Mozart, Streichquintette KV 515, 516, Adagio KV 546

  • Tag,


    in die Nähe des "Best of Mozart" gehören die beiden Streichquintette KV 515 und KV 516. Die Doppelung besteht hier nicht in den Violoncelli, sondern in den Violen. Die Viola lag dem Komponisten näher, so kann man lesen. Das Adagio und Fuge KV 546, in h-moll, ist ein ganz besonderes Stück Musik. Wolfgang Hildesheimer, in seinem Mozart-Buch, hält das Wesen Mozarts in wenigen dunkleren Musiken für Bassethorn ausgedrückt und erahnbar. In diese Nähe gehört vielleicht auch das dämonische Adagio und Fuge in h-moll; die Musik ist ein Plötzliches, das nur für ca. 9 Minuten erscheint.


    Es gibt von den Streichquintetten reichlich Aufnahmen, meine bevorzugten sind alt, von 1973 das Grumiaux-Trio, erweitert um die Herren Janzer und Gere... (bitte Nachsicht), Aufnahmen von ca. 1973 der Philips (mehrfach gerühmte LP, mittlerweile wohl auch noch als CD). Alt sind auch die Deutungen des Takacs Quartett, ca. 1990, mit Gy. Pauk, Viola; Teldec-Produktion. Überhaupt, G. Pauk, ein bemerkenswerter Geiger und Bratscher (Robert Schumann, Violinkonzert - Pauk konnte derartig Schwieriges).


    MfG
    Albus

  • Zitat

    Das Adagio und Fuge KV 546, in h-moll, ist ein ganz besonderes Stück Musik


    Ja, das finde ich auch. Das Besondere daran ist, dass es in c-moll steht und es davon auch eine Fassung für zwei Klaviere [KV 526] von Mozart selbst gibt. Vorbild dürften Mozart Bearbeitungen Bachscher Fugen aus dem Wohltemperierten Clavier I + II sein, die er für Streichtrio und -qaurtett einrichtete und jeweils ein neues Präludium dazukomponierte. In KV 546 zeigt sich Mozart ganzes kontrapunktisches Können auf höchster Ebene.


    Vergessen werden sollte auch nicht die Streichquintettfassung der Serenade c-moll KV 388, welche als Streichquintett nun unter KV 516h zu finden ist und damit in unmittelbarer musikalscher Nähe zu KV 546.


    Das Streichquintett g-moll KV 516, vollendet am 16. Mai 1787 ist eines der größten kammumusikalischen Werke Mozarts neben dem diesen Thread inspirierenden KV 452.


    bien cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Tag erneut,
    und Tag Ulli,


    gut, also richtig 'c-moll' für KV 546. - Die Klavierfassung, mit den Kontarsky-Brüdern z.B., ist gegenüber der für Streicher prompt weniger irritierend, es ist das Instrument. Im Zusammenhang erinnert Hildesheimer an Mozarts Äußerung des Sehnens, "das niemals aufhört, immer stärker wird".


    MfG
    Albus

  • Salut,


    es wird schon einen treffenden Grund gehabt haben, warum Mozart die Fuge für Streichquintett umgearbeitet hat. Natürlich ist es in dieser Version sehr viel farbenreicher und differenzierter und allein das vorgeschaltete Adagio ist an Ausdrucksstärke kaum zu überbieten. Man spürt die Macht, die einen Willenlos macht...


    Wegen Grumiaux brauchst Du nicht um Nachsicht bitten, Du erhältst Zustimmung.


    Liebe Grüße
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Tag erneut,


    Nachtrag zu KV 546. Das Quartetto Italiano hatte eine härtere Lesart als das Takacs Quartett, die Wirkung war noch stärker. Die LP, Philips, enthielt auch KV 136, KV 173; KV 136 in vortrefflicher Manier.


    MfG
    Albus

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  • Tag,


    als Nachtrag die Bemerkung, dass die Klavierversion (für zwei Klavier) nur die Fuge enthält, KV 426. Das düstere Adagio geht nur dem Werk für Streichquartett voraus. Wer es wissen will, der nähere sich KV 546, Adagio und Fuge.


    MfG
    Albus

  • Hallo!


    Vorhin habe ich mir noch mal das Quintett g-moll KV 516 angehört (Grumiaux-Trio, Gérecz, Janzer - Albus: ja, die gibts als CD - s.u.)


    Ein beeindruckendes Werk; wirklich sehr düster, fast bedrohlich wirkt der erste Satz (allegro), im zweiten Satz (menuetto. allegretto) und dritten Satz (adagio ma non troppo) kaum Aufhellung, obwohl letzterer in Dur und übrigens "con sordino" gespielt.
    Das Finale (adagio-allegro) ist nach Moll-Einleitung wieder versöhnlich: Ein Zugeständnis an die Hörerschaft der Zeit oder überwundener Konflikt?


    Albus: Interessant, daß Du KV 546 als "irritierend" beschreibst. Ich fand es beim ersten Hören sehr irritierend, fast schon "zum Gruseln". Das soll von Mozart sein? Eines seiner extraordinären Werke.
    Hat es einen Grund, daß Du das Quintett Es-dur KV 614 ausklammerst? Es ist eigentlich mein Favorit.


    Ulli: Mozart hat das WTK für Streicher arrangiert? Gibt es dazu Aufnahmen?



    Viele Grüße,
    Pius.

  • Salut, Pius,


    KV 546 und 516 sind der "wahre" [private] Mozart, den ich meine. Ih finde ihn eigentlich gar nicht düster, eher real.


    Zu Mozarts WTC-Bearbeitungen:


    Ja: er hat und - Ja: es gibt.


    Zu "er hat": In unserem wunderbaren Forum hat ein fleißiger Mensch bereits hier einen ausführlichen Beitrag zu dem Thema verfasst. Mozart arrangierte folgende Fugen aus dem WTC [u.a.]:


    Sechs dreistimmige Fugen KV 404a
    eingerichtet für Streichtrio und mit Präludien versehen von W. A. Mozart:


    1 - d-moll - J. S. Bach: WTC I, 8 [von dis-moll transponiert]
    2 - g-moll - J. S. Bach: WTC II, 14 [von fis-moll transponiert]
    3 - Es-Dur - J. S. Bach: WTC II, 13 [von Fis-Dur transponiert]
    4 - F-Dur - J. S. Bach: KDF, Cp. 8 [Präludium: J. S. Bach: Orgelsonate III BWV 527]
    5 - Es-Dur [Fuge Mozart], Präludium: J. S. Bach aus Orgelsonate II BWV 526
    6 - f-moll - W. F. Bach, Fuga 8


    Fünf vierstimmige Fugen KV 405
    eingerichtet für Streichquartett von W. A. Mozart:


    1 - c-moll - J. S. Bach, WTC II, 2
    2 - Es-Dur - J. S. Bach, WTC II, 7
    3 - E-Dur - J. S. Bach, WTC II,9
    4 - d-moll - J. S. Bach, WTC II,8 [von dis-moll transponiert]
    5 - D-Dur - J. S. Bach, WTC II, 5


    Zu "es gibt": Im Rahmen der Complete Mozart Edition im Schuber "Streich-Trios" ist die Einspielung von KV 404a mit dem Grumiaux-Trio enthalten. KV 405 ist vermutlich im Schuber "Streichquartette" - den habe ich allerdings nicht. Ggfs. Bettina und Wilfried fragen, die haben ihn bestimmt.


    Vielleicht kennt jemand noch weitere Einspielungen?


    bien cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Nur eine ergänzende Bemerkung:
    Laut dem Mozart-Sonderheft der Klassik-Akzente (Universal) hat Richard Strauss das Streichquintett KV 516 als "Gipfelpunkt aller Musik" bezeichnet.
    Das wird mich immerhin veranlassen, mich mit dem Werk, das ich noch nicht kenne, einmal zu befassen - sowas macht mich immer neugierig!

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Mächtig eingestaubt hier...


    Zwangsweise beschäftige ich mich derzeit etwas mehr mit dem Quintett C-Dur KV 515 - es ist auf dieser CD enthalten, die mich wegen der "Zauberflöten-Suite" interessierte:



    Es spielen:


    Viviane Hagner, Violine
    Colin Jacobsen, Violine
    Antoine Tamestit, Viola
    Tatjana Masurenko, Viola
    Jan Vogler, Violoncello


    und zwar in der Satzfolge:


    Allegro - Menuetto: Allegretto - Andante - Allegro.


    Dies verdient insoweit besondere Erwähnung, als die Satzfolge für die NMA - einer Idee des damaligen Editionsleiters Ernst Fritz Schmid folgend - die Mittelsätze betreffend umgestellt worden ist. Der Erstdruck bei Artaria aus dem Jahre 1789 sieht die o.a. Reihenfolge vor, das Autograph Mozarts widerspricht dem, da die Sätze anders [also I - Andante - Menuetto - IV] angeordnet sind, was aber nicht zwingend auf Mozarts Willen zurückzuführen ist.


    Für mich erklingt die hier dargebotene Reihenfolge absolut logisch: Das Werk würde bei Befolgung der Schmidschen Reihenfolge sehr unförmig wirken, vorausgesetzt, man spielt alle Wiederholungen, die vorgesehen sind. Die korrekte - und damit ausgewogene - Reihenfolge kann nur die hier eingespielte sein.


    Die Musiker benötigen folgende Zeiten, anhand derer man die Schlüssigkeit ablesen kann:


    1 - 12:19
    2 - 05:16 [Menuett]
    3 - 08:12 [Andante]
    4 - 07:17


    So ergeben sich zwei Teile [Hauptsatz und Menuett gegen Andante und Finale], die beide etwa gleichgewichtig sind. Der Schwerpunkt wird dann etwa im goldenen Schnitt auf das Andante gelegt, was mir auch sinnig erscheint.


    Würde man das Andante dem Menuett vorschieben, verlagerte sich dieser Schwerpunkt nach vorne und das Werk bekäme durch den langen Haptsatz nebst dem Andante übergewicht und geriete aus den Fugen.


    Im Gegenteil dazu bietet die Complete Mozart Edition von Philips eine Einspielung mit Arthur Grumiaux, Arpad Gérecz, Georges Janzer, Max Lesueur und Eva Czako an den Instrumenten:


    1 - 14:26
    2 - 08:25 [Andante]
    3 - 05:58 [Menuett]
    4 - 07:35


    Man darf der Einspielung ihre ansonsten superbe Qualität zugute halten und auch die Erwähnung "The sequence of movements in KV 515 follows the Neue-Mozart-Ausgabe, 1967" - was aber in dem Fall m. E. keine Rechtfertigung ist.


    Gibt es andere Meinungen?


    Zur von mir gehörten Einspielung noch: Die Interpretation ist schon wirklich sehr gut - reißt mich aber dennoch nicht vom Hocker. Ich muß noch die Einspielungen mit dem Quatuor Kuijken & Guest hören [betreffend aller Quintette].


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Besonders zu empfehlen ist diese Box mit allen Streichquintetten Mozarts:



    Kuijken Quartett / Ryo Terakado


    Auch in dieser Einspielung von KV 515 kommt das Menuett an zweiter, das Andante an dritter Stelle, was, wie oben ausgeführt, schlüssig ist (wobei man sich die Sätze ja bei vorhandenen Aufnahmen auch kinderleicht umstellen kann).


    Zum preiswerten Erwerb der Box einfach bei diversen Amazonen (.com, .fr., .de, .ca, .co.uk) suchen - meistens ist keine Abbildung des Covers dabei, aber durchaus preiswertere Angebote als das oben verlinkte. Außerdem gibt es die 3 CDs auch jeweils einzeln...


    Der Klang dieser Aufnahmen ist sehr transpartent, hallfrei und direkt/präsent, also sehr real - ganz, wie ich es mag: im Cello zudem sehr wummig.


    :hello:


    Ulli


    P.S. Zum Es-Dur-Quintett KV 614 gibt es diesen Thread:
    Mozarts letztes: Streichquintett Es-Dur KV 614

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