Karl Ridderbusch - der Kumpel aus dem Ruhrgebiet

  • Schon vielfach hier im Forum erwähnt, aber bis jetzt ohne eigenen Thread. Diese Lücke soll dieser Beitrag schließen:


    Ridderbusch, Karl, Bass, * 29.5.1932 Recklinghausen, † 21.6.1997 Wels (Österreich).


    Karl Ridderbusch erhielt seine Ausbildung in Essen, gefördert von Startenor Rudolf Schock, selbst ein Kind des Ruhrpotts, und debütierte 1961 in Münster.
    Er erwies sich bald als ausgezeichneter Wagner-Sänger und trat 1967 erstmals in Bayreuth auf, wo er alle Partien seines Fachs sang: Landgraf, Fasolt, Titurel, König Marke, Daland, Gurnemanz, Hagen. Im gleichen Jahr kam er an die New Yorker Metropolitan Opera, seit 1971 trat er am Londoner Covent Garden auf, und 1974 war er unter Karajan der Hans Sachs bei den Salzburger Osterfestspielen. Maestro Karajan war ganz begeistert von der samtweichen Bass-Stimme von Karl Ridderbusch.
    Daneben in gastierte er in Paris, Wien und München (dort oft Ochs unter Kleiber) und gehörte seit 1965 bis zu seinem Tode der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf an. Seine bekanntesten Rollen auf den Bühnen der Welt waren neben Wagner-Rollen, incl. Daland im "Holländer", der Kezal in der "Verkauften Braut", van Bett in "Zar und Zimmermann", Nicolais Falstaff, der Rocco im "Fidelio" und vieles mehr.


    Im Konzertsaal sowie im Plattenstudio trat er auch als Liedsänger, u. a. von Balladen Carl Loewes hervor.


    Die Zahl seiner Einspielungen auf Tonträgern ist kaum übersehbar, ebenso die Vielzahl der Rollen, obwohl er sich mit dem Erlernen neuen Repertoires sehr schwer tat.


    Kaum hatte er aus gesundheitlichen Gründen den Entschluß gefasst, dem Opernleben zu entsagen und in Ruhestand zu gehen, verstarb er 1997 im Alter von 65 Jahren.


    Zum Glück gibt es jede Menge Film-, Fernseh- und Schallplatten-Aufnahmen von ihm, sodaß er uns auf diese Weise im Gedächtnis bleibt.


    LG


    :hello:


    Hier eine seiner Solo-Platten für den Einsteiger:



    **************

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Stimmt es eigentlich, daß Ridderbusch Waffen der deutschen Wehrmacht aus der NS-Zeit sammelte und seinen Swimming-Pool mit Hakenkreuz-Kacheln ausgelegt hatte, oder war das nur ein böses Gerücht, was da seinerzeit in Bayreuth von Mund zu Mund ging?
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Stimmt es eigentlich, daß Ridderbusch Waffen der deutschen Wehrmacht aus der NS-Zeit sammelte und seinen Swimming-Pool mit Hakenkreuz-Kacheln ausgelegt hatte, oder war das nur ein böses Gerücht, was da seinerzeit in Bayreuth von Mund zu Mund ging?
    :hello:


    Ob die Details stimmen, weiss ich nicht - aber Ridderbusch war Sammler von Militaria aus der NS-Zeit und erklärte selbst, dass er dies ausschliesslich aus Spass an der Freude tat.


    In der Düsseldorfer Inszenierung der "Gezeichneten" von Franz Schreker (Inszenierung: G. Krämer) sang Ridderbusch den Bürgermeister und musste im dritten Akt mit dem Ausstelungsheft "Entartete Kunst" in der Hand durchs Elysium laufen, "Ich bin verwirrt und geblendet" singend - das hat mir gut gefallen...

  • Ich bin der Meinung, es geht hier um einen großartigen Sänger.
    Wenn wir jetzt bei allen Instrumentalistinnen, Insrumentalisten, Sängerinnen und Sängern in deren Privatleben herumstöbern, wer weiß was da noch alles ans Tageslicht kommt. Mich interessiert nur die künstlerische Leistung eines Interpreten und die war bei Karl Ridderbusch hervorragend.


    :hello:Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Alviano,
    lieber Herbert,
    so ganz ohne ist die Angelegenheit nicht, und auch keine Sache des Privatlebens. Besagter Ridderbusch nämlich hetzte in Bayreuth gegen den Chéreau-"Ring", als ginge es um sein Leben. Hauptvorwurf: Man dürfe Wagners Tetralogie nicht durch eine linke Regie entweihen.
    Der offenbar nicht sehr intelligente Sänger merkte wohl nicht, in welchem Ausmaß Chéreau die Rolle des Hagen aufgewertet hat und welche Nuancen ihm zugedacht waren. Vielleicht bewältigte sie Ridderbusch auch schauspielerisch nicht. Jedenfalls atmete das gesamte Team merklich auf, als Wolfgang Wagner Ridderbusch feuerte und nie wieder engagierte.
    In Wien begegnete mir Ridderbusch vor allem als Sachs, der klug zu disponieren wußte, meistens einen Akt (in der Regel den ersten) bis zur Unhörbarkeit auf Sparflamme sang und im letzten die Sachs-Rede in einer derartigen Geschmacklosigkeit grölte, daß ich immer an eine Parodie dachte. Das hat sein damaliger Konkurrent Rudolf Holtenau um soviele Klassen besser gesungen, daß nicht einmal ein Richter den Unterschied klavierspielen könnte.
    Ridderbusch ist mir auch im Gedächtnis, als er vollmundig tönte, er könne jeden Abend singen, zu pausieren, sei totaler Blödsinn, er schaffe alles. Zwei Jahre später sah es dann wohl anders aus...
    :hello:

    ...

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  • Lieber Edwin, lieber Herbert,


    auch ich kann mich daran erinnern, dass Ridderbusch sich 1976 über Chéreau wenig freundlich geäussert hat und sein Verhalten zu den bekannten Kosequenzen geführt hat. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob er nicht von sich aus die weitere Mitwirkung am Chéreau-Ring abgelehnt hatte.


    Er war tatsächlich in diesem abgewetzten Kleinbürgeranzug als Hagen ideal besetzt, allerdings natürlich kein Sympathieträger.


    Auch ich habe Ridderbusch öfter Live erlebt und kann Edwins Beschreibung nur bestätigen - sein Sachs war im dritten Akt schwer erträglich, gerade in späteren Jahren, als die Stimme schon reichlich mitgenommen war, blieb nur heiseres Gebrüll, allerdings war sein Rocco auch nicht besser.

  • Karl Ridderbusch hatte eine tiefe Abneigung gegen das s.g. Regie-Theater,das weiß ich von ihm selber und weil er diese Abneigung hatte, fand er in Bayreuth keine bleibende Statt.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • KR soll auch für Georg Soltis Wiener Meistersinger-Einspielung vorgesehen gewesen sein. Solti wurde jedoch zugetragen, dass KR eine obskure Sammelleidenschaft pflegt, woraufhin er KRs Rauswurf aus dem Ensemble veranlasst haben soll :jubel:


    Karl Böhm freilich hatte 1968 weniger Vorbehalte, KR für die Meistersinger zu casten - was für ein Dreamteam ausgerechnet für dieses Werk X(


    Gewiß sollte die künstlerische Beurteilung stets im Vordergrund stehen...aber :kotz: muß man doch.


    Salve,


    Cassiodor

  • Hallo Cassiodor,


    kannst Du denn vielleicht, liebenswürdigerweise auch etwas über den


    Interpreten Karl Ridderbusch sagen?


    Ich habe das Gefühl, daß einige im Forum aus mangelnder gesanglicher


    Kompetenz gerne in's politische, vornehmlich nazizeitliche flüchten.



    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo,


    welche Aufnahmen gibt es von Ridderbusch als Sachs überhaupt? Auch eine Gesamtaufnahme?


    Habe auf die Schnelle nur das gefunden:


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Zitat

    Original von Cassiodor
    KR soll auch für Georg Soltis Wiener Meistersinger-Einspielung vorgesehen gewesen sein. Solti wurde jedoch zugetragen, dass KR eine obskure Sammelleidenschaft pflegt, woraufhin er KRs Rauswurf aus dem Ensemble veranlasst haben soll :jubel:


    Wenn ich mich recht erinnere, gab Ridderbusch ein einschlägiges Interview, in dem er sich als Sammler von NS-Devotionalien outete...
    Was den Sachs angeht: 1968 sang ihn noch Theo Adam, der für den ursprünglich vorgesehenen Walter Berry einsprang. Von Ridderbusch gibt es die Gesamtaufnahme unter Silvio Varviso von 1974, die wohl neben der "Götterdämmerung" unter Karajan das Zentralstück seiner Diskographie bilden dürfte.

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Karl Ridderbusch hatte eine tiefe Abneigung gegen das s.g. Regie-Theater,das weiß ich von ihm selber und weil er diese Abneigung hatte, fand er in Bayreuth keine bleibende Statt.


    :hello:Herbert.


    Lieber Herbert,


    ganz so war es nicht. Ridderbusch äusserte sich öffentlich abwertend über Chéreaus Regiearbeit - was von reaktionären Wagner-Kreisen dankbar aufgegriffen wurde. Ich bin mir nur unsicher, ob er von sich aus gegangen ist oder ob er tatsächlich rausgeschmissen wurde.


    Seine schauspielerischen Möglichkeiten, seine Möglichkeiten des Ausdrucks waren beschränkt - aber Chéreau hatte dieses kleinbürgerlich-verklemmte, was in so eine gefährliche Denunzianten- oder Blockwartmentalität kippen kann, richtig gut auf den Typ zugeschnitten. Fritz Hübner, der die Rolle dann übernahm, war ein etwas anderer Typ Hagen.


    Auch in dieser "Gezeichneten"-Inszenierung von Krämer passte das schauspielerische Untalent von Ridderbusch richtig gut, das wirkte authentisch.


    So betrachtet wird klar, wieso Ridderbusch mit einem Musiktheater nicht gut zurecht kam, das mehr verlangt als Standardgesten, das hatte er nicht drauf.

  • Zitat

    Original von Armin Diedrich
    Was den Sachs angeht: 1968 sang ihn noch Theo Adam, der für den ursprünglich vorgesehenen Walter Berry einsprang. Von Ridderbusch gibt es die Gesamtaufnahme unter Silvio Varviso von 1974, die wohl neben der "Götterdämmerung" unter Karajan das Zentralstück seiner Diskographie bilden dürfte.


    Ach genau, die vergaß ich ganz!
    Gibt scheinbar sogar noch eine, mir bislang unbekannte:



    Ridderbusch, Moll, Terkal, Janowitz, Nitsche, Opernorchester Wien, Dohnanyi
    Label: Mitridate , ADD, 75

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Joseph II.


    Ach genau, die vergaß ich ganz!


    Das ist durchaus nachvollziehbar... Insgesamt kein allzu bedeutendes Dokument, obwohl Ridderbusch sich durchaus lohnt und es von Jean Cox ansonsten viel zu wenig gibt, auch wenn der Stolzing vielleicht nicht ganz seine Partie war.

  • Zitat

    Original von Armin Diedrich
    Von Ridderbusch gibt es die Gesamtaufnahme unter Silvio Varviso von 1974


    Der Mitschnitt von 1974 zeigt allerdings bereits, wo die Probleme von Ridderbusch als Hans Sachs liegen. Das, was sich hier andeutet, machen seine späteren Auftritte in dieser Partie so schwer erträglich. Eigentlich war der Wechsel vom Pogner zum Sachs ein Fehler.

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  • In der - in diesem Forum mehrfach besprochenen - Wagner-Billig- Box von DECCA sind die Varviso-Meistersinger mit enthalten:


    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Alviano


    Der Mitschnitt von 1974 zeigt allerdings bereits, wo die Probleme von Ridderbusch als Hans Sachs liegen. Das, was sich hier andeutet, machen seine späteren Auftritte in dieser Partie so schwer erträglich. Eigentlich war der Wechsel vom Pogner zum Sachs ein Fehler.


    In Karajans Dresdner Studioaufnahme wäre mir dieser "Fehler" allerdings ganz recht gewesen. Mit einem ordentlichen Korrepetitor an der Seite hätte das durchaus etwas werden können.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)


  • Jürgen Kesting war ja als Berichterstatter bei dieser Produktion dabei und fragte Karajan in einer Aufnahmepause, warum Adam den Sachs sänge und nicht Ridderbusch, den er als deutlich überlegen empfand. Karajan meinte darauf: "Junger Mann, sagt Ihnen das Wort Politik etwas? ich kann auch nicht immer so, wie ich möchte..."

  • Die Problematik ist - wie meist im Tamino Forum, wenn so viel Kompetenz und Sachverstand zusammenkommt -, dass die Kernpunkte bereits auf den Punkt treffend herausgearbeitet worden sind. Unterscheiden wir bitte also zunächst zwischem dem Stimmbesitzer Karl Ridderbusch und der vielleicht etwas skurrilen Persönlichkeit. Der Bassist hatte eine hell timbirierte Stimme, die nahezu keine Grenzen kannte, technisch gut geführt wurde und durchaus ihren persönlichen Reiz hatte. Das befähigte ihn, das gesamte Bassfach bis hin zu der hohen Tessitura des Hans Sachs eindrucksvoll zu bewältigen. Was fehlt ist vielleicht die besondere Charastitik der Stimme, die Aussatrahlung,
    die Böhme, Greindl, Weber, Hann und Gottlob Frick auszeichnete und unverwechselbar machte.
    Die Persönlichkeit von Ridderbusch wage ich nicht zu beurteilen. Sie scheint aber nach allem, was überliefert ist, naiv, verblendet und reaktionär uneinsichtig gewesen zu sein. Bleibt die Erinnerung an einen mit Fähigkeiten reich gesegneten Sänger, dessen charatkerliche Defizite , die Bedeutung seines Wirkens schmälern und trüben. Schade!
    Herzlchst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Zitat

    Original von GiselherHH
    In Karajans Dresdner Studioaufnahme wäre mir dieser "Fehler" allerdings ganz recht gewesen. Mit einem ordentlichen Korrepetitor an der Seite hätte das durchaus etwas werden können.


    Naja, das sagt aber doch eher etwas über den Sachs von Theo Adam aus...


    Ist schon richtig: Anfang der 70er war Ridderbusch auf der Höhe seiner Möglichkeiten - aber wenn ich den weiteren Verlauf seiner Karriere betrachte, halte ich die Übernahme der Sachs-Partie in sein Repertoire für keine gute Idee.

  • Lieber Edwin,


    ich habe gerade in einem grundsätzlicheren Beitrag versucht, abgewogen den Sänger Karl Ridderbusch aus meiner Sicht und meinem persönlichen Erleben zu würdigen. Da gibt es wirklich stimmlich viel Bemerkenswertes zu erwähnen.
    Nur eine ganze Reihe von Zeitzeugen haben mir berichtet, dass es diese unselige Verehrung und Sammelleidenschaft von Devotionalien des Dritten Reiches auch gab. Was überwiegt, die Erinnerung an eine große Sängerpersönlichkeit oder die Ablehung wegen nicht tolerierbarer Eigenheiten?
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Hallo Operus,

    Zitat

    Der Bassist hatte eine hell timbirierte Stimme, die nahezu keine Grenzen kannte, technisch gut geführt wurde und durchaus ihren persönlichen Reiz hatte.


    Prinzipiell hast Du recht.
    Was Ridderbusch aber völlig abging (und was mich am meisten an ihm störte), war der Geschmack. Er war der gröbste und polterndste Sachs, den ich je gehört habe. Er grölte oder war unhörbar, dazwischen gab es nichts. Die einzige Stelle der "Meistersinger", zu der er paßte, war "Jerum". Und ich spreche keineswegs vom Ridderbusch seiner hinübrigen Zeit.


    Ebenso schlimm war er als Ochs. Nun kann man den Ochs sicherlich als totalen Trottel singen und spielen - aber ich glaube nicht, daß er so gemeint ist. Meiner Meinung nach ist das einer, der eine gesunde Bodenständigkeit hat, also typischer Landadel, mit seiner Art sich aber auf dem feinen bis überfeinerten Parkett nicht zu bewegen weiß. Durch den Unterschied entsteht die Komik.
    Ridderbusch riß den Ochs herunter, als wär's eine Bauernbühne: Abermals grölend, derb, unfähig zu Zwischentönen, die etwa ein Kurt Moll einbrachte.


    Nun zu seinem Hagen, den ich in Wien erlebte: Stocksteif herumstehend sang er die Rolle herunter, kaum zu Nuancen fähig. Gut gelang ihm der Mannenruf im Zweiten Akt, aber da stört ein gewisses Grölen ja auch nicht. Wenn ich daran denke, wie das Hübner gesungen hat oder Haugland (oder, an einem guten Tag, Salminen) - kein Vergleich!


    Insgesamt bekam man von Ridderbusch stets eine völlig eindimensionale Leistung, die in wenig anspruchsvollen Inszenierungen und musikalischen Gestaltungen eine "sichere Nummer" war, mich persönlich aber wegen ihrer Geschmacklosigkeiten immer wieder abstieß.
    :hello:

    ...

  • [quote]Original von Herbert Henn
    Hallo Cassiodor,


    kannst Du denn vielleicht, liebenswürdigerweise auch etwas über den


    Interpreten Karl Ridderbusch sagen?



    Klaro - nachdem das Bild des tumben Toren hier schon zur Genüge gezeichnet ist (wurde eigentlich schon gesagt, dass KR Chéreaus Inszenierung als "undeutsch" gebrandmarkt hat?), erwähnt Cassiodor gern, dass er KR als angemessen melancholischen König Marke, vor allem aber als kraftvoll-imposanten Heinrich der Vogler (u.a. in Kubeliks überhaupt sehr empfehlenswertem Lohengrin) durchaus recht beeindruckend fand. Hier sucht er seines Gleichen.


    Gesangliche Kompetenz will Cassiodor nicht einmal für sich reklamieren, allein, die Haltung, bei Künstlern faschistoide Wesenszüge einfach total als Privatangelegenheit auszublenden, erscheint ihm persönlich mit Verlaub schwer erträglich angesichts von 55 Millionen Toten, die allein der deutsche Faschismus über die Welt gebracht hat. Man kann doch dergleichen nicht mit irgendwelchen sonstigen, wirklich irrelevanten privaten Vorlieben oder Macken gleichsetzen. Von einer "Flucht ins Politische" kann schon gar nicht die Rede sein, oder handelt es sich bei Faschismus etwa - das wäre mir neu - um Politik? Cassiodor findet jedenfalls, wie bei allen anderen Sänger-Threads auch sind neben der Diskussion über die stimmlichen Fähigkeiten natürlich auch Aussagen über Persönlichkeit und Charakter der Zielperson von großem Interesse.


    Salve,


    Cassiodor :hello:

  • Lieber Edwin,


    mit Deiner Beurteilung weitgehend einverstanden.
    Etwas weg von Ridderbusch. Auch beim Hagen ist ein "Grölen", selbst bei den Mannenrufen nicht zu akzeptieren. Sänger, wie Ludwig Hofmann, Ludwig Weber, durchaus auch die von Dir zitierten Sänger Fritz Hübner, Haugland und auch Salminen, vor allem aber der aus meiner Sicht in dieser schwierigen Partie unübertreffliche Gottlob Frick, schafften es höchste Stimmintensität und Lautstärke mit gesanglichem
    Wohlklang zu verbinden.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Ridderbusch habe ich einmal kurz kennengelernt.


    In den späten 80er bis in die Mitte der 90er Jahre arbeitete ich nebenher mit einem Freund zusammen in einem kleinen Tonstudio, welches wir selber auf die Beine gestellt hatten.
    Unsere Spezialität waren Aufnahmen von Chorkonzerten- über meine Eltern hatte ich da sehr, sehr viele Verbindungen.


    Jedenfalls trat Anfang der 90er Jahre Ridderbusch in einem solchen Konzert auf und schrie uns übelst an, wir sollten die Mikros abbauen.


    Ich kann verstehen, daß er dies wollte, denn er war augenscheinlich sturzbesoffen, hatte eine ziemliche Fahne und sang gotterbärmlich.


    Vor seinem " Auftritt " haben wir dann pflichtschuldigst die Mikros abgebaut und nach seinem "Auftritt" wieder aufgebaut.


    Es war kein schönes Erlebnis.


    You never get a second chance to make a first Impression............


    Ich wollte es erst nicht schreiben, aber genau so war es.


    Gruß,
    Michael

  • Hallo,


    die 'Meistersinger' mit Karl Ridderbusch kann ich nicht beurteilen, da ich die 'Meistersinger' noch nie gehört habe.


    Aber ich empfehle Karl Ridderbusch in der Aufnahme "Der Fliegende Holländer" als Daland unter Böhm 1971. Besonders: "Mein Kind, du siehst mich auf der Schwelle" (mit Gwyneth Jones als Senta).


    Besser habe ich diese Rolle nicht singen gehört...außerordentlich gute Tonproduktion (allenfalls K. Moll singt dieses ähnlich gut).


    Was mit seinen politischen Ansichten ist und wie es um sein Hobby steht, kann ich nicht beurteilen.


    Bis dann.

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo Operus,


    Prinzipiell hast Du recht.
    Was Ridderbusch aber völlig abging (und was mich am meisten an ihm störte), war der Geschmack. Er war der gröbste und polterndste Sachs, den ich je gehört habe. Er grölte oder war unhörbar, dazwischen gab es nichts. Die einzige Stelle der "Meistersinger", zu der er paßte, war "Jerum". Und ich spreche keineswegs vom Ridderbusch seiner hinübrigen Zeit.


    Anhand der ebenfalls live aufgenommenen Einspielung aus Bayreuth 1974 kann ich Deine Meinung nicht nachvollziehen.



    Riderbusch gestaltete einen warmherzigen Sachs, der darstellerisch mehr Poet als Schuster war. Grobheit vermag ich nicht zu hören, eher leichte Probleme mit den hohen Lagen seiner Rolle.


    Wann hast Du Ridderbusch live gehört?


    Zitat

    Nun zu seinem Hagen, den ich in Wien erlebte: Stocksteif herumstehend sang er die Rolle herunter, kaum zu Nuancen fähig. Gut gelang ihm der Mannenruf im Zweiten Akt, aber da stört ein gewisses Grölen ja auch nicht. Wenn ich daran denke, wie das Hübner gesungen hat oder Haugland (oder, an einem guten Tag, Salminen) - kein Vergleich!


    Insgesamt bekam man von Ridderbusch stets eine völlig eindimensionale Leistung, die in wenig anspruchsvollen Inszenierungen und musikalischen Gestaltungen eine "sichere Nummer" war, mich persönlich aber wegen ihrer Geschmacklosigkeiten immer wieder abstieß.
    :hello:


    Okay, hier habe ich als Vergleichsmaßstab "nur" eine Studioaufnahme aus 1970:



    Wenn ich Ridderbusch mit Josef Greindl (Böhm) oder Matti Salminen (Janowski) vergleiche, empfinde ich erstgenannten eher als zu "nobel", zu "warm" und zu wenig "grob".


    Natürlich weiß ich, daß es bei Ridderbusch, wie bei anderen Sängern auch, eine "Tagesform" gab und er deswegen auch schlechte Tage gehabt hat...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Norbert,

    Zitat

    Wann hast Du Riderbusch live gehört?


    Etwa ab Mitte der 70er Jahre in der Wiener Staatsoper als Sachs, Hagen, Ochs und Daland. Und sein Sachs war wahrlich kein Poet, nicht einmal ein Schuster, das war bestenfalls ein Kneipenwirt, der sich einen zuviel hinter die Binde gegossen hatte.


    Zitat

    Wenn ich Ridderbusch mit Josef Greindl (Böhm) oder Matti Salminen (Janowski) vergleiche, empfinde ich erstgenannten eher als zu "nobel", zu "warm" und zu wenig "grob".


    Mir unverständlich. Es war das undifferenzierteste Gebrüll, das ich je hörte. Ich hatte den Eindruck, die Stimme sei zu klein, also müsse nachgelegt werden, aber das in unkontrollierter Dosierung.
    Kann aber sein, daß ich Ridderbuschs nüchterne Auftritte verpaßt habe, es sollen ja eher wenige gewesen sein, wenn man den damaligen Angestellten der Staatsopern-Kantine und der Bayreuther Kantine glaubt...


    :hello:

    ...

  • Naja, Edwin, "Tagesform" eben...


    Es mag durchaus sein, daß Ridderbuschs Stimme für den Hagen zu "klein" war. In eine ähnliche Richtung zielt meine Meinung, sein Vortrag sei zu "nobel" oder "warm".


    Live habe ich Ridderbusch nie gehört, in sofern fehlen mir diesebzügliche Vergleichsmaßstäbe.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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