Beiträge von Johannes Roehl

    Ja, Haydn geht in etlichen Passagen der Londoner auf "Nummer sicher", zB wird die Klarinette im Trio des Menuetts von 103 IIRC durchweg gedoppelt (fehlt daher auf einigen alten Aufnahmen der 50er! bevor die modernen krit. Ausgaben da waren, selbst in meinen weit neueren Dover scores fehlt die Klarinette in diesem Trio!) und das Horn am Beginn des 104-Finales ja ebenfalls.


    Mit geschickter Repertoirepolitik und mehreren Kammermusikreihen in verschiedenen Städten hat sich das Amaryllis Quartett inzwischen am Markt etabliert. Vier CDs sind bisher erschienen, gleich die erste CD mit Ersteinspielungen des ungarischen Komponisten Geza Frid ist ein ziemlicher Knüller. Seitdem verfolgt das Quartett ein Farbkonzept mit Mischungen von Klassikern und modernen Komponisten. Über die einzelnen sehr positiv besprochenen CDs wird demnächst gesondert berichtet.


    Hat jemand was aus der "Farben"-Reihe gehört? Besonders interesssierte mich die Schumann-CD (auch wenn das 2. Quartett mal wieder auf der Strecke blieb)?

    Naja, ich habe zB von den bekannteren Sinfonien wie 60 oder 44, die ich mit Solomons noch nicht habe, meist ca. 5 Aufnahmen. Ich bin gespalten. Als ich damals endlich die Folge 9 geschnappt hatte, war ich ein bißchen enttäuscht, weil für mich die kleine Besetzung zB bei einer "majestätischen" Sinfonie wie 42 nicht so gut passte wie bei 45 oder 49. Als neulich die Box angekündigt wurde, habe ich die Scheibe mit 47+65

    gehört und war wieder eher positiv überrascht. Ich sehe halt auch nicht ein, heutzutage für eine 40 Jahre alte halbe Haydn-GA etwa doppelt so viel zu zahlen, wie ich damals für die Fischer-GA (33 CDs) gezahlt habe.


    Man hätte zur Not eines der alten Coverbilder 18mal nehmen können, wäre immer noch schöner gewesen


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    Einerseits ist diese Überlegung verständlich, andererseits sollte man nicht zu lange abwarten. Die optisch sehr ähnliche Sony-Box mit den Einspielungen von Max Goberman, die vor ein paar Jahren erschien, ist schon wieder vergriffen.


    Das stimmt, heute sind die Sachen schnell weg. Der Punkt ist, dass mein Bedarf hier eigentlich gesättigt ist... Für EUR 50 würde ich vermutlich zuschlagen, aber 70-80, wenn ich das schon habe, was mir davon am wichtigsten ist, sehe ich halt nicht recht ein. Und in einem Einheitslook, der eben genauso ausschaut, wie die Goberman-Box...

    Es gab fast? alle auf LP, allerdings ein paar sehr rar, weil nicht bei CBS/Sony.

    Anscheinend wurde dann die CD Veröffentlichung nach 2 oder 3 2-3-disc sets in den 1980ern abgebrochen; die hießen optimistisch "Vol.9" u.ä. (Diese Folge 9 habe ich, entspricht genau CDs 6-8 der neuen Box)

    Später kamen in zwei verschiedenen Budgetreihen eine CD mit 45+48 und zwei mit 26,48,49 u. 39,45,59 heraus.

    Das war jahrelang das einzig Erhältliche. Warum die zu blöd waren, die 2009 zum Jubiläum rauszubringen... keine Ahnung. Damals hätte ich sie ohne Nachzudenken gekauft.


    3 Min. bei Discogs nach "Solomons Haydn" gucken, sollte fast alle LP-Boxen zu Tage fördern. Es waren 2x3 LPs der "Morzin"-Symphonien bei Saga und 5x3 LPs bei CBS. Also 21 LPs in 7 Boxen.

    Wenn ich recht sehe, könnte CD 14 bisher unveröffentlichte Aufnahmen enthalten, oder das waren seltenere LPs, die bei discogs fehlen.

    Finde das immer noch eines der "schwierigsten" Haydn-Quartette.

    Der 1. Satz mag ja eine kompositorische tour de force sein, indem man ein Thema, das sich schlecht eignet, für cantus firmus Variationen nimmt, aber er lässt mich ziemlich kalt (im Ggs zu dem einfacheren des 76/5, in dem sich ein Sicilano quasi in Filigree auflöst).

    Interessanterweise hat mich, als ich letztes Jahr eine Handvoll Einspielungen verglichen habe, die CD des Alban-Berg-Quartetts, die mir, als ich sie neu hatte, zu kühl und zu schnell (v.a. in meinem Liebling 76/5) vorkam, beim Wiederhören in dem spröden Variationssatz am meisten überzeugt. Woran genau das lag, kann ich jetzt nicht mehr genau sagen, aber sie haben irgendwie die rechte Mischung von Details und übergreifendem Bogen am besten getroffen.

    Ich bin vor Jahren den wenigen erhältlichen Aufnahmen Solomons nachgejagt, hatte auch einige private LP-Überspielungen aus dem Netz. Noch vor 10 Jahren hätte ich vermutlich nicht lange überlegt, aber inzwischen bin ich gesättigt und die Box mir noch zu teuer.

    Die Aufnahmen würde grob als "ähnlich Hogwoods, aber besser" beschreiben. Es war ein sehr kleines, handverlesenes Ensemble, das jedoch mit viel Verve spielt. Sicher vor gut 40 Jahren ziemlich gewöhnungsbedürftig (ähnlich den berüchtigten Aufnahmen der Musica Antiqua unter Goebel), was auch ein Grund dafür gewesen sein mag, dass das Projekt eingestellt wurde.

    Noch als ich um 1997 die beiden in einer günstigen Reihe veröffentlichen CDs kaufte, wäre Solomons eine sehr wertvolle Ergänzung gewesen, aber seither haben wir ja nicht wenige Aufnahmen dazu bekommen. Ich habe dann etwas später die Pinnockbox bei Archiv mit den "Sturm&Drang"-Werken gekauft, weil es mit Solomons eben nichts mehr gab.

    Die frühen Sinfonien (ca. CDs 14-18) interessieren mich nicht ausreichend, bei zB 56 & 57 oder den 60er Nummern fürchte ich, dass mir Solomons Kleinstbesetzung zu "mager" ist. und die meisten der für mich wichtigsten "Sturm&Drang"-Werke habe ich eben schon auf den 5 CDs, die ich schon besitze.

    Wir haben anscheinend extrem viel überschüssige Zeit u. Energie, in einem Land, in dem elementare Infrastruktur, Behörden etc. zunehmend nur noch miserabel funktionieren, Straßennamen zu ändern.

    Was soll der Schwachsinn? Was für eine Art "Vergangenheitsbewältigung" ist solch scheinheilige Vergangenheitsauslöschung?

    (Man hat ja unlängst gesehen, dass exakt nichts aus der dt. Vergangenheit gelernt wurde, wenn der totalitäre Zwang nicht mit Nagelstiefeln, sondern im Laborkittel oder der Richterrobe kommt.) Bei einem KZ-Kommandanten würde ich verstehen, dass eine öffentliche Straße zu viel Ehrung ist, aber bei R. Strauss? Damnatio memoriae in kleinkariert? Wird dann bei Konzertankündigungen auch eine Fußnote gesetzt, mit Erklärung, warum man trotz Verstrickung Strauss aufs Programm gesetzt hat. Das Ansehen von Wiesbaden? Arbeitet erst mal einen Bruchteil der Skandale der hess. Landesregierungen und VS der letzten 20 Jahre auf, von Spenden bis NSU-Verstrickung, ihr verdammten Heuchler!


    Unsere Gesellschaft ist komplett geistesgestört und mir graut davor, was in den nächsten Jahren auf uns zukommen wird (einen Vorgeschmack auf einer von vielen "Baustellen" haben wir seit dem 7.10.23...) weil alle ernsthaften Probleme verdrängt und stattdessen "byzantinischer" (aber so blöd waren die nicht!) Firlefanz getrieben wird.

    Das Leipziger Streichquartett hat inzwischen die Mehrheit der Haydn-Quartette aufgenommen, allerdings über einen langen Zeitraum, oft eine Hälfte eines Opus Jahre vor der anderen, nicht durchgehend in der gleichen Besetzung.

    Soweit ich sehe liegen 16 als Vol. 1 etc. numerierte einzelne CDs vor, damit komplett opp. 9, 17, 20, 42, 50, 64, 71, 74, 77, die 7 letzten Worte, die 3 mit Namen aus op.76 u. 3 aus op.33. Außer den frühen Divertimenti op.1+2 (glaube eher nicht, dass sie die aufnehmen) fehlen also noch 4 CDs: opp.54+55 und die noch fehlenden Werke aus opp. 33 +76.

    Tom Holland: In the Shadow of the Sword



    Keineswegs leichte Lektüre (zumal engl., mir fehlen noch die letzten ca. 50 Seiten von knapp 500, habe das über Wochen gestreckt, mit leichterer Kost zwischendurch), aber ein faszinierendes und wichtiges Thema.

    Es geht um die Entstehung der großen Religionen in der Spätantike, im Grenzbereich der beiden konkurrierenden Großreiche Rom und Persien. Insbesondere um den Islam, da dessen Entstehung nach wie vor rätselhaft ist. (Der deutsche Titel ist sehr irreführend, über die Hälfte des Buches handelt vom vorislamischen Römer- & Perserreich, Christentum, Judentum (der Talmud ist auch erst in dieser Zeit entstanden) und pers. Religionen.
    Man weiß, dass die offizielle intramuslimische Geschichtsschreibung oft nicht korrekt sein kann, jedenfalls knapp 200 Jahre nach Mohammed alle möglichen Retrointerpretationen vorgenommen hat, aber es gibt fast nichts anderes, da die Araber in der Wüste bis zu ihren Eroberungszügen für die christl. Historiker in Syrien oder Ägypten nicht wichtig genug waren. Daher bleibt vieles rätselhaft, war Mekka überhaupt das ursprüngliche Zentrum? Spielten jüdische Sekten und christlich-häretische Nichttrinitarier eine wichtige Rolle unter den ersten Gläubigen (die Eigenbezeichnungen waren ebenfalls 100 Jahre lang noch flexibel) etc.

    Es ist jedenfalls faszinierend, dass man viel mehr über die Entstehung des Christentums im 1.+2. Jhd. weiß, als über die Frühgeschichte des Islam im 7. Jhd.

    astewes: es ist eigentlich ganz einfach: die Nr. 54 ist nicht Haydns größtes symphonisches Werk, soviel ist klar. Aber ist die Nr. 54 schlecht? Natürlich nicht. Wie rolo schon sagte, macht sie, ansprechend interpretiert, sogar Spaß! Ich habe neben Hogwood nun Fischer und Fey mit diesem Werk gehört - und alle drei sind besser als Antonini. Es ist für mich eindeutig. Antonini weiß nichts damit anzufangen. Das Adagio assai der G-Dur-Symphonie hat unbestritten seine Längen, die auch niemand wegbügeln kann. Aber nirgends wird es so länglich und unmusikalisch wie bei Antonini.

    Die CD mit 53+54 halte ich für eine der Besten aus Feys Reihe!

    Es ist jedenfalls auch bemerkenswert, dass das Streichtrio im späten 18. Jhd. selten ist (bzw. etwa frühe Trios Haydns hauptsächlich 2 Violinen+ Bass) und im 19. Jhd. fast verschwindet; es gibt ein Gelegenheitswerk Dvoraks, dann erst wieder Reger. Selbst Mendelssohn und Brahms, die sowohl technisch sehr versiert als auch fü unterschiedlichen Streicherbesetzungen komponierten, haben keine geschrieben.

    Ich würde heute vielleicht etwas verbindlicher formulieren (bitte aber meinen 2. Satz oben zu beachten!) und zum Hören macht das Konzert natürlich Spaß, halte aber meinen Kommentar von 2009 nach wie vor für im Großen und Ganzen richtig.

    Eine Erklärung für die Abweichungen dürfte sein, dass Mozart, anders als in Wien, für ein unbekanntes Ensemble und Publikum schrieb. Daher Bläser, inkl. Blech u. Pauken, aber kaum mit reizvollen Soli o.ä. wie in vielen der Konzerte von 1784-86 (man vergleiche etwa die Klangwunder in dem ebenfalls festlich pompösen KV 482), daher ein etwas "flächiger" Stil (vgl. mit der konzentrierten Energie von KV 467) und vielleicht auch der eingängige romanzenartige Mittelsatz (ohne kontrastierenden Abschnitt wie zB in KV 466).

    Anekdote zu einer LP der Galleria-Reihe der Karajan/Seifert-Aufnahme, die mir einfällt, da ich das Cover sehe: Ende der 1980er hat meine Mutter mich und einen Schulkameraden mal von der Schule oder jedenfalls aus der Stadt abgeholt.

    Mein Kumpel hatte diese LP gekauft (es war die Zeit der allmählichen Ablösung der LPs durch CD, vermutlich war sie preiswert) und in einer Plastiktüte in den Kofferraum des 2 CV gelegt. Nun war damals das Reserverad im Kofferaum, so dass die flach liegende Tüte etwa auf Höhe der Kante waagrecht lag und die simple Kofferraumklappe der Ente konnte einen Spalt aufgehen, wenn man nicht sorgfältig aufs Einrasten geachtet hatte. Kurz, wir kamen an und die Tüte war weg!

    Erschlossen, was passiert sein musste (die lose Klappe war das Indiz). Zurückgefahren und die Tüte lag auf der Landstraße, wenn ich recht erinnere. die LP war anscheinend unversehrt! Klingt unglaublich, aber ich hätte mir es nicht gemerkt, wenn sie kaputt/überfahren gewesen wäre.

    Es war m.E. ein Vorteil, dass in früheren Zeiten die antiken Stoffe die Schule dominierten. Bei Römern gegen Karthager, Griechen gegen Perser, Athen gegen Sparta, Octavian gegen Brutus usw. hat heute wirklich niemand mehr ein Pferd im Rennen. Da kann man wesentlich nüchterner etwas über Macht, Realpolitik, Propaganda etc. lernen als etwa bei den napoleonischen Kriegen, selbst wenn die schon gut 200 Jahre her sind (weil es eben die Nationen von damals noch gibt) oder gar bei den großen Konflikten des 20. Jhds.

    Ich habe in den 1980ern vermutlich in Latein (mein Griechischlehrer war zu schöngeistig, da gabs keine Politik) mehr Grundlegendes über solche Dinge gelernt als in Geschichte, obwohl ich auch eher zynisch-realpolitisch eingestellte Geschichtslehrer hatte.

    Bei vielen heutigen Kommentatoren und Politikern hat man den Eindruck, dass sie nicht nur nie Geschichte gelernt, sondern nichtmal so was wie "Risiko" oder "Civilization" auf dem Brett oder am Computer gespielt haben... ;)

    Unser Establishment hätte vermutlich kein Problem mit einer heutigen kurdischen (oder je nach Couleur vielleicht auch katalanischen, ukrainischen, tibetischen, etc.) Variante von "Leier und Schwert". Wenn man die Propaganda plausiblerweise als Unterstützung des Freheitskampfs einer unterdrückten Gruppe verstehen kann, kann es dafür sogar westliche Literaturpreise o.ä. Förderung geben.


    Da Deutschland im Verlauf des 19. Jhds. zu einer streitbaren Macht wurde, die ihrerseits Kriege angezettelt hat und dabei natürlich propagandistisch geschickt die Poesie der Befreiungskriege, oder andere lang zurückliegende Konflikte ("Prinz Eugen, der edle Ritter", "Fridericus Rex") nutzte, hat man heute anscheinend vergessen, dass viele Deutsche zu Körners Zeiten eben in einer ähnlichen Situation waren wie heute bspw. die Kurden. (Bitte die Analogien nicht überbewerten, es geht nur darum, auf der eher schwächeren Seite in einer kriegerischen Auseinandersetzung zu sein, oder keine autonome Selbstverwaltung, kein eigenes Land zu haben.)


    D.h. Kriege darf man verherrlichen, wenn es die "richtigen" sind, nämlich der Befreiung von Unterdrückten dienen (Befreien Sie alle Länder von den blauen Armeen!), während die falschen Freiheitskämpfer natürlich Terroristen sind. Dagegen ist auch wenig zu sagen, nur sollte man es halt offen zugeben, statt so zu tun, als ob man neutrale Fakten feststellt. Für Beispiele muss man nur die Zeitungen der letzten 15 Monate lesen. Oder die Kommentare zu anderen "gerechten Kriegen" der letzten gut 30 Jahre, zB im mittleren Osten.

    Schaue für Empfehlungen evtl. in Threads zu Haydn in anderen Unterforen oder in die Liste der Sinfonien.


    Wie gesagt, wäre für mich die preiswerte und vollständige Lösung Fischer (Brilliant).


    Alternativ ein paar Kern-Empfehlungen aus meinen fast 30 Jahren Haydn-Sinfonien sammeln. Die "Londoner" lasse ich absichtlich weg, da gibt es so viel, da kann man reinhören, was einem am besten gefällt


    92+91 Jacobs (Harmonia mundi)

    88-92 Rattle (EMI)

    82-87 "Pariser": Harnoncourt, Bernstein,... (vermutlich noch reichhaltigere Diskographie als etliche der "Londoner")


    80, 22, 63 Orpheus Chamber Orchestra (DG)

    73-75, 76-78 Goodman (Hyperion)

    60, 70, 90 Rattle (EMI)

    73, 69, 59, 53, 31, 30 Harnoncourt (Teldec, 2 einzelne CDs, weiß nicht mehr genau wie die Kombination war)


    "Sturm & Drang"-Sinfonien (ca. 17 stück mit bekannten wie 44, 45, 49... Pinnock (box DG Archiv)


    6-8, "Tageszeiten" Harnoncourt (Teldec), Freiburger Barockorchester (harmonia mundi)

    Bzgl. der Naxos-Haydn-Sinfonien hat Rheingold den wesentlichen Punkt gemacht; es ist halt überhaupt nicht aus einer Hand, sondern aus recht unterschiedlichen Quellen. Für eine günstige Box würde ich Fischer/Brilliant (ursprgl. Nimbus) empfehlen. Die ist auch nicht ganz einheitlich, da die älteren Aufnahmen (es zog sich auch über 15 Jahre hin) klanglich und interpretatorisch schwächer sind, aber wenn ich mal irgendwas vergleiche, bin ich gerade bei weniger bekannten Stücken von Fischer meistens positiv überrascht.

    Ansonsten kann man heute dank Streaming auch mehr "Mut zur Lücke" zeigen. Ich habe vor etwa 20 Jahren gerne den Fischer gekauft, als er komplett und günstig rauskam, nachdem ich vorher mehrere Jahre lang vermutlich mehr als die Hälfte der Werke "zusammengestoppelt" hatte, u.a. auch mit einigen Naxos-CDs.


    Eine größere Qual der Wahl hat man bei Haydn eigentlich nur bei den Pariser und Londoner Sinfonien, vielleicht noch wenigen Einzelwerken, die in vielen hochklassigen Einspielungen vorliegen.

    Bisher war das Frühjahr so nasskalt, dass sich meine Outdoor-Aktivität weitgehend auf Spaziergehen/Walken beschränkte...


    Weder diese Scheibe noch die Mozart-Quartette haben das Alban-Berg-Quartett mit Beethoven aus dem Feld schlagen können, aber bei Levine fällt mir diese hier ein, die ich neulich mal mitbestellt habe, weil jemand sie so gelobt hat, obwohl ich diese Suiten meistens etwas "zu kurz" (die gesamten Ballette aber zu lang :)) finde. Tschaikowsky mit den Wiener Philharmonikern, auch klanglich sehr gut:


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    Die erste Sinfonie ist anders, die entstand, als Weill Student bei Busoni war, lange vor den bekannten Bühnenwerken und hat im Ggs zur Nr. 2 mit dem Ton der Kleinen Dreigroschenmusik oder den 7 Todsünden nicht allzuviel zu tun. Auch das Konzert zeigt m.E., dass Weill unter anderen Umständen (weniger Erfolg mit der Theatermusik) einen ganz anderen Weg, nämlich als "ernsthafter" Komponist, vielleicht ähnlich wie Hartmann, hätte einschlagen können.

    Der dritte Teil beginnt mit den Worten "Aus Rosenwolken bricht, geweckt durch süßen Klang, der Morgen jung und schön." Er enthält bibelfremde Texte des Librettisten Lidley. Der Sündenfall wird ausgeklammert. Ein paradiesischer Zustand wird beschrieben. Eine optimistische Grundstimmung herrscht.


    Sind es die positiv gestimmte Konstruktion, die von Konflikten frei ist und eine Wohlfühlstimmung verbreitet und die zu einer negativen Einschätzung des Oratoriums führen? Ist zuviel Harmonie enthalten? Wird die Welt durch eine rosarote Brille gesehen?

    Es IST ja VOR dem Sündenfall, oder? :) Insofern wäre es völlig korrekt, eine paradiesische Stimmung einzufangen.

    Wohl eher eine Frage der Nuancen, ob man den Fall ausklammert, da jeder seinerzeitige Zuhörer mit der Geschichte vertraut war. (Das ist wohl ein Unterschied zu den "Predigten" bei Bach (oder in Jennens Messiah-libretto), in der immer Bögen über die gesamte Heilsgeschichte geschlagen werden müssen. Andererseits enden selbst die weltlicheren "Jahreszeiten" mit einem Ausblick auf den jüngsten Tag, also den "7. Tag und Sabbat" der Weltgeschichte.


    Es kann allerdings schon auch sein, dass Haydns Oratorium durchaus den seinerzeitigen eher deistischen, optimistischen rationalistischen Zeitgeist ansprach, der nicht an den Sündenfall glaubte, und an die diesseitige Verbesserung der Welt (die ja nicht verboten ist im Christentum). Wobei freilich ein irgendwie gearteter historisch-gesellschaftlicher "Sündenfall" auch in einer Rousseauschen Idee impliziert wird. Denn wenn der ursprüngliche edle Wilde frei und glücklich war, muss ja irgendeine Entwicklung zur repressiven Gesellschaft, die Unfreiheit erzeugt, geführt haben.

    Es stehen die CD-Inhalte drin mit einer Möglichkeit, Aufnahmeort und -datum zu finden ...Dann gibt es einen vierseitigen Artikel von Tully Potter (Vielleicht die Schwester von Harry? ;) ) zu Mozarts Streichquartetten in drei Sprachen. Es finden sich kleine Absätze zu Mozarts frühen Quartetten: "Natürlich heißt das nicht, dass Mozarts frühere Quartette unbedeutend sind. Sie enthalten viel liebliche, von seinen Italienreisen beeinflusste Musik ..."


    Tatsächlich spielen die Italiener diese Musik absolut überzeugend. Sie steht voll auf dem Niveau hervorragender Streichquartette der Zeit, soweit ich sie von Boccherini et. al. kenne. Das sind also Meisterwerke, wenn sie natürlich auch den Vergleich mit den Haydn-Quartetten Mozarts notwendigerweise nicht bestehen :)


    Ich hätte ein paar Informationen zu den Umständen der Aufnahme (die liegt ja mittlerweile > 50 Jahre zurück) und den Kritiken der damaligen Zeit erwartet....

    Ich glaube es gibt fast nichts zur damaligen Rezeption. Solches Schrifttum steckte selbst bei Beethovens frühen Werken um 1800 noch in den Kinderschuhen, bspw. zu Beethovens 1. Sinfonie sind zeitnahe Quellen sehr überschaubar.

    Das Beiheft meiner älteren Ausgabe ist aber deutlich ausführlicher, wenn auch nur zu den Werken. Drei unterschiedliche Texte (D, E, F) im Umfang von ca. 8 bis 18 zweispaltigen Seiten. Nichts außerordentliches, aber auch nicht unterdurchschnittlich.

    Ich mag das dritte Klavierkonzert lieber als das 6. SQ... Bartok hatte ja (auch) äußerliche Gründe (Auftrag für Boston beim CfO, Stück für die Frau im 3. KK) gegen Ende seines Lebens (und er wusste ja, dass er schwer krank war) etwas gefälliger zu komponieren. Unter anderen Umständen, also mit einem gesünderen, länger lebenden Bartok, wäre vielleicht auch ein wieder ganz anderes 4. Klavierkonzert herausgekommen. (Es gibt ja auch noch zwei frühe konzertante Klavierwerke, Rhapsodie und Scherzo.)


    Bei Beethoven fehlen späte Konzerte wohl auch wg. der Taubheit, vermutlich aber auch weil die Form irgendwie "erschöpft" war (denn Czerny oder Ries hätten die ja spielen können). Selbst wenn mich die Mystifizierung der letzten Klaviersonate stört (denn Beethoven schrieb danach für Klavier noch die Diabelli-Variationen und Bagatellen), kann ich doch gut verstehen, dass man sie als explizit "letztes Werk" auffasst. Beethoven selbst hat sich damals so in etwa geäußert, dass er nur noch "große" Werke (und da war für ihn anscheinend Streichquartett die Grenze nach "unten") schreiben wolle.

    Wenn es hier nur um Tschaikowski's Sinfonien geht... ich muss sagen, sie sind bisher nicht besonders in meine Aufmerksamkeit gerückt. Da ist bei mir eher Mozart und Beethoven verteten.

    Mit den letzten drei möchte ich mich demnächst noch einmal näher befassen.


    Aber ansonsten: Tschaikowski "ausser Mode"?

    Ich weiss nicht, ob man das jemals wird behaupten können. Das b-Moll Klavierkonzert - ein absolutes Meisterwerk. Die bis heute konkurrenzlose Aufnahme - sag ich mal ganz provokativ - von van Cliburn wurde über 1 Million mal verkauft, und dieses Klavierkonzert ist das bis heute am meisten aufgenommene.

    Tschaikowsky ist ein Fall von "winner takes it all" INNERHALB des Oeuvres eines Komponisten. So etwas wie die Dominanz des 1. Klavierkonzerts ggü dem zweiten (und den beiden kürzeren/fragmentarischen Werken) gibt es sonst fast nur noch bei Bruchs Violinkonzerten (ja es sind drei, nicht eins und noch weitere konzertante Stücke).

    Das mag man bedauern, aber es besagt halt nicht nur, dass bspw. die dritte Sinfonie oder das 2. Klavierkonzert stark im Schatten stehen, sondern auch, dass das b-moll-Konzert oder die 5. u. 6. Sinfonie zu den bekanntesten Klassikwerken überhaupt gehören.