Beiträge von Christian B.

    Die Anspielung ergibt sich ja aus dem Titel Gaspard de la nuit: Trois poèmes pour piano d'après Aloysius Bertrand.

    Bei Le Gibet ist das noch deutlicher. Die Musik enthält anders als die Dichtung gar nichts von "Schauerromantik". So kommt man dem "poetischen Inhalt" dieses Klaviergedichts dann (vielleicht) näher.

    Betrands Text hatte ich mir vor Jahren mal besorgt, aber Du hattest das so formuliert, als würden die rhythmischen Besonderheiten sich direkt dem Text verdanken, aber so war es wohl nicht gemeint.


    In Le gibet kann man aber schon Schauerromantik wahrnehmen, finde ich?


    Viele Grüße, Christian

    Für mich stellt das eine entscheidende Bemerkung dar. Die Bewegung (Metrik) des Meeres ist im Endeffekt eine jederzeit umspringen könnende. Das macht die stehende Melodie gerade so geheimnisvoll. Für den Pianisten scheint es mir allerdings wirklich eine Herausforderung zu sein, die Bewegung so zu spielen, dass kein homogener Klangbrei entsteht, aber auch keine Überbetonung einer einzelnen Metrik ....


    Eine spezifische Schwäche bei Argerichs Ondine aus dem Jahre 1960 ist in meinen Ohren nun das Gefühl, dass Melodie und Meeresbewegung synchron zu sein scheinen. Bei Pogorelich wird diese "Idee" durch extreme Rubati noch einmal gesteigert.

    Ich kann das nicht nachvollziehen. Bei den allermeisten Interpreten, auch ABM, höre ich eine gleichförmig fließende Bewegung ohne Akzente. Ein „Umschalten“ zwischen zwei Rhythmen/metrischen Systemen ist mir nicht möglich und ich halte es auch für sehr unwahrscheinlich, dass ein Interpret es daraufhin anlegt. Denn wie Köhn oben sagt - und das widerspricht seiner These von mehreren parallelen metrischen Möglichkeiten - ein Interpret muss sich beim Spielen für eine Variante entscheiden. Wenn dem aber so ist, kann der Hörer nicht nach Belieben unterschiedliche metrische Systeme hören. Hier finde ich die Argumentation nicht zwingend, und wie gesagt höre ich bei den allermeisten Interpreten ohnehin eine sehr gleichförmige Wellenbewegung ohne jegliche Akzente. Ausnahmen sind Samson Francois, Vlado Perlemuter und vor allem die junge asiatische Pianistin Aya Nagatomi auf ihrem beeindrucken Ravel-Album.


    Da die Gleichförmigkeit der Bewegung das wesentliches Element ist, finde ich auch die ausufernde Diskussion über betont/unbetonte Verfüße usw. geradezu grotesk am Werk vorbei gedacht, muss ich sagen.

    Lieber Holger,


    ich bedauere Deinen Rückzug und möchte anmerken, dass ich den Daktylus durchaus in Frage gestellt habe.


    Aber auch einen Anapäst höre ich nicht, da die Noten ja eben ohne Betonung und möglichst gleichförmig zu spielen sind.


    Meine Frage nach der literarischen Quelle, der Deiner Ansicht nach dieser Rhythmus zugrunde liegt, hast Du leider nicht beantwortet. Der kurze Text „Ondine“ von Aloysius Bertrand - auf dessen Gaspard-Text Ravel sich bezieht - kann es jedenfalls nicht sein, das habe ich mir inzwischen im Original angesehen.


    Viele Grüße, Christian

    Ich finde theoretische Diskussionen in der Musikrezeption immer dann interessant, wenn sie einen neuen Blick auf ein Werk oder eine Aufnahme eröffnen. Aber das scheint hier gar nicht der Fall zu sein und ich verstehe die Anfeindungen einmal mehr nicht.


    Mich würde aber schon noch interessieren, lieber Holger, was für literarische Hinweise Du in der Partitur gefunden hast, die auf einen Daktylus deuten? Für mich ist das für einen Daktylus viel zu schnell und ich vermag ihn beim besten Willen auch nicht zu hören. Allerdings war das Erkennen von Versmaßen trotz großer Liebe zur Lyrik noch nie meine Stärke und ich bin im Studium dem Thema konsequent aus dem Weg gegangen ;-)

    Bis vorhin dachte ich auch, dass meine Platte ein Helsinki-Mitschnitt sei und frage mich jetzt: von wann und wo ist der Debussy auf der A-Seite?

    Der obige youtube-Mitschnitt des Helsinki-Konzerts ist ohne Bild und somit kein Beweis.


    Wie bereits von Karl verlinkt, wird auf https://pianistdiscography.com…cinfoSENT=7252&PIANIST=31 für dieses Konzert ein Programm mit dem Gaspard angeführt.

    Und genau für dieses Konzert mit diesem Programm (also mit Gaspard) findet sich auch ein youtube-Video:

    Wie lange ist denn Ondine in der Aufnahme aus Lugano 1968?

    Ich habe den Überblick verloren.


    Das Praga-Remastering ist aus dem Jahr 1960 (Prag).


    Ich dachte, ich habe die von Holger genannte Nuova Era Ausgabe, aber dabei scheint es sich um die 1987-Vatikan-Ausgabe zu handeln, die von Aura veröffentlicht wurde.


    Laut https://pianistdiscography.com…p?workSENT=942&PIANIST=31 gibt es auch keine Nuove Era Ausgabe des Lugano-Konzertes oder wie soll die aussehen?


    Mich macht es immer ein bisschen nervös, wenn die vermeintlich interessantesten Ausgabe NICHT verfügbar sind.

    Da gibt es ein paar Spezialisten hier im Forum, die dafür eine Vorliebe haben ;-)


    Viele Grüße

    Christian

    Nachdem wir bereits Beethovens Glissandi, Schumanns Stretta und Brahms' Doppelgriffe betrachtet haben, möchte ich auf ein Video von Marc André Hamelin hinweisen mit Ravels "Gaspard".


    Ich poste das Video mit allergrößtem Respekt vor Hamelin, der Schwierigkeiten eher zu suchen scheint, als ihnen aus dem Weg zu gehen.

    Hier fliegt er allerdings bei ONDINE beträchtlich aus der Spur.


    So bewunderswert, wie er das auffängt, unglaublich!


    Nachdem wir bereits Beethovens Glissandi, Schumanns Stretta und Brahms' Doppelgriffe betrachtet haben, möchte ich auf ein Video von Marc André Hamelin hinweisen mit Ravels "Gaspard".


    Ich poste das Video mit allergrößtem Respekt vor Hamelin, der Schwierigkeiten eher zu suchen scheint, als ihnen aus dem Weg zu gehen.

    Hier fliegt er allerdings bei ONDINE beträchtlich aus der Spur.


    So bewunderswert, wie er das auffängt, unglaublich!


    Melo Classic kenne und kaufe ich seit Jahren und bin immer wieder entzückt, was die an Touvaillen ausgraben und in aller Regel in sehr guter Qualität veröffentlichen. Teilweise entstehen die Veröffentlichungen und Booklets zusammen mit den Erben der Künstler (wie etwa bei Samson Francois). Bei den Aufnahmen handelt es sich entweder um Rundfunk-Recitals oder (professionelle) Konzertmitschnitte. Freilich oftmals mono, was mich aber nicht stört. Bei diesen live-Mitschnitten bekommt man die Fehlbarkeit der ganz Großen mit, was mir gestern im Höhrvergleich von Betthovens Waldstein-Sonate auffiel: Gina Bachauer null Fehlgriffe, Jacob Lateiner einige. Bei Lateiner habe ich mich allerdings auch gefragt, warum er so schnell spielt (im Vergleich zu der fantatstischen Studio-Aufnahme. Hatte der eine Tischreservierung beim Lieblingsitaliener?). Lateiner übrigens bei Parnassus, nicht bei Melos.


    Lieber Thomas, nochmals vielen Dank für den Hinweis auf dieses Label! Die Veröffentlichungen von Kempff und Anda sind außerordentlich interessant, beide Pianisten haben live noch einmal anders gespielt als im Studio.


    Ashkenazy hat die Sonate 1973 veröffentlicht - er kannte somit diese Einspielung von Richter aus dem Jahr 1978 nicht. Auch die anderen Einspielungen Richters sind aus dieser Zeit.


    Gleichwohl scheint mir hier eine ähnliche Herangehensweise vorzuliegen. Die konkreten Einflüsse wären natürlich sehr interessant, aber man müsste ihn wohl persönlich fragen, um das herauszufinden. Ich betone das, weil es in jener Zeit - von Richter abgesehen - niemanden gab, der Schubert so langsam und eindringlich zugleich gespielt hat.


    Für mich hat Ashkenazy mit dieser Aufnahme eine eigenständige, bedeutenede Schubert-Deutung vorgelegt.


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    Leider kenne ich die Einspielung von Ashkenazy nicht (wirklich schade) so dass ich gar nicht vergleichen kann. Der Satz suggeriert aber zusätzlich noch, dass die Einspielung von Huangci nicht "erfüllt" sei und einiges beiläufig im Spiel. Dem möchte ich widersprechen. Ihr Schubert berührt mich sogar und ich finde ihren sehr klaren Ton erhellend und gleichzeitig wieder verdunkelnd, also irgendwie schon ein Gegenteil von "glatt", wo ja alles poliert bleibt. Bei Schubert versteckt sich immer ein gefährdeter Grundton hinter aller Helligkeit oder Fröhlichkeit und Huangci kann das wundervoll herausspielen, sowohl bei D. 894 wie auch bei 958.


    Ich kann mit Huangcis Aufnahme von D.894 nichts anfangen, sie trifft für mich den Ton nicht und die Temposchwankungen sind beträchtlich. Ashkenazy, den ich als Schubert-Exegeten bisher überhaupt nicht auf der Rechnung hatte, spielt im Vergleich dazu gleichmäßiger, vor allem aber trifft er im ersten Satz den resignativen Ton sehr gut. Unvergleichlich auch, wie bei ihm der Basston immer präsent bleibt. Ashkenazy ist da mehr bei Richter, was aber insofern erstaunlich ist, als dessen nochmals langsamere Aufnahme von D. 894 meines Wissens später erschienen ist.


    Dr. Holger Kaletha schon reingehört?


    Es scheint da eine russische Schubert-Tradition zu geben, deren Wege wir nicht kennen?


    Viele Grüße

    Christian

    Eine Tauschbörse hier wäre tatsächlich interessant und hilfreich, gerade bei vergriffenen Aufnahmen - und davon gibt es etliche und vor allem gibt es auch Mitglieder, die zu meiner Verweiflung gerne von vergriffenen Aufnahmen schwärmen, die dann nicht oder nur unter allergrößten Anstrengungen zu bekommen sind.


    Aber ich vermute, dass Alfred_Schmidt untrollierbare Kommunikations- und Tauschbeziehungen nicht gerne sieht und dafür keinen thread, der schnell einzurichten wäre, eröffnen möchte. Ich würde es aber sehr begrüßen und dort sofort meine letzten beiden CDs einstellen, die ich mir nur gekauft habe, um sie digitalisieren zu können. Ich bin mir sehr sicher, dass ein solcher Tausch- oder Leihthread das Forum sehr lebendig halten würde. Man könnte ihn ja auch im internen Bereich platzieren.

    Durch Zufall bin ich auf diese seltene und mir bislang unbekannte Einspielung von Schuberts G-Dur Sonate D.894 von Vladimir Ashkenazy gestoßen - ihm gelingt diese musikalisch schwierige Sonate (1. Satz!) ganz wunderbar und der bei der DECCA oftmals sehr harte Ton ist hier auch besser und etwas runder getroffen. Wirklich jeder Takt ist erfüllt gespielt, nichts ist beiläufig. Ganz toll! Viel besser als die etwas glatte Neuaufnahme von Claire Huangci.


    Dr. Holger Kaletha : kennst Du diese Einspielung?


    MjMtOTQ1OS5wbmc.jpeg



    Die Aufnahme ist auch in dieser Box enthalten:



    Dort finden sich auch seine Chopin-Aufnahmen in der ursprünglichen Reihenfolge, also chronologisch und nicht nach Gattungen (Walzer, Mazurken, Nocturnes usw.) gruppiert. Und es gibt einige analoge Aufnahmen der Beethoven-Sonaten (Nr. 7, 8, 17, 21, 23, 28-32), die mir unbekannt sind. Wurden die je digital veröffentlicht? Ich glaube nicht. Eher selten zu finden sind auch seine zweite Einspielung der Chopin-Preludes, die 3. Sonate op. 58 sowie die Brahms Sonate op. 5 und die Händel-Variationen.


    Weiter heißt es bei jpc:


    "Unter anderem mit den monumentalen Aufnahme-Projekten sämtlicher Soloklavierwerke von Chopin und von Rachmaninoff. Beide Zyklen erscheinen hier nicht nur auf CD, sondern auch erstmals remastert in 24bit / 96kHz auf einer Blu-ray Audio."


    Das Remastering der Chopin- und frühen (?) Rachmaninoff-Aufnahmen fände ich in Hinblick auf den etwas blechernen und harten Decca-Klang interessant.


    Vielleicht besitzt ja jemand die Box und kann berichten?

    Von den Sonaten Nr. 3, 8, 13, 14, 15, 18, 20, 23 und 26 gibt es ältere EMI-Aufnahmen

    Die nur teilweise erhältlich sind! Leider hat das Label Warner, das sonst eine tolle Katalogpflege betreibt, diese EMI-Schätze noch nicht gehoben. Es gibt von ihm auch die Sinfonischen Etüden, den Carnaval und einige große Sonaten! Alles nicht zu bekommen! Die Denon-Aufnahmen sind hervorragend, sehr lebendig, vom Ton vielleicht ein bisschen hart. Ich habe Gelber Anfang der 90er live im Herkulessaal gehört (u.a. mit Brahms 3. Sonate) und er hat einen runden, vollen Ton. Den finde ich auf den Denon-CDs nichts gut wiedergegeben.


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    Vielen Dank für Deine detaillierten Ausführungen, die ich alle sehr gut nachvollziehen kann und auch in den Schlussfolgerungen sehr schlüssig finde.


    Der in technischer Hinsicht gerne gerügte Edwin Fischer wird in der Furtwängler-Aufnahme meines Erachtens allenfalls ein kleines bisschen langsamer, er bleibt weitgehend im Tempo und er spielt pp legato! Ein offenbar auch technisch bedingtes Bremspedal wie kürzlich bei Andrea Kauten nehme ich bei ihm jedenfalls nicht wahr.

    Im weiteren Verlauf des Satzes spielt Fischer geradezu turbulent und zieht gegen Ende das Tempo mächtig an! So traut sich das heute niemand mehr! Das "Appassionato" in der Satzbezeichnung wird hier sehr konsequent umgesetzt. Der Klang ist allerdings so bescheiden, dass möglicherweise einige Details (und Töne) verschluckt werden. Ich möchte deswegen diese Aufnahme nur bedingt empfehlen, obwohl sie ja doch ein gewisses Renommee hat.


    Normalerweise würde ich sagen, dass dieses Konzert einfach niemand spielen sollte, der manuell nicht vollkommen darüber steht

    Einerseits sehe ich das auch so, andererseits stelle ich dann aber immer wieder fest, dass mich technische Perfektion allein langweilt oder kalt lässt (wie bei Adam Laloum) und dass Aufnahmen, die technisch nicht perfekt sein mögen, zuweilen interessanter sind, weil der Interpret mehr von seiner Persönlichkeit einbringt. Grimaud liegt mir gar nicht besonders am Herzen, die meisten ihrer Aufnahmen lassen mich kalt, aber wie gesagt spielt sie bspw. die Kantilene nach der Doppelgriffpassage ganz wunderbar. Und dass sie eben mit diesem Werk spürbar ringt, verleiht ihrer Aufnahme in meinen Ohren eine persönliche Note.


    Gestern bin ich noch auf eine Live-Aufnahme von Geza Anda unter Klemperer gestoßen, der zaubert bei der gefürchteten Doppelgriff-Passage erstaunlicherweise viel mehr als in seinen Studio-Aufnahmen mit Fricsay (gibt es wieder digital!) oder Karajan!


    Die von Dir genannten Barenboim Aufnahme mit Abbado steht mir nicht zur Verfügung, aber ich wollte mir jetzt noch einmal seine späte Aufnahme mit Dudamel anhören, wobei ich die beim ersten Mal doch sehr gebremst fand.

    Hélène Grimaud ertränkt alles im Pedal

    Grimaud hat hier im Forum keinen guten Stand, kürzlich wurde auch ihre Aufnahme der Kreisleriana verrissen. Dabei finde ich, dass die Aufnahme des zweiten Brahmskonzertes durchaus ihre Meriten hat. So spielt sie bspw. die sich an der hier besprochenen Doppelgriff-Passage anschließende Kantilene sehr stark, indem sie die Dissonanzen zwischen Oberstimme und Begleitung betont. Das spielen die meisten viel glatter und die Kantilene hört man sonst kaum auf diese Weise. Ihr Spiel bringt den dichten, spannungsgeladenen Klaviersatz von Brahms wunderbar zum Klingen.


    PS: Die Kreisleriana hat übrigens Dr. Holger Kaletha verrissen, also scheint es da gewisse Gemeinsamkeiten zu geben.

    Rubinstein hat hörbare Mühe, viele andere auch.

    Nicht jedoch in der frühen Einspielung (ich glaube aus dem Jahr 1952) mit Charles Münch! Rubinstein Collection Vol. 22.

    Um die Stelle beurteilen zu können, müsste man sich zuerst die musikalische Struktur ansehen: Es handelt sich dabei um eine (zweifache) Variation des vorangegangenen Trio-Themas in D-Dur, das zuerst von den Geigen und dann von den Hörnern gespielt wurde. Das Klavier nimmt dieses Thema mit den Oktav-Umspielungen auf und variiert es in d-Moll, gefolgt von einer weiteren Variation mit den Doppelgriffen. Hier ist die Klavier-Version oben und die Original-Version der Streicher bzw. Hörner darunter; die gemeinsamen Töne jeweils rot markiert:

    Vielen Dank!

    Technisch gesehen stimme ich Dir bei Laloum nicht zu. Adam Laloum spielt auch diese "pp sotto voce, legato" Stelle ohne Fehl und Makel. Allerdings wirkt sie nicht überzeugend.

    Im Vergleich zu den oben genannten Aufnahmen wählt er ein eher ruhiges und entspanntes Tempo. So kommt diese Stelle dann auch rüber und natürlich spielt er das in diesem Tempo einwandfrei. Die Satzbezeichnung ist jedoch Allegro appassionato!


    Julius Katchen ist atemberaubend, aber vom Zugriff etwas rabiat und insgesamt wenig geheimnisvoll. Barenboim/Barbirolli hat mich jetzt auch sehr positiv überrascht.

    Der von mir sonst wenig geliebte András Schiff spielt dieses Werk auf einem Blüthner von 1859 und sehr langsam, aber gestaltreich.

    Schiff bremst das Tempo auf eine Weise ab, die die Noten nicht hergeben. "Gestaltreich" ist das eigentlich auch nicht zu spielen, sondern eben sotto voce ("mit gedämpftem Ton und äußerster Zurückhaltung in Dynamik und Ausdruck").


    Gilels/Jochum finde ich hier auch nicht so stark, aber Du musst mal Gilels' frühe Aufnahme mit Reiner oder eben die Live-Aufnahme anhören! So toll!


    Wie machst Du das denn, dass das Video genau an der richtigen Stelle beginnt?


    Viele Grüße

    Christian

    Ja, so ging es mir mit dieser Aufnahme bisher auch mit Brendel/Abbado. Wirklich überragend spielen den zweiten Satz und zumal diese pp-Stelle Richter (Leinsdorf) und Gilels (Reiner), das ist ein Welt für sich.


    Bei diesem Konzert scheint auch nicht zuzutreffen, was Du über die 'alte' Generation von Pianisten weiter oben gesagt hast (sinngemäß: die jüngere Generation sei technisch heute besser): Vielleicht liegt es daran, dass es wenige Neuaufnahmen gibt, aber die mir bekannten bspw. von Trpceski oder Laloum bleiben hier weiter hinter dem zurück, was Gilels, Richter, Serkin, Fleisher und auch Freire vorgelegt haben. Sie spielen - zum im zweiten Satz - vergleichweise zurückhaltend. Sehr faszinierend finde ich auch eine WDR-Liveaufnahme von Gilels unter Mario Rossi: Gilels legt das Konzert insgesamt ja eher langsam an, aber an der pp-Stelle ist er so flüssig und elegant wie einst unter Reiner.