Der zweite Geiger

  • Liebe Forianer,
    heute möchte ich gerne ein Thema aufgreifen,um der in einem Streichquartett wohl am meisten unterschätzten Position vielleicht ein kleines Podest zu bauen , nämlich der zweiten Geige.
    Vorab ein schlechter Witz : Woraus besteht ein Streichquartett ? ..... Aus einem guten Geiger,einem schlechten Geiger,einem gescheiterten Geiger und einem Geigenhasser ......Dass dies ein ausgemachter Blödsinn ist , brauche ich wohl nicht extra zu betonen - unterschwellig schwingt diese Meinung jedoch bei manchem Konzertbesucher mit.
    Ich kann mich noch gut an ein Pausengespräch bei einem Konzert des Quatuor Mosaique erinnern , als eine Dame sinngemäß sagte :"Das ist doch typisch österreichisch - die Frauen müssen zweite Geige und Bratsche spielen."
    Ich habe damals etwas ironisch geantwortet:"Gnädige Frau - die zweite Geige ist die wichtigste Position im Quartett , denn ohne sie wärs nur ein Streichtrio."
    Sicherlich spielt die alltägliche Redewendung - er spielt "nur" die zweite Geige bei dieser Einstufung eine nicht zu unterschätzende Rolle.
    Und gerade in früheren Jahren war der Primarius ja die oft alles überstrahlende Person , die in der Regel ja auch dem Quartett seinen Namen gab. Eine spontane Aufzählung : Kolisch-,Rosé-,Calvet-,Schneiderhan-,Koeckert-Quartett u.s.w,u.s.w.Ganz ganz selten wurde ein Quartett auch einmal nach einem Bratscher (z.B. Pascal-Quartett) benannt.
    Manchmal rückte der zweite Geiger beim Ausscheiden des Primarius nach , so etwa beim Budapest Quartet Josef Roismann für Emil Hauser oder beim Juilliard Quartet Joel Smirnoff für Robert Mann.
    Bei manchen Quartetten war und ist es Usus , dass erste und zweite Violine alternieren - so beim Guarneri Quartet (hier allerdings erst in späteren Zeiten,als Arnold Steinhardt zeitweise Probleme mit dem Bogenarm hatte) , beim Emerson Quartett oder beim Artemis Quartett. Diese Lösung halte ich persönlich für etwas problematisch , da sie die Entwicklung des spezifischen Charakters eines Quartetts etwas beeinträchtigt.
    Und was gab und gibt es nicht für Persönlichkeiten unter den "ewigen Zweiten" : Alexander Schneider (Budapest Quartet) - Isidore Cohen (Juilliard Quartet , später Geiger beim Beaux Arts Trio) oder Gerhard Schulz (ABQ).
    Eine treffende Bemerkung machte einmal Andreas Reiner vom Rosamunde Quartett :" Ich könnte nie ein so guter zweiter Geiger wie Simon (Fordham) sein."
    Auf Eure Reaktionen bin ich gespannt
    Viele Grüße
    Santoliquido

    M.B.

  • Liebes heiliges Wässerchen,


    Du lancierst einen sehr interssanten Faden!

    Das Quartett, welche mir am nächsten steht, (weil ein Mitglied davon der Lehrer meines Sohnes ist) das Aria-Quartett aus Bern, pflegt die Usanz, den Geigenpart abzuwechseln, ohne dass dabei der Charakter des Gesamtklangs wesentlich verändert wird. (Adelina Oprean/Thomas Füri (Violinen) Ettore Causa, (Viola) Conradin Brotbek, Cello)

    Sie tun dies nicht nur von Konzert zu Konzert, sondern innerhalb eines Konzertes von Werk zu Werk. Ich finde diese Gepflogenheit sehr sympathisch und in diesem Fall absolut überzeugend.



    Eine weitere Beobachtung in dieser Sache betrifft das leider aufgelöste „Berner Streichquartett“:

    Es erfreute sich einer hervorragenden 2. Geige (Christine Ragaz), die in ihrer absolut sicheren Intonation die brillante Schärfe der ersten Geige (Alexander van Wijnkoop), die Extravaganz der Bratsche (Henrik Crafoord) und die Coolness des Cellos (Angela Schwartz) idealerweise zu amalgamieren verstand.

    Die zweite Geige ist das Rückgrat eines Streichquartetts!


    Das Resultat führe man sich anhand folgender, preisgekrönter Aufnahme zu Gemüte:




    Mit freundlichem Gruss aus Bern


    Walter

  • Ins Loblied der zweiten Geige stimme ich gern ein: Leonard Bernstein soll einmal gesagt haben, die besten Orchester seien die, die die besten zweiten Violinen hätten, gute erste Violinen hätten ohnehin die meisten Orchester. So aus dem Gedächtnis zitiert - vielleicht weiß es jemand noch genauer.

  • Zitat

    Vorab ein schlechter Witz : Woraus besteht ein Streichquartett ? ..... Aus einem guten Geiger,einem schlechten Geiger,einem gescheiterten Geiger und einem Geigenhasser ......


    Och, der Witz ist aber ziemlich gut, uralt, und erfreut sich größter Beliebtheit unter Musikern....


    Ich kenne Ihn allerdings auf diese Weise erzählt:


    Ein guter Geiger, ein schlechter Geiger, ein ehemaliger schlechter Geiger und einem, der Geiger hasst.........


    Natürlich ist das Blödsinn, aber das ist einer der besten Musikerwitze, welche ich kenne........ :pfeif:


    Und natürlich ist beim Quartettspielen jeder gleichberechtigt, ohne eine sehr gute 2.Geige geht natürlich überhaupt nichts, alle vier müssen sich ergänzen und qualitativ auf demselben Niveau sein.


    Daß sich 1.und 2.Geige bei manchen festen Quartetten abwechseln, finde ich ausgesprochen interessant, aber es kommt auf das jeweilige Quartett und seine Musikerpersönlichkeiten an.


    Es gibt nämlich auch den Idealfall eines Musikercharakters, der auf absolut höchstem Niveau seine Erfüllung in einer mehr "dienenden" Funktion findet.
    Diese "dienende" Funktion ist durchaus fordernder und wichtiger als man gemeinhin annimmt und ist ausschlaggebend für den Gesamtklang des Ensembles.


    Ich möchte fast behaupten, daß es einfacher ist, eine 1.Geige in einem bestehenden Ensemble auszuwechseln als die 2.Geige.


    Ein Quartett, welches mit einer funktionierende Gruppe von 2.Geige, Viola und Cello gesegnet ist, könnte eine eventuelle neue 1.Geige wesentlich besser integrieren und auch nach Ihren Gesichtspunkten aussuchen.





    Dazu möchte Ich dieses persönliche Erlebniss beisteuern:
    1997/98 hatte ich einen sehr engen Kontakt zu Ferdinand Erblich und Heinz Oberdorfer vom ehemaligen "Orlando-Quartett" .


    Das Orlando-Quartett hatte öfters seinen 1.Geiger ausgetauscht, ohne an Qualität zu verlieren.


    Dreh- und Angelpunkt waren Heinz an der 2.Geige und Ferdinand an der Bratsche sowie der Cellist Stefan Metz, welcher der Meinung war, daß Ihm dieses Quartett gehörte. :no:


    Aber irgendwann kam dann doch der große Knall und Metz, der die Rechte am Namen "Orlando-Quartett" sowie am "Orlando-Festival" nach wie vor besitzt und für sich benützt, wurde herausgeschmissen, nachdem Heinz und Ferdinand- wie sie mir erzählten- immer regelmässiger zum Wutrausbrüllen in den Wald gelaufen sind.


    Heinz und Ferdinand suchten dann nach einem Cellisten, der zu Ihnen paßt und anderthalb Jahre spielte ich dann mit Ihnen.
    Dies war eine tolle Zeit für mich und wir probten intensiv, wir hatten alle Zeit der Welt.
    Wir probten in Hilversum oder in Leverkusen, hunderte Kilometer der Anfahrt waren kein Thema.
    Von Musikern dieses Kalibers ernstgenommen und akzeptiert zu werden gehört zu meinen schönsten und wichtigsten Erinnerungen.
    Wir probten ,wie gesagt, intensiv und über viele Monate hinweg und gaben dann ein einziges Konzert zusammen, am 1.7. 1998 in Hilversum.


    Es war ein unglaublich schönes Erlebnis für mich und gleichzeitig die Generalprobe für uns, ob eine weitere Zusammenarbeit funktionieren würde.


    Anschließend an das Konzert teilten mir beide, Heinz und Ferdinand, mit, daß sie weiterhin mit mir zusammenarbeiten möchten.
    Die Terminkalender wurden bereits herausgeholt......


    Aber dies bedeutete leider nun für mich, daß ich meine Orchesterstelle in Münster hätte aufgeben müssen, denn eine intensive Quartettarbeit, noch dazu weit entfernt in den Niederlanden, wäre nicht weiter vereinbar gewesen mit meiner Arbeit in Münster.
    Und diese Arbeit bedeutet ein sicheres Gehalt in quasi unkündbarer Stellung für mich.


    Ich habe sehr intensiv darüber nachgedacht, denn ich hatte es ja auch darauf angelegt, und mußte dieses Angebot von Heinz und Ferdinand schweren Herzens schlußendlich ablehnen.
    Das war ein sehr trauriger Moment für mich, monatelang war ich auf der Autobahn zwischen Leverkusen, Münster und Hilversum unterwegs gewesen, jagte meinem Traum für Kammermusik auf allerhöchstem Niveau nach und mußte Ihn letztendlich begraben, da dieser finanziell zu unsicher gewesen wäre.
    Im Gegensatz zu Heinz und Ferdinand verfügte ich nicht über Professuren an Universitäten, welche mir einen großen Freiraum an kammermusikalischen Aktivitäten einräumten.


    Wenn es ums liebe Geld geht: Der Spatz in der Hand usw. :yes:


    Ich habe mich das einfach nicht getraut: Wieder freiberuflich in der freien Wildbahn unterwegs zu sein, abhängig von zwei Musikern, welche Ihre Schäflein schon längst ins trockene gebracht haben im Gegensatz zu mir.


    Sehr schade ist, daß ich mir mit meiner damaligen Absage irgendwie alle mögliche weitere Zusammenarbeiten verbaut habe, es war eine Einbahnstrasse und das einzige, was ich von einer gemeinsamen Bekannten Jahre darauf noch gehört habe war, daß sie Witze über meinen Namen machen, wenn er denn mal zur Sprache kommt.


    Das hätte ich lieber nicht wissen wollen, aber auch Kammermusik ist ein brutales Geschäft. :yes:





    Was ich aber eigentlich sagen wollte ist, daß das Herz des berühmten "Orlando Quartetts" nicht der Cellist- der sich die Rechte am Namen besorgt hatte- und auch nicht einer der wechselnden 1.Geiger war, sondern der 2. Geiger Heinz Oberdorfer und der Bratschist Ferdinand Erblich.


    Diese beiden Musiker waren das "Orlando-Quartett" , heute spielen sie im "Párkányi- Quartett" wieder, wie immer, zusammen.
    Sie sind unzertrennlich.


    Istvan Párkányi war als 1.Geiger Gründungsmitglied des "Orlando-Quartetts" ,und bis auf den Cellisten Michael Müller( er ist Solocellist in Hilversum) ist das "Párkányi- Quartett" die Orginalbesetzung des früheren "Orlando-Quartetts" .


    http://www.parkanyi-quartet.com/


    Wer also daran interessiert ist, das eigentliche "Orlando-Quartett" , welches sich um den 2.Geiger und den Bratschisten herumdrehte, heute noch zu hören, der möge sich bitte das "Párkányi- Quartett" anhören, denn dieses Quartett ist bis auf den Cellisten Stefan Metz das frühere "Orlando-Quartett" .



    Die Chemie muß halt stimmen, das ist wahnsinnig schwierig beim Quartettspielen.


    Zitat

    Die zweite Geige ist das Rückgrat eines Streichquartetts!


    Sehr richtig, das kenne ich aus eigener Erfahrung.


    Zitat

    Sicherlich spielt die alltägliche Redewendung - er spielt "nur" die zweite Geige bei dieser Einstufung eine nicht zu unterschätzende Rolle.


    Das stimmt, und es ist ein ungemein dummes Vorurteil, welches es immer noch gibt.


    Manchmal bin ich regelrecht erschreckt, wenn ich solche Berichte wie den von santoloquido über die Besucherin des Quatuor Mosaique-Konzertes lese.


    Zitat

    Und gerade in früheren Jahren war der Primarius ja die oft alles überstrahlende Person


    Auch das stimmt, zum Glück haben sich die Zeiten geändert.
    Etwas dümmeres, als bei einem Quartett eine alles überstrahlende Person darstellen zu wollen, gibt es fast nicht, denn Quartettspielen ist vor allem ein ungemein intimer und im günstigsten Fall hochvergeistigter Dialog unter vier Musikern.


    Im Prinzip müssen 1. und 2. Geige wie aus einem Guß sein, und das passiert natürlich meistens nicht, indem die 1.Geige der 2.Geige vorschreibt, wie sie zu spielen hat.
    Vielleicht war das mal so, aber diese Zeiten sind zum Glück vorbei.


    Man sollte sich sowieso beim Quartettspielen niemals sicher sein, daß man gerade an einer bestimmten Stelle die wichtigste Stimme hat.


    Beim Zusammenspiel herauszufinden, wo in jeder Phrase das Geheimnis Ihres Funktionierens liegt, macht den allergrößten Spaß.


    Gerade heute hatte ich eine längere Probe mit Beethovens op. 95.
    Ich war mir sicher, daß meine Achtel im Cello, welche die Coda des letzten Satzes anfangen, das wichtigste wären.
    Ich dachte das viele Jahre, aber heute haben wir für uns herausgefunden, daß der Impuls vom Cello und von der Viola mit Ihren zwei halben Noten ausgeht.
    Plötzlich lief diese sehr schwierige Stelle von selber.....
    Das ist es , was für mich den Reiz einer Quartettarbeit ausmacht, und kein Primarius, der seinem Ego fröhnt.


    Unsere 1.Geige im "Turina-Quartett" ist gleichzeitig auch die Konzertmeisterin unseres Orchesters und ich kenne wenige Geiger, welche sich derartig feinfühlig auf einen Cellisten einstellen können. :D


    Und unser 2. Geiger ist der Stimmführer der zweiten Geigen, er hat eine sehr selbstbewußte und fordernde Qualität, welche sehr wichtig bei einem 2.Geiger ist.
    Denn er ist, genau wie Walter und santoloquido erkannt haben, das Rückgrat des Quartettes.
    Und das weiß er zum Glück ganz genau!


    Im Moment probieren wir nach dem Ausscheiden unseres bisherigen sehr guten Bratschers-einem sehr engen Freund :(- verschiedene Bratscher aus, mal sehen, wer am besten zu uns passt.


    Leider gibt es auch bei bestehenden besten Freundschaften innerhalb eines Quartettes oft den Punkt, wo jemand die Zusammenarbeit und den damit verbundenen Stress nicht mehr aushält.
    Denn Quartettspielen und vor allem das Proben geht sehr an's Eingemachte.
    Es ist bei einem festen Quartett sozusagen wie in einer Ehe mit allen Höhen und Tiefen, welche man durchleben muß und es ist ungemein schwierig, nach einem solchen Ausscheiden wieder die gewohnte Chemie mit einem anderen Musiker herzustellen.


    @santoloquido

    Zitat

    Eine treffende Bemerkung machte einmal Andreas Reiner vom Rosamunde Quartett :" Ich könnte nie ein so guter zweiter Geiger wie Simon (Fordham) sein."


    Ja, besser kann man es nicht ausdrücken!
    So ist es.


    Lieben Gruß,
    Michael

  • Guten Abend Walter,
    auf das Aria Quartett hast Du mich neugierig gemacht - ich kenne es bislang nicht.
    Bezüglich des Berner Streichquartetts mit den Reger-Streichquartetten (inklusive Jugend-Quartett,dessen letzter Satz ja ein originelles Streichquintett mit Kontrabaß ist) kann ich nur beipflichten - es ist eine phantastische Einspielung.
    Zu Reger fand ich allerdings erst sehr spät Zugang - witzigerweise auf Umwegen über seinen Schüler Josef Haas und seinen "Enkel" Karl Höller.
    Umso enttäuschter bin ich , daß das Berner Streichquartett nicht mehr existiert - wie hätten die wohl Haas oder Höller interpretiert.
    Schönen Abend noch und viele Grüße
    Santoliquido (der kein heiliges Wässerchen trüben kann)

    M.B.

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  • Guten Morgen,
    zum Thema noch ein Zitat von Fritz Kreisler aus dem Jahre 1910:
    "Die Kammermusik ist ein Luxus,für den ich wenig Zeit habe.Ich freue mich deswegen immer schon auf den Sommer , wenn ich Ysaye ,Thibaud,Casals und Pugno in Paris treffe.Ysaye und ich spielen abwechselnd Viola.Die Schwierigkeut besteht nur darin, daß alle immer die zweite Violine spielen wollen."
    Eine Anmerkung dazu: auch Casals spielte in privatem Rahmen gelegentlich zweite Violine - er benutze sie dann als "Kniegeige".
    Viele Grüße
    Santoliquido

    M.B.

  • Mit großem Interesse lese ich mich gerade im Forum ein, bin ich doch erst ein paar Tage dabei. Ich bin selbst Cellist und fühle mich in der Kammermusik beheimatet. Als noch-Student (und derzeit Praktikant im Gürzenichorchester Köln) ist mein Werdegang nicht vorgezeichnet, aber ich wäre von mir selbst schockiert, wenn er nicht zu großen Teilen durch die Kammermusik geprägt werden sollte.


    Bei Zusammenstellungen von Ensembles im Studium wird sich leider sehr selten darum gerissen, wer die zweite Geige spielen darf. Jedenfalls ist es mir noch nicht untergekommen. Ich glaube, dass es sehr viel Erfahrung und Reife bedarf, bis jemand zu der Einsicht kommt, dass er ein guter zweiter Geiger ist. Denn diese Erkenntnis setzt ja voraus, dass man sich allgemein gesprochen seiner Sache als Geiger sicher ist. Der Weg zum guten zweiten Geiger führt ja genauso über die Bach Sonaten und Partiten.


    Zusätzlich zu dem Wissen um die eigene Gestaltungskraft und einem gesunden geigerischen Selbstbewusstsein muss aber noch in höherem Maße als beim "Primarius" Kommunikationsfähigkeit, kammermusikalisches Hören und die Fähigkeiten zum Zusammenhalt wie auch zur Unterordnung vorhanden sein. Man muss Spaß daran haben, der Kitt des Ensembles zu sein, der Dick Cheney des Streichquartetts (also jemand andern den ersten sein lassen, aber die Macht doch bei sich wissen).


    @Michael
    Sehr fasziniert hat mich die Geschichte vom Orlando-Quartett! Im August und September werde ich im Klaviertrio an der Sommerakademie Frenswegen teilnehmen (diese ist ja in etwa in Deiner Ecke und dürfte Dir bekannt sein). Wir fahren zwar hauptsächlich wegen Eberhard Feltz (Mentor unter anderem des Vogler- und des Kuss-Quartettes sowie des Quatuor Ebène) hin, aber auch Stefan Metz wird dort unterrichten.


    Im letzten September hatte ich auch die Ehre, in einer kurzen Probe von einem (noch nicht so sehr etablierten, aber dennoch durch einen Preis bei einem der ganz großen Wettbewerbe relativ erfolgreich gewordenen, sich aber umformierenden) Streichquartett ausprobiert zu werden. Dies war aber von vorne herein sehr unrealistisch, da auch die räumliche Distanz sehr groß und die finanzielle Situation sehr prekär gewesen wäre und so ist daraus auch nichts geworden.


    Viele Grüße aus Köln!

  • Zitat

    Original von schmello
    der Dick Cheney des Streichquartetts (also jemand andern den ersten sein lassen, aber die Macht doch bei sich wissen)


    DER ist gut! :D, an sich..., eigentlich...., auch wenn ich der zweiten Geige die Gleichsetzung mit DIESEM Namen nun wirklich nicht zumuten will...!



    Hallo Schmello,


    zuerst einmal ein herzliches „Willkommen!“ auf unserem Forum!
    Das ist hoch erfreulich, wenn sich ein noch enthusiasmierter junger Musiker uns "alten", doch schon etwas resigniert-abgebrühten Musi-freaks widmet!


    Aber zurück zum Quartett:
    Nur wer eigentlich ein erster Geiger ist, kann ein guter zweiter Geiger sein! (-innen mitgemeint!)

    Aus der Laienperspektive mag die quartettmässige Geigenhierarchie etwas kompliziert sein: Man könnte sich vorstellen, dass sich die zweite Geige wegen dem (vermeintlich) elitären Gehabe der „Ersten“ als „Bratsche“ der Geigen fühlt... :D


    Das ist natürlich Unsinn: „Die Ersten" werden bekanntlich „die Letzten“ sein!
    Kein Quartett wird auf Dauer Bestand haben, wo die erste Geige die zweite als „Zweite“ behandelt!
    Jede Stimme ist einzigartig und unersetzlich:
    Es gibt keine ersten Geiger, es gibt einfach vier „erste“ Quartettmitglieder.
    Das Streichquartett müsste eigentlich Inbegriff und Quintessenz von „Demokratie“ sein.


    Dir, werter Schmello, wünsche ich gute erste Erfahrungen auf dem Parkett der musikalischen Demokratie.


    Mit liebem Gruss aus Bern


    Walter

  • Vielen Dank, Walter, für die netten Worte zum Einstieg! Euch abgebrühten unterstelle ich aber doch noch ein ebenso hohes Maß an Enthusiasmus!


    Mir fällt zum Thema noch folgendes ein: hat der erste Geiger einen schlechten Tag oder nicht genug geübt, kann jeder Zuhörer das sofort erkennen. Leistet sich der zweite Geiger aber auch nur die kleinsten Ungenauigkeiten, so wird (vom normalsterblichen Zuhörer) das ganze Quartett dafür verantwortlich gemacht. Es gibt "allgemeine Intonationsmängel" oder "Schwierigkeiten im Zusammenspiel". Für derartige (Mit-)Verantwortung braucht man Führungsqualitäten.


    Schöne Grüße!

  • Lieber Schmello.


    na klar, der Enthusiasmus ist nicht sterblich und ohne Alter! („ en theos“ = im „Göttlichen“ verbleiben wir allemal, ob wir wollen, oder nicht. Und wenn etwas „göttlich“ genannt werden darf, dann ist es wohl die holde Frau Musica!).


    Du hast recht: Echte Führung ist Vermittlung.
    Die zweite Geige ist das vermittelnde Scharnier zwischen den Fronten. Die erste Geige kann munter drauflosfiedeln (na ja, auch nicht so ganz...), aber die zweite muss wirklich hören, hören, nichts als hören.
    Wer zuhören kann, hat die Übersicht, wer die Übersicht hat, hat die echte Macht.


    Mit liebem Gruss aus Bern,


    Walter

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  • Lieber Walter,

    Zitat

    Wer zuhören kann, hat die Übersicht, wer die Übersicht hat, hat die echte Macht.


    oooch, das kann dann aber auch der Cellist sein. :D :stumm: :untertauch:


    Zitat

    aber die zweite muss wirklich hören, hören, nichts als hören.


    das sollten alle machen, und meistens ist es auch so, zum Glück..... :yes:


    :hello:


    Michael


    schmello:


    Super, daß mit Dir ein weiterer Cellist hier zu finden ist.
    Bitte erzähle doch mal ein wenig mehr von Dir, wo und bei wem Du studierst etc. , es würde mich sehr interessieren.

    Zitat

    m August und September werde ich im Klaviertrio an der Sommerakademie Frenswegen teilnehmen (diese ist ja in etwa in Deiner Ecke und dürfte Dir bekannt sein).


    Ich muß zugeben, daß mir diese Sommerakademie bisher unbekannt war, ich kenne mich in dieser Gegend gar nicht gut aus, da ich hier nicht aufgewachsen bin sondern im Kölner Raum.
    Und am Theater bekommt man nicht mehr viel mit, was draußen so alles an Aktivitäten herrscht..... :(
    :hello:


    Michael

  • Zitat


    oooch, das kann dann aber auch der Cellist sein. :D :stumm: :untertauch:



    das sollten alle machen, und meistens ist es auch so, zum Glück..... :yes:


    Lieber Michael,


    natürlich hast Du recht: Wer nicht hören will, muss (Intonations-Teufel) fühlen...:D


    Kammermusik ist per se eine Schule des Hörens. Als Solist kann man es ab und zu mal einfach rauschen lassen (solange man die Technik im Griff hat), in der Kammermusik ist das nicht im gleichen Mass möglich, ausser man hat so phänomenale Mentalitätsübereinstimmungen wie etwa die „Hagens“: die "rauschen" dann halt synchron!


    Es geht ja in diesem Thread in erster Linie darum, der zweiten Geige Gehör zu verschaffen und ihre Rolle und Bedeutung wertzuschätzen. Deshalb meine Hörpflicht-Fokussierung auf die 2. Geige.


    Mit liebem Gruss von Bern nach Laer


    Walter

  • Lieber Walter,

    Zitat

    Es geht ja in diesem Thread in erster Linie darum, der zweiten Geige Gehör zu verschaffen und ihre Rolle und Bedeutung wertzuschätzen. Deshalb meine Hörpflicht-Fokussierung auf die 2. Geige.


    aber sicher, es war ja auch überhaupt nicht ernst gemeint............


    Lieben Gruss nach Bern,


    Michael

  • Lieber Michael,


    ich habe bis zum Diplom 5 Jahre in München bei Wen-Sinn Yang studiert (zuvor war ich zwei Jahre Jungstudent in Augsburg bei Markus Wagner) und bin derzeit in Detmold eingeschrieben als Kammermusikstudent beim Auryn-Quartett. Für die Dauer meines Orchesterpraktikums in Köln bin ich allerdings beurlaubt. Zudem bin ich auf der Suche nach einem geeigneten Lehrer und einem Studienplatz für ein "Master"-studium (Konzertexamen gibt es seit neuestem nicht mehr). Ebenso bin ich auf der Suche nach einem Instrument (aber wer ist das nicht?). Dann beginnt auch schon der Probespielzirkus, sofern sich nicht etwas anderes auftut.


    Eben hatte ich eine erste Probe mit einem Quartett (ein bisschen Mozart, ein bisschen Schubert Rosamunde gelesen), aus dem sich noch mehr ergeben könnte (allerdings habe ich Bedenken). - Um beim Thema zu bleiben: hier hat es sich gut getroffen, dass die zweite Geige deutlich aufmerksamer und offener war als die erste. - Schön wäre auch, wenn aus dem Trio, welches wir für diese Sommerakademie Frenswegen beginnen, mehr werden würde.


    Im Thread "Mitglieder stellen sich vor" habe ich noch mehr über meine musikalischen Vorlieben und Schwerpunktbereiche Auskunft gegeben, wen's interessiert.


    Viele Grüße!!
    schmello