Schostakowitsch-Sinfonien: Die favorisierten Aufnahmen der einzelnen Sinfonien

  • Liebe Taminoanerinnen, liebe Taminoaner,


    was wir hier im TAMINO-Forum bisher mit den Bruckner-Sinfonien und Mahler-Sinfonien geschafft haben, müßte auch mit den Schostakowitsch-Sinfonien gut funktionieren.


    In den letzten zwei Wochen sind sehr viele Beiträge zu den Schotakowitsch-Sinfonien-Gesamtaufnahmen an der Tagesordnung.
    Aber genau wie bei allen Komponisten, die mehrere Sinfonien geschrieben haben, ist eine einzige Gesamtaufnahme nicht erschöpfend, um in die Tiefe des sinfonischen Gesamtwerkes des Komponisten zu blicken.


    Es wäre äußerst interessant zu erfahren, welche Aufnahmen der einzelnen Schostakowitsch-Sinfonien ihr favorisiert !?!
    1.) Eine kurze Begründung wäre angenehm muß aber nicht sein
    2.) Bitte auch angeben, wenn nur eine Aufnahme der entsprechenden Sinfonie bei Euch vorliegt.
    3.) Wenn die eine oder andere Sinfonie gar nicht vorhanden ist - einfach auslassen.


    Ich fange mal mit meinen Favoriten an:
    ---------------------------------------------------------------
    Nr.1 - Kondraschin / Moskauer PH (AULOS)
    Nr.2 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.3 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.4 - Barshai / WDR SO Köln
    Nr.5 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.6 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.7 - Kondraschin / Moskauer PH (AULOS)
    Nr.8 - Haitink/Concertgebouw Orchestra Amsterdam (Decca)
    Nr.9 - Kondraschin / Moskauer PH (AULOS)
    Nr.10 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.11 - Kondraschin / Moskauer PH (AULOS)
    Nr.12 - Haitink/Concertgebouw Orchestra Amsterdam (Decca)
    Nr.13 - Kondraschin / Moskauer PH (AULOS)
    Nr.14 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.15 - Maxim Schostakowitsch / Moskauer PH (Eurodisc)


    Kondraschin liefert sehr straffe Interpreationen ab, die nicht so emotional überbordend sind, wie bei Roshdestwensky. Dieser Ansatz paßt zu den Sinfonien Nr.1, 9 und 11 besser, sodaß diese für mich die Referenz sind.
    An der Nr.13 mit Artur Eisen, Bass kommt IMO keiner vorbei.


    Roshdestwensky bietet den härtesten Zugriff mit dem für mich höchsten Gänsehautfaktor. Einzig in der Sinf.Nr.11 überdeckt er so manche Orchesterstimmen durch zu fettes auftrumpfen - da ist Kondraschin unbedingt vorzuziehen.


    Haitink schätzt nicht alle Sinfonien seiner GA, aber in den Sinfonien Nr.8, 11, 12 breitet er eine unsagbare Atmosphäre aus, die mich berührt. Bei Nr.12 geht mit Kondraschin zu schnell über diese Stimmungen hinweg.


    Bei der Sinfonie Nr.10 schätze ich die Aufnahmen mit Kondraschin, Roshdestwensky und Karajan gleichermaßen - je hat das "gewisse etwas".


    Nr.2,3,14 interessieren mich nicht so sehr, aber wenn dann "richtig mit Saft und Kraft" - Roshdestwensky.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Wirklich rundum zufrieden bin ich nur mit:
    Nr. 11 Leopold Stokowski: Houston Orchestra (EMI)




    Ganz ausgezeichent bei Nr. 14 finde ich den Orchesterpart von Yuli Turovsky (Chandos)


    Bei Nr. 6 schwanke ich immer zwischen der genannten Roshdestwenskys und der von N.Järvi (Chandos): dort hebt Järvi so schön die Trompeten im letzten Satz hervor (was er im Konzert nicht getan hat). (die #1 ist dafür belanglos).

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

    Einmal editiert, zuletzt von a.b. ()

  • Na, dann will ich auch mal:
    Ich möchte hinzufügen, daß in jedem Falle, wenn sie nicht auf Nr.1 gesetzt ist, die Kondraschin-Aufnahme für mich wenigstens die Nr.2 darstellt.


    Schostakowitsch: Sinfonien


    Nr.1 Ormandy/Philadelphia Orch. (CBS/Sony)
    Nr.2 Kondraschin/Moskau P.O. (Aulos)
    Nr.3 Kondraschin/Moskau P.O. (Aulos)
    Nr.4 Roschdestwensky/ Kultusministeriums S.O. (Ariola)
    Nr.5 Bernstein/New York P.O. (Tokyo-live) (CBS/Sony)
    Nr.6 Boult/London P.O. (Everest-Schallplatte)
    Nr.7 Swetlanow/ Staatl. S.O. der UDSSR (Melodiya/EMI-Schallplatte)
    Nr.8 Kondraschin/Moskau P.O. (Aulos)
    Nr.9 Kondraschin/Moskau P.O. (Aulos)
    Nr.10 Swetlanow/Staatl. S.O. der UDSSR (Melodiya/EMI-Schallplatte)
    Nr.11 Kondraschin/Moskau P.O. (Aulos)
    Nr.12 Mrawinsky/Leningrad P.O. (Melodiya-Ariola-Schallplatte)
    Nr.13 Kondraschin/Moskau P.O. (Aulos)
    Nr.14 Barschai/ Moskauer Kammerorch. (Melodiya-Ariola-Schallplatte)
    Nr.15 Kondraschin/Moskau P.O. (Aulos)


    Na, ja, ich denke, das kommt so hin, aber natürlich ändert sich meine Meinug immer mal wieder,


    LG,
    Michael

  • Hallo Michael,


    mit großem Interesse habe ich deine Liste zur Kenntnis genommen und stelle fest, das sich da einige Aufnahmen der Sinfonien mit meinen decken.
    Kein Wunder wenn man Kondraschin auf AULOS und Roshdestwensky hat.


    Für mich gilt auch:
    Bei den Sinfonien, wo ich Kondraschin nicht aufgeführt habe, ist er mindestens der Zweite und wo ich Roshdestwensky nicht aufgeführt habe, ist er ebenfalls der Zweite.


    Sehr interessant finde ich bei Dir auch die Favoriten-Wahl der Sinfonie Nr.5 mit Bernstein (Tokyo-LIVE = CBS). Diese CBS-CD habe ich auch und finde diese Aufnahme ebenfalls in ihrer überbordenden bernsteinschen Emotionalität einfach wahnsinnig im positiven Sinne. Ich besitze auch die SONY/CBS-Studio-Aufnahme mit Bernstein aus New York, die auch gut ist, aber nicht ganz diese Wirkung hat.


    Die Sinfonie Nr.10 mit Swetlanow habe ich auch noch auf LP. Diese Eurodisc-Platte (Cover mit den großen blau/schwarzen Buchstaben) war meine Erstaufnahme und hat mich viele Jahre äußerst zufrieden begleitet, bis Karajan, Roshdestwensky und Kondraschin auf CD hinzukamen.


    Ormandy hat sich auch mit Hingabe einigen Schostakowitsch-Sinfonien angenommen. Meine CBS-LP der Sinfonie Nr.5 habe ich bester Erinnerung; der Favorit von Dir - Sinfonie Nr.1 mit Ormandy kenne ich leider nicht.


    :hello: Sind wir hier die Einzigen, die zu den Schostakowitsch-Sinfonien eine Meinung haben???
    Das gibt´s doch nicht, das so ein Votum-Thread bei Mahler und Bruckner prima klappt, bei Beethoven selbstverständlich und hier bei Schostakowitsch nur von so wenigen Taminos!?!
    Auch wenn ihr nur wenige Aufnahmen habt - egal!
    Welche Aufnahmen mögt Ihr???

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Es ist ja schade, dass sich zu diesem Thema so gar keiner mehr beteiligen will. Ich halte Schostakowitsch für einen der wichtigsten Komponisten des 20.Jahrhunderts, wobei ich die Notwendigkeit sehe, sich mit der Biographie zu befassen, damit man seine Werke in die Zeit und die Lebensumstände des Komponisten einordnen und davon ausgehend bewerten kann. Denn vieles ist doppelbödig und kann je nach politischem Standort unterschiedlich betrachtet werden, wie es aber gemeint ist, kommt am ehesten in Solomon Wolkows "Zeugenaussage", das ist quasi das Testament von Schostakowitsch, oder in der Biographie von Kryzystof Meyer (mit vielen Notenbeispielen) zum Ausdruck.


    Ich stelle fest, dass bei den bisherigen Beiträgen eigentlich nur russische Dirigenten genannt werden.
    Das ist insoweit verständlich, weil die russische Mentalität eben am besten von den Landsleuten verstanden und wiedergegeben werden kann (bei Tschaikowsky ganz besonders). Bei mir gibt es auch andere Dirigenten, die ich für gute Interpreten halte, ohne eine Präferenz für sie abgeben zu wollen. Im Gegensatz zu Komponisten wie Beethoven und Brahms z. B. habe ich im allgemeinen erst je eine Aufnahme, was ja nicht der letzte Stand sein muss. Aber bisher hatten andere Komponisten die Priorität. Und an die 14. Sinfonie habe ich mich noch nicht heran gewagt, auch wegen der ungewöhnlichen Besetzung (viel Schlagwerk, aber keine Bläser).


    Nr. 1: Kurt Sanderling (lebte 24 Jahre in Russland und kannte Schostakowitsch persönlich gut)
    Nr. 2: Mstislav Rostropovich
    Nr. 3: Mstislav Rostropovich
    Nr. 4: Simon Rattle
    Nr. 5: Mariss Jansons
    Nr. 6: Kurt Sanderling / Mstislav Rostropovich
    Nr. 7: Vladimir Ashkenazy
    Nr. 8: Kurt Sanderling
    Nr. 9: Claus Peter Flor
    Nr.10: Herbert von Karajan (die Aufnahme ist überragend!)
    Nr.11: Mariss Jansons
    Nr.12: Mstislav Rostropovich
    Nr.13: Mariss Jansons
    Nr.14: (nicht vorhanden)
    Nr.15: Georg Solti


    Es wäre ja nicht schlecht, wenn dieser Thread eine Wiederbelebung erfahren würde.

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Hallo timmiji,


    =) :hello: Dein Beitrag als Fortsetzung dieses Threads nach fast zwei Jahren freut mich sehr.
    Mich hat auch gewundert warum so wenige Teilnehmer mitmachen. Was bei Bruckner und Mahler funktioniert (in den jeweiligen Threads), sollte doch bei Schostakowitsch ohne weiteres auch möglich sein!?!


    Drei Namen in Deiner Aufstellung kann ich als Favoriten sehr gut nachvollziehen:
    ***Das ist Ashkenazy, der mit seiner neueren und klanglich hervorragenden GA eine quasi "moderne Spitzenaufnahme" (ich wollte moderne Referenz schreiben, aber das geht zu weit) herausbrachte, die mich auch vollauf begeisterte - die Sinfonie Nr.7 ist TOP gelungen - Zustimmung.
    *** Das ist Karajan mit (leider nur) der Sinfonie Nr.10.
    *** Das ist Solti mit der Sinfonie Nr.15, der leider auch keine GA vorlegte.


    Nicht zustimmen kann ich Dir bei Rostropowitsch, der mit durchweg zu langsam ist und die Werke zu sehr auszelebriert und sich dabei leider oftmals in Kitsch verliert. Schade, denn auch er war mit Schostakowitsch befreundet, aber als Dirigent seiner Werke gefällt mir nur seine Interpretation der Sinfonie Nr.8.


    ;) :yes: Das bei Dir die Namen Kondraschin, Roschdestwensky und Swetlanow fehlen, führe ich auf mangelnde Kenntnis, bzw. NICHT vorhandene AUFNAHMEN der jeweiligen Aufnahmen deinerseits zurück.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • So aus dem Bauch heraus (habe auch nicht immer alle Aufnahmen und eigene Präferenzen präsent):


    1. Haitink (Decca) ?
    2. Jansons (EMI) (höre ich seltenst)
    3. Ashkenazy (Decca)
    4. Bychkov (Avie) (aber auch: Jansons, Gergiev, Rattle; geringe Unterschiede)
    5. Barschai (Brilliant)
    6. Haitink/Barschai (Decca/Brilliant)
    7. Ashkenazy/Gergiev (Decca/Philips)
    8. Ashkenazy (Decca)
    9. ?? (momentan ist mir kein Favorit präsent)
    10. Levi (Telarc), auch Bychkov (Avie)
    11. Bychkov (Avie)
    12. Ashkenazy (Decca) ?
    13. Barschai (Brilliant)
    14. Haitink (Decca) (auch: Jansons (EMI), bis auf Sopran)
    15. Jansons (EMI) ?


    ? bedeutet, dass die Wahl nicht sonderlich fundiert ist, z. B. weil die Sinfonie/Aufnahme schon lange nicht mehr gehört wurde.


    Generell nicht berücksichtig habe ich Kondrashin, Roshdestwenskij (da ich nur wenige Aufnahmen kenne und/oder die Klangqualität m.E. eingeschränkt ist (die Aulos kenne ich nicht)), Swetlanow, dessen Aufnahmen ich nicht kenne, ihn nur einmal live erlebt habe, das gleiche gilt für Kurt Sanderling.


    maticus

  • Hallo maticus,


    es freut mich, dass auch Du hier Deine favorisierten Aufnahmen vorstellst.


    Im Schostakowitsch-Thread im Komponistenforum habe ich am 27.08.08 etwas sehr positives für Dich gelesen:

    Zitat

    Habe ja seit gestern die Kondrashin GA


    Du hast Dich für die in Deutschland gut erhälltliche Version von Melodiya entschieden, die als scheinbares Bonbon noch ein paar Zugabewerke enthält.
    In keinem Forum habe ich wirkliche Begeisterungsstürme über die Klangqualität des russischen Melodiya-Remasterings und der Klangqualität gelesen. Eher der Hinweis das die russischen Melodiya-CD in der GA braune seltsame Verfärbungen aufweisen, die auf eine begrenzte Haltbarkeit der CD´s schließen lassen.
    :yes: Dies veranlaßt mich zu dem Schluß, das man mit AULOS wirklich perfekt bedient ist, da das Klangwunder in der DSD-Technik hier wirklich gegeben ist, so wie Michael Sch. es auch schon mehrfach im Taminoforum geschrieben hat (wir scheinben beide die einzigen AULOS-Besitzer zu sein, was dahingehend bedauerlich ist, da der Schosrakowitsch-Liebhaber, gar nicht weis was er verpasst).
    Einzig die Sinfonien Nr.4 und 8 sind die ältesten Aufnahmen ab 1962 - hier haben Wunder auch ihre Grenzen (was aber die TOP-Interpretation in gutem Stereo wieder ausgleicht).


    Ich finde es bedauerlich, das Du ausdrücklich und "generell " die besten Aufnahmen mit Kondraschin und Roshdestwensky nicht in der Favoritenliste berücksichtigst.


    :angel: Wie gesagt, Du hast die Kondraschin-GA und das ist ein Glücksfall für Dich.
    :hello: Nun - höre mal die von Dir als nicht so elementar empfundenen Sinfonien Nr.1 und 9 intensiv an.
    Wirst Du beide Sinfonien jemals besser hören ? ......... Ich behaupte - Nein.


    Es würde mich freuen, wenn ich von Dir Rückmeldungen bekomme, wenn du Deine neue Kondraschin-GA mehr verinnerlicht hast. Sie steht ja noch neu und sicher weitgehend ungehört in Deinem Regal. Danach wirst Du auch den hohen Wert dieser GA erkennen und sehen, dass hier so mache neue DDD-Aufnahme einfach zurückbleibt.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    es wird sicherlich noch etwas dauern, bis ich mehr zu der Kondrashin GA (Melodiya 2006) sagen kann. Momentan höre ich die Sinfonien von Sch. erstens seltener, zweites nicht so in der Breite, und drittens fehlt auch oft die Zeit, was dann schon oft zum Hören "nebenbei" führt. Wie ich schon sagte, das wenige, was ich bisher gehört habe, hat mir interpretatorisch sehr gut gefallen. Dabei war auch die 1. Sinfonie, die ich so nebenbei gehört habe. Auffällig gut waren auch die Stücke "Oktober" und "Die Hinrichtung des Stepan Razin", die man ja auch sonst nicht so oft hört. Die 13. Sinfonie war sicherlich sehr gut, aber es schien mir nicht so, dass ich die von Barschai (Brilliant) nun vergessen könnte. Auffällig gut fand ich den 2. Satz.


    Schade, dass ich das mit der Qualität des Remastering missverstanden hatte. Ich hatte schon von dem durchgängigen Lob der AULOS gelesen, aber teilweise auch, dass das neue Melodiya-Remastering da in etwa gleichwertig sei. Da war wohl eine Falschinformation. Ich denke, ich werde jetzt aber nicht in einen weiteren Zyklus inverstieren, auch wenn ich nun glaube, dass dessen Qualität signifikant besser ist. Vermutlich gibt es die AULOS nicht mehr, oder? Schon auf die Melodiya GA musste ich bei einem großen Internetanbieter mehrere Wochen warten, nach mehrfachen Vertröstungen.


    Die Sinfonie Nr. 9 mag ich schon, nur wie bei der Sinfonie Nr. 1 gibt es viele Sinfonien von Sch., die mich noch mehr interessieren. In der Tat konnte ich bei der Nr. 9 keinen Favoriten nennen. Ich glaube, mir gefiel mal Roshdestwenskij, selbst Bernstein. Es ist wohl so, dass meine Ansprüche bei dieser Sinfonie nicht so hoch sind.


    maticus

  • Ein Versuch (nicht der definitive, sofern es den gibt):


    Nr. 1: St. Petersburger PO/Temirkanow [RCA, 1996]
    Nr. 2: WDR-SO/Barschai [Brilliant, 1995]
    Nr. 3: WDR-SO/Barschai [Brilliant, 1994]
    Nr. 4: Kirow-Orch./Gergijew [Philips, 2001]
    Nr. 5: Leningrader PO/Mrawinskij [Brilliant, 1982]
    Nr. 6: Leningrader PO/Mrawinskij [Melodiya, 1972]
    Nr. 7: Kirow-Orch. & Rotterdamer PO/Gergijew [Philips, 2001]
    Nr. 8: Leningrader PO/Mrawinskij [Philips, 1982]
    Nr. 9: St. Petersburger PO/Temirkanow [RCA, 1995]
    Nr. 10: Leningrader PO/Mrawinskij [Erato, 1976]
    Nr. 11: Russisches NO/Pletnjow [Pentatone, 2005]
    Nr. 12: Leningrader PO/Mrawinskij [Erato, 1984]
    Nr. 13: UdSSR-StSO/Temirkanow [Brilliant, 1983]
    Nr. 14: Moskauer Kammerorch./Barshai [Brilliant, 1969]
    Nr. 15: Leningrader PO/Mrawinskij [Melodiya, 1976]


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Dann weiss ich später auch, wie meine Meinung um 2012 war :thumbsup:
    Meine Liste der 15. Sinfonien Schostakowitsch.
    Eine Hitliste der Einspielungen der Sinfonien von Schostakowitsch aufzustellen, fällt schwer, insbesondere, wenn man einige Werke nicht besonders schätzt. Auch sind dermaßen viele Einspielungen auf dem Markt verfügbar, oder waren verfügbar, dass einer (ich) unmöglich die Übersicht behalten kann.
    Also kann es nur bei einem Versuch bleiben, aus den vielen Einzelaufnahmen der Sinfonien, die ich von Schostakowitsch habe, diejenigen zu finden, die mir aktuell am besten gefallen
    Los geht es, ich nenne frecherweise nur die Dirigenten.


    1: Ancerl, aber auch Petrenko
    2: Haitink
    3: Kondrashin
    4: Previn und Andris Nelsons
    5: Bernstein (Tokyo), Mravinsky 1983
    6: Mravinsky in Moskau 1965, Barschai Köln
    7: Svetlanov Moskau und Eliasberg (aus Sentimentalität)
    8. Mravinsky 1982 und 1947 sowie Petrenko
    9: Klemperer 1954 in Turin (Voller Ernst), dann Kondrashin
    10: Mravinsky 1976, Petrenko und Ancerl (mono)
    11: Kondrashin
    12: Roshdestwenski (JVC CD aus Japan), Petrenko
    13: Haitink (höre ich aber sehr selten)
    14: Kondrashin (höre ich aber sehr selten)
    15: Mravinsky 1975, Maxim Schostakowitsch 197x?, Roshdestwenski (JVC CD aus Japan)


    Gruß aus Kiel

  • Ich kenne und mag nicht alle Symphonien gut genug, dass ich sie hier nennen könnte, deswegen nenne ich nicht alle. Im Allgemeinen bevorzuge ich die Sanderling-Aufnahmen, wenn es sie gibt - mit Ausnahme der Zehnten, da bevorzuge ich Karajan.


    01 - Kurt Sanderling/Berliner SO
    05 - Kurt Sanderling/Berliner SO
    06 - Kurt Sanderling/Berliner SO
    07 - Haitink/London PO
    08 - Kurt Sanderling/Berliner SO bzw. Haitink/Concertgebouw
    10 - Karajan/BPO
    11 - Haitink/Concertgebouw (Stokowski/Houston ist auf CD zerstört wegen unsäglich schlechtem Mastering)
    15 - Kurt Sanderling/Berliner SO

  • 1 Martinon
    2 Jansons
    3 Roshdestwenski
    4 Kondraschin (Dresden)
    5 Mrawinski (1959)
    6 Kondraschin
    7 Swetlanow
    8 Mrawinski (London)
    9 Kusewitzki
    10 Kondraschin
    11 Jansons
    12 Mrawinski (1961)
    13 Kondraschin (mit Eisen)
    14 Barschai (Moskau)
    15 Iwanow

  • Seit 2006 sind einige Jahre ins Land gegangen und ich habe viel Schostakowitsch gehört und jede Menge neue Einzelaufnahmen (Rostropowitsch Mrawinsky, Swetlanow, Petrenko, Solti, Karajan) und GA (Ashkenazy, M.Schostakowitsch, Barshai) dazu bekommen. Aber auch einige wieder abgesetzt (Rostropowitsch).


    Heute 2014 sieht die Liste der Favoriten so aus:
    Meine Änderungen gegenüber 2006 habe ich mit *** gekennzeichnet. Erstaunlich, denn die Liste hat sich nur etwas, aber nicht grundlegend geändert.


    Nr.1 - Kondraschin / Moskauer PH (AULOS)
    Nr.2 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.3 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.4 - Barshai / WDR SO Köln
    Nr.5 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.6 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.7 - Swetlanow / Staatliches SO der UDSSR (WARNER/Melodiya 1978) ***
    Nr.8 - Solti / Chicago SO (Decca) ***
    Nr.9 - Kondraschin / Moskauer PH (AULOS)
    Nr.10 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.11 - Kondraschin / Moskauer PH (AULOS)
    Nr.12 - Haitink/Concertgebouw Orchestra Amsterdam (Decca)
    Nr.13 - Kondraschin / Moskauer PH (AULOS)
    Nr.14 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc)
    Nr.15 - Roshdestwensky / Akademisches SO Moskau (Eurodisc) ***


    Bei der Sinfonie Nr. 5 liegen bei mir Kondraschin und Roshdestwensky im Prinzip gleich auf als Favorit.
    Aber nicht zu vergessen Bernstein / New Yorker PH (SONY, Tokyo 1979 LIVE) , wenn auch vom Ansatz im 4.Satz verfehlt; mir vollkommen egal, denn so einen Wahnsinn bekommt man nicht mal bei Swetlanow zu hören (der zudem klanglich ziemlich auf der Strecke bleibt).



    Manch einer wird hier Mrawinsky vermissen, den ich teils auch bei einigen Sinfonien, wie Die Nr.5, 10.und 12 auch ausserordentlich schätze. Allerdings hat bei mir auch die Klangqualität einen sehr hohen Stellenwert, sodass Mrawinsky hier für meine Favoritenliste deutlich aussen vor bleiben muss.
    8-) Auch wenn ich hier folgend (für Einige) total daneben liege - mir vollkommen egal:
    Aber auch wenn Mrawinsky Uraufführungsdirigent der Sinfonie Nr.8 ist, so gefällt mir seine Int absolut gar nicht (bes. nicht sein letzte auf Philips), da diese so zurückhaltend rüberkommt, dass es fast unfassbar ist. Mag ja von der Aussage her richtig sein, sie so im Trauerrand zu spielen. Packen kann mich seine Int nicht.
    Mein neuer Favorit steht in der Liste! So will ich die 8 hören.


    Ich warte noch auf die GA mit Petrenko (NAXOS). Aber nicht weil ich mir verspreche, davon auch nur eine aus meiner Favoritenliste zu tauschen, denn die Sinfonie Nr.1 konnte ich schon Dank der Empfehlung eines Forianers bereits hören. Mir gefällt die Int soweit wirklich gut. Sehr sauber und präzise. Dabei erkenne ich aber eine gewisse Sachlichkeit, die bei meinen Favoriten-Aufnahmen mit Kondraschin, Roshdestwensky eben nicht vorhanden ist. Das sind eben die, die mich wirklich "vom Hocker hauen". Die Petrenko-Aufnahme ist ein gutes Gegenstück für Ashkenazy (Decca), da ich diese ebenso einordnen würde; ebenfalls TOP-Klangtechnik.



    :hello: Ich würde mich mit grossen Interesse freuen, wenn weitere und die neuen TAMINOS auch ihre Eindrücke und Favoritenaufnahmen posten!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Manch einer wird hier Mrawinsky vermissen, den ich teils auch bei einigen Sinfonien, wie Die Nr.5, 10.und 12 auch ausserordentlich schätze. Allerdings hat bei mir auch die Klangqualität einen sehr hohen Stellenwert, sodass Mrawinsky hier für meine Favoritenliste deutlich aussen vor bleiben muss.

    Meine Meinung: Ohne Mrawinsky geht es bei Schostakowitsch gar nicht - die eigentliche Tiefendimension dieser Musik erschließt sich bei ihm wie sonst bei niemandem. Von der 5. gibt es übrigens auch einen Erato-Mitschnitt, der ist klanglich wirklich gut.



    Auch wenn ich hier folgend (für Einige) total daneben liege - mir vollkommen egal:
    Aber auch wenn Mrawinsky Uraufführungsdirigent der Sinfonie Nr.8 ist, so gefällt mir seine Int absolut gar nicht (bes.nicht sein letzte auf Philips), da diese so zurückhaltend rüberkommt, dass es fast unfassbar ist. Mag ja von der Aussage her richtig sein, sie so im Trauerrand zu spielen. Packen kann mich seine Int nicht.
    Mein neuer Favorit steht in der Liste ! So will ich die 8 hören.

    Auch da muß ich Dir vollkommen widersprechen. Svjatoslav Richter (der bekanntlich von Kondraschin etwa eine sehr hohe Meinung hatte) äußerte: Es gibt nur einen Dirigenten, der die 8. von Schostakowitsch dirigieren kann, und das ist Jewgeny Mrawinsky. Man sollte hier wirklich den Zeitkontext berücksichtigen. In der Sowjetunion unter Stalin sollte die Musik, besonders die große Symphonie, pompös, heroisch und dramatisch sein. Wer den stalinistischen Terror wirklich leidlich miterleben mußte, dem erschien so etwas als hohles Pathos und unauthentisch. Wenn Mrawinsky (es gibt 2 Aufnahmen, eine aus den 40igern und die späte aus den 80igern) also auf jede Theatralisierung und jedes vordergründig zupackende Pathos verzichtet, dann ist genau das authentischer Schostakowitsch, eine ganz bewußte Verweigerung - Musik als Protest gegen die stalinistische Ideologie und ihre künstlerischen Zwänge. Während selbst ein Kondraschin z.B. den 1. Satz theatralisiert und dramatisiert, gefriert bei Mrawinsky die Musik. Die Endlosigkeit sinnlosen Leids wird spürbar, die mechanische Dynamik des Krieges, wo Bewegung (weil sie eben keine Lebensbewegung ist sondern tote Maschinerie) in Starre umschlägt. Genau darin liegt das beängstigend Monströse, kommt zum Vorschein in diesem "dialektischen" Umschlag, den man nur bei Mrawinsky vernimmt. Das ist unerhört und ein unvergleichliches Dokument. Die Musik schreit geradezu das Leid heraus. Da werden alle Alpträume des Menschen des 20. Jahrhunderts physisch spürbar, der den Totalitarismus durchleiden mußte. Bei keiner der anderen Aufnahme ist diese expressive Dimension in dieser Weise existenziell nachvollziehbar. Und wie er im Scherzo die Rhythmen zu einem entsetzlichen Höllentanz verdichtet, ist ebenso singulär - dagegen wirkt Solti z.B. einfach nur blaß und harmlos. Und man höre sich mal in der 10. den Übergang zum letzten Satz an. Bei Kondrashin ist das harmlos romantisch. Bei Mrawnsiky dagegen werden die Pausen zum Ereignis - ein Zögern, das Zaudern einer zutiefst gequälten Seele, die sich auch nach Stalins Tod nicht wirklich von ihrem Trauma befreien kann, so dass das erleichternde Kehraus-Finale eben nur ein vermeintliches ist, das so unwirklich erscheint, dass es eigentlich gar nicht erst beginnen will.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Nr.7 - Swetlanow / Staatliches SO der UDSSR (WARNER/Melodiya 1978) ***


    D'accord! Das ist und bleibt die beste, trotz Roschdestwenskij, Kondraschin, Gergiev, Bernstein (ist mir hier auf hohem Niveau verfehlt) und Co. Niemand schafft es, die Spannungsbögen derart phänomenal aufrechtzuerhalten. Die Coda des Finales ist hier beispiellos gelungen und wird wohl nie erreicht werden.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Da ich diese Solti-Aufnahme auch besitze, meine Meinung dazu: Entgegen dem, was das CD-Cover suggeriert, ist das einfach nur völlig harmlos. Das Chicago-SO ist natürlich ein fabelhaftes Orchester (bis heute für mich eines der 5 besten auf der Welt), hochvirtuos und klangschön. Und wie immer dirigiert Solti sehr präzise. Doch von den extremen Erfahrungen, die hinter der Entstehung gerade dieser Symphonie stecken (man denke an die Belagerung von Leningrad, das war die Hölle auf Erden!), ist hier "über den großen Teich" in die "Neue Welt" transferiert rein gar nichts mehr zu spüren. Vladimir Ashkenazy sagte mal sehr schön mit Blick auf die russischen Komponisten: "Wenn Sie es mit einem Russen zu tun haben, müssen sie immer fragen: Was steckt eigentlich dahinter?" Diese Doppelbödigkeit vermisse ich bei Solti vollständig. Man höre dagegen mal die Bläser von Mrawinskys Leningradern: da wird nicht nur präzise und schön gespielt, da ist Gift und Galle drin, der ganze Frust, der Hohn, der Zynismus einer völlig aus den Fugen geratenen Welt. Selbst in dem, was eben vordergründig "vital" und voll von Lebensenergie zu scheint - in den Marschrhythmen - verbirgt sich das nackte Grauen.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber teleton, lieber Joseph II., die von mir in Beitrag 13 gelistete Swetlanow-Aufnahme ist auf 1968 datiert. Existieren zwei Melodija-Studio-Einspielungen?


    Bezüglich Mrawinski ist Holger Kaletha zuzustimmen. Insbesondere den Mitschnitt des Gastspiels der Leningrader in London (8. Sinfonie) kann ich unmöglich als "zurückhaltend" empfinden, wo sonst hört man eine derartige Intensität der Leere?


    Kondraschin taucht auf meiner Liste zwar vier mal auf, aber bei der 11. schien er mir nicht ganz konkurrenzfähig, da das Werk nach meiner Erinnerung gekürzt wurde (?).

  • Lieber teleton, lieber Joseph II., die von mir in Beitrag 13 gelistete Swetlanow-Aufnahme ist auf 1968 datiert. Existieren zwei Melodija-Studio-Einspielungen?


    Lieber Gombert,


    kurz gesagt: ja. Ich kenne die von 1968 auch und würde sie nur marginal hinter der 1978er einstufen. Zudem gibt es noch eine Aufnahme Swetlanows mit dem Residentie Orkest von 1995, die mir aber vergleichsweise harmlos erscheint, was wohl durchaus auch am Orchester liegt. Das UdSSR-Staatsorchester ist einfach deutlich idiomatischer für solches Repertoire. Anscheinend existiert sogar noch eine vierte Aufnahme mit dem Schwedischen Rundfunk-Sinfonieorchester von 1993, die ich aber nicht kenne.



    I. 25:49
    II. 10:09
    III. 19:48
    IV. 19:11
    Total: 75:02


    USSR State Symphony Orchestra
    Evgeny Svetlanov
    Recorded in Moscow 1968



    I. 28:20
    II. 10:59
    III. 18:15
    IV. 18:25
    Total: 76:01


    USSR State Symphony Orchestra
    Evgeny Svetlanov
    Recorded live at the Grand Hall of the Moscow State Conservatoire, 28 February 1978



    I. 29:00
    II. 11:00
    III. 17:58
    IV. 18:55
    Total: 77:10


    Swedish Radio Symphony Orchestra
    Evgeny Svetlanov
    Recorded live in Berwaldhallen, Stockholm, 10—11 September 1993



    I. 26:11
    II. 11:01
    III. 17:15
    IV. 18:43
    Total: 73:18


    Residentie Orkest The Hague
    Evgeny Svetlanov
    Recording: Dr Anton Philipszaal, The Hague, 19—20 January 1995


    Liebe Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Dank an Joseph II. für die Aufklärung ;) ! Dass neben der Studioaufnahme auch eine sowjetische Liveeinspielung existiert, hätte ich eigentlich erwarten müssen.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich hörte gerade nochmal vergleichend in die beiden sowjetischen Aufnahmen. Der späteren bekommt der langsamere Kopfsatz wirklich noch deutlich besser, das Invasionsthema wird hier so sehr wie in keiner mir bekannten Aufnahme zum sich stetig steigernden "Boléro des Todes".

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Es ist schon erstaunlich, wie unterschiedlich die Wahrnehmung von Musik ist, bei Schostakowitsch offensichtlich besonders ohrenfällig. Ich habe mit großen Interesse die beiden Kommentare von Holger und Wolfgang zur 8. Symphonie gelesen und da ich zufällig auch im Besitz der beiden Aufnahmen bin (bei Solti tatsächlich eher zufällig, da ich die Aufnahme mal für wenig Geld als Vinylscheibe mitgenommen habe), habe ich jetzt in beide noch einmal hineingehört. Beim Werbepartner schrieb Wolfgang über Solti:


    Der 3.Satz wird bis zur Extase hochgepuscht - der Wahnsinn. Auch wenn es einige Kenner nicht gerne lesen, aber das geht weit über den Urauführungsdirigenten Mrawinsky, mit dessen letzter Aufnahme aus den 80ern (auf Philips) ich mich überhaupt nicht anfreunden kann, weil diese auf mich absolut emotionslos wirkt.

    Da frage ich mich, nach dem was ich gerade gehört habe, ob einer von uns beiden die CDs vertauscht hat (bei mir ja nicht möglich). Bei Solti höre ich im dritten Satz bestenfalls eine Art "Lt Kije Suite 2", brav dirigiert und völlig emotionslos, während Mravinsky dirigiert und das Orchester spielt, als wenn es ums Überleben geht. Das ist Schostakowitsch. Dieser Eindruck wird durch die sicher nicht optimale Aufnahmetechnik bei Mravinsky noch verstärkt, denn manchmal ist ein schön ausgeglichenes Klangbild - obwohl in diesem Fall bei Decca m.E.auch nicht optimal - der Aussage der Musik auch eben hinderlich.


    Also für mich klar 7:1 für Mravinsky :D

  • Von der 5. gibt es übrigens auch einen Erato-Mitschnitt, der ist klanglich wirklich gut.


    Lieber Holger,


    bei der Sinfonie Nr.8 kommen wir halt nicht auf einen und den gleichen Nenner. Die Solti-Aufnahme (8.) war mein letzter Schostakowitsch - Neuzugang - ich war echt begeistert gegenüber anderen Aufnahmen, wie Rostropowitsch (Teldec), Ashlkenazy (Decca) und leider auch Mrawinsky (Philips). So will ich die Sinfonie Nr.8 nicht nur hören (wie gesagt), sondern so höre ich sie einfach auch.
    Interpretationen von Roshdestwensky und Kondraschin haben bei mir für die Achte einen ungleich höheren Stellenwert, als die Mrawinsky - Aufnahme (Philips).
    :huh: Ich kann nicht verhehlen, dass ich jetzt mit Solti, durch Deine und Lutgras Aussagen unsicher geworden bin und werde dies in Kürze noch einmal genaustens überprüfen. Nur eines weis ich jetzt schon sicher, dass die keinesfalls so übel ist, wie Dein Beitrag 17 suggeriert. "Harmlos" ist wirklich etwas anderes, denn dann würde die bei mir nicht zünden ...


    Die von Dir angesprochene ERATO-Aufnahme der Sinfonie Nr.5 habe ich in meiner geschätzten Mrawinsky-12-CD-Box. Ja, die ist ebenfalls sehr gut; aber Roshdestwensky und der hier sehr staffe Kondraschin zünden auch hier bei mir höher!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Auf Empfehlung unserer Experten hier habe ich mir heute die 7. Symphonie mit Svetlanov zugelegt, und zwar die 1968er Aufnahme als Melodiya/Eterna Doppel-LP. Das Ding ist ja ein echter Hammer, so tief tragisch habe ich das Werk bisher nicht gehört. Da verblasst auch meine bisherige Lieblingsaufnahme von Bernstein in Chicago, die klanglich zwar nach wie vor das Maß aller Dinge ist, aber vielleicht doch den tragischen Gehalt der Musik leicht verpasst.


  • Die von Dir angesprochene ERATO-Aufnahme der Sinfonie Nr.5 habe ich in meiner geschätzten Mrawinsky-12-CD-Box. Ja, die ist ebenfalls sehr gut; aber Roshdestwensky und der hier sehr staffe Kondraschin zünden auch hier bei mir höher !


    Lieber Wolfgang,


    jeder hat so seine eigene Hörgeschichte! :) Schostakowitsch hatte ich immer ein bisschen vernachlässigt. Dann in meiner Studienzeit beschloss ich, mich mit ihm intensiver zu beschäftigen. Damals im CD-Laden stieß ich auf die Gesamtaufnahme mit Kondrashin. Die kostete aber 200 DM - für mich als Studenten unerschwinglich. Der CD-Verkäufer war ein Phänomen, ein Musikkenner, bei dem sich alle Musikbegeisterten der Stadt trafen (gerade was die Opernaufnahmen angeht, war sein Wissen phänomenal) und damals hatte er die Möglichkeit, die Preise selbst zu bestimmen. Ich zeigte ihm die Box und meinte nur: leider für mich ein unerreichbarer Traum, viel zu teuer. Darauf er: "Für 39.95 (DM!) können Sie sie sie haben!" :D Die Geschichte erzähle ich ihm gerne noch heute - er ist längst pensioniert und wir lachen darüber. So habe ich also Schostakowitsch durch Kondraschins Aufnahme kennengelernt - die deshalb für mich immer noch einen besonderen Stellenwert hat. Erst später lernte ich dann auch Mrawinsky kennen. Natürlich hat mich das als "unerfahrener" Hörer damals auch ein wenig irritiert, wie "undramatisch" er den 1. Satz der 8. dirigiert. Doch dann merkte ich, dass das eine ganz andere Dimension ist, die Kondrashin doch nicht zu bieten hat. Mrawinsky ist einfach unvergleichlich - das "Wesen" dieser Musik, die ganzen Abgründe, lotet keiner wie er aus. Das ist ein gewisser "Lernprozeß" bei mir gewesen, bis ich das so richtig verstanden habe. :) Geradezu ideal mit Kondrashin finde ich übrigens die 9. Hast Du die auch sehr gelobten Aufnahmen von Mariss Jansons? Er war ja mal Mrawinskys Assistent und ist von daher eigentlich ein Berufener in Sachen Schostakowitsch. :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • So habe ich also Schostakowitsch durch Kondraschins Aufnahme kennengelernt - die deshalb für mich immer noch einen besonderen Stellenwert hat.


    Lieber Holger


    das ist mir genauso gegangen, zu Vinylzeiten, da gab es die Aufnahmen in mehreren 3-LP-Boxen von Eurodisc. Habe ich nie ersetzt.


    Gruß
    lutgra

  • Hallo zusammen,


    nun gerade hier nach langer Zeit ein Lebenszeichen von mir.
    Mir fällt immer wieder auf, dass die Rezeption der Musik Schostakowitschs in "Ost" und "West" sehr differiert.
    Westeuropäische Hörer scheinen seine Musik oft in einer Art "Mahler-Nachfolge" zu sehen, während er für Osteuropäer eine auch politisch gefärbte Aussage gehört wird.
    Dazu kommt, dass Mahler im Ostblock weitaus weniger präsent war als im Westen und Schostakowitsch darum noch viel mehr als Solitär angesehen werden musste.


    Mein Eindruck ist, dass hier ein divergierendes Musikverständnis seiner Musik zum Ausdruck kommt.


    Ich mag gar nicht eine solche Aufstellung wagen wie hier angstrebt, vielleicht, weil die Musik selbst zu wichtig für mich ist um so lapidar eine Aufzählung zu wollen.


    Zunächst: für mich ist sie nicht "typisch russisch", was auch immer das heißen mag.
    Sie ist zutiefst menschlich. Voller Liebe, Hoffnung und auch Angst, und besonders der ihr eigene Humor kommt mir oft zu kurz.


    Ich möchte mich darum auf eine Handvoll Aufnahmen beschränken.
    Die "Leningrader" unter Leitung von Karl Eliasberg aus dem Jahre 64. Er hat alle noch Lebenden Mitglieder der Leningrader Philharmoniker versammelt, ergänzt durch das Reserveorchester, das schon bei der "Uraufführung" in Leningrad spielte.
    All die Hoffnung, der Schmerz und der Verlust und letztlich doch vor allem Sehnsucht zeichnet seine Lesart aus.
    Da muss nichts klingen nach "Bolero des Todes", sondern nach Überwindung und Leben!
    Da gibt es den "doppelten Boden" dieser Musik, die so schön ist, dass inmitten der Belagerung Leningrads die Bürger, die MENSCHEN, Hoffnung schöpfen und sich verstanden wissen.


    Und es existiert eine Aufnahme der Neunten, die ja von Stalin als Siegessymphonie beauftragt war und von Schostakowitsch konterkariert wurde.
    Gibt es wirklich bösen Humor in Musik? Wenn ja, dann hier. Jan Krenz hat ca. 1970 eine Aufnahme gemacht, die weder tragisch ist noch komisch wie Kondraschins, sondern eine, bei der einem das Lachen im Halse steckenbleibt. Karikatur eben. Feuerwehrkapelle, die Schostakowitsch so mochte, aber mit dem Zeigefinger auf dieses schmerzhafte Gelächter.
    Diese Musik ist ENTSETZLICH komisch, was wohl nur verstanden wird, lebte man in dieser Welt.


    Aber auch hier existieren Unterschiede. Hier wird oft Mrawinsky gelobt- den Schostakowitsch später vollkommen ablehnte, weil der wohl nicht in der Lage sei, "zwischen den Zeilen" zu lesen.


    Diese Symphonik ist derart vielschichtig, dass eben auch die Begrenzung der persönlichen Freiheit eine besondere Freiheit ausmacht. Alle Dimensionen dieser Musik zu erfassen behaupte ich nicht, aber eine mehr als ein Westeuropäer. Reduziert auf den Begriff Heimat, den diese Musik ausmacht und die so selten bei Aufnahmen zu hören ist.
    Maxim Schostakowitsch hat davon, von diesem Hauch Liebe, ganz viel in seinen vielgescholtenen Prager Aufnahmen.


    Wie immer: man sieht nur, was man kennt. Man hört auch nur, was man kennt. Humor als Waffe, wer kennt das?
    Haitink nicht und Bernstein auch nicht. Und Kondrashin wagt sie manchmal einfach nicht.
    Wer wagt schon all diese Gefühle, die Schostakowitsch erlebt haben möchte?

  • Die "Leningrader" unter Leitung von Karl Eliasberg aus dem Jahre 64.


    Ich wäre dankbar für ein paar nähere Infos, wo diese Aufnahme erschienen ist und wo man die bekommt. Ich finde nichts.

  • Die Aufnahme ist ursprünglich bei Melodija erschienen. Vor wenigen jahren gab es die Aufnahme als CD, gekoppelt mit einer Aufnahme von Mahrler 4 unter Carl Eliasberg. Das schien allerdings eine private Pressung gewesen zu sein. Derzeit ist sie nicht verfügbar. Anhören aber kann man die Eliasberg-Aufnahme bei youtube. Nichts für Hifi und stereo-Freaks, dennoch ein Highlight unter den Aufnahmen der 7. Ähnlich erschütternd ist der Mitschnitt der deutschen Erstauffüherung des Werkes im zerstörten Nachkriegs-Berlin unter Sergiu Celibidache.



    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Die Eliasberg-Platte habe ich auf einem Moskauer Flohmarkt bekommen, nachdem mich eine ehemalige Musikerin des GASO auf diese Aufführung aufmerksam gemacht hatte, welche ja tatsächlich als eine Art Rekonstruktion der Leningrader Erstaufführung gedacht war. Falls Melodija keine Lizenz an Eterna vergeben haben sollte, wäre diese Aufnahme in Dtl. vermutlich nur mit Glück zu erhalten, vielleicht weiss Melante mehr?


    Zitat

    Auf Empfehlung unserer Experten hier habe ich mir heute die 7. Symphonie mit Svetlanov zugelegt, und zwar die 1968er Aufnahme als Melodiya/Eterna Doppel-LP. Das Ding ist ja ein echter Hammer, so tief tragisch habe ich das Werk bisher nicht gehört. Da verblasst auch meine bisherige Lieblingsaufnahme von Bernstein in Chicago, die klanglich zwarnach wie vor das Maß aller Dinge ist, aber vielleicht doch den tragischen Gehalt der Musik leicht verpasst.


    Bernstein macht den Eindruck, als hätte er sich vor der dieser Einspielung Swetlanow angehört, aber nicht so ganz verstanden... (das GASO war in den frühen Swetlanow-Jahren durch den blechgepanzerten Klang ohnehin so eine Art Äquivalent zu Chicago) .
    Lieber Joseph II., nachdem ich nun auch in die Aufnahme von 78 hineingehört habe, verstehe ich zwar Deine Begeisterung (zumal sie ja etwas knappertsbuschisch wirkt...); mir erscheint sie im direkten Vergleich jedoch zu extrem und reisserisch. Swetlanows Studioaufnahme ist dem "ehrlich empfundenen" Konzept von Eliasberg und dem anderer älterer sowj. Aufnahmen näher und hat nebenbei den Vorteil besserer Klangbalance.

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