir ist die ein wenig zu makaber, und ich habe keine Lust, sie mir Dir immer wieder durchzuspielen. Lassen wir es also sein.

    So etwas wie Diskussionskultur geht Dir wie man hieran sieht völlig ab. Da fehlt Dir schlicht die diskursive Schulung. Natürlich habe ich hier gelernt, was auch etwas Wesentliches ist, dass man mit Leuten wie Dir keine ästhetischen Diskussionen führen kann. Weil eben die Minimalbedingung für einen Dialog ist, ein Problembewusstsein zu haben, nämlich die allseitige Anerkennung der Tatsache, dass es in der Begründung des "Regietheaters" ein Problem oder ein mögliches Problem überhaupt gibt. Dass es tatsächlich ein solches Problem gibt, zeigt sich ganz einfach damit, dass es genug Menschen gibt, seien es Künstler oder das Publikum, das die Opernhäuser besucht, die mit dem Regietheater ein ziemlich massives Problem haben. Das interessiert Dich als Egomanen aber nicht. Für Dich gibt es kein Problem und entsprechend dürfen die Anderen auch keinerlei Probleme mit dem Regietheater haben. Wenn sie ein Problem haben, dann wird das entweder als Dummheit des Publikums abgetan, das irgendwie "von gestern" ist oder als nicht Ernst zu nehmendes theoretisches Konstrukt. Für mich ist dieses Dein Verhalten nun kein Problem, da täuschst Du Dich über Deine Wichtigkeit. Ich muss solche Diskussionen nicht mit Dir führen und will Dir auch gar nichts "beweisen". Solche Diskussionen führe ich dann ganz einfach mit Anderen, die offen dafür sind. Die gibt es wahrlich genug.

  • Die Schauspieler bewegten sich so gut wie gar nicht, auf den ersten Blick sah. es aus wie völlig verstaubte traditionelle Operninszenierung. Tatsächlich standen sie oft nebeneinander mit dem Blick in den Zuschauerraum an der Rampe und sprachen ihre Text. Aber wie sie sie sprachen, wie sie aufeinander eingingen und wie virtuos sie mit dem Text spielten, das ließ ein ganz großes Theaterereignis entstehen.

    Und das kann auch in der Oper zum großen Theatererlebnis werden. Ich meine eine konzertante Opernaufführung. Meine beste Tristan-Aufführung habe ich 2011 in Gera erlebt, konzertant, u.a. mit Dara Hobbs und dem damaligen Geraer GMD Howard Arman. Es war einfach überwältigend, und wenn ich mich nicht täusche, hatte Frau Hobbs nach dem Finale bei den standing Ovations Tränen in den Augen. Aber das hat nichts mit dem Threadthema zu tun.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • So etwas zu erreichen erfordert unendlich viel Arbeit und vor allem Darsteller, die dazu in der Lage sind, das zu spielen. Und ich meine, darauf kommt es im Theater an, nicht auf die Dichtung, die man ja auch so lesen kann. Und es ist eben etwas ganz anderes als die Dichtung oder die Umsetzung der Dichtung. Und die Frage nach der Werktreue, die Frage, ob Moliere das so gemeint hat oder nicht, spielt dafür natürlich absolut gar keine Rolle. Das ist einfach eine Frage für jene, die vom eigentlichen Geheimnis und Zauber des Theaters noch nie berührt worden sind.

    Danke für diese Zeilen. Ich bin mittlerweile durch alle doch zum Teil anstrengenden Diskussionen zu einem zumindest ähnlichen Ergebnis gekommen. Es ist ein Erlebnis und nicht die Verifikation von Maßstäben. Das hat mir persönlich noch einmal den Antrieb gegeben, eine Oper aufzusuchen. Ich weiß noch nicht welche, ob ich mich da gleich an Wagner rantrauen, den ich seinerzeit als grässlich abgelehnt hatte (Ausnahme Tristan) oder etwas bescheidener sein soll, muss ich noch überlegen.:)


    Danke auch für den Molière, den ich durch Lesen seiner Dramen kennengelernt habe (ohne irgendeine Aufführung) und dann im Fernsehen nach Aufführungen gesucht habe. Die kamen damals noch und für mich dankenswerterweise im Nachmittagsprogramm.


    Eine solch bedeutende Aufführung, wie die von Dir beschriebene, werde ich allerdings nicht gesehen haben ... Gibt es die auf Video?

  • Es gibt eine DVD. Die Bildqualität ist schlecht, vor allem am Anfang, später wird es besser. Aber das vergisst man schnell. Ich habe aber keine Ahnung, wie man diese DVD bekommt. Ich habe sie vor längerer Zeit geschenkt bekommen. Es war eine Sammlung von berühmten Inszenierungen aus der DDR. Mehr weiß ich nicht.

  • Es gibt eine DVD .... Es war eine Sammlung von berühmten Inszenierungen aus der DDR. Mehr weiß ich nicht.


    Die blaue Fläche mit dem Hinweis "image not found" wurde entfernt.


    Die Aufzeichnung des Stücks gab es im Fernsehen, aber jetzt ruht sie anscheinend im Archiv.

    Die Premiere dieser Inszenierung fand anlässlich der XIX. Berliner Festtage am 28. September 1975 in der Berliner Volksbühne statt, wo auch die Vorstellung 1979 aufgezeichnet wurde. Die Erstausstrahlung erfolgte im 2. Programm des Fernsehens der DDR am 29. September 1979.

    Ernst Schumacher stellte in der "Berliner Zeitung" fest, dass die Inszenierung dem Werk Gerechtigkeit widerfahren lässt, auch wenn sie durchaus die Interessen der heutigen Zeit zur Geltung bringt. Der „Menschenhasser“ kommt ohne Mätzchen und ohne Verkrampfungen aus. Rainer Kerndl bezeichnete im Neuen Deutschland die Premiere des Stückes als brillantes und erlesenes Komödien-Theater, wie er es gern noch öfter auf den Bühnen sehen würde.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Tja. Wikipedia. Viel geht daraus nicht hervor. Übrigens meinte Schumacher natürlich nichts von »Werkgerechtigkeit«, sondern das das Stück, das Land Zeit als entweder zynisch oder langweilig galt sozusagen rehabilitiert wurde. Das nur, damit keine falschen Hoffnungen aufkommen.


    Die DVD gibt es problemlos bei Amazon.

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  • Das ist ein Missverständnis.

    Eigentlich nicht.

    Und das kann auch in der Oper zum großen Theatererlebnis werden.

    Ich meine, daß auch eine konzertant aufgeführte Oper zum großen Erlebnis werden kann (und gerade beim Tristan mit seiner Handlungsarmut und einer Spannung, die sich über die Musik aufbaut und nicht durch Action). Übrigens war vorgesehen, diesen Tristan in Gera szenisch auf die Bühne zu bringen. Warum das nichts wurde, daß weiß sicher nur der damalige Intendant, ich glaube, es war Matthias Oldag, dem Gera große Opernerlebnisse zu verdanken hat.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Tja. Wikipedia. Viel geht daraus nicht hervor. Übrigens meinte Schumacher natürlich nichts von »Werkgerechtigkeit«, sondern das das Stück, das Land Zeit als entweder zynisch oder langweilig galt sozusagen rehabilitiert wurde. Das nur, damit keine falschen Hoffnungen aufkommen.


    Die DVD gibt es problemlos bei Amazon.

    Nach Deiner Beschreibung scheint es sich ja um eine eher reduziert-klassische Inszenierung zu handeln, die ihre Qualität aus der präzisen Arbeit mit den Darstellern bezieht.


    Mich würde mal ein radikales Beispiel interessieren, in dem bspw. der Text nur mehr bruchstückhaft oder in verdrehter Chronologie vorkommt. Dergleichen hat mich in München unter Kusej aus dem Theater getrieben.


    Aber es muss doch Beispiele geben, die gelungen sind?

  • Das Attribut »klassisch« wäre mir da nicht eingefallen. Es ist in meiner Erinnerung eher eine Inszenierung, die solche Kategorisierungen überschreitet und sinnlos macht. Ich glaube ja, dass das für alle großen Kunstwerke zutrifft.


    Die andere Frage ist natürlich heikel. Ich kann sie nicht so recht beantworten. Ich habe großartige Theaterabende erlebt, bei denen sehr radikal mit dem vorliegenden Text (wenn es überhaupt einen gab), umgegangen wurde. Allerdings ist das lange her, da ich seit längerer Zeit kaum noch ins Theater gehe. Das liegt, wie man sich denken kann, daran, dass da wenig stattfindet, was mir gefällt. Allerdings bin ich im Unterschied zu den wackeren Kämpfern gegen das sog. Regietheater (und vor allem den Damaskus-Rückkehrern unter ihnen) nicht der Meinung, dass mein Geschmack eine ästhetische Position ist, die dazu taugt, als allgemeine Regel aufgestellt zu werden. Darum halte ich mich da lieber zurück. Ich stehe zu weit außerhalb der Kultur, die dem zugrunde liegt. Ich habe nie etwas mit Pop-Musik anfangen können, ich sehe nicht die entsprechenden Filme und spiele keine Computerspiele. So ist mir die Bilderwelt ebenso fremd wie die die affirmative Haltung zum Bestehenden, die sich mit apokalyptischen Bildern schmückt, und die narzisstische Suche nach dem Kern des von allem anderen losgelösten Ich. Und wenn ich etwas nicht verstehe, halte ich mit Urteilen lieber zurück.


    Aber wir sind weit vom Thema abgekommen, also beenden wir das lieber, sonst blühend wieder Verschwörungstheorien auf...

  • Ab Oktober zeigt das Brüsseler Opernhaus La Monnaie eine neue Ring-Produktion. Es dirigiert Alain Altinoglu, Regie führt Romeo Castellucci. "Das Rheingold" hat am 24.10. Premiere, u.a. mit Gabór Bretz als Wotan. "Die Walküre" folgt dann ab 21.1., mit Peter Wedd als Siegmund, Sally Matthews als Sieglinde und Ingela Brimberg als Brünnhilde.


    https://www.lamonnaiedemunt.be/en/program/2654-das-rheingold

    https://www.lamonnaiedemunt.be/en/program/2658-die-walkure


    Ich habe schon eine Karte für das "Rheingold" und plane, mir den gesamten Ring anzuschauen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Das Opernhaus La Monnaie hat inzwischen eine Aufzeichnung der neuen "Rheingold"-Produktion, die ich dank der Deutschen Bahn verpasst habe :cursing:, bei Youtube verfügbar gemacht:


    Verfügbarkeit war einmal. Es erscheint dieser Hinweis, weshalb das schwarze You Tube Rechteck entfernt wurde. Dieses Video ist privat



    Musikalisch habe ich einen sehr positiven Eindruck. Die Inszenierung von Castellucci hat mir aber trotz einiger interessanter Ideen nicht so gut gefallen, dass ich mir die weiteren Teile des "Rings" unbedingt vor Ort ansehen muss. Ich warte stattdessen darauf, dass ich sie mir auch bei Youtube anschauen kann.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Nun ja, Shorts stehen nicht jedem. :untertauch:

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ja, solch Gewimmel möcht ich sehn, auf freiem Grund mit freiem (nacktem) Volke stehn,

    Im Augenblicke dürft ich sagen, verweile doch, du bist so schön!!


    Ist das ein Selbstbedienungsladen für Geschlechter aller Art in der Herbertstraße? Oder muß ich sowas nicht verstehn?

    Beim neutralen Betrachten des Bildes kommt mir keine Sekunde der Gedanke, es könnte eine Szene aus dem Rheingold sein.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Als Opern Dummie erlaube ich mir einen Hinweis:


    Wem 16 Stunden zu lang sind wird mit dieser Produktion, die bedeutend kürzer ist, zufrieden sein.


    Aus der Produktinformation des Werbepartners:


    Das Salzburger Marionettentheater und das benachbarte Landestheater stellten sich gemeinsam einer Mammutaufgabe: Wagners »Der Ring des Nibelungen« sollte schrumpfen, von 16 Stunden auf kompakte zwei. (Genau genommen sind es 109 Minuten)

    Dabei durfte die Tetralogie keinen inhaltlichen Mangel leiden, im Gegenteil, die Fassung sollte einen roten Faden durch die vier Opern liefern. Die Grundstruktur des Werkes blieb unangetastet und wurde lediglich verdichtet. Die Inszenierung wirft einen zeitgemäßen Blick auf den Stoff. Die Zuschauerinnen und Zuschauer sollen sich in den mehr als 30 Charakteren, die von Marionetten und Menschen dargestellt werden, wiederfinden. In dieser äußerst spannenden Konstellation kann es sowohl für Wagner-Anfänger als auch für Wagner-Kenner losgehen auf eine Safari durch den »Nibelungenpark«, über eine Bühne, die als visueller »Zeitentunnel« dient. Und das Ganze immer mit Respekt vor Wagners großem Epos.


    Regie: Carl Philip von Maldeghem.


    Mit Musikaufnahmen der Ring-Einspielung von Georg Solti mit Hans Hotter, Kirsten Flagstad, Birgit Nilsson, Wolfgang Windgassen, Georg London, Christa Ludwig, Dietrich Fischer-Dieskau und den Wiener Philharmonikern (1958-1964), erschienen bei Decca.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • P. Craig Russel, Zeichnungen


    Patrick Mason, Lovern Kindzierski, Text


    Der Ring des Nibelungen


    Eine gezeichnete Fassung als Comic


    Übersetzung: Stephanie Pannen


    448 Seiten, 1348 g


    Man lese das Vorwort von Michael Kennedy, Autor des Oxford Dictionary of Music und Musikkritiker des London Telegraph, das auf der Seite des Werbepartners zu lesen ist.


    Einziger Nachteil: Die Lieferfrist beträgt 4 Wochen.



    Zwei Beispiele


    Nibelungen_stern_6.jpg?f=16%3A9&h=816&m=FIT&w=1680&$p$f$h$m$w=15964d9


    russell-comic-nibelungen-weltesche-100-1920x1080.jpg

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
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  • Zitat von Produktinformation jpc

    Das Salzburger Marionettentheater und das benachbarte Landestheater stellten sich gemeinsam einer Mammutaufgabe: Wagners »Der Ring des Nibelungen« sollte schrumpfen, von 16 Stunden auf kompakte zwei. (Genau genommen sind es 109 Minuten).

    widerspricht m. E. eigentlich

    Zitat von Produktinformation jpc

    Und das Ganze immer mit Respekt vor Wagners großem Epos.

    Wem 16 Stunden Wagner zu viel sind, der sollte vielleicht doch lieber bei der "Fledermaus" bleiben.


    Zitat von Produktinformation jpc

    Die Inszenierung wirft einen zeitgemäßen Blick auf den Stoff.

    Gott sei Dank ist der "Ring" von zeitloser Bedeutung, so dass eine Anbiederung an den jeweiligen Zeitgeist unnötig ist. Ist diese Salzburger Marionettenproduktion von 2012 also heute, zwölf Jahre später, noch "zeitgemäß"? Man braucht sich nur ansehen, was sich seither in der Welt getan hat, und kann seine eigenen Schlüsse ziehen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Werter Joseph II.


    Ich sehe es pragmatischer. Man sollte zumindest die DVD oder die Aufführung gesehen haben, um ein Urteil abgeben zu können. Die Produktinformation ist ein Hinweis. Mehr nicht.


    Wer besucht eine Marionettenaufführung? Eltern mit ihren Kindern. Oder Opernliebhaber, die sich diese Fassung ansehen möchten und ihren Spass daran haben. Die Musik ist auf höchstem Rang, die in die Aufführung eingespielt wird.


    Der eine oder andere wird vielleicht eine Opernvorstellung besuchen oder hatte als Kind diese Inszenierung gesehen und wird sich als Erwachsener erinnern und eine Karte für die Oper kaufen.


    Wenn man die Biografien von Klassikinteressierten liest, wie sie zu dieser Gattung kamen, sind es solche Kindheits-Erlebnisse, die sie geprägt haben. Eltern sind in die Pflicht genommen, ihren Kindern auch Kultur zu vermitteln. Darin schliesse ich auch die Schule mit ein.


    Ich war letzthin im Dokumentarfilm Living Bach. Es beginnt mit einem Vater aus Paraguay, Che Ru ist sein Name, der seinen Kindern Bachs Musik nahe bringt. Eine mich berührende Szene, denn er spricht mit ihnen über den Tod seines 18 jährigen Bruders und verbindet seine Erzählung mit der Musik Bachs. Die gleiche Familie besucht eine Kirche und der Vater singt aus einer Bach-Kantate seinen Söhnen vor. Es sind solche Momente, die Verbindung zur Musik der Vergangenheit schaffen.


    LG moderato

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich lese die Threads mit 500 Beiträgen gerne. Daraus ist viel zu lernen. Manchmal gibt es Wortmeldungen, die sind arg verkopft.

    Es gibt aber auch andere.


    So in Beitrag 487, in dem das ehemalige Mitglied Uwe Hintze von einer Theateraufführung schreibt und weshalb sie ihn ergriffen hat.


    Man erinnert sich an darstellerische Leistung, die man erlebt hat und überlegt, weshalb man von ihr ergriffen war.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich habe den Band und kann ihn sehr empfehlen. In gewisser Weise ist er sehr traditionsverpflichtet, im Sinne z.B. der Illustrationen Arthur Rackhams.


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Lieber hasiewicz


    Ich denke, Russel bedient sich der Ästhetik des 19. Jahrhunderts, als Wagner die Musik komponierte und aufführte und führt sie mit der Bildsprache des Comics zusammen. Er führt auf gelungene Weise die Tradition weiter.

    Der Text von Patrick Mason und Lovern Kindzierski bedient sich auch der wagnerischen Sprache, hat ihren Duktus, vereinfacht sie aber. Das hat seinen Reiz.


    In meinen beiden gezeigten Beispiel-Bildern wird das recht gut ersichtlich.


    LG moderato

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




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  • 1992 strahlte der ORF im Sendegefäss Opernführer, den Marcel Prawy moderierte, Wagners Ring für Anfänger aus.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Der Dirigent Marek Jankowski hat Der Ring des Nibelungen auf SACD beim Label Pentatone herausgegeben. Andere Wagner-Oper mit diesem Dirigenten sind auch dort erschienen. Es sind Aufnahmen, die mit ihrer Tonqualität rundum überzeugen. Es sind Live-Aufnahmen konzertanter Aufführung in der Berliner Philharmonie.


    Lance Ryan, Petra Lang, Matti Salminen, Katharina Kammerloher, Iris Vermillion, Tomasz Konieczny, Günther Groissböck, Andreas Conrad, Melanie Diener, Stephen Gould, Violeta Urmana, Christian Elsner, Jochen Schmeckenbecher, Robert Dean Smith, Anna Larsson, Tomasz Konieczny, Sophie Klußmann, Rundfunkchor Berlin, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin


    Die sperrige Box im quadratischen Format von LP-Hüllen mit den 13 SACDs ist für mich zur Unterbringung im CD Regal ungeeignet. Ich ärgere mich jedes Mal, wenn ich sie in den Hörraum trage.



    Wichtiger Hinweis:


    :!:Achtung! Die gleichen SACD Aufnahmen gibt es gegenwärtig teilweise (3 von 4) preiswert in einer Pentatone Aktion beim Werbepartner.



    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928