Stimmen von heute - Ewa Podles

  • Hallo Stimmfreunde,


    die polnische Sängerin Ewa Podles, wiewohl bereits seit Jahren im Opernbetrieb unterwegs, wird zwar im Forum an einigen Stellen erwähnt, ihr wurde bislang aber noch kein Thread gewidmet - das möchte ich hiermit nachholen.


    Für biografische Daten und für eine diskografische Übersicht möchte ich auf die englische Wikipedia-Seite verweisen:


    http://en.wikipedia.org/wiki/Ewa_Podles


    Eine andere Quelle ist ihre eigene Homepage unter:


    http://www.podles.pl/english/index_e.htm



    Die Stimme von Ewa Podles ist nicht leicht zu charakterisieren: auf der einen Seite hat sie eine mächtige Tiefe, die manchmal geradezu baritonale Züge annehmen kann, auf der anderen Seite erreicht sie aber sehr wohl das hohe C und stößt damit bis in Sopranhöhen vor, und das bei einer warmen und klangvollen Mittellage. Die Stimme hat drei deutlich unterschiedliche Register, die aber technisch hervorragend verblendet sind.


    Überwältigend ist die Fähigkeit zur Koloratur. Wer ihre Aufnahme mit Händel-Arien aus Rinaldo und Orlando mit dem Moskauer Kammerorchester unter dem amerikanischen Dirigenten Constantine Orbelian (erschienen DELOS DE 3253) hört oder etwa jene mit Rossini-Arien mit dem Ungarischen Staatsopernorchester unter Giogio Morandi (Naxox 8.553543), hält es nicht für möglich, dass eine solch machtvolle Stimme so beweglich sein kann - immerhin gehören zum Repertoire der Sängerin auch Rollen wie Verdis Azucena und Ulrica sowie, aus Wagners Ring, Erda.


    In Hinsicht auf Bandbreite des Repertoires, Stimmumfang und die Fähigkeit, zwischen dem Koloraturfach und dem schweren Wagnerfach zu wechseln, gibt es historisch eigentlich nur eine vergleichbare Stimme: die von Ernestine Schumann-Heink (vgl. dazu auch den Thread über diese Sängerin unter den "Schellackschätzen - Ernestine Schumann-Heink: Alto in excelsis").


    Eine pastose Stimme wie die von Ewa Podles ist (wie etwa auch die von Ernestine Schumann-Heink, von Rita Gorr, Nathalie Stutzmann oder, als Extremfall, die von Clara Butt), soviel weiß ich aus Gesprächen, nicht jedermanns Sache. Ich persönlich finde sie großartig.
    Als "kleines Salzkristall in der Suppe" sei aber nicht verschwiegen, dass Ewa Podles manchmal Probleme beim Singen des Konsonanten"S" hat und leicht lispelt (- in diesem Punkte dem großen Tenor Franco Corelli nicht unähnlich).


    Was denken die Tamino-Mitglieder über diese zentrale Sängerin? - welche Aufnahmen sind empfehlenswert? - wer hat die Sängerin schon in der Oper erlebt und möchte etwas dazu sagen?


    Gruß
    Pylades

  • Es gibt, glaube ich, in einem Rossini-Thread schon eine Besprechung dieser Aufnahme, trotzdem will ich an dieser Stelle nochmal darauf hinweisen, da diese für mich die erste Begegnung mit Ewa Podles war:



    Rossinis "Tancredi"
    Aufnahme: 26.–31.1. 1994, Studio
    Dirigent: Alberto Zedda
    Collegium Instrumentale Brugense
    Chamber Chorus Ars Brugensis
    Chorleitung: Patrick Peire
    Cembalo: Ewald Demeyere, Vc.: Lieven Baert, Kb.: Franck Coryn


    Amenaide: Sumi Jo
    Argirio: Stanford Olsen
    Isaura: Anna Maria di Micco
    Orbazzano: Pietro Spagnoli
    Roggiero: Lucretia Lendi
    Tancredi: Ewa Podles


    Als ich damals nachfragte, wer diese für mich "neue" Stimme sei, mußte ich erfahren, daß sie schon damals (1994) schon über 10 Jahre im Geschäft war, ein alter Hase somit, seit ihrem Debut ausserhalb Polens in Aix-en-Provence als "Rosina" in Rossinis Barbier von Sevilla 1984.


    Zuletzt hörte ich sie im letzten Frühjahr als "Giulio Cesare" in Händels gleichnamiger Oper. Eine beeindruckende Stimme - wenn auch manchmal für meine Begriffe ein bisscher "heiser".


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich habe diese Dame als öffentlcihe Meinung in Offenbachs "Orphée aux enfers" kennengelernt - wunderbar! :jubel:

    Sie kann also auch Operette singen :yes:

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Ich habe diese Dame als öffentlcihe Meinung in Offenbachs "Orphée aux enfers" kennengelernt-wunderbar! :jubel:

    Sie kann also auch Operette singen :yes:


    Es gibt sogar eine Aufnahme davon:



    Die beste Audioaufnahme der Operette. Ewa Podles ist wirklich eine vorzügliche, leider nicht besonders idiomatische Opinion publique. Sie ist aber nicht daran schuld, dass ich die DVD vorziehe.


    :hello: Rideamus

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  • Ich habe sie in eine Aufführung hier in der Semirames kennen gelernt.
    Wunderbar!!!
    Glaube aber, dass sie viel in den USA singt.


    Rita

  • Zitat

    Original von Liebestraum
    ...ausgezeichnet:


    Mireille Delunsch und Laurent Naouri kenne ich nicht, aber Minkowski ist bereits sagenhaft. Und dann noch Charles Workman (Severina :hello: ) und Ewa Podles dazu. Das muß wirklich wunderbar sein.


    LG, Paul

  • Zu ihrem heutigen Ehrentage habe ich eine CD mit Liedern ausgesucht- eine Stimme wie eine Naturgewalt:



    Ewa Podles feiert heute ihren 63. Geburtstag.


    Herzlichen Glückwunsch!


    Willi :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich werde mir gleich die Aufnahme mit russischen Opernarien anhören!


    Wollte ich lange schon mal wieder!


    Der Geburtstag ist ein willkommener Anlass!



    Sie singt da Arien aus Prinz Igor, Alexander Nevsky, Jungfrau von Orelans, Not only love, Oedipus Rex, sowie Mussorgsky: Lieder und Tänze des Todes (Ein Ereignis, das dem Hörer den Atem stocken lässt!!!)


    Ewa Podles
    Spiritual Revival Choir of Russia - Philh. Of Russia
    Dirigent: Constantine Orbelian
    Delos Stereo Studio Rec. 2001


    Beste Wünsche für eine Sängerin, die noch imer ein Ereignis ist!!!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Mit dieser Stimme wäre sie eigentlich eine Bombenbesetzung für das Verdi-Requiem, lieber Caruso.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Mit dieser Stimme wäre sie eigentlich eine Bombenbesetzung für das Verdi-Requiem, lieber Caruso.


    Ja, lieber William, mit ihrem 'Liber sriptus' würde sie sicher auch den hartgesottensten Sünder in Angst und Schrecken versetzen!


    Nil insultum remanebit!


    Das dürfte dann schon anders klingen als bei so gepflegten Oratorien-Mezzos wie von Otter oder Barcelona!
    Ich habe keine Ahnung, ob sie das Werk im Repertoire hat!



    Einen schönen Abend noch!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Sensationell - damit steht sie m. E. auf einer Stufe mit Jessye Norman.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Die polnische Opern-Sängerin Ewa Podleś ist am Freitag im Alter von 71 Jahren gestorben



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    R.I.P. Fiesco


    Diese Nachricht tut mir in der Seele weh, weil sie nur ein par Tage älter ist!

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Das ist eine traurige Nachricht.


    Besondere Stimmen, wie die von Ewa Podleś, bleiben lange in Erinnerung. Ihre kräftige, kernige Stimme – ein echter Contra-Alt – und ihre Fähigkeit, ganze Koloraturgirlanden zu singen, dazu ein Stimmumfang vom hohen C bis in die Bassregion, und ihre etwas antiquiert anmutende Singweise machten sie zu einer gesuchten Interpretin vor allem für die Opern von Händel und Rossini.


    Geboren wurde sie am 26. 4. 1952 in Warszawa/Warschau. Ihre Mutter war Sängerin (Stimmlage Alt) gewesen und ihre beiden Töchter – eine Schwester von Ewa war Mezzosopranistin – haben das Gesangstalent geerbt. Ausgebildet wurde Ewa Podleś am Konservatorium in Poznan/Posen (zunächst als Sopranistin, da sie eine leichte Höhe hatte) und an der Fryderyk Chopin Musikakademie in Warschau (hier von Alina Bolechowska). 1975 debütierte sie am Teatr Wielki in ihrer Heimatstadt als Dorabella in „Cosi fan tutte“. Nach der Teilnahme an mehreren Gesangswettbewerben (Genf, Rio de Janeiro, Athen, Barcelona, Toulouse und Moskau) begann ihre internationale Karriere mit Auftritten an allen großen Opernbühnen.


    Ihr Bühnen-Repertoire war sehr umfangreich: u. a. Giulio Cesare (Cornelia und Titelrolle), Rodelinda (Bertarido), Rinaldo (Titelrolle), Ariodante (Polinesso), Orfeo ed Euridice (Orfeo), Tancredi (Titelrolle), La donna del lago (Malcolm), Semiramide (Arsace), Ciro in Babilonia (Titelrolle) Il barbiere di Siviglia (Rosina), L’Italiana in Algeri (Isabella), La Cenerentola (Angelina), Norma (Adalgisa), La fille du régiment (Marquise de Berkenfield), Il trovatore (Azucena), Un ballo in maschera (Ulrica), Falstaff (Mrs. Qickly), Das Rheingold und Siegfried (Erda), Carmen (Titelrolle), Samson et Dalila (Dalila), Cendrillon (Mme. de la Haltière), La Gioconda (La Cieca), Boris Godunov (Marina), Knias Igor (Konchakovna), Pikovaia Dama (Grafina), Elektra (Klytämnestra), Oedipus Rex (Iocasta).


    Im Konzertsaal sang Ewa Podleś u. a. die Kantaten „Arianna a Naxos“ von Haydn und „Giovanna d’Arco“ von Rossini wie auch dessen „Stabat Mater“, Lieder von Chopin, Mendelssohn und Brahms, das Verdi-Requiem, Prokofievs „Aleksandr Nevskii“, Mahlers zweite und dritte Symphonie und dessen „Kindertotenlieder“ und „Das Lied von der Erde“, de Fallas „El amor brujo“, Respighis „Il tramonto“, Szymanowskis „Hymnen“ sowie Pendereckis „Te deum“ und sein Oratorium „Seven Gates of Jerusalem“.


    Ewa Podleś war verheiratet mit dem Pianisten Jerzy Marchwinsky – der oft ihr Liedbegleiter war - und lebte in Warschau. 2017 gab sie das Ende ihrer Gesangskarriere aus gesundheitlichen Gründen bekannt; am vergangenen Freitag (19. Januar) ist sie mit 71 Jahren in Warschau gestorben.


    Die beiden oben gezeigten Recitals von ‚Naxos‘ und ‚Delos‘ und den kompletten „Tancredi“ habe ich auch; zusätzlich stehen noch zwei CDs des polnischen Labels ‚Dux‘ in meinem Regal:


    „Rossini Gala“: „Tancredi“ ‚Di tanti palpiti‘ / „Semiramide“ ‚Eccomi alfine in Babilonia… Ah, quel giorno ognor rammento‘ / „Maometto secondo“ ‚Non temer d’un basso affetto‘ / „La donna del lago“ ‚Mura felici, ove il mio ben s‘aggirai‘ / „Il barbiere di Siviglia“ Ouvertüre und ‚Una voce poco fa‘ / „L’Italiana in Algeri“ ‚Pensa alla patria‘ und ‚Cruda sorte! Amor tiranno!‘ / Ewa Podleś (Alt) / Orkiestra Kameralna ‚Leopoldinum‘ oraz muzycy Filharmonii Narodowej (Kammerorchester ‚Leopoldinum‘ und Musiker der National Philharmonie) / Dirigent: Wojciech Michniewski (Wroclaw/Breslau, Sendesaal des Polnischen Rundfunks, 13. 9. 1998). Aufgenommen live im Rahmen des 33. Internationalen Festivals ‚Wratislavia Cantans Music and Fine Arts‘. (‚DUX‘ 0124 / 1998)


    „Ewa Podleś“: „Die Geschöpfe des Prometheus“: Ouvertüre (Ludwig van Beethoven) / Kantate „Arianna a Naxos“ (Joseph Haydn, instrumentiert von Ernest Frank) / „Il barbiere di Siviglia“: Ouvertüre (Gioachino Rossini) / „Tancredi“: ‚Oh patria!…. Di tanti palpiti‘ (Gioachino Rossini) / „L’Italiana in Algeri“: Ouvertüre (Gioachino Rossini) / „Il trovatore“: ‚Stride la vampa‘ (Giuseppe Verdi) / „Lucrezia Borgia“: ‚Il segreto per esser felici‘ (Gaetano Donizetti) / L’Italiana in Algeri“: ‚Cruda sorte! Amor tiranno!‘ (Gioachino Rossini) / Ewa Podleś (Alt) / Polska Orkiestra Radiowa (Symphonieorchester des Polnischen Rundfunks) / Dirigent: Lukasz Borowicz (Warszawa/Warschau, Nationalphilharmonie, 14. 12. 2008). Aufgenommen live zur Zweihundertjahrfeier der Rechtsfakultät der Warschauer Universität. (‚DUX‘ 0709 / 2009)


    Carlo