Smetanas Ma Vlast

  • Hallo Nemorino,


    Danke für Deine Empfehlung. Ich höre gerade auf YT den Tabor, da die Hörschnipsel auf amazon zu kurz sind und nur den ruhigen Anfang wiedergeben.
    :) Ja, die Int von Sargent hat erstmals im Vergleich mit anderen Aufnahmen tatsächlich eine Annäherung an Ancerl zu verspüren. Wirklich gut ! Doch fehlt bei ihm der spürbare Nationalstolz und das unsagbar dramatische Explodieren, wei bei Ancerl. Vielleicht ist es auch meine Prägung für Ancerl, denn ich kenne und erwarte jeden Takt bei Hören.


    Mit "Post abgehen" meine ich auch nicht nur das Tempo, dass um die 12Min (11:30 bis 12:30) liegen sollte, sondern eben damit gepaaart diese Sidehitze, die Ancerl eindeutig drauf hat.


    8-) Ich warte nun mal die digitale Supraphon-Aufnahme von 1980 mit Václav Smetácek ab, die Josef goutiert und werde dann über diesen weiteren Vergleich berichten.

    Die Ancerl-Aufnahme ist nämlich auch trotz des Alters von 1963 klangtechnisch wirklich gut ... und die Pauken sind ein Traum ...
    insgesamt erkenne ich auch bei Sargent keine Vorteile gegenüber Ancerl, die mich zum "Bestellklick" veranlassen könnten.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber nemorino,


    es scheint so, als ob ich die Aufnahme hier in diesem Thread nicht erwähnt habe, aber sie ist mir unterm Strick meine liebste von "Ma Vlast".


    "Tabor" ist für mich nicht der Satz (oder die sinfonische Dichtung), der (die) mich an diesem Zyklus am meisten interessiert, aber "Aus Böhmens Hain und Flur" ist auf keiner anderen mir bekannten Aufnahme so aufregend rhythmisch inspiriert dargeboten worden wie hier.


    Ich habe übrigens die EMI-Aufnahme, von der du schriebst. Erworben irgendwann durch Zufall in den 90ern auf dem Grabbeltisch bei "Quelle" in meiner Heimatstadt...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Vielleicht ist es auch meine Prägung für Ancerl, denn ich kenne und erwarte jeden Takt bei Hören.


    Lieber Wolfgang,


    das mag wohl so sein. Mir geht es ganz ähnlich mit der Sargent-Aufnahme. Durch sie lernte ich nämlich erstmals den kompletten Vaterland-Zyklus kennen. Bis dato kannte ich nur "Die Moldau" (in der bis heute für mich unerreichten Aufnahme von Ferenc Fricsay mit den Berliner Philharmonikern aus 1960) und "Aus Böhmen Hain und Flur" (ebenfalls mit Fricsay, mit dem RIAS-Orchester Berlin, einer Mono-Einspielung von 1953).
    Die Ancerl-Aufnahme aus dem Jahr 1963 habe ich mir später ebenfalls zugelegt, auf LP. Sie ist klanglich besser geraten als es der Verkäufer von Tonger gedacht hat. Zu dieser Zeit hatte man allgemein von Produktionen aus dem Ostblock keine hohe Meinung. Ich kann sie leider zu Vergleichszwecken z.Zt. nicht heranziehen, weil ich das Gros meiner Plattensammlung aus Platzgründen auslagern musste.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • "Aus Böhmens Hain und Flur" ist auf keiner anderen mir bekannten Aufnahme so aufregend rhythmisch inspiriert dargeboten worden wie hier.

    Lieber Norbert,


    es freut mich, dass auch Du die Sargent-Aufnahme kennst und ähnlich schätzst wie ich.


    Ich kann momentan nur die Kubelik-Aufnahme (mit dem Boston Symphony Orchestra, DGG) zum Vergleich heranziehen (es ist neben der von Sargent die einzige CD-Gesamtausgabe des Zyklus in meinem Regal :untertauch: , und da hat, was "Böhmens Hain und Flur" betrifft, eindeutig Sargent die Nase vorne. Von "Moldau" und "Vysehrad" gibt es in meinem Bestand diverse Versionen auf CD, u.a. von Szell (Moldau), Karajan (Vysehrad, Moldau) Keilberth und Furtwängler (Moldau), und natürlich Fricsay (Moldau, mit dem RIAS SO Berlin, 1953, den Berliner Philharmonikern, 1960 Stereo und dem Südfunk-SO, 1960 Mono. Außerdem noch "Aus Böhmens Hain und Flur" mit Fricsay und dem RIAS SO von 1953. Sie sind alle gut, aber ich ziehe allen genannten Versionen die Sargent-Aufnahme vor, mit einer Ausnahme, und das ist die Stereo-Ausgabe der "Moldau" mit Fricsay und den Berliner Philharmonikern aus dem Februar 1960. Das ist für mich die absolute, nie wieder erreichte oder gar übertroffene Aufnahme dieses vielgeschundenen Stücks :thumbsup: . Mit 11.01 Minuten liegt sie auf der "raschen Seite", ist aber mit so viel Liebe zum Detail gestaltet und klanglich noch heute Spitze, dass es eine wahre Freude ist!


    Ich kann mich auch dem (Vor-)Urteil nicht anschließen, dass man unbedingt Böhme sein muss, um dieser Musik gerecht zu werden.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • mit einer Ausnahme, und das ist die Stereo-Ausgabe der "Moldau" mit Fricsay und den Berliner Philharmonikern aus dem Februar 1960. Das ist für mich die absolute, nie wieder erreichte oder gar übertroffene Aufnahme dieses vielgeschundenen Stücks . Mit 11.01 Minuten liegt sie auf der "raschen Seite", ist aber mit so viel Liebe zum Detail gestaltet und klanglich noch heute Spitze, dass es eine wahre Freude ist!


    Lieber Nemorino,


    darin meine volle Zustimmung, denn besser habe ich die Moldau alleine auch nie wieder gehört ... schade das Fricsay nicht den ganzen Zyklus Mein Vaterland aufgenommen hatte.
    Diese DG-CD mit Dvoraks 9ter + Die Moldau + Les Preludes (DG, 1960) ist ohnehin für Klassikfreunde ein MUSS und in allen drei Fällen (Dvorak+Smetana+Liszt) absolute Spitze !!!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • Ich kann mich auch dem (Vor-)Urteil nicht anschließen, dass man unbedingt Böhme sein muss, um dieser Musik gerecht zu werden.


    Lieber Nemorino,


    dito. ;)


    Unter anderem Sir Charles Mackerras, Sie Roger Norrington und Wolfgang Sawallisch belegen eindrucksvoll, dass es in der Tat wohl eher ein Vorurteil ist. Sir Charles Mackerras war Australier und galt als "Spezialist" tschechischer Musik.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Diese DG-CD mit Dvoraks 9ter + Die Moldau + Les Preludes (DG, 1960) ist ohnehin für Klassikfreunde ein MUSS und in allen drei Fällen (Dvorak+Smetana+Liszt) absolute Spitze !!!


    :jubel: :jubel: :jubel:


    Gruß,
    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Die Supraphon-CD ist angekommen und intensiv gehört.


    Die von Joseph in Beitrag 142 überschwänglich positiven Worte sind nachzuvollziehen und richtig. :thumbup: Es ist insgesamt eine der schönsten und saubersten Aufnahmen des Zyklus Mein Vaterland.
    Klanglich fein ausgewogene Digitalaufnahmen, sehr natürlich mit einem sympatischen dunklen Timbre.
    :) Volle Begeisterung gilt für diesen Zyklus, mit der alleine könnte man zufrieden sein ... die Supraphon-CD wird einen guten Platz in meiner CD_Sammlung finden _ Dank an Josef
    ... wenn das Wörtchen wenn nicht wäre ... :huh: =>


    :!: Aaaber, bei TABOR ist Smetacek für meinen Geschmack raus ... wenn er auch grob gesehen das Feuer drauf hat mit einem gut gewählten Grundtempo, so fehlt mir aber die ungeheuere Durchschlagskraft und das fühlbare Nationalbewustsein, wie bei Ancerl (auch Levine (siehe unten)). Bei ihm wirken die zahlreichen Generalpausen leer und werden nicht mit Spannung gefüllt. Gänsehaut ? Bleibt aus, weil ich Ancerl´s Sidehitze erwarte ... die grosse Trommel/Pauke klingt mir zu weich ...


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    Supraphon, 1980, DDD



    Ich möchte noch eine GA des Zyklus ins Feld führen, die auch ein Nichtböhme absolut fabelhaft hin bekommen hat - meine Erstaufnahme, die ich schon auf LP hatte und bei mir zusammen mit Ancerl als GA an der Spitze steht:
    Levine / Wiener PH (DG)


    Levine entwickelt in dem Zyklus keinen Schönklang, sondern liefert die Stimmungen der Sinfonischen Vaterland-Dichtungen real, passend ohne Romantikschmalz und zupackend ab.
    In TABOR steht er gleich neben Ancerl und spornt die Wiener zu einer Darstellung voller Biss an; die Pauken und die grosse Trommel werden nicht angetippt, sondern müssen das volle Volumen mit harten Schlägeln (so soll es sein !!!) abgeben.
    Vorteil gegenüber Ancerl: der zeitgemässere Luxus-Digital-Sound, jedenfalls so klangstark wie Smetacek ...



    DG, 1886, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang