Fürst Igor : Andrzej Dobber
Jaroslawna : Veronika Dzhioeva
Waldimir Igorewitsch : Dovlet Nurgeldiyev
Fürst Galitzky : Rafal Siwek
Khan Kontschak : Tigram Martirossian
Kontschakowna : Cristina Damian
Bundesjugendballett und Mitglieder der Ballettschule des Hamburg Ballett, Choreographie Renato Zanella;
Philharmoniker Hamburg und Chor der Staatsoper Hamburg unter der musikalischen Leitung von Simone Young;
Inszenierung David Pountney, Bühnenbild Robert Innes Hopkins und Kostüme Marie-Jeanne Lecca.
(Koproduktion mit dem Opernhaus Zürich)
(4.Vorstellung seit der Premiere am 15.09.2012)
Der erste Opernbesuch der Saison galt diesesmal der aktuellen Neu- bzw. Koproduktion eines leider viel zu selten gespielten Werkes der großen russischen Nationaloper (Fürst Igor im Opernführer). Zuletzt war diese Oper als Hamburger Erstaufführung 1938 unter dem späteren Gründer des NDR-Sinfonieorchesters H.Schmidt-Isserstedt zu sehen.
Kurz vor Beginn der Vorstellung wurde der in der Titelrolle singende, polnische Bariton Andrzej Dobber als indisponiert angekündigt; glücklicherweise war hiervon kaum etwas zu merken.
Einen für mich zwiespältigen Eindruck hinterließ einmal mehr Tigram Martirossian als Khan Kontschak. Ähnlich seiner Darstellung des Mephisto in C.Gounods Faust stand einer tadellosen schauspielerischen Leistung sein zu wenig profunder Bass entgegen. Insbesondere in höheren Lagen fehlt ihm die Fähigkeit, die Stimme zu öffnen, was natürlich umso mehr auffällt, wenn man z.B. einen N.Ghiaurov oder einen B.Christoff "im Ohr" hat. Eventuell wäre hier sogar R.Siwek die bessere Besetzung gewesen; seine Interpretation des Galitzky ließ im ersten Putiwl-Akt (hier als zweiter Akt, siehe unten) auch an vokaler Dämonie und Verschlagenheit nichts zu wünschen übrig.
Als Sohn des Fürsten war mein aktueller Lieblings-Tenor des Hamburger Ensembles, der Turkmene Dovlet Nurgeldiyev zu hören. Seine m.E. ungemein lyrischen Stimme war einmal mehr mein ganz persönliches Highlight des Abends. Nicht ganz so sein Counterpart, die Kontschakowna gesungen von Cristina Damian, deren Leistung zwar in keinster Weise zu beanstanden war, die jedoch für ihre Rolle etwas zu dunkel timbriert schien. Der Star des Abends (wie wohl schon in der Premiere) war unumstritten Veronika Dzhioeva (Jaroslawna). Leider nur einen ungefähren Eindruck ihres auch an diesem Abend außerordentlich klangschönen, hochdramatischen Soprans liefert der Trailer der Staatsoper Hamburg:
(zuletzt aufgerufen am 01.10.2012)
An dieser Stelle auch ein großes Lob an Marie-Jeanne Lecca für dieses prachtvolle Kostüm ebenso, wie für das Ornat, welches Igors am Ende des Prologs anlegt!
Was die hier angesprochenen Kürzungen und Eingriffe angeht, ist zuerst einmal festzustellen, dass der Abend etwa vier Stunden gedauert hat. Bei zwei Pausen von zusammen etwa 45 Minuten macht das eine ca.Spielzeit von etwa drei Stunden. Da die Oper in den verfügbaren Gesamteinspielungen auf etwa 3 1/2 Stunden kommt, dürften sich Kürzungen im Rahmen gehalten haben. Der wesentliche "Eingriff" bestand darin, die Reihung der ersten beiden Akte zu tauschen. Dies war jedoch keine Willkür, sondern geht auf Aufzeichnungen Borodins zurück und entspricht z.B. auch der von V.Gergiev eingespielten Fassung.
Das Orchester unter der Hamburger Generalmusikdirektorin spielte erfreulich akkurat und man meinte zu spüren, dass Fr.Young einiges an diesem Werk zu liegen scheint.
Zum Regiekonzept des Briten David Pountney äußert er sich selber im Trailer des Opernhauses Zürich, welcher ebenfalls im Netz angesehen werden kann:
(zuletzt aufgerufen am 01.10.2012)
Nun ist alleine die Tatsache, Borodins einzige (und noch dazu von ihm unvollendet hinterlassene) Oper auf zwei großen europäische Bühnen zu zeigen, an sich schon lobenswert. Allerdings fürchte ich, der Impetus dieser Inszenierung ist dann doch zu gering, als dass sie bleibende Spuren hinterläßt. Pountney changiert letztlich zwischen konventionellen Versatzstücken, wie z.B. einem hölzernen Glockenturm, der "goldenen" Steppe und einem beeindruckenden Reiterstandbild auf der einen Seite und dem Verweis auf die jüngere und jüngste russische Geschichte z.B. im im ersten Putiwl-Akt (zweiter Akt) oder im Schlussbild, wenn drei Darstellerinnen kostümiert als Pussy Riot (zuletzt aufgerufen am 01.10.2012) die Bühne betreten - spätestens in diesem Moment merkt man, dass, was eigentlich wehtun sollte, nicht sticht!