Ich denke, dass der Thread sich jetzt wirklich einer Diskussion über ein Phänomen wie Wilelm Rode nähert. Dass er sich in der Zeit des Nationalsozialismus "kulturpolitisch" sehr hervorgetan hat und vor den propgandistischen Karren gespannt hat, ist ja eigentlich hinlänglich bekannt.
Es ist verschiedene Male darauf hingewiesen worden, dass die Aufnahmen (so wenige sind's dann doch nicht) die seinerzeit auch musikalisch begründete Berühmtheit dieses Sängers nicht nachvollziehbar machen. Es gibt ein Rezital bei Preiser (auf LP waren es zwei Platten), daneben mehr oder weniger vollständig die Partie des Walküre-Wotans und des Sachs.
Auf der Rezital-Platte ist neben sehr viel Wagner auch Verdi, Boito, Bizet und Meyerbeer zu hören. Rode hatte eine offensichtlich kraftvolle, relativ hell timbrierte und nicht besonders "individuielle" Stimme. Sein Singen lässt jegliche Raffinesse vermissen und bietet jenen deklamotorischen Gesangsstil, den man von vielen deutschen Sängern des Beginns des 20. Jahrhunderts hört. Ein Legato oder dynamische Differenzierung bietet er nicht. Nun war er offensichtlich wirklich einer der renommiertesten Sänger seines Faches zu seiner Zeit, und das schon vor 1933. Man bedenke: damals gab es einen Friedrich Schorr oder einen Rudolf Bockelmann (einen thread über ihn könnte man sicher auch politisch brandmarken). Rode war rückblickend ein absolut provinizieller Sänger mit lauter Stimme. Eine Stimme, wie man sie auch heute an nahezu jeder größeren Bühne findet. Was ich daraus ersehe, ist, dass auch die golden verklärte Zeit des Gesangs in den 20er und 30er Jahren in der breite keinen Deut besser war als die heutige Zeit der Gesangskrise.
Politisch kann ich über Rode nur ganz zynisch denken, dass er die Zeichen seiner Zeit erkannt hat und vermutlich den Beginn des Nachlassens seiner sängerischen Leistung für den Wechsel in die Theaterleitung und die Kulturpolitik genutzt hat. Es würde mich nicht wundern, wenn er sich noch Anfang der 30er Jahre für seine Leistungen für die Uraufführungen neuer Musik (ist ja schwer zu singen) zeils jüdischer Komponisten gebrüstet hätte. Seine Biografie kennen wir nicht, nur die Eckdaten. Ich vermute, er war - wie die meisten seiner "arischen" Zeitgenossen, nur ein kleiner widerlicher Opportunist, der die Zeit nutzte, um sein Schäfchen ins trockene zu bringen und es toll fand, mit den Mächtigen seiner Zeit spielen zu dürfen und kein "Überzeugungstäter".
Gruß
Dieter