Iver Holter (1850-1941)

  • Iver Holter (1850-1941)

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    Iver Paul Fredrik Holter, geboren am 13. Dezember 1850 in Gausdal, Provinz Oppland, gestorben am 27. Jännner 1941 in Oslo, war ein norwegischer Komponist und Dirigent.


    Iver Holter wurde als viertes von fünf Kindern des Pastors Caspar Georg Holter (1812-1880) und der Caroline Theodora Børresen (1818-1857) geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Gjerpen bei Skien in der Provinz Telemark, wo er vom deutschsprachigen Organisten Friedrich Wilhelm Rojahn (1820-1886) Geigenunterricht erhielt. Holter wollte zunächst Mediziner werden, weswegen er von 1869 bis 1876 an Universität in Kristiania (Oslo) Medizin studierte, doch änderte er in diesem Jahr seine Meinung und wollte sich ganz der Musik widmen. Zunächst studierte er bei Johan Svendsen, um seine Studien in Leipzig (1876-1879) und Berlin (1879-1881) zu vervollständigen.


    Bereits im Herbst 1882 folgte er Edvard Grieg als Chefdirigent des Philharmonischen Orchesters Bergen, was er bis 1886 blieb. Im selben Jahr wechselte er zum Musikverein Christiania (Musikforeningen), den Vorläufer des späteren Philharmonischen Orchesters Oslo. Dieser wurde auf Betreiben Holters mit dem Orchester des Christiania-Theaters zusammengelegt und erhielt ab 1889 kommunale Unterstützung. Als Chefdirigent des Musikvereins Christiania amtierte Iver Holter zwischen 1886 und 1911 und prägte insofern stark die Musiklandschaft in der norwegischen Hauptstadt. Er tat sich ferner als Gründer des Städtischen Orchesters Kristiania (1890) und des Holter-Chorvereins (Holters korforening) (1897) hervor, dem er bis 1920 vorstand.


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    Musikfest Bergen 1898: (v. l. n. r.) Christian Cappelen, Catharinus Elling, Ole Olsen, Gerhard Rosenkrone Schjelderup, Iver Holter, Agathe Backer Grøndahl, Edvard Grieg, Christian Sinding, Johan Svendsen und Johan Halvorsen (Photographie von Agnes Nyblin)


    Aufgrund der Verlagerung seines Schwerpunktes auf seine Funktionen als Dirigent und Chorleiter schrieb er trotz seines langen Lebens nur relativ wenige Kompositionen. Darunter befinden sich die Symphonie F-Dur op. 3 (1878/84), die Orchestersuite zu Goethes Götz von Berlichingen op. 10 (1898), das Violinkonzert a-Moll op. 22 (1922), mehrere Kantaten, die Streichquartette op. 1 (1879) und op. 18 (1917) sowie die Idylle für Streichorchester St. Hans Kveld op. 4 (1880).


    Iver Holter starb hochbetagt mit 90 Jahren am 27. Jänner 1941 in Oslo, nachdem er noch den deutschen Einmarsch in Norwegen 1940 miterleben hatte müssen. Seine Grabstätte befindet sich auf dem Friedhof Vår Frelsers gravlund in Oslo.


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    Aufnahmen:


    Aufnahmetechnisch sieht es in Sachen Iver Holter leider ziemlich düster aus. Immerhin hat der Norwegische Kulturrat auf dem Label NKF um 1990 zwei CDs mit Werken Holters herausgebracht, die aber nur mehr schwer greifbar sind. Die Orchesterwerke spielte Per Dreier mit dem Royal Philharmonic Orchestra 1986 ein, die beiden Streichquartette wurden 1991/92 vom Norwegian String Quartet aufgenommen.


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    Gerade Holters einzige Symphonie F-Dur op. 3 ist aber absolut hörenswert. Sie besteht aus folgenden Sätzen:


    I. Allegro vivace

    II. Adagio ma non troppo

    III. Allegro molto

    IV. Allegro risoluto



    Den Kopfsatz (9 Minuten) komponierte Holter scheinbar bereits 1878. Er ist lebensbejahend, vom ersten Takt an mitreißend und mit das Beste, was ich aus dem hohen Norden aus der Spätromantik überhaupt kenne. Es geht ohne Umschweife sofort zur Sache und die eingängige Hauptmelodie bekommt man schwer mehr aus dem Ohr. Eine fulminante Coda beschließt den Satz. Meisterhaft!




    Sehr stark für mein Dafürhalten auch der ausgedehnte und düstere langsame Satz (14 Minuten). Das Scherzo (knapp 8 Minuten) greift wieder den Optimismus des ersten Satzes auf.



    Nun hat Holter so hohe Erwartungen geweckt, dass man bereits auf den Finalsatz (10 Minuten) gespannt ist. So ganz wird das nicht erfüllt, denn wer sich das ganz große Spektakel am Schluss erwartet, wird etwas ernüchtert. Das Werk ist insofern ein recht gutes Beispiel für die "Finale-Problematik", mit der bekanntlich viele Komponisten zu kämpfen hatten. Es wirkt ein klein wenig so, als seien zuletzt ein wenig die Ideen ausgegangen. Oder nur mein Eindruck?


    Insgesamt ist das aber trotz des "nur" guten Finalsatzes eine herausragende Symphonie, die m. E. so manch andere viel bekannterer Komponisten auf die Ränge verweist. Insbesondere den Kopfsatz sollte man gehört haben.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões