Tristan und Isolde - Gibt es eine Idealaufnahme ?

  • Hallo Markus,


    also bei den ersten beiden Aufnahmen kannst Du eigentlich ga nichts falsch machen. Melchior und Flagstad bleiben für mich insgesamt das T&I-Traumpaar auf Platten, beide zu dieser Zeit auf dem Höhepunkt ihrer stimmlichen Leistungskraft und wunderbar aufeinander eingehend (Flagstad klingt hier auch weit weniger "matronenhaft" als in der Furtwängler-Einspielung anderthalb Jahrzehnte später und hier besitzt sie auch noch ihre als "glockenhaft" bezeichneten Spitzentöne, die in der späteren Studioaufnahme von der Schwarzkopf gefaked werden mussten).


    Ich würde, wenn ich mich für eine einzige Aufnahme zu entscheiden hätte, die Reinersche von 1936 wählen, vor allem wegen des wunderbar samtstimmigen Herbert Janssen als Kurwenal, der schöner im Ohr klingt als der rauh-knorrige Schöffler, der interpretatorisch allerdings auch zu gefallen weiss. Außerdem klingt die Aufnahme für 1936 wirklich sehr gut, jedenfalls besser als der´43er Mitschnitt aus der MET. Hier ist Melchior zwar auch in guter Form (aber eben sieben Jahre älter als in London, was man an kleineren Konditionsschwächen merkt), aber er harmoniert m.E. weniger gut mit dem im Vergleich zu Flagstad recht stählernen Sopran der Traubel. Leinsdorf hält ein sportives Tempo. Die andere Aufnahme der Traubel von 1950 kenne ich nicht, interessant sicherlich der Tristan Vinays, der aber schon auf dem legendären ´52 er Bayreuther Mitschnitt unter HvK vertreten ist.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Bin hier auf einen Knappertsbusch-Tristan gestossen:



    Die amazon-Kritik ist ja sehr vollmundig. Kann diese Lobeshymne jemand bestätigen?


    p.s.: hab jetzt erst gesehen, daß die Aufnahme auf Seite 2 dieses Threads schon erwähnt wurde...

  • Knappertsbusch - Tristan


    Ich kann die Lobeshymne im großen und ganzen bestätigen, allerdings muss man sich auf eine etwas kantige Gesamtleistung einlassen.


    Knappertsbusch schaft riesige Bögen, gerade der erste Akt wird dadurch trotz z.T. sehr langsamer Tempi zum Krimi.Unterstützt wird er dadurch v.a. durch Helena Braun, die eine großartige Interpretation liefert, im Duett mit Tristan (1. Akt) teilweise fast zynische Töne findet, aber: sie ist nichts für Stimmfetischisten! Reinen Wohlklang darf man nicht erwarten!


    Das gilt in gleicher Weise für Günther Treptows Tristan. Ich halte diese Aufnahme für die insgesamt überzeugendste dieses wenig phonogenen Sängers, es gibt die für ihn typischen hässlichen Vokalverfärbungen in den Tönen "oberhalb des Systems" hier nur in erträlichem Umfang. Er singt mit beeindruckender Kondition, teilweise überaus dramatisch und mit hohem musikalischem Gespür (etwa in den Monologen des 3. Aktes, einer der wenigen, die die Phrase "... wo ich von je gewesen, wohin auf je ich geh" legato singen!


    Paul Schöffler ist mein persönlicher Favorit als Kurwenal, Margarete Klose aös Brangäne ... brauch man nicht viel drüber zu schreiben.


    Bleibt Ferdinand Frantz, nerben Hans Hotter der Wotan und Sachs der 50er Jahre, in einer Bass-Partie: heller timbriert als andere Marke, aber mit mehr "Gefühl" und Erschütterung als viele, ohne je zu übertreiben.


    Das Klangbild ist in dieser Fassung gutes Rundfunk-Mono, sicher wesentlich besser, als in der wenige Jahre später entstandenen Aufnahme unter ERich Kleiber (in der die Protagonisten auch in deutlich schwächerer Form waren).


    Insgesamt si ch kein Einstiegs-Tristan, aber ein beeindruckendes Dokument einer großen Aufführung!


    Gruß aus Lübeck,
    Dieter

  • Insgesamt kann ich mich Vitelozzo-Tamares Wertung des wirklich grandiosen Knappertsbusch-"Tristan" nur anschließen. Vor allem seitens des Dirigenten ist das eine der faszinierendsten Aufnahmen, weil Knappertsbuschs Tempi niemals zerdehnt, sondern immer gespannt sind. Man fragt überhaupt nicht mehr: Ist das langsam?, weil man so in das Drama eingebunden ist, daß es nur diese Tempi sein können, sie sind in sich logisch - wie auch die Balancen, wenn Knappertsbusch aus dem Streichergrund die Bläser gleichsam hervorstechen läßt und teilweise eine sehr moderne Klangdramaturgie betreibt.
    Für mich ist allerdings doch Treptow ein bitterer Minuspunkt: Es stimmt schon, daß er die Phrasen intelligent anlegt und daß er durchhält. Aber ein so unschöner Gesang, ein derartiges Brüll-Singen, muß nun wirklich nicht sein. Eigentlich ist Treptow der einzige Moment, der diese sonst so erstaunlich nach modernem Musiktheater klingende Aufnahme in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts zurückverweist.


    :hello:

    ...

  • Wird inzwischen schon zum Ramschpreis angeboten:


    "http://www.alphamusic.de/0746190.html"


    Ist mir aber auch die 10,99 € wohl nicht wert.

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

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  • Hallo Wagnerfreunde,


    diese Aufnahme ist mir ans Herz gewachsen und ich kann sie nur wärmstens empfehlen:



    :angel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Zitat

    Original von Siegfried
    Hallo Wagnerfreunde,


    diese Aufnahme ist mir ans Herz gewachsen und ich kann sie nur wärmstens empfehlen:



    :angel:


    Ist das eine neue Abmischung? Das Cover kenne ich noch gar nicht.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Zitat

    Original von Melot1967


    Ist das eine neue Abmischung? Das Cover kenne ich noch gar nicht.


    Die Aufnahme ist jetzt frei, und damit kann sie von jedem Anbieter auf den Markt gebracht werden.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Der Preis ist ja interessant. Ich glaube, meine Box hat im Jahre Schnee fast 1200 Schilling gekostet (das wären 87 Euro).

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

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  • Naja, wenn das Copyright abgelaufen ist, ist das eigentlich ganz normal. Problematisch nur, dass meist die teuren Aufnahmen noch im Handel sind, und man sehr aufpassen muß, dass man nicht aus Versehen die preiswerten Versionen übersieht.


    Gruß
    Sascha

  • Zitat

    Original von ulfk179
    Oehms bringt (wieder mal) Auszüge von "Tristan und Isolde" heraus. Die Titelrollen singen Deborah Polaski - und Johan Botha !!!



    ... hier ist die Aufnahme:



    Deborah Polasky & Johan Botha - Duette aus Tristan & Isolde


    Super Audio CD
    Erscheinungstermin: 18.1.2008


    Deborah Polasky, Johan Botha, Wiener Singverein,
    RSO Wien, Bertrand de Billy


    Sound: stereo & multichannel (Hybrid)
    Label: Oehms , DDD, 2005




    LG, Elisabeth

  • "The Duet Scenes": Was ist denn das für ein Cover ? Soll das ein
    gebrochenes Schiff darstellen ("zerschmettere dies trutzige Schiff"), ein gebrochener Flügel, der Felsvorsprung zur Burg Kareol oder was darstellen ? Sehr interessant :D


    Zum eigentlichen Thema:


    Meine "offizielle" Referenzaufnahme zum Tristan ist die Bayreuther
    Einspielung mit Wolfgang Windgassen als Tristan und Birgit Nielsson als
    Isolde:




    Meine Herzens-Aufnahme (ich weiss, die wird kontrovers diskutiert, ich mag aber Deborah Voigt als Isolde sehr und Thielemann ohnehin):


  • Hallo Louis.


    die Thielemann-Aufnahme hätte eine gute werden können, wenn man Deborah Voigt überhaupt einmal verstehen könnte!



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

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  • Naja, ich sehe das nicht so eng mit Deborah Voigt. Als die Aufnahme entstanden ist gab sie ihr Rollendebüt als Isolde (was für eine Nicht-Deutschsprachige sicherlich angesichts des Textmonsters alles Andere als leicht sein mag) und immerhin ist die Aufnahme eine Live-Aufnahme, also da gabs nichts zu "Berichtigen" wie im Studio.
    Und dafür hat sie ihre Sache m.E. sehr gut gemacht. Ich bin da wohl etwas Nachsichtiger :pfeif:

  • Eigentlich wollte ich mich aus der Debatte um Karajan heraushalten, aber in diesem Falle dient es dem höheren Ziel, der Idealaufnahme von "Tristan und Isolde":



    Der "Zufall" will es, dass der Südwestrundfunk am kommenden Sonntag, dem 13. April 2008, diese Oper in seinem 2. Programm noch einmal sendet:


    SWR2 Oper
    Sendung am Sonntag, 13.04.2008, 20.03 bis 0.00 Uhr


    Richard Wagner:
    "Tristan und Isolde",

    Handlung in 3 Aufzügen


    Tristan: Ramón Vinay
    König Marke: Ludwig Weber
    Isolde: Martha Mödl
    Kurwenal: Hans Hotter
    Melot: Hermann Uhde
    Brangäne: Ira Malaniuk
    Ein Hirt: Gerhard Stolze
    Ein Steuermann: Werner Faulhaber
    Stimme eines jungen Seemanns: Gerhard Unger
    Chor und Orchester
    der Bayreuther Festspiele
    Leitung: Herbert von Karajan
    (Aufnahme vom 23. Juli 1952)


    Zitat

    Wer die Karajan-Serie in SWR2 verfolgt hat, weiß, was für ein magischer "Tristan"-Dirigent der Maestro gewesen ist. In dem Bayreuther Mitschnitt vom 23. Juli 1952 ist das unmittelbar nachzuvollziehen. Es herrscht eine Dramatik von innen, zu hören ist ein Orchester, das den Figuren als ein selbstverständlicher Dialogpartner gegenübertritt. Die Isolde dieser Aufführung, Martha Mödl, erfüllt ihre Rolle wie ein Naturwunder, also lyrisch, stimmschön und gefühlsmäßig immer richtig. Zusammen mit dem schwergewichtigen Ramón Vinay ergibt sich ein Liebespaar, das sich aus dem Kontrast heraus findet.


    Un wenn Sänger wie Martha Mödl, Irina Malaniuk, Ludwig Weber, Hermann Uhde und Gerhard Unger beteiligt sind, da muß man einfach hinhören!


    LG
    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Liebe Taminos,


    ich möchte eine vielleicht nicht so bekannte aber sehr interessante Gesamtaufnahme von "Tristan und Isolde" beisteuern. Es handelt sich um die im Oktober 1950 mit dem Gewandhausorchester Leipzig unter Franz Konwischny aufgenommene Einspielung.
    Besetzung:
    Ludwig Suthaus, Tristan
    Gottlob Frick, Marke,
    Margot Bäumer, Isolde
    Karl Wolfram, Kurwenal,
    Theodor Horant, Melot
    Erna Westenberger, Brangäne
    Aloys Kühnert, Hirte
    Reinhard Kilbel, Steuermann
    Gert Lutze, Stimme des jungen Seemans.


    Zu empfehlen ist diese Aufnahme, da Konwitschny mit seinem Leipziger Hausorchester eine in allen Feinheiten ausgefeilte, mitreissende Interpretation gelingt. Da das Sängerensemble aus einer kombinierten Besetzung mit Leipziger Stammkünstlern und prominenten Gästen aus Berlin besteht wird eine fabelhaft geschlossene Leistung erreicht. Allein durch den heldischen, stimmlich immer voll präsenten Ausnahme- Tristan von Ludwig Suthaus und des bewegenden Marke von Gottlob Frick lohnt es sich diese Aufnahme zu besitzen.
    Erschienen bei PREISER RECORDS 90453

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ich hoffe, ich habe bei den Beiträgen nichts überlesen, deshalb möchte ich meine vorstehende Empfehlung des Leipziger Tristan unter Konwitschny rasch noch um die legendäre Live-Aufnahme aus dem Admiralspalast Berlin 1947 unter Wilhelm Furtwängler mit dem Orchester der Staatskapelle Berlin ergänzen. Das Dirigat von Furtwängler ist exemplarisch. Die Besetzung der Hauptpartien mit:
    Ludwig Suthaus, Tristan
    Jaro Prohaska, Kurwenal
    Gottlob Frick, Marke
    Erna Schlüter, Isolde
    Margarete Klose,Brangäne
    Kurt Rehm, Melot


    auf höchstem Niveau des damaligen Wagner-Gesangs. Leider ist von dieser Aufnahme nur der 2. und 3. Akt erschienen. Den lohnt es sich aber zu hören.
    2 Cd ARCHIPE; ARPCD 0029-2


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zur Zeit höre ich mich durch diverse Live-Mitschnitte des "Tristan" und soeben bei mir verklungen ist die Aufzeichnung einer Aufführung aus der Wiener Staatsoper vom Februar 1956:



    Seit ich die Sopranistin Getrude Grob-Prandl als Brünnhilde im "Ring" unter Moralt (sie singt dort im "Siegfried" und der "Götterdämmerung" mit, aufgenommen 1949) gehört habe, bin ich von dieser Stimme absolut überzeugt, sodass ich Aufnahmen der Sopranistin gerne erwerbe.


    Sie verfügt über eine echte hochdramatische Stimme, ausgeglichen in allen Lagen, mit einer durchschlagskräftigen Höhe und einer vorbildichen Wortbehandlung, interpretatorisch ist Grob-Prandl erste Wahl und braucht berühmtere Konkurrenz nicht zu scheuen, sie singt ganz klar in der selben Liga.


    Auch ihre Isolde ist des Kennenlernens wert. Aber: wer ist Rudolf Lustig? Der singt den "Tristan" in jenem Wiener Mitschnitt unter der Leitung von André Cluytens.


    Über Jahrzehnte war mir dieser Tenor nur als grauenhafter Erik im Bayreuther Mitschnitt des "Holländers" aus dem Jahr 1955 bekannt. Seit kurzem kenne ich leider auch seinen Tannhäuser und nun seinen unterirdischen Tristan.


    Der Sänger verfügt über einen robusten, baritonal gefärbten Tenor, den er rücksichtslos gegen die Komposition, die er nur vermeintlich zu interpretieren vorgibt, einsetzt. Schon ab der Mittelllage wirds kritisch, ein über dem System notiertes A wird oft zur fadendünnen Herausforderung. Intonatorische Genauigkeit ist dem Sänger fremd, eine gewisse Kurzatmigkeit zerhaut viele Phrasen, wenn gar nichts mehr geht, wird halt gesprochen, fast unwichtig, dass der Dirigent öfter mal eine andere Vorstellung des Tempos hat, als der Sänger, der entweder nicht mitkommt, oder hinterherhinkt.


    Im zweiten Akt des "Tristan" scheint sich auch Getrude Grob-Prandl von den Schwierigkeiten des Tenors anstecken zu lassen und mogelt ich mit einigem Geschick durch die ersten Duett-Passagen mit Rudolf Lustig.


    Ansonsten ist die Aufnahme interessant: Cluytens dirigiert einen engagiert-emotionalen "Tristan", der Orchesterklang ist enorm, trotz einiger Ungenauigkeiten bei den einzelnen Stimmen, die Aufnahmetechnik bildet sehr athmosphärisch den Klang ab, Georgine von Milinkovic bemüht sich redlich um die für ihre Stimme etwas unangenehm liegende Partie der Brangäne und Kurt Böhme gestaltet einen nicht ganz zuverlässigen, aber berührenden König Marke.


    Eine Empfehlung für alle, die Gertrude Grob-Prandl mögen - aber der Tenor ist eine Herausforderung fürs Gehör.

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  • Kein Geringerer als Jens Malte Fischer ist der Auffassung, dass es zwar kein „ideale“ oder „vollkommene“ Tristan-Einspielung geben kann, dass es in der Schallplattengeschichte aber sehr wohl eine „eindrucksvollste“ Aufnahme des Werkes gibt.


    Und zwar diese hier:


    Jens Malte Fischer hat sich jüngst in seinem Beitrag Die Kunst des tönenden Schweigens – Herbert von Karajan und Richard Wagner, in: HERBERT VON KARAJAN – Der Dirigent im Lichte einer Geschichte der musikalischen Interpretation, 2008, eingehend zu dieser Aufnahme geäußert. Er erläutert darin u. a. und unter Bezugnahme auf Richard Wagners und Carl Dahlhaus’ Ausführungen zu diesem Werk ausführlich, dass diejenigen, die Karajans Tristan kritisierten, zumeist einem interpretatorischen Missverständnis aufsäßen, um sodann, nach der Feststellung, dass Karajan der "ideale" Tristan-Dirigent sei, resümierend zu erklären:


    „Von allen mir bekannten Tristan-Dirigenten ist es Herbert von Karajan, der die Anweisungen Wagners aufs Penibelste befolgt und damit die größten Wirkungen erzielt. Es ist anzunehmen, dass die Live-Aufführung (so ist auch meine Erinnerung) noch einen stärkeren Sog entwickelt hat als die Studioaufnahme mit ihren Schnitten. Das Beispiel Otello, wo eine Live-Aufnahme aus Salzburg zugänglich ist, legt das nahe.


    Wegen solcher Wunder [Anm.: Fischer hatte zuvor Karajans Interpretation des Vorspiels zum 3. Akt exemplarisch erläutert], von denen diese Aufnahme voll ist, und auch wenn es keine vollkommene Tristan-Aufnahme gibt, vielleicht auch gar nicht geben kann, vor allem, was die Besetzung der beiden Hauptrollen betrifft (wo das Ideal eher in historischen Aufnahmen annähernd erreicht wurde, wo aber wiederum die Orchesterleistung zu wünschen übrig lässt), stelle ich mich gegen das Votum aller Kritiker und Diskographen (soweit ich es überblicke) und behaupte, dass dies die eindrucksvollste Aufnahme des Werkes in der Schallplattengeschichte ist, wegen der Berliner Philharmoniker und wegen Jon Vickers, über den ein bekannter englischer Musikkritiker sagte: […] Sie ist es aber auch und nicht zuletzt wegen Herbert von Karajan. Von einem Mann, der nie ein Karajan-Anhänger, gar Karajan-Fan war, und es auch bis heute nicht geworden ist, der ansonsten ganz eindeutig zu Furtwängler, zu Carlos Kleiber, zu anderen Dirigenten sich hingezogen fühlt, möge der Leser das als eine Äußerung von einiger Überwindung und Überlegung entgegennehmen.“


    :faint:


    Wie er Mann sich windet, um die Wahrheit aus sich herauszupressen und ihr so Gerechtigkeit widerfahren zu lassen! Aber immerhin! Könnte sich mancher hier im Forum noch ein Beispiel daran nehmen... Allein der im Geiste so unabhängige wie reiche Graf Wetter hat sich getraut, diese Karajan-Einspielung im TMOO als „Geheimtipp“ vorzustellen. Und die Bekenntnisse zu diesem Dirigenten müssen ja nicht immer gleich so grandios ausfallen wie die kürzlich von Michael Gielen über Karajan getroffene Feststellung:


    :jubel: :jubel: :jubel:


    „Der beste Kapellmeister, den ich erlebt habe – ich bin seit über fünfzig Jahren dabei und hab’ sehr viele große Leute erlebt.“


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Loge

  • Mehr als eine gute Alternative stellt die Aufnahme des englischen Wagner-Spezialisten Sir Reginald Goodall dar, aufgenommen Ende 1980 bis Anfang 1981.



    Tristan: John Mitchinson
    Isolde: Linda Esther Gray
    König Marke: Gwynne Howell
    Kurwenal: Phillip Joll
    Branngäne: Anne Wilkens
    Melot: Nicholas Folwell
    Ein Hirt: Arthur Davies
    Ein Steuermann: Geoffrey Moses
    Ein junger Seemann: John Harris


    The Chorus of Welsh National Opera
    Chorus master: Julian Smith
    The Orchestra of Welsh National Opera
    Sir Reginald Goodall


    Gesamtspielzeit: 258,59 Min.
    1980/81 DDD


    Mit dem "Tristan" hatte ich die meisten Probleme unter den Wagner-Opern. Nachdem ich sie unter Barenboim vor circa zwei Jahren erstmals gehört hatte, hatte ich an sich kein großes Verlangen, das alsbald zu wiederholen. Ob es nun an Barenboim oder meiner damaligen Empfindung lag: die Oper sagte mir nichts. Ein paar nette Stellen, gut, aber es fehlte das gewisse Etwas, was ich sonst bei Wagners Opern immer verspürte.


    Neulich hörte ich mir den überragenden "Parsifal" unter Goodall an, und stellte fest, daß dieser auch den "Tristan" im Studio aufgenommen hatte. Nachdem mir dieser Dirigent sehr zusagte, habe ich mir also auch seinen "Tristan" besorgt - und soeben fertig angehört. Wie gesagt, ich bin wahrlich kein großer Kenner dieser Oper, doch ist mein jetziger Eindruck ungleich besser. Vielleicht liegt es an der doch sehr langsamen Einspielung Goodalls (259 Min.) - eine kurze Recherche ergab, daß scheinbar nur Leonard Bernstein noch gemächlicher dran ist: 266 Min. -, dessen Wagner-Auffassung (sicherlich keine arg moderne á la Boulez) mir sehr zusagt, wodurch die Oper sehr monumental daherkommt; vielleicht liegt es aber auch an dem wirklich überragenden Sänger-Ensemble, weitestgehend unbekannte Namen, die allesamt (!) eine sehr gute bis referenzträchtige (Grays Isolde - was für ein Liebestod!) Vorstellung abliefern. Der Tristan-Sänger Mitchinson mag im direkten Vergleich einem Jon Vickers unterliegen, doch ist auch er auf höchstem Niveau. Gleiches gilt für die mir schon aus dem Goodall-"Parsifal" bekannten Joll und Folwell, ferner die wunderbar gesungene Brangäne Anne Wilkens'. Der König Marke, gesungen von Gwynne Howell, wurde bereits in einigen anderen Rezensionen sehr positiv hervorgehoben, was ich nur unterstreichen kann. Das Deutsch der Sänger ist ausnahmslos perfekt, was bei einer englischen Aufnahme betont werden sollte. Das Spiel des Orchesters ist superb, die Chöre ebenso. Über den Decca-Klang braucht eigentlich nichts gesagt werden - er ist, wie immer, perfekt, noch dazu ist die Aufnahme auch schon digital.


    Insgesamt also eine wirklich sehr gelungene und absolut empfehlenswerte Aufnahme, die irgendwie ein rechtes Schattendasein führt neben den viel bekannteren Aufnahmen von Solti, Böhm, Karajan und Kleiber.


    Der "Tristan" wird zwar vermutlich nie meine Lieblings-Wagner-Oper werden, aber in dieser Einspielung ist er mehr als erträglich.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Liebe Wagner-Freunde unter uns,


    wer kennt diese Aufnahme hier:



    Die Kritiken sind meist überschwenglich positiv. Ob des extremen Alters der Aufnahme bin ich dann aber doch etwas skeptisch wegen des Faktums, daß sie zum Preis einer digitalen Aufnahme angeboten wird.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo zusammen,


    ich hatte mir neulich die 1952er Karajan-Aufnahme vom grünen Hügel zugelegt, über die ja nicht nur in diesem Forum schon viele Lobeshymnen gesungen wurden.


    Ich kann dieses Lob nach Anhören der Aufnahme nicht nachvollziehen.


    Frau Mödl hat etliche Höhenprobleme, die mir den Genuss doch sehr geschmälert haben. Bei Hotter (Kurwenal) höre ich seinen Wotan durch - für meinen Geschmack ist er zu schwer für diese Rolle. Bei Ludwig Weber (Marke) höre ich immer wieder den Ochs von Lerchenau durch ... beim großen Monolog musste ich ein paar Mal fast loslachen ... Falstaff singt Philipp II.


    Ich gebe zu, dass dieses eingeschränkte Hörvergnügen auf meine Prägung mit Hotter=Wotan und Weber=Ochs von Lerchenau zurückzuführen sein mag. Über die Höhenprobleme der Mödl gibt es aber wohl nicht viel zu deuteln. Welch große Isolden waren doch Flagstad und Nilsson!


    Der Tristan von Vinay ist sicher sehr, sehr gut, er ist ohne Zweifel das Ereignis der Aufnahme, aber er rettet sie leider nicht.


    Für mich bleiben Böhm (Bayreuth 1966) und Furtwängler (Studio 1952) die Referenzen, gefolgt von Kleiber (Studio 1981) und Reiner (Covent Garden 1936).

  • Zitat

    [...]wenn Fi-Di und Greindl nicht wären, wäre es die non-plus-ultra-Aufnahme.


    Komisch, gerade die beiden fand ich höchst ansprechend, neben dem tollen Rest, versteht sich. Wäre sie nur Stereo, das finde ich viel ärgerlicher.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Gestern habe ich mir die Nacht mit folgender CD um die Ohren geschlagen :



    Nachdem ich Vinays Otello gehört hatte und sowieso ein Mödl-Fan bin klang mir diese „dunkle“ Kombination des berühmten Liebespaares sehr interessant (und weniger typisch).
    Da es schon reichlich spät war, hatte ich eigentlich vor lediglich den ersten Akt zu hören und die anderen beiden heute folgen zu lassen, jedoch als ich erst einmal angefangen hatte, konnte ich nicht mehr aufhören und MUSSTE sofort alles hören (auch wenn ich am heutigen Morgen deswegen ein wenig schläfrig herumgelaufen bin).
    Eigentlich fehlen mir teilweise die Worte...ich bin verliebt! Was für eine Aufnahme! Ununterbrochene Gänsehaut! Gerade der 2.Akt ist eine absolute Offenbarung, rauschhaft wie im Delirium war ich eine Zeit der Welt abhanden gekommen und konnte kurzzeitig wahrhaft im Wonnemeer versinken.
    Nun gut mal abgesehen von der Marke-Szene, die sonst eigentlich zu einer meiner Lieblingsszenen gehört, denn Ludwig Weber hat mich hier eher enttäuscht, für mich klang das nicht nach einem würdigen, verzweifeltem König, dazu war ist zu trocken, zu knochig, zu hart...im Umfeld wirkt es geradezu wie ein Fremdkörper.
    Der Kurwenal von Hans Hotter ist auch etwas problematisch, jedenfalls in meinen Augen, an sich nicht schlecht, aber ich höre da doch einige Probleme, unschöne und vor allem sehr undeutliche Stellen. Seine Charakterisierung ist (und das ist bei Hotter eigentlich selten) nicht wirklich zu hören, obwohl er gute Voraussetzungen als väterlicher Freund mitbringt. Letztlich in Ordnung, aber nicht mehr.
    Schließlich der hier schon lange diskutierte Tristan...in dem Fall von Ramon Vinay. Sicher, er ist sicher kein Ideal-Interpret (obwohl es hätte sein können), allein schon wegen der sprachlichen Probleme fällt da schon einiges an Positivem weg (die Souffleuse hat einiges zu tun...was man leider auch manchmal hört), auch die Stimme an sich ist natürlich wenig schön, aber trotzdem macht er seine Sache sehr gut, ein etwas markiger Tristan mit feuriger Emphase (kein „Intellektueller“ wie etwa Windgassen), gerade im berüchtigtem 3.Akt schafft er großes durch seine schiere Kraft.
    Ira Malaniuk...was für eine Brangäne! Sie lebt und leidet wahrlich mit ihrer Herrin, da ist eine echte Person eingefangen. Für mich auf einer Stufe mit der Ludwig und für mich in den Wacht-Rufen sogar noch besser, schöner, herrlicher!
    Aber was rede und rede ich, die eigentlichen zwei Faktoren dieser Aufnahme lassen sich gar nicht hoch genug loben.
    Martha Mödel...die Mödl, die Mödl, nochmals die Mödl...Was ist diese Frau doch für eine Wucht! Sicher wird sie keinen Schönsing-Preis gewinnen, aber was lebt und bebt in diesem Vortrag! So viel Lebendigkeit schwallte mir als Hörer entgegen, unfassbar. Im Booklet wird sie eine „wilde, irische Maid“ genannt und ja, das ist sie auch! Eine Rasende sowohl vor Wut als später auch vor Leidenschaft, dass es einem die Haut vom Gesicht brennt! Eine rote Flamme, die lodert wie Zunder. Fast das Pendant zu Vickers Tristan würde ich sie nennen.
    Und dann Karajan...so gesehen ohne Worte, genialisch! Auch wenn wohl einiges noch in der etwas mauen Tonqualität untergehen mag (ich finde, sie verleiht der Aufnahme geradezu noch einen besonderen Flair), was das aus dem Bayreuther Loch dringt, das brandete über mich hinweg wie eine Welle aus absolutischem Wohlklang, das ist aus der Welt, hinein in eine andere. Die plötzlich im Raum aufschäumende Leidenschaft nach dem Einnehmen des Liebestrank, speiste sich mir direkt in den Körper, bei Brangänes Wachtrufen schwebte ich förmlich im Klang, bei den Eruptionen des Liebeduettes gischten mir die Tonwellen ans Ohr und im Vorspiel des 3.Akts (eine meiner Lieblingsstellen), wie da die Tiefen aus dem Graben steigen und über den Boden wabern und vibrieren, da hat es mir die Nackenhaare aufgestellt. Ich habe nicht genug Worten um meine Begeisterung auszudrücken.
    Kleine Anmerkung...als Melot zu hören Hermann Uhde, was mich etwas wunderte, da ich immer sicher war, der Melot sei eine Tenor-Rolle? Oder ist das stets verschieden? ?(
    Es gibt keine Idealaufnahme, auch diese ist es nicht, aber nah dran sicherlich. Meine „Herzensaufnahme“, wie Louis es hier im Thread schon so schön ausdrückte.


    Ganz nebenbei...im Booklet dieser CD wurde ein Zeitungsartikel von 1952 zitiert in dem es heißt, „Tristan und Isolde“ sei das Unpopulärste Werk Wagners...Kann das sein??? :huh:

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Da es zu dieser Oper und ihren Aufnahmen im TMOO-Thread einen kleinen Disput gab, wollte ich an dieser Stelle noch einmal in Worten anstatt in Zahlen schildern wie ich persönlich die verschiedenen Aufnahmen, die ich kenne, aufgenommen habe. Eine Wortmeldung zur Karajan-Version von 52 habe ich ja bereist im Beitrag hiervor getätigt, somit werde ich zu der Version nichts mehr sagen.
    Meine erste Berührung mit dieser Oper war die ja schon legendär genannte Live-Aufnahme unter Karl Böhm mit Birgit Nilsson und Wolfgang Windgassen. Ich hatte sie seinerzeit aus der Stadtbibliothek ausgeliehen (es war die einzig vorhandene Version) und hatte zu dem Zeitpunkt wohl gerade erst vier oder fünf Opern überhaupt gehört, und was Wagner angeht war es meine zweite Wagner-Oper nach dem "Rheingold"...ich gebe zu, anfangs war ich mehr als irritiert, das war für mich im ersten Moment nichts als Chaos, Musik- und Gesangslärm, ich konnte dem gar nichts abgewinnen. Als ich die CD eine Woche später hörte, hatte sich an diesem Gefühl nicht viel geändert. Es folgte eine längere Pause in der ich mich anderen Opern widmete. Irgendwann lieh ich mir aber dann mal ein Buch über die Geschichte von Tristan und Isolde aus, mit den historischen Erzählungen und Quellen dieses Stoffes usw. Beim Lesen bekam ich dann wieder solche Lust, es doch noch einmal mit dieser Oper zu versuchen und lieh sie noch einmal aus. Bei näherer Beschäftigung hat sie mich schließlich doch noch gepackt, wobei ich zugeben muss, dass das hauptsächlich der Musik zu verdanken war, weniger dem Gesang. Die Leidenschaft von der im Zusammenhang mit dieser Oper oft gesprochen wurde, wollte sich mir einfach nicht erschließen, die Protagonisten ließen mich meist kühl, außer Christa Ludwig als Brangäne, die ich damals schon gut fand. Als ich später den Monolog König Markes durch ein Sängerportrait lieben lernte, entfachte das mein Interesse an der Opern nochmals, weswegen ich auch nach einer zweiten Aufnahme suchte, einfach um einmal eine andere Version zu hören (und ich Marti Talevela in der besagten Böhm-Aufnahme lange sehr abweisend gegenüber stand...er klang für mich lange wie ein jaulender Hund, ich konnte da lange nichts mit anfangen). Ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr, warum meine Wahl ausgerechnet auf die Pappano-Aufnahme mit Placido Domingo fiel, wohl wegen René Papes Marke, aber so war es eben. Orchestral ist das nochmal was ganz anderes zu Böhm, und das hat mir gefallen, es war sehr "leicht" und "durchsichtig", gerade zu Anfang des 2.Aktes gefällt mir das Orchestrale dort sehr gut. Domingos Tristan sprachlich sicherlich etwas gewöhnungsbedürftig, stimmlich aber doch sehr wünschenswert, finde ich. Dagegen Windgassen von der Diktion auf jeden Fall vorbildlich, intellektuell (und das ist nicht negativ gemeint), sehr poetisch, er meistert athletisch größtenteils die Partie (wenn ich auch gerade im 3.Akt manchmal die Grenzen zu hören meine), aber letztlich (und ich weiß, dass das definitiv Geschmacksache ist), hat er für mein Verständnis der Figur einfach keine Tristan-Stimme. Zu kraftlos gerade in den beiden ersten Akten. Seine Stimme ist mir einfach zu hell, zu weiß (die Ausschnitte, die ich von Ludwig Suthaus kenne, lassen mich da auch nicht begeistert aufschreien, wirklich toll gesungen, aber mein persönlicher Tristan-Aspekt fehlt, auf mich wirkt er zu klar, zu sauber, zu "unbeschädigt"...ich hoffe, es ist ersichtlich, was ich meine). Nina Stemme als Isolde finde ich auch gut, wenn ich auch nicht überwältigt bin; zum Vergleich La Nilsson, die ungeheuer höhensicher ist und -wie immer - glänzend singt, keine Frage, aber dieses schmerzvolle, leidenschaftliche Sehnen, das spüre ich bei beiden nicht, das fehlt mir, die absolute Hingabe. Auch als Paar zusammen fühle ich bei Nilsson und Windgassen trotz alle Könnens, trotz des Wohlklangs keine Liebe, keine Leidenschaft, ein auf mich eher profan wirkendes Paar, die Glut, die (wie ich glaube) Wagner im Sinn hatte, die lodert bei beiden einfach für mich nicht.
    Brangäne habe ich ja bereits erwähnt, Christa Ludwig grandios, aber auch Mihoko Fujimura bei Pappano hat mich hinsichtlich dieses Vergleiches nicht enttäuscht, ich finde beide sehr gut. Der Kurwenal ist auch so eine Rolle, die ich für schwer besetzbar halte, wenn ich nach meinen Vorstellungen gehe. Eberhard Wächter bei Böhm hat für mich schon die passende Stimme und anfangs war ich auch recht zufrieden, aber je öfter ich ihn höre, desto mehr höre ich sein Probleme. Dazu gesagt sei, dass er sicher nicht der einzige Kurwenal mit Problemen ist. Olaf Bär bei Pappano klingt so gesehn total blass, eine Nicht-Person könnte ich sagen, er singt zwar nicht unbedingt schlecht, aber da kommt nichts rüber, keine Emotion, keine Tiefe. So stelle ich mir Kurwenal definitiv auch nicht vor.
    Bei den jungen Seemmännern ist mir von denen die ich kenne Peter Schreier (bei Böhm) der Liebste, das jugendlich Unbedarfte und Herzliche bringt er für mich sehr schön rüber.
    Nochmal etwas zum Dirigat...Böhm gefällt mir besonders im 1. Akt bis zur Liebestrank-Szene und dann am Anfang des 3.Aktes (herrlich leidend-melancholisches Vorspiel), aber gerade im großen Liebesduett geht es mir persönlich etwas zu schnell und "ruppig" zu, eher veräußerlich, als tief glühend. Pappano bleibt an der Stelle auch etwas schuldig, bei ihm liegt es aber eher an der für mich zu klaren Struktur, die Musik empfinde ich an der Stelle als "zu dünn", sie erzeugt überhaupt keine Stimmung, plätschert neben den Sängern her.


    So nun hoffe ich, mich etwas verständlicher gemacht zu haben, als es mit den nackten Zahlen im TMOO steht. Ich weiß, dass die Böhm-Aufnahme immer wieder überall als Referenz angeführt wird und ganz sicher ist sie eine der besten Einspielungen, trotzdem ändert es nichts an meinen Ohren und wie ich damit höre.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Mein idealer Tristan:



    Das einzige, was man m. E. bemängeln kann, ist die Tonqualität, aber die ist besser als das Aufnahmedatum (1950) vermuten lässt. Die Braun ist m. M. n. eine Isolde für die Insel, und Treptow ist auch Klasse. Klose, Schöffler, Frantz — was will man mehr? Dazu das beste Dirigat, das man sich vorstellen kann. Nirgends hörte ich das Orchester so glühen. Im Liebestod etwa die Posaunen so betont, das kann nur Kna!


    Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Furtwängler- und Böhm-Aufnahme würde ich ebenfalls als sehr gut bezeichnen. Der Dirigent macht hier den Ausschlag. Und Treptow finde ich doch noch besser als Suthaus und Windgassen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Joseph,


    Da ich mit "Tristan und Isolde"-Aufnahmen nach meinem Empfinden definitiv noch nicht ausgelastet bin, werde ich wohl auch mal die von dir erwähnte Version ins Auge fassen schon allein, weil mich interessiert wie Kna das denn dirigiert.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Ich möchte Dir persönlich, liebe S&W (und natürlich auch allen anderen) den für mich überwältigendsten "Tristan" ans Herz legen:


    Covent Garden, Beecham (1937) mit Melchior, Flagstad, Kalter/Branzell als Brangäne, Janssen/Schöffler als Kurwenal (den 2. Aufzug gibt es in zwei Versionen vom 18. bzw. 22.6.) und Sven Nilsson als König Marke.


    Auf damit auf die einsame Insel!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

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