Zu Recht hat Carola darauf hingewiesen, dass wir bis eben noch keinen Thread zu Brahms' 2. Trio für Klavier, Violine und Violoncello C-Dur op. 87 hatten.
Brahms schrieb das 1883 veröffentlichte Trio in zwei Schüben: den ersten Satz im März 1880, die drei folgenden Sätze im Juni 1882 26 ¼ bis 28 ½ Jahre nach seinem ersten Trio. Damit steht das Stück im zeitlichen Umfeld des ersten Streichquintetts op. 88 (1882), des Klagegesangs „Nänie“ op. 82 (1881). Die Akademische Festouvertüre c-moll op. 80 und die Tragische Ouvertüre d-moll op. 81 hatte er 1880 fertiggestellt. Die 3. Sinfonie F-Dur op. 90 folgte dann 1883 nach. Ein Werk der Reifezeit.
Lief dem ersten Trio das Herz über, soviel hatte es mitzuteilen, findet das zweite Trio eher zu einer Konzentration des Ausdrucks, zu einer berechneten Beschränkung und zugleich Auskostung der Brahms zur Verfügung stehenden Mittel. Es sind nicht die großen melodischen Themen, die er hier im ersten Satz Allegro ausbreitet, eher die zwingend wirkende zielgerichtete Entwicklung der Sätze vor dem ihm eigenen lyrischen Hintergrund.
Etwas verhalten wirkt der zweite Satz Andante con moto, obwohl die Thematik im ungarischen Stil sehr wohl geeignet hätte sein können, die Herzen weinen zu lassen – eher eine stille Glut, als das balkanische Feuer. Das Feuer hebt er sich für den 3. Satz Scherzo.Presto auf, wo es aufs schönste lodert. Dies ist vielleicht der auf den Hörer am Unmittelbarsten zugehende Satz: Er macht dem Hörer die Begeisterung für dieses Werk am Leichtesten. Der Eindruck ehrlicher Unbeschwertheit wehrt dann auch nicht lange. Im vierten Satz Finale.Allegro giocoso könnte man – giocoso - geneigt sein, etwas Spielerisches, eine gewisse Ausgelassenheit zu erwarten. Mit dieser lässt sich Brahms viel Zeit, zu ihr findet er so recht erst in den letzten zwei Dutzend Takten. So lässt sich dieser Satz wie eine lange auskomponierte Steigerung durch eine gewisse emotionale Düsternis hindurch hören, die erst am Ende in eine solche ausgelassene Unbeschwertheit mündet, in der der Hörer dann aus dem Werk entlassen wird – für die Ausführenden, die diese Spannung aufbauen und halten müssen, ganz sicher der schwierigste Satz: die Herausforderung, das Giocoso-spielerische hörbar zu machen, ist groß!
Immerhin soll Brahms selbst das zweite Trio für sein gelungenstes Kammermusikwerk gehalten haben. Also muss er hier sein spätes Ideal verwirklicht gefunden habe, das nach dem unantastbaren Kunstwerk, dem unabhängig von seinen privaten Lebensbedingungen für sich existenzfähigen Werk strebte.
Offenbar empfinden viele Ensembles einen Drang, der Qualität dieser Musik zu misstrauen, und meinen, sie allzu robust angehen zu müssen, vielleicht um den Hörer bei der Stange zu halten. So kommt etwa das Beaux Arts Trio geradezu eruptiv herüber und wird der lyrischen Grundhaltung des Werkes damit nur stellenweise gerecht:
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Überraschend behutsam gehen Julius Katchen, Josef Suk und Janos Starker 1968 das Werk an und hinterlassen einen Hauch von Schwerblütigkeit, der letztlich die stille Seite überbetont:
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Die vielleicht gerade für dieses Trio notwendige Sensibilität beweist wieder einmal das Abegg-Trio, das Ende 1990 niemals das begeisternde Feuer vermissen lässt und trotzdem der lyrischen Seite, dem Charme der Kantilenen nachspürt und eine spannungsgeladene, aber nuanciert abgestimmte, den verschiedenen Qualitäten der Komposition nachgehende Einspielung vorlegt:
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Liebe Grüße, Ulrich