Dmitri Schostakowitsch: Symphonie Nr. 14 op. 135

  • Alle Schostakowitsch-Symphonien außer die Vierzehnte haben ihren eigenen Thread. Machen wir's hiermit komplett:


    "Die 14. Symphonie von Dimitri Schostakowitsch (op. 135) wurde in Frühling 1969 fertiggestellt und am 29. September desselben Jahres in Moskau unter der Leitung von Rudolf Barschai uraufgeführt, während Krzysztof Meyer in seiner Schostakowitsch-Biographie als Daten der Uraufführung den 1. Oktober in Leningrad und den 6. Oktober 1969 in Moskau nennt. Das Werk ist angelegt für ein kleines Streichorchester mit Perkussionsinstrumenten und Gesangssolisten in den Stimmlagen Bass und Sopran. Enthalten sind elf Gesänge auf Gedichte von vier Autoren. Ein Großteil der Texte behandelt das Thema Tod. Die Symphonie ist Benjamin Britten gewidmet.


    Neben den Gesangssolisten spielt ein Streichorchester, bestehend aus zehn Violinen, vier Bratschen, drei Celli und zwei Kontrabässen. Hierzu kommen folgende Rhythmusinstrumente: Kastagnetten, Holzblock, Peitsche, Tom Tom, Celesta, Xylophon, Vibraphon und Glocke.


    Das Werk ist in elf Abschnitte unterteilt, von denen jeder ein Gedicht enthält.


    Adagio. De profundis (Federico García Lorca)
    Allegretto. Malagueña (Federico García Lorca)
    Allegro molto. Loreley (Guillaume Apollinaire)
    Adagio. Der Selbstmörder (Guillaume Apollinaire)
    Allegretto. Auf Wacht (Guillaume Apollinaire)
    Adagio. Sehen Sie, Madame! (Guillaume Apollinaire)
    Adagio. Im Kerker der Santé (Guillaume Apollinaire)
    Allegro. Antwort der Zaporoger Kosaken an den Sultan von Konstantinopel (Guillaume Apollinaire)
    Andante. An Delwig (Wilhelm Küchelbecker)
    Largo. Der Tod des Dichters (Rainer Maria Rilke)
    Moderato. Schlussstück (Rainer Maria Rilke)


    Immerwiederkehrend ist hier das Anfangsmotiv aus Dies Irae, das in der russischen Kultur eine wichtige Rolle spielt. Zwei Sätze sind dodekaphon." (Wikipedia)


    Zu Aufnahmen kann ich mich noch nicht äußern. Empfehlungen sind natürlich gern gesehen. ;)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die 14. Symphonie von Schostakowitsch, die Britten gewidmet ist, zählt nicht zu den am leichtesten zugänglichen Werken im Œuvre des großen sowjetischen Komponisten. In seiner Form mehr ein Liederzyklus als eine Symphonie, ist die Vierzehnte beim Erstkontakt für viele wohl eher gewöhnungsbedürftig.


    Zum Wesen des Werkes und der elf hierin enthaltenen Lieder verweise ich auf diesen vorbildlichen, wenn auch etwas theoretischen Spezialthread: Schostakowitsch, Dmitri: Sinfonie Nr. 14 op. 135 – elf Lieder über den Tod.


    Hier soll es hingegen um konkrete Aufnahmen gehen. Seit fünf Jahren gab es indes keinen weiteren Beitrag, so dass ich mich, nach Wiederhören dieses schwierigen Werkes, selbst bemäßigt sehe, den Anfang zu machen.


    Die Welterstaufführung datiert auf den 21. Juni 1969 (nicht wie im Eingangsbeitrag angegeben am 29. September) und wurde im Kleinen Saal des Moskauer Konservatoriums vor ausgewähltem Publikum gespielt. Solisten waren Margarita Miroschnikowa und Jewgeni Wladimirow, die musikalische Leitung des Moskauer Kammerorchesters übernahm Rudolf Barschai. Dieses Konzert wurde glücklicherweise von Melodiya mitgeschnitten, wobei sich ein makaberer Vorfall ereignete: Der scharfe Schostakowitsch-Kritiker Pawel Apostolow, Parteifunktionär und selbst ebenfalls Komponist, befand sich unter den Zuhörern. Beim fünften Lied "Auf Wacht" verließ er plötzlich lautstark den Saal und eilte hinaus. Zunächst ging man von einer bewussten und mutwilligen Störung aus, hatte Schostakowitsch das Publikum doch eingangs um besondere Ruhe wegen der Aufzeichnung gebeten. Erst später wurde klar, was geschehen war: Apostolow hatte einen schweren Herz- oder Schlaganfall erlitten, an dessen Folgen er am 19. Juli des Jahres starb. Diese historische Aufnahme erschien im Westen anscheinend noch nicht auf CD. Die LP sah jedenfalls folgendermaßen aus:



    Sie sollte nicht verwechselt werden mit der auf den 6. Oktober 1969 datierten ebenfalls mitgeschnittenen Aufführung mit Galina Wischnewskaja und Mark Reschetin, wiederum unter Barschais Leitung. Sie erschien u. a. in einer Ausgabe bei Brilliant und ist relativ problemlos zu beziehen (CD 7 auf folgender Box):



    Als Referenz wird oft die gleichfalls mit der Wischnewskaja und dem Bassisten Mark Reschetin unter Mstislaw Rostropowitsch eingespielte Aufnahme von 1973 genannt:



    Der Vorteil dieser noch zu Lebzeiten des Komponisten entstandenen Aufnahmen ist der hohe Grad an Authentizität, den neuere Produktionen gar nicht aufweisen können. Gleichwohl möchte ich auf eine ganz besonders interessante moderne Einspielung aus dem Jahre 2009 verweisen, die mit dem Ensemble MusicAeterna unter dem griechischen Dirigenten Teodor Currentzis entstand, der schon für so manche Überraschungen gut war. Wohl kaum jemand vor ihm begann ausgerechnet mit der 14. Symphonie, wenn es um Schostakowitsch ging. Julia Korpatschewa und Pjotr Migunow haben zwar nicht die Stimmgewalt früherer Solisten, doch fügen sie sich nahtlos ins Konzept von Currentzis ein. Der vibratoarme Klang und das ungemein präzise und doch aussdrucksstarke Spiel des Orchesters erzielen eine ungeahnte Klarheit, welche die Verbindung zur Alten Musik schafft, für die Currentzis steht. Daher ist die spätmittelalterliche Ikone des Erzengels Michael auf dem CD-Cover auch durchaus verständlich. Die exquisite Tontechnik unterstützt den tadellosen Eindruck dieser Neueinspielung. Das ist Schostakowitsch fürs 21. Jahrhundert. Gerne würde man weitere Symphonien unter Currentzis' Dirigat hören.


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die 14. Symphonie von Schostakowitsch, die Britten gewidmet ist, zählt nicht zu den am leichtesten zugänglichen Werken im Œuvre des großen sowjetischen Komponisten. In seiner Form mehr ein Liederzyklus als eine Symphonie, ist die Vierzehnte beim Erstkontakt für viele wohl eher gewöhnungsbedürftig.


    Genau so ist das und war es immer bei mir.
    Es sind auch im anderen 14-Thread auch nur wenige ausgewählte Hörer, die etwas mit dem Werk anfangen können/wollen ...


    Als ich als Jugendlicher die Schostakowitsch - Sinfonien kennenlernte konnte ich gar nicht schnell genug an die Platten kommen und bin quasi drauf geflogen, so begeistert war ich.
    Zuerst waren es die Melodiya/Eurodisc-LP´s mit den Sinfonien Nr.9 und 3, 5 mit Kondraschin; dann Nr.10 Swetlanow; Nr.6 Kondraschin und 7 Swetlanow; Nr.1 mit Kondraschin.
    Dann die LP mit der Sinfonie Nr.14 mit Barshai, die in der Melodiya/Eurodisc-Version genau so aussieht wie unten die Abb der Sinfonie Nr.15 (dort mit Maxim Sch. nebenbei auch eine Wahnsinnsplatte !, die auch mit Riesenhörerfolg gekauft wurde). Ich wusste bei der Nr.14 schon wegen den Sängerangaben, dass das wohl nicht meine Musik sein wird, denn die Nr.3 hatte mir ja damals in den Anfängen auch total nicht gefallen.
    So war es natürlich auch und die Platte blieb in der Tat nicht lange auf dem Plattenteller ...


    Ehrlich gesagt habe ich die Sinfonie Nr.14 noch nie in Gänze gehört, obwohl ich die in allen GA mind. 7-8 mal haben dürfte (wo ich die 14-CD´s warscheinlich noch nie aus der Hülle genommen habe) ... vermutlich schaffe ich das rein geschmacksorientiert einfach nicht.
    Ich habe vor mir nach Jahrzehnten nun in Kürze mal die Roshdestwensky-CD (Melodiya/Eurodisc) vorzunehmen ... ob diese Aktion wohl kurz dauern wird oder länger dauert, vermag ich heute noch nicht zu beantworten. ;):S Wenn es erfolgreich war, wäre ein Kurzbeitrag dazu von mir zu erwarten ... sonst eben nix mehr ...


    So sah meine Erst_LP mit Barshai aus (die Zahl 15 durch 14 austauschen):

    Melodiya/Eurodisc, 1969 (Nr.14)

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Es gibt einen 2. älteren Thread zu dieser Symphonie, dort schrieb ich vor einiger Zeit.


    Eigentlich wollte ich heute die 13. Symphonie kaufen, in der den Gesamtzyklus abschliessenden Neuaufnahme durch Vasily Petrenko und das RLPO. Die wurde gerade im International Record Review zur "Disc of the Month" gekürt. Die gab es aber noch nicht, da habe ich die 14. mitgenommen. Und durfte feststellen, dass es hier einen zwar alten aber schon ziemlich ausführlichen Thread zu dieser Symphonie gibt, erstaunlich. Nun, dann muss ich über das Stück - der vielleicht düstersten symphonischen Schöpfung von DSCH - nichts mehr sagen und kann mich der Neuaufnahme widmen. Und auch da kann ich mich kurz fassen. Beide Solisten - die israelische Sopranistin Gal James und der russische Bass Alexander Vinogradov - liefern äußerst eindrucksvolle Interpretationen ab und Petrenko und das RLPO bieten messerscharfen Orchesterklang dazu. Das dürfte in der Summe eine der besten Einspielungen dieses Stücks sein, wobei ich die Referenzaufnahme mit Kondrashin nicht kenne. Aber unter den einzeln verfügbaren Einspielungen gibt es vermutlich keine bessere und schon gar nicht zu diesem Preis. Auf der englischen website des Werbepartners vergeben 8 von 9 Hörern 5 Sterne und Fonoforum schreibt: „Genauer und sinnvoller lässt sich diese sehr sorgfältig interpretierte Musik wohl nicht darstellen.“ (Fono Forum, August 2014).