Beiträge von Damiro

    Wenn man die CD- Veröffentlichungen mit diesem Pianisten verfolgt, also auch deren Musik nachgeht, frägt man sich, warum er bisher auf dem Hänssler Label öfter erschien. Man sollte ihn aber keinesfalls als Schnäppchen- Pianisten betrachten.


    Erinnern möchte ich jedenfalls an seine überragende "Carnaval"- Interpretation im dortigen Thread:




    (aus Juni 2021)

    (.....)

    Mal sehen, was ich mir über Herbert Schuch aufgeschrieben habe, über seine Aufnahme hier: (dessen Carnaval ist sehr preiswert in folgender Box zu haben und seine sonstig enthaltenen Aufnahmen stellen sehr solides, teils recht originelles und traumhaft sicheres Klavierspiel dar ---> ....)


    8325957



    Weitere Informationen über ihn gibt es hier:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Herbert_Schuch


    H. Sch. ist im Alter von neun Jahren von Temeschburg mit seinen Eltern nach Deutschland übergesiedelt, zunächst nach Rosenheim / Bayern. Er hat im Verlauf eine ganze Menge von Preisen bei Klavier- resp. Musikwettbewerben gewonnen.


    Die vorliegende Aufnahme stammt aus 2008, der Pianist war damals 30 Jahre alt. Der Flügel klingt rund, weich und warm, mit etwas Bassbetonung. REPLIQUE (Pos. 38) geht nahezu tonlos zuende, danach greift der Pianist in den geöffneten Flügel und lässt von den geforderten Grundtönen aus Glissandi erklingen, die den Abschnitt SPHINX zum tönen bringen sollen. Das ist eine sehr freie Interpretation von Schumanns Absicht, das literarische Schema Sphinx adäquat in die Musik einzuflechten. Das wird sicher nicht jedermann gefallen, doch geht es weiter, alsbald mit dem dreiteiligen Komplex VALSE ALLEMANDE - PAGANINI. Die geforderte Vortragsweise Tempo 1 (ma piu vivo) nimmt Schuch wörtlich leidenschaftlich romantisch, ebenso wie CHIARINA. Da wird Schuchs Spiel, ohne dass Fehler und Fehlgriffe passieren einfach phänomenal. Endlich gerät der abschliessende MARSCH DER DAVIDSBÜNDLER recht langsam und eher behäbig. Ich finde, dass alles stilistisch gut zusammen passt. 8)

    Ab und zu habe ich schon etwas von Hurwitz gelesen, einiges mehr über ihn. Es ist grenzwertig widerlich wie er sich in Szene setzt oder dorthin gesetzt wird, unsere Freunde bei Milwaukee lächeln bei (deutschen ?) Aufregungen über seine Beiträge, in Gesprächen über ihn geht es seltenst um sachliche Dinge, eher um das Wie und Wieviel. Wie hier inzwischen auch, sind die Amis schon lange, lange von der Idee besessen - sie mag ja durchdringend sein -, dass eine Meinung über irgendetwas eine "Marke" sein müsste oder zumindest eine solche "implementiert" sein sollte. Der Herr Hurwitz geht regelrecht in dieser an sich (einfachen) Idee auf, darf sich seines Beifalles oder Wohlwollens nahezu gewiss sein, bleibt aber auch manchmal darin stecken, verheddert auch verplappert sich, wobei die Erinnerung an eine solche Szene oft ins "ungefähr" Angenehme oder zumindest Affirmative mündet oder entsprechend verquaast/ verbabbelt wird, wenn die angestrebte Wirkung sich nicht sogleich einstellt. Von Musik ist dann schon längst keine Rede mehr... O je. ;(


    (der Schaden für allewelt ist wahrscheinlich ziemlich gering)

    Ich finde jetzt doch nicht, dass man den Pepping nicht klassifizieren könnte. Ich würde ihn (als Nicht- Musicologe) so einordnen, einer alten Definition folgend:

    ---> Neue Musik ---> wenig dissonant ---> wenig oder nichts Serielles ---> E. Pepping, J. Haas, W. Furtwängler, G. Frommel u.a.


    Bei J. N. David tät` ich mich beim Einteilen schon schwerer, weil er viel mehr kontrapunktisch und dissonanter gestaltet hat. Dabei denke ich auch besonders an dessen Kammermusikwerke.


    Natürlich sind "starke" oder "wenig" Dissonanzen kein gutes Kriterium für eine systematische Einteilung, jedoch hat der Begriff eine erhebliche operationale Stärke ! Dagegen ist "Neoromantik" nur ein ziemlich vordergründiger Begriff, der natürlich ab und an zutrifft. Wenn man mit "postseriell" mehr meint als ein paar bestimmte Komponisten, könnte es gehen.....


    Ganz subjektiv ist es bei mir so, dass mir hier wie dort die reichlich verarbeiteten Bläserakkorde mit ihren Verbindungselementen gut gefallen, klangästetisch und harmonisch- strukturell bieten sich J. Sibelius, aber auch andererseits die Gil Evans Bigband (um ca. 1959 ff) als Beispiele und Klangverwandtschaften an. Ich versuche bald mal zu berichten...


    Bis dahin ne "Überleitung"





    Ich bin früher mal mit einem Klavierstück Peppings in Berührung gekommen und hatte dieses positiv in Erinnerung, sodass ich mir vor einigen Wochen die obigen 2 CDs gekauft hatte. Pepping, Jahrgang 1901, musste nicht in den Krieg ziehen, er arbeitete im Umfeld der Evangelischen Kirche in Berlin bzw. Spandau. Alle drei Symphonien sind 1939 bis 1944, das Klavierkonzert 1950 entstanden. Mir gefällt sehr ein als "positiv" oder "optimistisch" zu bezeichnender Grundton an sehr vielen Stellen der Werke, ausserdem höre ich etwas Reger heraus, welcher 28 Jahre älter als Pepping war.


    In diesem Zusammenhang habe ich dann zu einer vorhandenen J. N. David- CD gegriffen, mit deren zwei Symphonien, die mir zum wiederholten Male sehr gut gefallen hatten. Diese klingen dichter in der Machart, scheinen mir aber neutraler im Ausdruck zu sein.




    Ich kann nur jedem Freund tonaler Orchestermusik, der diese Komponisten bisher nicht gehört hat, raten, sich diese Musiken mal anzuhören (bei CPO / JPC auf CD !) :), als Beispiele ganz verschiedener Musik aus derselben Zeit.

    Na klar, zumal das op. 1 gar nicht so oft erklingt. Und es schön ist.


    Und ich habe schon seit 2019 einige CDs mit Ragna Schirmer gekauft, die m.E. zwischen den Männern ein wenig untergeht (vgl. # 6). Eine enorm gute und sehr musikalische Pianistin. Seit ein oder zwei Jahren höre ich


    "Tema con Variazioni" von Beethoven, Schumann und den anderen Grossen. Begonnen mit Haydn.


    Ich glaube dass bei diesem Werktyp die betr. Komponisten besonders viel von dem preisgeben, was sie als Musiker bewegt (hat), auch was sie einen lehren wollten, dass es eben nicht in erster Linie ausgegorene und für gut oder attraktiv befundene Werke handelt, sondern z.B. Versuche über bestimmte musikalische Abläufe und andere innermusikalische Phänomene und Fragen. handelt, also eher um momentane und passagere Dinge ? Weiteres könnte noch gesagt oder gedacht werden. :yes:

    Es ist in der Musik sehr oft so, dass der Praktiker in eine Art "Grundtonempfindung" einmündet. Ich denke an Symmetrie, wenn ich deine Worte lese. Es sollte keine einhellige Grundtonempfindung entstehen.


    Im Jazz, bei der Skalenmusik von John Coltrane, Archie Shepp, Heinz Sauer und Attila Zoller genauso, war das Grundtonproblem elegant gelöst, denn bei der Skalenmusik (der Begriff ist von mir, nur!) gibt es keinen Grundton.

    Eine der ersten LPs, die dieses - quasi nebenbei - uns nahegebracht haben, war und ist "Ascension", hier unten:






    Den Weg dorthin kann man verfolgen z.B. mit



    Interessant zu lesen, wie andere Musik hören.


    Ich bin seit ca. acht Jahren in keinen Berufszwängen mehr, seit ca. fünf Jahren mache ich keine beruflichen Arbeiten. Da mir die letzten Jahre zwei Freunde weggestorben sind, und da ich immer Druck gebraucht hatte, erfolgreich zu sein, bin ich zuletzt faul und planlos geworden. Das fällt nach aussen hin kaum auf, ausser einem etwas jüngeren Freund und Berufskollegen, der jetzt begonnen hat, sowohl Kartoffeln als auch Kamelien zu lieben, diese also anzubauen. Immerhin koche und brate ich ambitioniert. Ganz ohne Publikum, auch wenn es nur die Verwandt- und längerdauernde Bekanntschaft ist, mache ich es aber nicht. Obwohl ich die letzten 65 Jahre immer mit Musik war, ist diese unter den sog. Sachzwängen fast beerdigt worden. Ich habe mich aber seit Jahren befreit davon, immer mehr und intuitiv.

    Ich habe mir die letzten fünf Jahre die Haare wieder lang wachsen lassen, wie zur Musiker- und Studentenzeit, trage ein Armband aus Lappland (made in Thailand ? :S) und eine teuere Uhr, ich fühle mich trotz vieler festsitzender Konventionen freier und die Musik dringt mehr in mich ein. Dabei höre ich, zeitlich betrachtet, immer weniger Musik. Bin zufrieden mit sowas. Erst jetzt verstehe ich, warum einer siebenundsiebzig Versionen der LvB- Sonaten hat und diese hört, und sonst wenig anderes.


    Wenn ich Musik höre mache ich nichts anderes als im Sessel zu sitzen und mich zu konzentrieren, zu jeder beliebigen zufälligen oder planend sich ergebenden Tageszeit. Ich will nicht urteilen, nur "gut genug" hören. Vergleiche in der Musik können tückisch sein. Jeder Pianist, jedes Ensemble geben ihr bestes und das imponiert mir, im Gegensatz zu früher, als ich Bemühungen weniger geschätzt habe als Ergebnisse und Ranglisten.


    Also, ich höre wenig und empfange viel. So jedenfalls, ist es ziemlich gut (b.a.w.).


    P.S. ebenso wie Alfred habe ich eine Initialzündung gebraucht, mir also zunächst einen mächtigen Verstärker gekauft.

    Es folgt eine eine Kurzfassung des havarierten Textanteils meines Berichts (vgl. # 11 hier und # 612 in "Vorfreude auf ...)

    Grigorij Sokolow -- Konzertabend vom Freitag, 06.03.22 in der Liederhalle Stuttgart


    1. Halle zu ca. 80- 90 % gefüllt

    2. Athmosphäre deutlich abgedunkelt, zurückhaltend strukturierte Holzwände und etwas hellere Bühne. Keinerlei Missfallenszeichen beim Publikum. Der Pianist hat Wohnsitze in St. Petersburg und Verona. Hobbies u.a. Musik, technische Lösungen, Elektronik.

    3. LvB: Eroica Variationen op. 35- einfaches bündiges Thema mit kurzweiligen, teils SEHR virtuosen Variationen und einer Fuge zum Schluss, optimistische Grundhaltung der Musik. Jeder Zuhörer sollte von dieser Musik mitgezogen sein bzw. sich mitziehen lassen. Die Musik ist sehr polyphon, abwechslungsreich und dabei einfach zu hören, purer Beethoven. Dessen produktiver, aber auch nonkonformer Charakter wird dabei deutlich. Der Pianist hingegen ist ein überlegener Diener und Gestalter des Bonner und Wiener Meisters, eben ein Weltklassepianist !

    4. Brahms: 3 Intermezzi op. 117. Leise und überwiegend langsam. Wunderschöne (einfache) Themen mit hamburgisch- gründigen bis wienerischem Charakter. Ein klein wenig klingt ein Volkslied oder -ton mit. Nicht ein einziger Anflug von ungarisierender Stimmung (ich meine das positiv, bittschön). Wieder die aufs Perfekte zielende polyphone Machart, das gleichzeitige Singen passender musikalischer Ideen. Was machte er anders, der Brahms gg. LvB ? Ein grosses Geheimnis...

    (Jedenfalls ist er mit bis zu 90 kmh im Schlafwagen auf Schienen an den Wörther See gereist...)


    Pause, danach Schumann, Kreisleriana (was aufgeschrieben steht drüben im Nachbarthread "Vorfreude... # 612.")


    Begeisterung und SECHS Zugaben.

    Zwei sehr schöne Beiträge, werter Meister der kurzen Stücke ;).


    Ich habe in beide Links gut hineingehört. Tiessen könnte ein Beispiel für die Musikwerdung dieser Vogelstimmen sein, sprich für deren Umsetzung. Allerdings bedient er dann auch unsere Hörgewohnheiten und Assoziationspotential, das dann auch zu einer Art U- Musik mit Jingle- Episoden führen konnte, zur Untermalung von Zeichentrick- und Mickymouse- Filmen, eben in Richtung Gebrauchsmusik. Vielleicht konnte Heinz Tiessen von solchen Kompositionen sogar leben. Ich denke, dass er grosses Potential hatte.


    Ziemlich verschieden davon ist wohl O. Messiaen, der viel Jahre lang die Orgelbank von St. Trinite gedrückt hatte, von der Kirche bezahlt worden ist, mit einer bekannten, zumindest national hochgeschätzten Pianistin verheiratet war, und der - das ist für unsere gegenwärtigen Betrachtungen der entscheidende Punkt- Vogelkonzerte nicht nur in konventionelle Musik übertragen hat, sondern ernsthaft solche mit einem eigenen musikalischen System gewürdigt hat, das eben auch unerklärliche Aspekte der Vogellaute so belässt, wie sie sind und von den Schlauesten unter uns gehört und bewertet werden bis heute übrigens bzw. diese ergänzt - oder besser - konfrontiert mit seinen eigenen gehörten Erfahrungen und seinem geistigen Untergrund. Der Unterschied dürfte in der Radikalität der Herangehensweise liegen. Wobei ich als musikalischer Dilettant Tiessen viel besser folgen kann als meinem franz. Lieblingskomponisten.


    Was ich hier erzähle, dürfte einigen hier allenfalls wie lauwarmer Kaffee vorkommen, ist vielleicht sogar nahe am musikalischen Allgemeinwissen. Ich spreche nur einfach davon, wie ich diese Werke empfinde. Gehe nicht davon aus, dass mein Adressat weniger weiss und kann als ich, sondern um mich ihm mitzuteilen, falls er genügend Interesse und Geduld für mich hat. Ggf. nach SEINEN musikalischen Erfahrungen zu fragen, jenseits von üblichen Allgemeinplätzen wohlfeiler Medien oder eben darüber hinaus.


    Ja, oben wollte ich noch einfügen - passend - dass in Frankreich nach der vorletzten Jahrhundertwende dadaistische Strömungen aufkamen und viele Künstler diese Einflüsse aufgenommen und mit ihnen gearbeitet haben.


    LG

    ,

    Danke, ein Superbeispiel für meine Worte.

    Beim Klavier gibt es ja keine kontinuierlichen Tonhöhen (im Ggs. zu einer Posaune z.B.). Mess. hat sich mit Akkorden beholfen, die er mit Sekunden und Nonen so "unrein" macht, wie er es braucht. Dann entsteht Klang.

    In deinem Beispiel, werter astewes, empfinde ich den Rhythmus des ersten Teils als den konventionellsten Musikanteil, vielleicht wegen der Parallelen zum Vogelgezwitscher. Dies scheint für viele andere Parameter, z. B. Dynamik, Klang, Harmonie, eine Form bzw. Gerüst darzustellen, also ein Integral, um schliesslich zur fertigen Musik zu gelangen.

    Halt, zuletzt braucht es aber noch die passende Notenschrift und den Interpreten, der diese richtig liest...:saint:


    (Oh, und da ist ja schon das nächste Beispiel ! 8|:thumbup::sleeping: