Die Piraten entern München

  • Dies sind erste, ungeordnete Eindrücke der gestrigen Premiere.


    Der erste Akt spielt auf einem felsigen Küstenstück, im Hintergrund das Piratenschiff. Während der Ouvertüre öffnet sich der Vorhang und man sieht die Piraten bein typischen Vergnügungen der Upper Class des ausgehenden 19. Jahrhunderts, wie Croquet und das Einfangen von Schmetterlingen. Bereits hier wird klar, dass das Bühnenbild und die Kostüme das von Gilbert & Sullivan erdachte Szenario relativ genau abbilden, und das ist gut so. Eine Ansiedlung der Handlung in einer anderen Zeit oder an einem anderen Ort kann nicht funktionieren.


    Der Vorhang schließt sich und als er wieder aufgeht, beginnt ein Feuerwerk an Pointen, Slapstick und rabenschwarzem Humor. Neben hervorragenden schauspielerischen und sängerischen Leistungen. Weil die Textverständlichkeit außerordentlich gut ist, fällt die sehr ansprechende Übersetzung des Librettos besonders auf. Selbst wenn einem die Verhältnisse im viktorianischen England nicht geläufig sind, kommt man aus dem Lachen kaum heraus.


    Auch die Choreographie der Ensemblestücke ist sehr beeindruckend. Ob nun die Töchter aufgeregt zwitschern oder die Polizisten sich Mut antanzen, es passt einfach alles hervorragend. Hier wird zum wiederholten Maße deutlich, wie gut sich dieser Chor bewegt und dabei auch auf höchstem Niveau singt.


    Aber auch die Sänger glänzen durch glänzende Interpretationen der musikalisch anspruchsvollen Partien. Ob nun Rita Kapfhammer als Ruth versucht, Frederic für sich zu gewinnen oder Thérèse Wincent als Mabel gewillt ist, 63 Jahre auf ihren Frederic zu warten, es ist ein absoluter Genuss, ihnen zuzuhören und zuzusehen. Robert Sellier verkörpert den Frederic in seinem Dilemma zwischen Pflicht und Pflicht sehr überzeugend und Holger Ohlmann als Piratenkönig überzeugt sowohl darstellerisch als auch stimmlich. Die weiteren Rollen sind mit Frances Lucey, Florian Soyka, Sonja Leutwyler, Martin Hausberg, Ulrike Dostal und Gunter Sonneson typgerecht ausgezeichnet besetzt.


    Der Regisseur Holger Seitz versteht es außerordentlich gut, den Witz des Stückes herauszuarbeiten ohne ins Triviale abzugleiten. Auch das Orchester unter Anthony Bramall bringt genau diesen Touch "gehobene Augenbraue" mit, die das Stück braucht, sei es nun in den Walzerelementen oder in den choralgleichen Ensemblestücken.


    Am Ende nicht enden wollender Jubel für alle Beteiligten, berechtigt.


    Eine rundherum gelungene Premiere eines in München noch nie aufgeführten Stückes. Für Freunde des britischen Humors ein absolutes Muss und eine Empfehlung für alle Fans von Gilbert & Sullivan.


    Staatstheater am Gärtnerplatz


    Die Piraten von Penzance
    Freitag, 15. Mai 2009
    19.30 – 22.10 Uhr
    Die Piraten von Penzance



    Musikalische Leitung Anthony Bramall


    Regie Holger Seitz


    Bühnenbild Herbert Buckmiller


    Kostüme Götz Lanzelot Fischer


    Generalmajor Stanley: Gunter Sonneson
    Piratenkönig: Holger Ohlmann
    Samuel: Florian Soyka
    Frederic: Robert Sellier
    Sergeant der Polizei: Martin Hausberg
    Mabel: Thérèse Wincent
    Edith: Frances Lucey
    Kate: Sonja Leutwyler
    Isabel: Ulrike Dostal
    Ruth: Rita Kapfhammer


    Die Premiere wurde aufgezeichnet von Deutschlandradio Kultur und dort am 13. Juni 2009 ab 19.05 Uhr in der Konzertreihe Oper in Deutschen Ländern ausgestrahlt.

    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Hallo Nachtgedanken,


    vielen Dank für die gute Beschreibung deiner persönlichen Eindrücke.


    Diese Operette ist mir völlig fremd, wie alles von Gilbert & Sullivan, ich habe sie nie selber gespielt. Ich glaube die Werke sind hier in Deutschland auch selten, eingentlich schade.


    Vielleicht hört man in Zukunft noch mehr. :hello:

  • Die "Piraten" dürften wohl das bekannteste Stück von Gilbert & Sullivan sein, auf CD gibt es - in der englischen Originalsprache - diverse Einspielungen.


    In Deutschland konnten sich die Operetten des Duos nicht so richtig durchsetzen. Trotzdem gibt es - auf 2 CDs - eine gelungene deutschsprachige Aufnahme von "Die Piraten":


    Aufnahme: 7.6.1968, live, konz., WDR Köln
    Dirigent: Curt Cremer
    Orchester des WDR Köln
    Mitglieder des Philh. Chores der Stadt Bonn
    Cecily: Rita Bartos
    Edith: Carol Malone
    Emmy: Lieselotte Hammes
    Frederic: Peter Bahrig
    Isabel: Wlima Mommer
    Jack: Werner Missner
    King: Gerd Nienstedt
    Mabel: Arleen Auger
    Mack: Timo Breitscheidt
    Paul: Robert Christian
    Ruth: Martha Mödl
    Samuel: Alexander Malta
    Stanley: Arwed Sandner
    Tom: Peter Karner


    Label: Gala 2 CD


    Das bestens gelaunte Ensemble - allen voran die unverwüstliche Martha Mödl - machen aus dem englischen Stück eine pralle Operette!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Heute war die zweite Vorstellung mit der Alternativbesetzung. Alle auch sehr sehens- und hörenswert.


    Generalmajor Stanley: Gunter Sonneson
    Piratenkönig: Stefan Sevenich
    Samuel: Gregor Dalal
    Frederic: Tilmann Unger
    Sergeant der Polizei: Christian Hübner
    Mabel: Heike Susanne Daum
    Edith: Márta Kosztolányi
    Kate: Susanne Drexl
    Isabel: Ulrike Dostal
    Ruth: Susanne Heyng

    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)