Teatro alla Scala, Turandot, 13. April 2011

  • Gestern Abend ging für mich ein Traum in Erfüllung. Endlich hat es einmal für mich geklappt, in dieses herrliche Opernhaus zu fahren (und noch in der gleichen Nacht zurück) und dann auch noch in Puccinis Turandot, eine Oper, die ich mangels Gelegenheit noch nie gesehen hatte und nur von Aufnahmen kannte...
    Auch wenn an diesem Abend nicht musikaloisch alles hunterprozentig gestimmt hat, war es dennoch ein sehr beeindruckendes Erlebnis, dass ich so schnell nicht vergessen werde und das all die Anstrengungen der weiten Reise aus München wert war.


    Das Dirigat von Valery Gergiev war sicherlich eines der besten Operndirigate, die ich bisher live gehört habe. Was Gergiev aus dem grossartigen Scala-Orchester herausholte war einfach nur wahnsinn. Er zauberte unglaubliche Farben aus dem Orchester, dirigierte spannungs- und abwechslungsreich mit äusserster Präzision und arbeitete auch die lyrischen und zarten Momente dieser komplexen Oper heraus. Es war einfach nur wunderbar, diese Oper unter seiner Leitung zu hören!!!!
    Auch der von Bruno Casoni einstudierte Chor sang einfach sensationell. Da stimmte wirklich alles. Zusätzlich war in nahezu jeder Chorstelle der italienische Text deutlich zu verstehen. Ich war einfach nur begeistert! Das war wirklich etwas besonderes!
    Bei den Solisten war ich von Beginn an etwas skeptisch, weshalb gerade Maria Guleghina, die in München als Abigaille nicht wirklich überzeugte, an so berühmten Häusern wie Met oder Scala immer wieder die Turandot singen darf. Insgesamt würde ich ihre Leistung als durchaus angemessen bezeichnen. Die dunkle Stimme ist zwar manchmal etwas "unrein" und in der Höhe auch zuweilen schrill, aber der Einsatz mit dem sich Frau Guleghina darstellerisch und stimmlich in diese schwere Partie warf, war doch überzeugend. Immer wieder gelangen ihr wunderbare Momente, etwa wenn sie am Ende der Menge den Namen des Fremden verkündet. Auch die Veränderung von der Prinzessin aus Eis zur liebenden Frau gelng ihr ausgesprochen gut. Marco Bertis Calaf, erreichte zwar nicht das Niveau grosser Rollenvorgänger, erbrachte aber eine durchaus solide Gesangsleistung. Neben einem wirklich hervorragendem Non piangere Liu, fiel leider das Nessun Dorma durch eine in der Höhe ziemlich eng werdenden Stimme etwas ab. Insgesmt sang er jedoch mit schönstimmigem Tenor, der jedoch manchmal für den Calaf etwas zu leichtgewichtig wirkte.Eine wirklich grossartige Leistung erbrachte Ekaterina Scherbachenko, die mit ihrem wunderbaren lyrischem Sopran eine Idealbesetzung für die unglückliche Liu war. Mit ihrem Tod brachte sie nicht nur die eisige Prinzessin zum Schmelzen, sondern rührte zahlreiche Opernbesucher zutiefst.
    Als Timur blieb Marco Spotti leider ziemlich blass. Sehr gut sangen dagegen Angelo Veccia, Luca Casalin und Carlo Bosi das Ping-Pang-Pong-Trio und Ernesto Panariello einen düsteren Mandarin.
    Wirklich gut gefallen hat mir die Inszenierung von Giorgio Barberio Corsetti, der gemeinsam mit Christian Taraborelli auch die Ausstattung schuf. Die Inszenierung erzählte die Geschichte als Traum Calafs, was sich aber glücklicherweise darauf beschränkte vor Beginn einen schlafenden Calaf auf die Bühne zu legen, der sich zu den Schlusstakten wieder hinlegen durfte. Ansonsten wurde in schönen Bildern einfach nur die Geschichte erzählt.
    Im Hintergrund der Bühne war eine grosse Leinwand installiert, auf die durchaus gelungenene Bilder projiziert wurden. Der Himmel mit Mond, ein Garten in der Ping-Pang-Pong-Szene, das Gesicht der Turandot. Einige Chinesische Gebäude und Paläste wurden immer wieder (völlig lautlos!!!) aus der Versenkung herausgefahren und ermöglichten schnelle und gelungene Szenenwechsel. Die Rätselszene war mit ihrer Grösse und den vielen verschiedenen Farben ein wahres Fest fürs Auge!
    Die Kostüme waren ganz traditionell und opulent und ergänzten gut die Farben des Bühnenbilds. Im ersten und zweiten Akt wuselten zahlreiche Akrobaten über die Bühne und vollzogen allerlei Kunststücke. In der Schlussszene begann es zu schneien und Turandot und der komplette Hofstaat trugen weiss. Was das bedeuten sollte, erschloss sich mir nicht so recht, es stand wohl allerdings kein allzu hochgeistiger Gedanke dahinter :S Insgesamt eine wirkliche schöne, ansprechende Inszenierung, die das Auge verwöhnte und Abwechslung zum tristen Regietheater-Alltag bot. man war eben an der Scala!!!
    Wie erwartet wurde an der Scala auch der Alfano-Schluss gespielt (m.E. immernoch die Beste von allen möglichen Alternativen). Ich war jedoch überrascht, dass nach Lius Tod noch eine gute Viertelstunde Musik gespielt wurde. So lange htte ich den Schluss, der ja meist nur gekürzt gespielt wird, nicht erwartet. So sang Turandot noch das Solo Del primo pianto. Es würde mich sehr interessieren, ob ich etwa den ungekürzten Alfano-Schluss gehört habe.....
    Das anspruchsvolle Scala-Publikum war durchaus angetan und spendete kurzen, aber heftigen Applaus.
    Nachdem ich noch das ein oder andere Autogramm am Bühnen-Ausgang geholt hatte, holte ich das Auto aus der Tiefgarage und trat glücklich meine nächtliche Rückreise an....



    :hello:

  • Danke für diesen Bericht aus Mailand. Ich war leider auch noch nie da, möchte das gerne aber mal ändern. Die Guleghina kenne ich vor allem als Abigaile oder als Lady Macbeth und ihr Rolleneinsatz ist tatsächlich hervorragend, ihre Stimmbänder zum Glück kräftig genug ihren oftmal sehr kraftvollen Einsatz durchzustehen.

  • Hallo Figarooo,


    auch von mir vielen Dank für Deinen interessanten Bericht. Schön, dass Du Dir Deinen Traum von einem Besuch in der Scala erfüllen konntest. Ich kenne sie leider auch nicht. Maria Guleghina habe ich übrigens 1988 als Maddalena (Andre Chenier) in Frankfurt in einer konzertanten Aufführung erlebt. Sie war damals großartig.


    :hello:


    Jolanthe

  • Auch ich habe Deinen Bericht mit großem Interesse heute morgen gelesen.


    Aber irgendwie ist er jetzt weg? Der Beitrag von Wotan ist für mich der erste in diesem Thema, den ich lesen kann und der von Jolanthe der zweite. ?(


    Edit:


    Ich habe ihn wiedergefunden. Es sind zwei verschiedene Themen.

    Viele Grüße,


    Marnie

  • Aber irgendwie ist er jetzt weg? Der Beitrag von Wotan ist für mich der erste in diesem Thema, den ich lesen kann und der von Jolanthe der zweite.


    Hallo, liebe Marnie
    mir geht es ebenso. Der Bericht ist weg, aber auch ich konnte ihn noch heute früh lesen.
    Dafür, lieber Figarooo, auch meinen herzlichen Dank. Du hast das sehr ausführlich und interessant beschrieben. Ich freue mich für Dich, daß Du so ein schönes Erlebnis hattest. Besonders toll finde ich die Energie und Initiative, am Tag hinfahren, abends das Opernerlebnis und danach nachts zurück. Das erinnert mich an meine Zeiten, mittags nach Berlin und auch nachts nach der Vorstellung zurück. Die Scala kenne ich nur von außen. Vor zwei Jahren hatten wir auch mal eine Tagesreise nach Mailand gemacht.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY, Görlitz / Sa.

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Dake für deinen interessanten Bericht Figarooo. Berti wird ja zur Zeit überall als Calaf rumgereicht. Wie sind denn eigentích die Kartenpreise an der Scala und wo sitzt und sieht man am besten ? Ich wollte meiner Freundin eine Karte zum Geburtstag schenken, verbunden mit einem Wochenendausflug nach Mailand. Wenn zum Schluss der Turandot AUffühung der Chor gesungen hat war das der Alfano Schluss. Es ist einfach ein Gänsehautfinale.

  • Dake für deinen interessanten Bericht Figarooo. Berti wird ja zur Zeit überall als Calaf rumgereicht. Wie sind denn eigentích die Kartenpreise an der Scala und wo sitzt und sieht man am besten ? Ich wollte meiner Freundin eine Karte zum Geburtstag schenken, verbunden mit einem Wochenendausflug nach Mailand. Wenn zum Schluss der Turandot AUffühung der Chor gesungen hat war das der Alfano Schluss. Es ist einfach ein Gänsehautfinale.


    An der Scala gibt es eigentlich Karten in allen Preisklassen. Ich denke allerdings, dass die Sicht auf den eher billigen Plätzen (das sind wohl die hinteren Plätze der oberen und seitlichen Logen) enorm eingeschränkt ist. Ich hatte ein Ticket der Kategorie 5 und sass in einer Loge des untersten Stockwerks, seitlich aber ganz vorne. Nachdem einer der Sitzplätze in der Loge freigeblieben war, konnte ich so meinen Sitzplatz verbessern ;) .
    Es wurden vor der Vortellung von vielen Leuten noch Tickets zu stark reduzierten Preisen angeboten, sodass ich wohl auch für weniger Geld an einen besseren Platz hätte kommen können.
    Allerdings empfiehlt es sich unbedingt bei der Anfahrt innerhalb Mailands genug Zeit einzuplanen. Der Verkehr war dort derart übel, dass ich um fünf vor acht völlig abgehetzt das Opernhaus erreichte....