Zum 225. Geburtstag von
André George Louis
ONSLOW
* 27. Juni 1784 in Clermont-Ferrand
† 3. Oktober 1853 ebenda
Einer alten englischen Adelsfamilie entstammend ließ sich Edward Onslow (*9. April 1758, † 18. October 1829) 1781 in Frankreich nieder. Grund dafür war, dass sich Edward Onslow, erst 1780 ins britische Parlament gewählt, aufgrund eines Skandals aus der Affaire zog. In Frankreich hatte der British nobleman nichts anderes zu tun, als am 6. März 1783 die adelige und weit über die Halbzeit hinaus schwangere Marie Rosalie de Bourdeille zu ehelichen. Edward Onslow selbst wiederum war erstgeborener Sohn von George Onslow d. Ä. (*13. September 1731, † 17. Mai 1814), höchstselbst 1st Earl of Onslow (Her Majesty's Most Honourable Privy Council).
George d. J. (gelegentlich auch Georges) genoss eine wohlbehütete Kindheit nebst standesgemäßer Erziehung, welche selbstredend zur damaligen Zeit auch den Unterricht am Klavier beinhaltete. Die französische Revolution veranlasste die Familie, nach Hamburg zu exilieren. Dort eingetroffen, traf George 1799 unversehens auf den aus finanziellen Gründen (Verlagspleite) und Ehekrise (beide Ehepartner unterhielten so eine Art Kurschatten) aus London flüchtigen Johann Ladislaus Dussek (12.02.1760-20.12.1812) und vertiefte bei ihm seine Klavierstudien und erlernte das Kompositionshandwerk. Während die Eltern 1800 in die heimatliche Auvergne zurückkehrten, machte sich der zarte 16jährige George Onslow (vermutlich reizten ihn die Erzählungen seines Lehrers Dussek ) auf nach London, um dort bei Johann Baptist Cramer (24. Februar 1771, † 16. April 1858 ) Komposition zu studieren. Onslow merkte bald, dass Cramer ein Langweiler war, erhielt erste Lektionen im Cellospiel und ließ sich dann in Paris nieder, wo ihn Anton Reicha (* 26. Februar 1770, † 28. Mai 1836 – Saufkumpel des damals noch nicht großen Ludwig van B. im Bonner Hoforchester) unterrichtete. Es folgten erste Kompositionen (1806) und Veröffentlichungen (1807). Es war bereits glasklar, dass Onslow sich der Kammermusik verschreiben würde, denn seine ersten Werke waren Klaviersonaten und Klaviertrios. Sehr bald ereilte ihn der Ruf eines ‚hervorragenden Komponisten und Kammermusikers’ (Wicki P. Dia).
So wundert es auch kaum, dass seine beiden Opern L´Alcade de la Véga und Le Colporteur vom Publikum nicht weiter kommentiert wurden. Onslows komponierte – natürlich – auch Sinfonien, wobei er sich bei seiner Dritten eines früheren Streichquintetts bediente. Wie es sich für einen ‚französischen Beethoven’ gehört, ertaubte der Komponist 1829 nach einem Jagdunfall (die näheren Umstände kann man sich wohl gut vorstellen). Onslow zog sich ab diesem Zeitpunkt auf sein Landgut in der Auvergne zurück und besuchte die Hauptstadt nurmehr, um den Sitzungen der Académie des Beaux-Arts, welcher er ab 1842 angehörte, beizuwohnen oder um neue Kompositionen auf den Markt zu werfen. Onslows 1850 letztes komponiertes Werk ist… ein Klaviertrio, was sonst?
Werkliste laut Wikipedia:
36 Streichquartette, 34 Streichquintette, 10 Klaviertrios, 3 Klavierquintette, 2 Sextette (Klavier u. Bläser), 1 Septett (Klavier u. Bläser), 1 Nonett (Streicher u. Bläser) sowie 1 Bläserquintett. Daneben 4 Sinfonien (Nr. 1 A-Dur op. 41 von 1831, Nr. 2 d-moll op. 42 ebenfalls aus 1831, Nr. 3 f-moll (1833, Bearbeitug des Streichquintetts op. 32 v. 1826) und Nr. 4 G-Dur op. 71 von 1846) nebst vier Opern.
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Aufregend wie sein Leben ist auch seine Musik:
Für mich war bzw. ist Onslow die Kammermusikentdeckung des Jahres 2009! Bereits einige Monate vor Jahresbeginn lernte ich die Einspielung seines Klavierquintetts G-Dur op. 87 kennen, das mich begeisterte (die CD enthält auch je ein Quintett von Hummel und Dussek):
Klavierquintett G-Dur op. 76 (1846)
Nepomuk Fortepiano Quintet
Riko Fukuda, Fortepiano Erard, Paris, 1837
Franc Polman, Violine von Hendrik Jacobs, Amsterdam 1701
Elisabeth Smalt, Viola von Andrea Postacchini, Fermo c1830
Jan Insinger, Violoncello aus der Werkstatt Joseph Panormos, London c1820
Pieter Smithuijsen, Kontrabass anonymer ungarischer Herkunft, spätes 18. JH
Wunderbar auf historischen Instrumenten musiziert - was für ein Fest ist der geniale Finalsatz!
Und kürzlich konnte ich nicht widerstehen, mir diese unglaublich gute Einspielung zweier seiner Klaviertrios zuzulegen – ein Glückskauf, der die Hoffnung weckt, dass die Serie bald fortgesetzt werden wird:
Klaviertrios
Trio d-moll op. 20 (1822)
Trio c-moll op. 26 (1824)
TRIO BAMBERG
Jewgeni Schuk, Violine
Stephan Gerlinghaus, Violoncello
Robert Benz, Klavier
Sinfonien Onslows kenne ich noch nicht, die Streicherkammermusik noch etwas zu wenig. Wer möchte, ist aufgefordert, dazu etwas zu schreiben!
Ulli