Antonio Cesti - Meister des italienischen Frühbarock

  • Wiedermal will ich einen Heute vergessenen Komponisten vorstellen:


    (Marc) Antonio Cesti geb. am 5.8.1623 in Florenz, gest. am 14.10.1669


    Cesti ist zusammen mit Monteverdi und Cavalli einer der wichtigsten Vertreter der italienischen Oper des Frühbarock, mehrnoch er war der erfolgreichste und berühmteste italienische Opernkomponist des 17. Jh.


    Heute kennt man eher die beiden Herren Monteverdi und Cavalli, vielleicht noch Luigi Rossi.


    Cesti war von 1645-1649 Domkapellmeister in Volterra, dann von 1652-1657 hatte er das Amt des Kapellmeisters beim Erzherzog Ferdinand Karl zu Insbruck inne.
    In dieser Zeit brachte er zwei seiner berühmtesten Werke auf die Bühne: Orontea 1656 und la Dori 1657. Zwei der wichtigsten Opern des 17. Jahrhunderts.
    Als Christina von Schweden in Insbruck Rast machte (sie war auf dem Weg nach Rom um dort ihre Religion auszuleben) konvertierte sie in der dortigen Hofkirche. Am Abend wurde ein großes Fest gegeben das mit der Oper "L'Argia" von Cesti gipfelte.
    1666-1669 war er Vize Hofkapellmeister Leopold I. des Kaisers von Österreich, bzw. Kaiser des hl. römischen Reiches deutscher Nation.
    1665 wurde für die Hochzeit Leopolds die Festoper "Il Pomo d'oro" aufgeführt. Das Werk dauerte mehrere Stunden, so dass sie an zwei Nachmittagen gegeben wurde. Die Ballette wurden von Johann Heinrich Schmelzer komponiert. Selbst Leopold steuerte noch einige eigenen Arien bei.
    Diese Oper gilt als DAS Opernereigniss des 17. Jahrhunderts, es waren etwa 3000! Statisten beteiligt und selbst Tiere traten auf.
    (Man wollte die ein Jahr zuvor stattgefundenen Festlichkeiten des frz. Königs übertreffen "Les Plaisirs de l'Îsle enchantée" )


    Umso skandalöser ist es, dass es kaum Aufbahmen seiner Musik gibt, noch seine Opern aufgeführt werden - das ist mehr als selten.
    René Jacobs hat einige der frühbarocken Opern aufgeführt und eingespielt, hautsächlich von Cavalli.


    Jetzt in den nächsten Tagen erscheint eine CD mit Auschnitten aus der Oper Orontea und einige Kantaten. Es handelt sich hierbei um eine Wiederveröffentlichung der harmonia mundi france.
    Die Oper Orontea lag als Gesamteinspielung vor, jetzt muß man sich mit einem Querschnitt begnügen - aber besser als nichts...
    Wer einmal eine Cesti Oper erlebt hat wird wohl kaum begreifen wieso dieser großartige Komponist nicht berücksichtigt wird.


    Es verhält sich mit Cesti momentan so als würde man Verdi oder Puccini übergehen, ich hoffe dass sich das bald ändern wird!


    Vom musikalischen Stil her ist er mit Cavalli zu vergleichen, er ist wesentlich moderner (und witziger) als Monteverdi. Sein Orchester ist wesentlich pompöser (man bedenke nur die Auftraggeber) als das was man gemeinhin als Opernorchester des 17. Jh. kennt.
    Die Cavalli Einspielungen von Jacobs sind ähnlich festlich besetzt.


  • Die momentan einzige erhältliche CD mit Musik von Cesti.
    Interpretiert von dem Concerto Vocale unter Jacobs.


    Ich hatte ja lange gehofft, dass die Einspielung der Oper "Orontea" wiederveröffentlicht wird, stattdessen erschien eine Art Portrait CD des Komponisten mit Kantaten und einigen Auszügen aus Orontea.


    Bemerkenswert ist an den Kantaten, dass sie weit ins 18. Jahrhundert vorrausweisen, obwohl sie Mitten im 17. Jahrhundert entstanden sind.
    Die Interpretation ist sehr gut, obwohl die Aufnahme schon älter ist.


    Mit den Sängern Judith Nelson, René Jacobs, Isabelle Poulenard und Helga Müller-Molinari und dem Concerto Vocale mit den Solisten, William Christie (Cembalo) Jap ter Linden (Violoncello) und Konrad Junghänel (Theorbe) erlebt man ein großartiges Konzert mit den Stars der Barockmusik.
    Außerdem ist die CD recht günstig.

  • Auch wenn nur wenige Auszüge auf dieser SACD enthalten sind:



    Christina' Journey
    Susanne Rydén
    Stockholm Barockensemble


    Inhalt der SACD ist die musikalsiche Reise der Christina von Schweden.
    Hier werden einige Kompositionen zu Gehör gebracht die teilweise bisher noch nie auf CD erschienen sind.


    Neben den Auszügen aus der Oper "L'Argia" von Cesti finden sich noch andere sehr schöne Werke aus dem musikalischem Umfeld Christinas:
    Werke von Marazoli, Rossi und Stradella.


    Die Interpretation ist durchweg sehr gut gelungen - man beruft sich auf die Ausarbeitung der "LArgia" auf das Material welches René Jacobs bei seiner Aufführung in Innsbruck verwendete und bearbeitete.


    Und damit wird die Sehnsucht bei mir nach vollständigen Einspielungen der Cesti Opern noch mehr geschürrt... ;(

  • Durch einen sehr glücklichen Umstand war ich nun in der Lage endlich die ganze Aufnahme zu hören:



    Orontea
    Concerto Vocale - Rene Jacobs


    Die Aufnahme gehört wohl zu den ersten Operneinspielungen von Rene Jacobs (als Dirigent)
    1986 wurde sie im Rahmen der Innsbrucker Festwochen aufgeführt.


    Wie zu erwarten war, bin ich vollkommen hingerissen von dem Werk. Zwar hat Jacobs hier mit einigen Ritournellen von Adam Krieger die Partitur "ausgebessert" doch der Gesamteindruck ist wunderbar.


    Cesti ist ein absoluter Meister - ich kann es nicht begreifen, dass es keine weiteren Einspielungen gibt - und dann, das diese einzige Aufnahme seit Jahren gestrichen ist.


    Musikalisch steht er Cavalli sehr nahe, obwohl ich seine musikalische Sprache wesentlich "gehobener" einschätzen würde als die Cavallis.
    Kein wunder, komponierte Cesti doch vorwiegend für ein adliges Publikum.
    Obwohl das "Orchester" recht klein ist vermag es Jacobs durch geschickte Instrumentierung keine Eintönigkeit aufkommen zu lassen.



    Oh, Rene Jacobs wann wirst Du endlich Cesti zu einer Renaissance verhelfen - ich lechze danach

  • Ich konnte gerade meinen Augen nicht trauen - da habe ich doch bei JPC eine neue doppel CD entdeckt:




    P.A. Cesti - Pasticcio
    Arien & Duette aus Il Pomo D'Oro, L'Argia, Il Tito,
    L'Orontea;La Dori;La Semirami
    Rene Jacobs, Judith Nelson, Wieland Kuijken, Konrad
    Junghänel, William Christie



    ich hab das sofort bestellt - ich kann es noch gar nicht glauben *jubel*


    :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:



    allein die Ausführenden - das muß ein Traum sein....

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  • Hallo zusammen,


    die Hamronia Mundi France Aufnahme von Cestis Orontea ist mittlerweile als (legaler, kostenpflichtiger) Download erhältlich, leider ohne Libretto. Es ist mir wirklich schleierhaft, was sich die Verantwortlichen bei HMF dabei denken...


    Hat jemand eine Idee, wie man an das Libretto kommen kann? Ich würde diese Oper sehr gerne kennenlernen, aber ohne Libretto macht mir das keinen Spass.


    Danke & Grüße,


    Melanie



  • Hallo Melanie,


    anscheinend war "Orontea" die erste italienische Oper zwischen Monteverdi und Händel, die in einer kritischen Partituredition veröffentlicht worden ist:


    William Holmes (ed.), Antonio Cesti: Orontea, Wellesley 1973


    Da Du doch in München wohnst: Gibt's dort in der Staatsbibliothek - fragt sich, ob die Partitur ausleihbar ist. Bei der Gelegenheit habe ich aber auch gesehen, dass die Jacobs-Aufnahme in der Bibliothek der LMU vorhanden ist - da kann man sich doch bestimmt, auch wenn man evtl. die CDs nicht ausleihen darf, das Libretto kopieren.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Hallo Bernd,


    danke für den Tip, aber da ich in der Woche meistens unterwegs bin, ist das mit öffentlichen Bibliotheken nicht so einfach...


    Aber ich habe jetzt im Web eine Seite mit dem italienischen Libretto gefunden. Das hilft mir als erstes schon weiter.


    Viele Grüße,


    Melanie