Beiträge von Felix Meritis

    Ich möchte bescheiden darauf verweisen, dass ich ldie letzten 1.5 Jahre zahllose Kammermusikthreads gestartet und noch zahllosere Beiträge zu kammermusikalischen Themen geschrieben habe. Die Resonanz war tatsächlich gering - bei den Beethoven Klaviertrios sogar lächerlich gering. Das ist für mich auch der Hauptgrund meine Bemühungen im wesentlichen einzustellen. Zahlt ich nicht aus. Habe d'Ehre!

    Hallo Felix Meritis,


    hier, in dem von mir höchst selbst eröffneten Thread, bin ich natürlich sehr milde, denn handelt es sich ja um meine eigene Auswahl bestimmter Werkinterpretationen, die mir ja selbst gefallen.


    Natürlich, aber ich hatte bei einigen früheren Besprechungen den Eindruck, Du würdest auch mehr auf die Schwächen der jeweiligen Aufnahmen eingehen.


    Bezüglich Vengerov und Chung: ich sehe einer Überprüfung durch dritte mittels Soundschnipsel hier sehr gelassen entgegen. Für mich ist völlig klar heraushörbar, dass Vengerov viel stärkeres Vibrato spielt als Chung. Was Du vielleicht meinst, ist das An- und Abschwellen des Tons, welches bei Chung stärker zu hören ist. Dies wird aber durch den Bogenstrich erreicht und nicht durch die linke Hand. Ich finde Chung macht das ganz wunderbar, denn so simuliert sie weitgehend die menschliche Stimme und verleiht der Musik eine gewisse Rhetorik. Das ist für mich bei Mendelssohn das um und auf: "artikulierte" Sanglichkeit. Bei Vengerov höre ich das beim Inzipit des ersten Satzes gar nicht, beim Inzipit des zweiten nur schwach heraus.


    Obwohl ich Dein Vorhaben, die Qualität von neueren Einspielungen von Standardrepertoire aufzuzeigen, sehr sympathisch finde, muss ich sagen, dass beim Mendelssohnkonzert die mir bekannten neueren Aufnahmen nicht an die besten früherer Zeiten heranreichen. Hope und Kavakos sind durchaus ok - aber Referenz? Heifetz ist speziell und interessant, klar. Aber "Referenz" heißt für mich "wenn es nur eine Aufnahme sein soll, dann diese" - und da ist mir Heifetz zu ruppig und unmendelssohnisch.

    Fast könnte man glauben, Mendelssohns e-Moll Konzert geht Liebestraum nicht allzu nahe, denn so milde und gnädig wie hier habe ich ihn noch nie erlebt ;) . Bei mir sieht das naturgemäß etwas anders aus, obwohl ich Liebestraum schon teilweise zustimme. Keineswegs Referenzstatus haben für mich allerdings Vengerov und Fodor. Mit diesem Extremvibrato schon bei Intonation des Hauptthemas haben sie sich für mich aus dem Rennen katapultiert (das trifft auch auf die hier nicht angeführte ASM zu). Das Mendelssohnkonzert, obwohl technisch recht einfach, verlangt, wie ich finde, nach einem ganz eigenen Ton: innig aber gleichzeitig kraftvoll. Wird eines dieser Charakteristika vernachlässigt, wird es entweder zu süßlich (Vengerov) oder zu prosaisch (Heifetz). Der von Liebestraum angeführte Isaac stern spielt das Konzert (unter Ormandy) für meine Ohren perfekt. Besser geht`s nicht. Einer Aufnahme (so weit mir bekannt) spreche ich aber Co-Referenzsatus zu:


    Kyung-Wha Chung unter Charles Dutoit



    Hier ist ebenfalls alles in Idealform geboten: Innigkeit, Spannkraft und Vorwärtsdrang.


    Hervorragend! In diesem Sinne bewerbe ich mich um die Direktion der Wiener Staatsoper! Ich bin nämlich ein sehr seltener Opernbesucher und damit wie geschaffen für den Job.

    Es liegt mir fern, die Bedeutung guter Textbücher zu leugnen, aber es stinkt mir wenn so getan wird, als wenn Strauss überhaupt nur dank Hofmannsthal ein haölbwegs passabler Opernkomponist geworden wäre. Erstens war da schonmal die "Salome", an der Hofmannsthal gar keine Aktien hatte, und zeitens wird Hofmannsthal heute abgesehen von seinem "Jedermann" fast nur noch auf der Opernbühne gespielt - dank der Vertonungen von Richard Strauss. :yes:


    Stimmt schon - Hofmannsthal ist out. Er hat als allgemein bewundertes Genie begonnen (Zweig beschreibt das in seinen Memoiren), aber wurde schließlich aufgrund seiner reaktionären Gesinnung immer anpasslerischer. Trotzdem haben seine Libretti Strauss die größten Erfolge auf der Bühne bereitet, oder gab es nach der Ariadne noch irgendeinen großen Erfolg für Strauss? "Die schweigsame Frau" ging im antisemitischen Geplärr unter und alle Opern später wurden nur ein paar mal gespielt oder gar nicht erst auf die Bühne gebracht.


    p.S.: wie ich mich eben bei Wikipedia schlau gemacht habe, geht das Libretto von Capriccio auf einen auf ein Szenario Zweigs basierenden Entwurf Gregors zurück.

    Heinrrich Zöllner hat den ganzen Goethe-Faust vertont, ist aber trotzdem keine tolle Oper bei rausgekommen...


    Was soll denn das für ein Argument sein? Hat Gounod für seinen Faust einfach den Dramentext Goethes unverändert übernommen? Natürlich liegt die Vertonung in der Hand des Komponisten, aber die Wichtigkeit von guten Libretti sollte wohl außer Frage stehen, oder? Deine Bevorzugung von Capriccio gegenüber Elektra ist sicherlich ziemlich ungewöhnlich, was sich auch in den Aufführungszahlen widerspiegelt. Nein, nein: Elektra ist schon eingeniales Werk - sozusagen das Flaggschiff der expressionistischen Oper.

    Netter Spruch, aber natürlich auch albern, ein tolles Textbuch garantiert noch lange keine geniale Vertonung.


    Umgekehrt wird ein Schuh draus! Straussens Leistung habe ich keineswegs abgestritten, aber ein geniales Libretto wie das zu Elektra ist nun einmal bereits die halbe Miete. Der Monolog der Klyteimnestra ("Ich habe keine guten Träume"), z.B., ist bereits vom Text her so eindringlich, dass man Gänsehaut bekommt. Natürlich trägt die Musik zur weiteren Intensivierung bei. Trotzdem leugnete Strauss in seinen Briefen an von Hoffmansthal und Zweig keineswegs den großen Beitrag, den deren Libretti zur Wirkung der jeweiligen Werke beitrugen. Im Gegenteil: er zeigte sich stets begeistert.

    Doch so ganz sicher bin ich mir darüber nicht und wer weiß, ob ich selbst die Pastorale ohne Beeinflussung so hören würde, wie es Beethovens Intentionen entspricht.


    Ich bin mir ziemlich sicher, relativ unbevorurteilt durch Straussens Vita an seine Musik herangegangen zu sein. Einiges kenne ich schon sehr lange, war aber nie wirklich davon beeindruckt. Den Eulenspiegel finde ich ziemlich gut, aber die meisten anderen Dichtungen von Strauss langweilen mich einfach - gerade im Vergleich mit Smetana, Saint-Saens, Liszt, Mussorgsky oder Dvorák. Das ist mir alles zu poliert, es fehlen - für mich gesprochen - die Schärfe und die wirklich guten Einfälle. Stattdessen: orchestrales Body-building.

    Vielleicht sollte man bei der Wertfindung nur die musikalische Analyse heranziehen und die vermeintliche oder faktische Absicht des Komponisten beiseite lassen,
    weil sonst wieder mal der Zeitgeist das Urteil ungebührlich beeinflusst.


    Wieso denn? Das ist ja Programmmusik und will auch als solche verstanden werden. In diesem Fall finde ich es völlig legitim das Programm mit der musikalischen Gestaltung abzugleichen. Ich für meinen Teil bewerte Straussens Musik jedenfalls nicht nach seiner Rolle im 3. Reich - falls Du darauf angespielt haben solltest.

    Gestern hat mir jemand erklärt, die Niederländer würden die Deutschen nicht mögen. Und weil es langweilig sei, dies einfach zurück zu geben, pflanzen die Deutschen dies nach Süden fort und .... richten es gegen die Österreicher.


    Na geh, das is´doch nur a boarische Häkelei! Ausserdem ist er eh Schwede, und Du weisst womit die so im allgemeinen Probleme haben... :pfeif:

    Wobei ich mich nun auch nicht als "Straussianer" bezeichnen würde, ich mag nur einige seiner Opern ganz besonders gerne. Die in dieser Rubrik geäußerte Kritik am Instrumentalkomponisten Richard Strauss - selbst bei "Zarathustra", den ich mag - an ich durchaus nachvollziehen.


    Worüber streiten wir uns dann eigentlich? Bezüglich Straussens Opern möchte ich aber doch auch auf seine Librettodichter verweisen: Oscar Wilde, Hugo von Hoffmansthal und Stefan Zweig. Da muss ich sagen: mit voller Hose lässt sich´s gut stinken.

    Wer sich bei seiner Beurteilung ausschließlich auf die Instrumentalmusik dieses Komponisten konzentriert, wird dessen Bedeutung natürlich nicht gerecht.


    Ich habe hier doch schon mehrere Aussagen bezüglich Straussens Opern gemacht, und zwar überwiegend positive. Willst Du nicht einmal etwas zum Instrumentalkomponisten Strauss sagen? Du versuchst mir immer einen Strick daraus zu drehen, dass ich wenig Oper höre, dabei scheine ich Opern wesentlich mehr in meine Ueberlegungen miteinzubeziehen als Du reine Instrumentalkompositionen (ich erinnere da an unsere Debatte über Haydn, Chopin und Hindemith).

    Lieber Felix,


    ich weiß nicht so recht. Kann man so etwas überhaupt hören?
    Kann man selbst bei Beethoven sicher sein, was an seinen Werken echtes Pathos ist und was Kalkül?
    Kann der Tristan Aufschlüsse über Wagners Charakter geben?


    Ich denke schon, dass man das zu einem gewissen Grad kann. Wenn Strauss in "Tod und Verklärung" einen solchen Bombast komponiert, dann empfinde ich das als wenig vergeistigt*. Auch ein philosophisches Werk wie "Also sprach Zarathustra" mit den Mitteln zu vertonen, die er eben gewählt hat, macht auf mich einen oberflächlichen Eindruck. Das heisst nicht, dass die Komposition im technischen Sinne oberflächlich ist, nein, ich finde das Grundkonzept verfehlt. Im Heldenleben kann er sich nicht dazu durchringen, wirklich ironisch zu komponieren (ausser vielleicht auf Kosten seiner Frau), sondern verfasst eine sehr ernste Musik zu einem völlig lächerlichen Thema. Für mich ist Strauss einer der Fälle, bei denen Genie in einem kleinen Mann steckt und man das auch (oft) hört.



    *Er selbst sagte später ja, er hätte etwas komponieren wollen, dass in C-Moll beginnt und in C-Dur endet. Sicherlich muss man solche Selbstzeugnisse kritisch betrachten, aber bei Strauss häufen sie sich ziemlich - und sie passen zu den Empfindungen, die ich bei seiner Musik habe. Ausnahmen gibt es natürlich - ich nannte ja schon einige. Trotzdem ist mir Strauss im wesentlichen fremd.

    Wenn wir schon beim harten Prokofieff sind, ist natürlich auch Ala und Lolly (Skythische Suite) zu nennen, Prokofieffs Pendant zum Sacre und dem Wunderbaren Mandarin.



    Ich besitze diese Interpretation nicht, aber ich habe gelesen, dass sie DIE Interpretation von Ala und Lolly sein soll (ich selbst habe Weller und Järvi). Da das Werk bei mir noch nicht so richtig eingeschlagen hat, wollte ich eventuell noch einmal eine dritte Version probieren. Lutrga, was hältst Du denn von der Abbado Einspielung?

    Ich denke, Alfreds Liste der gesperrten Komponisten ist nur so etwas wie die Spitze des Eisbergs. Zu den von Johannes genannten Komponisten würde ich noch Bartók und Ravel hinzufügen. Definitiv eher selten aufgenommen, und erst recht aufgeführt, sind die Klavierkonzerte von Martinu, wobei mir besonders das vierte, "Incantation" H. 358, sehr gut gefällt.


    Vom 4. KK habe ich zwei Aufnahmen, welche mir beide gut gefallen:



    Martinu zeichnet sich durch geschmeidigen melodischen Fluss und brilliante Instrumentierung aus. Ich sehe ihn sozusagen als Fortsetzer des Stils seines Lehrers Roussel.

    Ich bin ja ein Fan des "harten" Prokofjews, während mir seine späteren Werke eher wenig sagen. Wirklich "stählern" ist die Ballettmusik "Le Pas d'Acier" aus den 1920er Jahren. Maschinengestampfe, Geplärr - alles enthalten. Prokofjew bekam wegen des Werks übrigens zuhause (in Abwesenheit) massiv Aerger, denn die Bolschewiken verstanden das Werk als eine Art Verhöhnung der Arbeit. Die Folge war der erste "shitstorm" in der SU-Presse, den Prokofjew erleiden musste. Das lässt seine Entscheidung zurückzukehren als noch naiver erscheinen....




    Auf der CD befindet sich noch ein weiteres frühes Ballett, "L'enfant prodigue" (Der verlorene Sohn), welches ich aber nicht so zündend fand wie den "Stählernen Schritt" - trotzdem hörenswert.

    Das ist vielleicht ein guter Ort, um auf eine neue CD-Reihe bei Hyperion aufmerksam zu machen, von welcher im August die erste Folge erscheint:


    The Classical Piano Concerto


    http://www.hyperion-records.co.uk/dc.asp?dc=D_CDA68027&vw=dc


    Die erste Folge ist Jan Ladislav Dusík (auch bekannt als "Ladislaus Dussek") gewidmet. Für Alfred brechen glänzende, wenn auch teure, Zeiten an ;)


    Ich werde allerdings auch einiges aus der Reihe erwerben.

    Welcher deutsche Opernkomponist des 20. Jahrhunderts wurde oder wird denn deiner Meinung nach häufiger gespielt als Richard Strauss? Die Statistik spricht doch überhaupt nicht gedagen, weil 18. und v.a. 19. Jahrhundert einfach viel häufiger gespielt wird als 20. Jahrhundert. (Vielleicht mit Ausnahme des Opernkomponisten Mendelssohn 8-) )


    Das habe ich ja durchaus eingeräumt, nur meine ich, dass das nicht allzu viel sagt hinsichtlich Beliebtheit. Ich ignoriere Straussens Opern auch gar nicht - im Gegenteil. Elektra und Salome gefallen mir ausgesprochen gut und habe ich als zwei der wenigen Opern bei mir als Tonträger zuhause. Ich würde sagen, dass ich Elektra mehr mag als irgendein Orchesterwerk von Strauss (was aber auch am genialen Libretto liegt). Trotzdem ist es nun einmal so, dass Strauss - vor allem im nichtdeutschsprachigen Ausland - vor allem als Orchesterkomponist berühmt ist. Wie dem auch sei: im Gegensatz zu Pfitzner und Meyerbeer kann man wohl kaum von Vernachlässigung sprechen.


    Ich selbst finde es interessanter, den Komponisten mit Hinblick auf sein musikalisches Schaffen zu kritisieren als sein Tun und Handeln aufzuarbeiten. Im Zusammenhang dieses Threads interessiert mich Straussens Charakter auch nur insoweit, wie er in seine Musik hineinspielt (und da spüre iich den utilitaristischen Materialismus, der Strauss als Person so auszeichnete).


    p.S: Mendelssohn war keineswegs so ein unbedeutender Musikdramatiker. Immerhin hat er das meistgespielte Oratorium des 19. Jahrhunderts komponiert und das viertmeistgespielte Oratorium überhaupt (nach den Bach-Passionen und Händels Messias).

    Unabhängig davon ist Richard Strauss für das 20. Jahrhundert das, was Richard Wagner für das 19. Jahrhundert ist: der bedeutendste und meistgespielte deutsche Opernkomponist. :yes:


    Du argumentierst schon ein wenig inkonsistent in deisem Thread. Zunächst meintest Du, man solle Strauss nicht nach seiner Beliebtheit bewerten, und jetzt betonst Du in jedem Post, Strauss wäre der allerbeliebteste, allermeistaufgeführteste (deutsche) Komponist des 20. Jahrhunderts. Auf der von Johannes bereits zitierten Operabase Seite kommt Strauss nicht so gut weg wie Du glaubst. Die erste Strauss-Oper nach Aufführungszahl ist die Salome auf Platz 31 (die "Frau ohne Schatten" kommt auf Platz 98). Nach Puccini, allerdings um eine Größenordnung versetzt, mag Strauss damit tatsächlich der zweitmeist aufgeführte Opernkomponist des 20. Jahrhunderts sein, aber das heißt im Operbetrieb nun einmal nicht sehr viel. Seine Bedeutung als Komponist orchestraler Werke übertrifft daher seine Bedeutung als Opernkomponist, und von diesen Werken entstanden die meisten vor 1900 - also nix mit 20. Jahrhundert.
    Die Diskussion, ob Strauss jetzt Romantiker sei oder nicht, zeigt die ganze Problematik ja auf: Strauss komponierte wie ein Romantiker, ohne aber einer zu sein. Das hört man, und das stört auch viele (mich z.B.).

    dass ich weit weniger auf seine Musik verzichten könnte als auf den ganzen Strawinsky, Bartók und Schostakowitsch zusammen, was natürlich meine subjektive Meinung und mein subjektiver Geschmack ist, die/den viele hier so sicher nicht teilen werden, aber ich stehe dennoch dazu!


    Darfst Du ja. So wie für mich Strauss halt Plastikmusik ist. Ich verallgemeinere da ja nicht. Das mit dem wichtigsten Komponisten des 20. Jahrhunderts bezweifle ich allerdings dann doch ziemlich. Das letzte Werk (von den vier letzten Liedern mal abgesehen), das wirklich im Repertoire varankert ist, entand 1915, nämlich die Alpensinfonie. Heldenleben, Eulenspiegel, Zarathustra, Don Juan, Don Quixote, etc.. ist alles noch 19. Jahrhundert.


    Ich habe auch so meine Probleme mit Strauss und mag vieles von ihm nicht, z.B. sein Opern-Werk zwischen "Elektra" und "Frau ohne Schatten" und viele seiner symphonischen Dichtungen. Aber seine Musik pauschal als kalt zu bezeichnen, finde ich dann doch nicht zutreffend. Sind die "Vier letzten Lieder" kalt? Doch wohl kaum, im Gegenteil könnte man Ihnen allenfalls Sentimentalität zum Vorwurf machen. Auf jeden Fall gehören sie für mich zu dem Schönsten und Ergreifendsten, was je in diesem Genre geschrieben wurde. Und die "Salome" kalt? Kann es eine "heißere", sinnlichere Musik geben als die dieser Oper?


    Was mich an seinem 150. Geburtstag bewegt? Nichts. Dazu stehe ich dem Komponisten und dem Menschen Strauss zu ambivalent und distanziert gegenüber.


    Nein, auf die Salome, die Elektra, die vier letzten Lieder und die Metamorphosen trifft das mMn nicht zu. Wohl aber auf die meisten symphonischen Dichtungen und Opern (zumindest die, die ich noch kenne). Es ist nicht so, dass mir von Strauss gar nichts gefiele, aber für einen Komponisten dieser Qualität doch erstaunlich wenig.

    Ich könnte, wohl auch als Folge fehlender Kenntnisse in Musiktheorie, im Vergleich zwischen "Der wunderbare Mandarin" und "Frühlingsopfer" auch nicht erraten, worin sich die Charaktere der Komponisten unterscheiden.


    Es sind auch ja beide keine kühlen, neoklassizischten Werke. Du kannst aber die Klavierkonzerte von Strawinsky und Bartók miteinander abgleichen, da beide nämlich neoklassizistische Elemente aufweisen. Nur: bei Bartók klingt es nicht so.


    Mozarts Requeim: hat er es denn "schnell" geschrieben? Die Frage ist sowieso unbeantwortbar, da das Werk bekanntlich unvollendet ist. Das Requiem lässt sich auch schwer mit Strauss vergleichen - am ehesten noch mit Tod & Verklärung, und da muss ich sagen, dass bei mir das Requiem viel eher zu Herzen geht.

    Und Strawinskij? Bartók? Ist Brillanz synonym mit Gefühlskälte?
    Und wenn einer wie Mozart in kurzer Zeit ein Bestellungswerk schreibt, können wir auch nicht wissen, wieviel Gefühl dahinter steht.


    Strawinsky: jein, denn sein Stil - also das Kühle, Neoklassizistische - enstsprach ganz genau seiner Aesthetik. Die Sujets seiner Werke werden dem Inhalt entsprechend umgesetzt. Bei Strauss habe ich nicht das Gefühl. Und Bartók ist meiner Meinung nach ein extrem leidenschaftlicher Komponist (Blaubarts Burg, Hölzerner Prinz, Wunderbarer Mandarin, Violinrhapsodien, Streichquartette, etc...).


    ad Mozart: wieviele Auftragswerke hat er denn in kurzer Zeit geschrieben, die so bekannt wären, das sie für einen Vergleich mit Strauss in Betracht kämen?

    Folgende Definition von "Kapellmeistermusik" habe ich gefunden:



    Ka|pẹll|meis|ter|mu|sik, die (abwertend): uneigenständige Musik, wie sie jmd. schreibt, der im Hauptberuf nicht Komponist, sondern Dirigent ist.


    (http://universal_lexikon.deacademic.com/339334/Kapellmeistermusik)



    Das trifft auf Strauss ja wohl nicht zu, was selbst seine Kritiker, zu denen ich mich übrigens auch zähle, eingestehen müssen. Mein Hauptproblem mit Straussens Musik ist, dass ich sie als kalt und "uneigentlich" empfinde - erdacht aber nicht erfühlt. Das führt dann im Detail zu Akzentuierungen (wie etwa überbordende Instrumentierung), die mir das ganze verleiden. An den kompositorischen Fähigkeiten von Strauss liegt es nicht - die sind ungezweifelt nach oben unbegrenzt - aber sein Temperament mag ich nicht. Irgendwie erinnert mich die Musik von Strauss an Plastikrosen.

    Der Vorteil von einer PN ist z.B., dass man Streitereien in einem geschützten Raum ausfechten kann. Das ist vor allem dann wichig, wenn zwei unterschiedliche Temperamente aufeinandertreffen, etwa die von Alfred erwähnten "sportlichen Diskutierer" und die Sensiblen. Ich bin inzwischen ohne tiefgehende Gründe mit einer erklecklichen Anzahl Mitglieder zerstritten. Man ignoriert sich gegenseitig. Das erzeugt bei mir regelmäßig Verdruss. Eine PN-Funktion hätte vielleicht einiges verhindert.

    Lieber Alfred,


    ich sehe die Tritsch-Tratsch Ecke als durchaus nützliche Einrichtung. Meiner Meinung nach hat Operus schon recht, wenn er mehr das Menschliche einmahnt. Denn durch Sozialisation entsteht Motivation. Für mich z.B. steht weniger die Selbstdarstellung im Vordergrund, sondern der Wunsch mich mit Leuten zu unterhalten - über Musik. Und unterhalten tut man sich am liebsten mit Personen, die real sind. Da kann es schon mal passieren, dass Themen aufkommen, die wenig Ewigkeitswert besitzen. Aber hier ist eben ein Forum, und da gehört auch Kafeeklatsch dazu (ist an jedem Universitätsinstitut genauso). Die "Exzellenz" entsteht dann von selbst, nämlich durch die Ungezwungenheit. Würde man etwa in Oxford oder Cambridge den Professoren anordnen, beim Lunch nur über ihr Fachgebiet zu sprechen, würden sie bald das Weite suchen. Dass sie insgesamt trotzdem viel über ihr Fachgebiet reden, liegt - wie Du richtig sagst - daran, dass sie es gerne tun (aber eben nicht ausschließlich). Die Gefahren der Sozialisation, die Du fürchtest, kenne ich natürlich auch - aber mMn handelt es sich um ein Symptom und nicht die Krankheit. Aus irgendwelchen Gründen staut sich immer wieder Ärger in "Communities" an, der sich schließlich seine Bahn bricht, ob mit PN oder ohne.
    Als größte Stärke des Forums sehe ich an, dass es jemanden gibt, nämlich Dich, der sich auf persönliche Weise mit den Mitgliedern auseinandersetzt. Das dürfte schon viele Austritte verhindert haben und zeigt eben den Einfluss zwischenmenschlicher Faktoren.


    Da liege ich aber fast immer daneben. :thumbdown:


    Das ist gar nicht möglich, weil es keine objektive richtige Einschätzung gibt. Bei den Selbstdistanzierungen von Künstlern wissen wir auch nie genau, wie sie zustande gekommen sind: von Koketterie bis Verfall in Depressionen ist alles möglich. Jedenfalls wenn Tschaikowsky der Meck schreibt, seine 5. wäre Mist und die 4. (ihr gewidmete) die einzig wahre, wäre ich doch sehr vorsichtig bei der Bewertung der Aussage.