Musikunterricht in der Schule

  • Lieber Sakow,


    Dein Beitrag trifft den Nagel auf den Kopf. Danke dafür.....Das sind die Dinge über die ich mich auch täglich aufrege, aber man darf das ja den Schülern nicht zeigen.
    Kommentare wie "müssen wir den immer so altmodisches Zeug besprechen?" sind die Regel.
    Trotzdem lasse ich mich da nicht beirren.


    :hello: :hello:


    Jolanthe

  • Sakow hat wirklich eine tolle Einstellung! -
    Darf ich fragen, ob du noch Schüler bist, Sakow? :)


    Jolanthe, wenn du eine Frage erlaubst: Wieviel freie Gestaltung habt ihr als Musiklehrer? - Ich erinnere mich am meine Schulzeit, da der Musiklehrer öfter mal einen Jazz am Klavier gespielt hat. Da waren die Mädchen Feuer und Flamme! :)


    Warum soll man den Bedürfnissen der Schüler in gewisser Weise nicht auch entgegen kommen, damit überhaupt etwas haften bleibt. - Sicher nur in gewisser Weise! :)


    Musikalische Grüße,


    Melisma :hello:

  • Zitat

    Original von Sakow
    Die Frau brachte es sogar fertig, KV 545 als Beispiel für die Sonatenhauptsatzform hinzustellen, um dann zu behaupten die Reprise sei wieder in der Grundtonart C-Dur. :pfeif:


    Jaja, die so leichte Sonata facile :pfeif:


    Viele glauben das Werk wirklich zukennen, so ungefähr ab hier nachzulesen...


    Als ich vor einigen Jahren mit Alfred die Musikinstrumentensammlung in Wien anschaute, spielte ich dort eben jene Sonate auf einem Clavichord an. Da fand sich sofort eine sehr selbstbewußte Dame, die sich nicht von ihrer Meinung abbringen ließe, daß sie das Stück kenne und daß es von Salieri stamme. Auch Alfreds Dreinreden verlief fruchtlos...


    Genau heute Morgen fiel mir nun der Grund für diesen Irrtum ein: Wenn man dem Film 'Amadeus' mal nüchtern (also mozartbetreffend unvorbelastet) anschaut, kann nämlich die Szene zu Beginn (Salieri spielt dem Pfaffen vor 'Kennen Sie das...?') sehr irreführend wirken: Zunächst spielt Salieri zum Entzücken des Zuhörers einiges von Mozart (ohne dessen Namen zu erwähnen!) - alle diese Werke kannte der Paffe (mit dabei war aus der Erinnerung auch KV 545 I). Erst zum Schluß dieser Szene legt Salieri eine eigene Komposition auf, die der Pfaffe natürlich nicht kennt. Erst als Salieri sich als Autor outet, findet der Pfaffe das Stück auch ganz nett. Eben dieses Outing kann m.E. auch auf die vorangegangenen Stücke bezogen werden.


    :hello:


    Ulli

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

  • Zitat

    Original von Melisma



    Jolanthe, wenn du eine Frage erlaubst: Wieviel freie Gestaltung habt ihr als Musiklehrer? -


    Liebe Melisma,


    wir haben natürlich unseren Lehrplan, der aber umgesetzt wird in einen schulinternen Lehrplan und da haben wir intern vereinbart, dass jeder Musiklehrer eben seine persönlichen Neigungen einbringt.


    Wie gesagt, wir machen natürlich auch viele andere Sachen, z.B. Musik und Bewegung, das mögen die meisten Schüler (bis auf die gehemmten, die gibt es auch, aber es wird keiner gezwungen). Das sind dann auch oft moderne Sachen.


    Aber ich habe auch schon mal vor einigen Jahren ein Menuett eingeübt, das war dann auch ein größeres Projekt. Es kam bei den Schülern gut an.
    Leider sind unsere Klassen inzwischen wieder sehr groß und wir haben nur einen kleinen Musikraum, so dass momentan wegen der räumlichen Enge viele Dinge nicht stattfinden können.


    Mein Anliegen ist eben immer auch, dass Schüler auch mit klassischer Muik vertraut gemacht werden. Denn wo sonst soll das geschehen?
    Dazu muss ich noch einmal sagen, dass bei uns nach Klasse 7 kein Musikunterricht mehr stattfindet.


    In 9 und 10 haben wir dann noch eine Schulband als Arbeitsgemeinschaft, mit oft geringen Instrumentalkenntnissen. Das macht aber immer ein Kollege von mir, da ich mich mit E-Instrumenten, Verstärkern und Mikrophonen nicht gut auskenne und das eben wirklich nicht mein Gebiet ist.


    Liebe Grüße
    :hello:
    Jolanthe

  • Ich weiß nicht, ob Ihr es kennt - das Programm Mus-e von er Menuhin-Stiftung, das hier ansetzt und sich gerade an Kinder aus benachteiligteren Stadtteilen richt.
    http://www.ymsd.de/mus-e.html


    In meiner Jugend war ich immer neidisch, nicht auf ein bestimmtes Jungengymnasium gehen zu dürfen, auch weil sie einen so vorzüglichen Musiklehrer hatten, der für sein Thema begeistern konnte. Einer seiner Schüler war Jürgen Kesting, der um einige Jahre älter ist als ich und der damals als Oberstufenschüler schon mit Begeisterung über die Welt berichtete, die ihm auch von seinem Lehrer eröffnet wurde.

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

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  • So habe ich das auch empfunden. Die heutige Jugend ist ja schon so hörgeschädigt durch diese sog. "Pop-Musik", daß sie gar nicht mehr fähig ist, wahre Musik entsprechend zu würdigen. Wundern braucht man sich nicht. Bei vielen läuft offensichtlich den halben Tag das Radio, das dieses Gedudle rauf und runter spielt, und das kennen diese Leute seit ihrer Kindheit so. Kein Wunder, daß das Gehör verkümmert. Bei der heutigen Beliebigkeit in jederlei Hinsicht ist dies zwangsläufig der Fall. Hinzu kommt sicher auch, daß die heutige Generation kurze Musikstücke gewöhnt ist, 2–3 Minuten, sich schlichtweg auf etwas Längeres gar nicht konzentieren kann und will (ich selbst empfand vor vielen Jahren Beethovens V. Symphonie auch als sehr lang, heute, durch vierstündige Opern geprägt, sehe ich das freilich ganz anders ;)).


    Daß es nicht selten auch an unmotivierten Musiklehrern liegt, ist klar (freilich nicht immer). Ich kann mich etwa nur an ein einziges Mal erinnern, wo wir was aus einer Oper anhörten, aus "Parsifal". Ansonsten viel zu viel Theorie, kaum praktische Hörerfahrungen.


    P.S.: "Lady Gaga" klingt vermutlich so, wie es sich anhört. :D

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat


    Original von Joseph II.
    Hinzu kommt sicher auch, daß die heutige Generation kurze Musikstücke gewöhnt ist, 2–3 Minuten, sich schlichtweg auf etwas Längeres gar nicht konzentieren kann und will (ich selbst empfand vor vielen Jahren Beethovens V. Symphonie auch als sehr lang, heute, durch vierstündige Opern geprägt, sehe ich das freilich ganz anders Augenzwinkern ).


    Das war (und ist teilweise) bei mir nicht anders. Anfangs waren 4 Minuten die Grenze. Ich erinnere mich noch sehr genau, was mein erstes großes Musikstück war; Mozarts große Es-Dur Sinfonie.
    Ich erinnere mich, wie sehr es mich anstrengte, fast schon nervte durchzuhalten. Und gefallen hat mir die Musik dann auch nicht.
    Aber ich hörte es jeden Tag wieder. Und irgendwann, lernte ich das Stück so kennen, dass ic es lieben lernen konnte.
    Das war bei Mozarts Klavierkonzerten nicht anders.
    Natürlich ist das heute nicht mehr so, da reicht mittlerweile einmaliges Hören. Aber alleine, weil ich mich DARAN erinnere, weiß ich, dass es Nicht-Klassikhörern deswegen tatsächlich SEHR schwer fallen wird, das Abenteuer "klassik" zu wagen.


    Für Beethovens Neunte brauch ich wohl noch ein paar Jahre. (Vielleicht auch, weil ich hierbei nicht bereit bin es jeden Tag zu hören... :D)


    Zitat

    P.S.: "Lady Gaga" klingt vermutlich so, wie es sich anhört. großes :D


    Ja. Und es läuft im Radio leider alle 5 Minuten... :kotz:



    Zitat


    Original von Melisma
    Darf ich fragen, ob du noch Schüler bist, Sakow?


    Seit meinem Umzug von Hamburg nach Mainz nicht mehr. [November 2008] Nicht, dass ich nicht wollte. Aber die Schulen tollerierten nicht, dass ich einfach da weitermachen sollte wo ich in der BBS in Hamburg aufhörte.
    Sie sagten ich sollte nächstes Jahr wieder von vorne beginnen. :motz:
    Ich hab denen aber was gepfiffen, gehe nun stattdessen den sicheren Umweg... :pfeif:



    Zitat


    Original von Ulli
    Genau heute Morgen fiel mir nun der Grund für diesen Irrtum ein: Wenn man dem Film 'Amadeus' mal nüchtern (also mozartbetreffend unvorbelastet) anschaut, kann nämlich die Szene zu Beginn (Salieri spielt dem Pfaffen vor 'Kennen Sie das...?') sehr irreführend wirken: Zunächst spielt Salieri zum Entzücken des Zuhörers einiges von Mozart (ohne dessen Namen zu erwähnen!) - alle diese Werke kannte der Paffe (mit dabei war aus der Erinnerung auch KV 545 I). Erst zum Schluß dieser Szene legt Salieri eine eigene Komposition auf, die der Pfaffe natürlich nicht kennt. Erst als Salieri sich als Autor outet, findet der Pfaffe das Stück auch ganz nett. Eben dieses Outing kann m.E. auch auf die vorangegangenen Stücke bezogen werden.


    Ist zwar schon bissl her, dass ich den Film sah. Aber ich kann mich nicht erinnern da diese Sonate gehört zu haben. Und immerhin habe ich die Sonate schonmal gespielt. ?(
    Welcher Satz wurde denn gespielt?


    Zitat


    Original von Jolanthe
    In 9 und 10 haben wir dann noch eine Schulband als Arbeitsgemeinschaft, mit oft geringen Instrumentalkenntnissen. Das macht aber immer ein Kollege von mir, da ich mich mit E-Instrumenten, Verstärkern und Mikrophonen nicht gut auskenne und das eben wirklich nicht mein Gebiet ist.


    Auch so was trauriges; Es gibt war gar keine Schulorchestren mehr.
    Ich plante zur Abschlussfeier damals, etwas zu diesem Anlass zu komponieren. Die Lehrer waren euphorisch, aber in der GESAMTEN (!) Schule waren nur 2 Schüler die die Geige spielten (und wer weiß wie gut...).
    Ich meine sogar mal in der BILD gelesen zu haben, dass fast kaum noch Instrumente gelernt werden.


    Genau wie Martina-Sophie war ich immer neidisch auf jene Schulen, wo Musik größer geschrieben wurde. :(




    C.

  • Ich hatte gerade die dankbare Aufgabe, einer Freundin, die Lehrerin ist, die Abi-Rede (Matura-Ansprache :D) zu schreiben.
    Dabei fiel mir auf, dass ich nich nie eine solche gehört habe. Denn zu meiner Schulzeit war ich bei jeder Abschlussfeier während des Gelabers und Geredes im Stimmzimmer, mit Orchester, Chor oder Big Band.
    Muss ein tolles Gymnasium aus längst vergangenen Zeiten sein....
    Abi 1993 übrigens. :beatnik:

  • Da kann man doch einmal sehen, wie groß die Unterschiede bezüglich des Musikunterrichtes von Schule zu Schule sind!


    Meine Tochter besuchte in München ein musisches Gymnasium, wo Musik Hauptfach war, wo es für jede Schülerin Pficht wa, r am Schulchor oder Schulorchester teilzunehmen, wo 2 Mal im Jahr relativ gute Schülerkonzerte gegeben wurden, mit Solisten!


    Eine "Chorschwester" von mir, Grundschullehrerin in Dießen mit Schwerpunkt "Orff'sches Schulwerk",( das sie kürzlich in Salzburg absolviert hat) wird demnächst mit ihrer gesamten 4. Klasse nach Andechs gehen, um dort unter Anderem auch bei den "Carmina Burana" mitzuwirken. - Der erste Komtakt mit der lateinischen Sprache für die Kinder! :)


    Sonnige Grüße,


    Melisma :hello:

  • Ein ermutigendes Beispiel, das alle begeistern könnte, für die es wichtig ist, dass die Musik weiter lebt und wirkt:


    Der Film "Das System", von dem Leben und der Arbeit von JOSE ANTONIO ABREU (Venezuela). Der Film zeigt das Wunder, wie ein Musiklehrer das Leben von Tausenden (!) in Armut lebenden Kindern rettet und verändert, mit Hilfe der Musik.


    Ich habe gelesen, dass dieser deutsche Dokumentarfilm in Prag beim Festival von Fernsehproduktionen den Hauptpreis gewonnen hat.


    :hello:

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  • Liebe Piroska,


    auch der junge Dirigent Gustave Dudamel Jahrgang 1981 profitierte von dem Förderprogramm in Venezuela. Aus ihm wäre sicher nicht derjenige geworden, der er heute ist ohne dieses Programm.


    Liebe Grüße


    :hello:
    Jolanthe


  • Klingt interessant. Ich habe noch nie von dem Film gehört, gibt's da mehr Infos?
    Ich hörte mal von einem ähnlichen Film, aber der hieß anders. Und der hier scheint ja nach einer wahren Begebenheit gefilmt zu sein, wenn ich richtig las?

  • Ich bin zwar schon länger nicht mehr Schüler, kann mich aber gut erinnern.... Ein bischen Senf möchte ich zur Diskussion dazugeben!


    1. und Grundsätzlich: Deutschland ist ein freies Land, jeder darf die Musik hören und gut finden, die er will. Das war hier nämlich schon einmal anders! Allerdings sollte man schon versuchen, jedem Wertmassstäbe anzubieten, um gute von schlechter Musik zu unterscheiden. Das macht die Schule! Angebote gibt es (das war zu hier in der Diskussion zu sehen). Jeder hat aber das Recht, diese Angebote auch abzulehnen. Denen entgeht halt was.... Menschen sind sogar so frei, Fehler zu machen und an Chancen vorbeizugehen!


    2. Wie wird in der Schule Wissen vermittelt (jegliches!)? Durch stupides Abarbeiten des Lehrplans oder dadaurch, dass der Lehrer FREUDE am Gegenstand zeigt?? Das befeuert nämlich jeden Schüler! Dann springt der Funke über und z.B. ein Schulorchester funktioniert (egal ob hier, oder in Venezuela). Ich selber hatte mal einen Musiklehrer, der aus eigenem Antrieb Klassenfahrten nach München in die Oper organisiert hat. Da war der Bus plötzlich voll und das Gehörte noch Tage später Thema!!! Einfach so... Warum? Seiner Begeisterung konnte sich keiner entziehen. Irgendwie wollten alle wissen, was da nun wirklich dran ist.


    3. Es gibt Gruppendruck in der Schule! Wenn man also als Schüler kein Ausseneiter sein will, muss ma halt mitmachen, oder so gut sein, dass ma die Klasse beeindruckt oder irgendwo einen Ausgleich finden, dass sie einen trotzdem tolerieren. Eigene Erfahrung: Nicht einschüchtern lassen! Irgendwann kapierens doch einige und meistens mehr, als ma selber geglaubt hat!


    4. Mehr kulturelles Angebot als in Deutschland (Österreich/Schweiz) gibts ja nun nirgends auf der Welt! Nicht überall ist zwar die Oper derart staatstragend wie in Wien ( :D), aber das Angebot würde es nicht geben, wenn die Menschen nicht hingingen! 2000 Plätze in der Oper in München für einen Ballungsraum von ca. 2,5 Millionen mag nicht viel sein, aber immerhin ist sie fast immer voll! Allerdings möchte ich doch grad in Deutschland ein Nord-Süd Gefällle nicht verschweigen. Warum? tja...


    5. Lassts den jungen Menschen Zeit! Gerade der Zugang zu klassischer Musik setzt m.E. ein gewisses Mass an persönlicher Reife voraus, um mehr als die schöne Oberfläche wahrzunehmen. Mich hat als Kind auch einfach der "Sound" des klassisch-romantischen Orchesters überzeugt, später erst habe ich hinter die Oberfläche geschaut. Persönliche Erfahrung: Hänsel und Gretel: 1500 aufgeregte, plappernde Kinder in der Oper ( Nach spätestens 3 Minuten immer irgendwo die ungeduldige laute Frage: Mamma, wann kommt den die Hexeee?). Nach weiteren 10 Minuten: atemlose Stille, 3000 glänzende Kinderaugen schauen mucksmäuschenstill und gebannt auf dei Bühne.... Die werden das NIE vergessen!


    6. Oiso? Musiklehrer: Vermittelt Begeisterung und Schönheit der Musik! Noten und Technik ist Mittel zum Zweck, das ist noch keine Musik!
    Eltern: Nehmts Eure Kinder einfach mit in ein Konzert! Spielt klassische Musik zu Hause! Bietet es den Kindern einfach an!
    Alle: Habt Vertrauen in die Kinder! Und gebt Ihnen Zeit zu Reifen! Beobachtet dies mit Freude und begleitet Sie auf ihrem Weg. Und habt Geduld, dann könnt Ihr Euch in 20 Jahren über sie freuen!!!


    Langfristig investieren und nicht auf kurzfristigen Erfolg setzen. Das ist ( auch hier) die Strategie, die aufgeht.


    Habts Mut, ich sehs ned sooo schwarz!


    Grüsse
    Der Klimperer

    Einmal editiert, zuletzt von Klimperer ()

  • Zitat

    Original von Klimperer



    5. Lassts den jungen Menschen Zeit! Gerade der Zugang zu klassischer Musik setzt m.E. ein gewisses Mass an persönlicher Reife voraus, um mehr als die schöne Oberfläche wahrzunehmen. Mich hat als Kind auch einfach der "Sound" des klassisch-romantischen Orchesters überzeugt, später erst habe ich hinter die Oberfläche geschaut. Persönliche Erfahrung: Hänsel und Gretel: 1500 aufgeregte, plappernde Kinder in der Oper ( Nach spätestens 3 Minuten immer irgendwo die ungeduldige laute Frage: Mamma, wann kommt den die Hexeee?). Nach weiteren 10 Minuten: atemlose Stille, 3000 glänzende Kinderaugen schauen mucksmäuschenstill und gebannt auf dei Bühne.... Die werden das NIE vergessen!


    Die Frage ist, wann man das spätestens als Hoffnungslos abstempeln kann. Klassik geht ja nachhaltig zurück, auch bei älteren Generationen. Ich kenne nicht viele im Alter von 30-50 die Klassikbegeistert sind. Die schwärmen viel lieber von der Musik der 70er etc.
    Du hast Recht, natürlich haben sie das Recht Angebote abzulehnen.
    Aber es bleibt trotzdem meine fest Überzeugung, dass viele mehr Klassik hören würden, wenn sie sich nur mal drauf einlassen würden.


    Aber Nein, was der Bauer nicht kennt...




    C.

  • Zitat

    Original von Sakow
    Aber es bleibt trotzdem meine fest Überzeugung, dass viele mehr Klassik hören würden, wenn sie sich nur mal drauf einlassen würden.


    Was hättest denn Du persönlich davon, wenn sie es täten?


    ?(

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

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  • du kannst natürlich jede Meinung haben, die Du magst...


    aber "hätte, wenn und würde" ist keine gute Argumentationsbasis...


    Selbst wenn Dus Dir wünschen würdest und die feste Überzeugung hast, dass sie etwas verpassen, die Ignoranten haben das Recht zu ignorieren! Und wir müssen das dann weise lächelnd aushalten.... Und mit gutem Beispiel vorangehen...


    Es hilft nichts, denn die Alternative wäre Besserwisserei und Tyrannei!


    Schau mal in die Geschichte: Jede Form von Zwangsbeglückung hat zu den grössten Katastrophen geführt.


    Nochmal, es hilft nichts, wir müssen das eben aushalten. KÖnnen nur durch gutes Beispiel, Engagement und ausgestrahlter Freude Interesse wecken, nicht durch moralin-saure Besserwisserei! Du komponierst doch! Vermittel die Schönheit der Musik, strahle Freude und Begeisterung aus!


    Ich denke, nur so rum gehts.


    LG der Klimperer


    P.S. Wie hats denn Lennie Bernstein gemacht?

  • Zitat

    Original von Ulli


    Was hättest denn Du persönlich davon, wenn sie es täten?


    ?(


    Eine weitere Genugtuung und Bestätigung dafür, dass ich als Außenseiter die bessere Entscheidung traf, weißte.


    Ich würde viel mehr Menschen das Gefühlserlebniss gönnen, was ich beim Hören habe. Aber das kennen die meisten ja gar nicht. Darum heißt ihre Musik auch heutzutage "Unterhaltungsmusik", und unsere "Ernste Musik".



    C.



    Zitat

    Original von Klimperer



    Schau mal in die Geschichte: Jede Form von Zwangsbeglückung hat zu den grössten Katastrophen geführt.


    Jaaaaaaa, es redet ja keiner davon, jemanden zu Zwingen.
    Das hier ist ein Forum, also kann man ruhig mal riskieren darüber zu reden. (Wäre doch langweilig, einfach nur zu sagen "Die dürfen das, Diskussion beendet" ;) ).

  • Zitat

    Original von Sakow


    Ich kenne nicht viele im Alter von 30-50 die Klassikbegeistert sind. Die schwärmen viel lieber von der Musik der 70er etc.


    In den 70ern wurde ja auch ziemlich viel ziemlich gute Musik gemacht.


    Außerdem schließt das eine das andere nicht aus. Man kann durchaus klassikbegeistert sein und die Musik der 70er (zumindest einiges davon) lieben (so wie ich z.B.).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Klassikmusik darf meines Erachtens nie als die allein glückliche Musik propagiert werden. Für alle Richtungen offen zu sein ist daher wichtig. Wie kann ich dafür offen sein? Indem mich jemand durch Historie, Kultur, Epoche usw. daran heran führt. In einem Jugendclub der 60er Jahre, verstand es ein Leiter, alle Stilrichtungen uns hungrigen Geister näher zu bringen. Es kam auf die Art an. Vorher wusste ich auch nicht wie toll Blues, Jazz, Folk Landesbezogen ist. Geben wir uns heute die Mühe und nehmen wir uns die Zeit, nicht nur unsere Vorlieben den Kindern zu vermitteln. Sondern eine breite Palette anzubieten. Es geht mir wie beim Essen. „Das mag ich nicht“, weil ich nicht durch „verführeriche“ Zubereitung von der Schmackhaftigkeit überzeugt wurde? Auch wenn ich heute nahezu alles esse, habe ich dennoch vorlieben. Ich esse z.B. nicht jeden Tag Spinat und es wird wahrscheinlich nie mein Lieblingsgericht werden. Einige können sich für Graupensuppe begeistern. :kotz: Tut mir leid, ich nicht! Nicht weil ich mich an diese „schwere Kost“ nicht heran gewagt hätte. Es muß etwas anderes sein, was mich davon abhält. :yes:


    Liebe Grüße
    detlef

    Werden im Wirken - Großes braucht seine Zeit

  • Zitat

    Original von Norbert


    In den 70ern wurde ja auch ziemlich viel ziemlich gute Musik gemacht.


    Außerdem schließt das eine das andere nicht aus. Man kann durchaus klassikbegeistert sein und die Musik der 70er (zumindest einiges davon) lieben (so wie ich z.B.).


    Stimmt, da hast du Recht!
    Bis ich 13 war hörte ich sogar ausschließlich 70er und 80er Musik, 'erst' danach ging bei mir die Klassikader durch. (Immerhin war ich damals schon nicht der Zeit blind gefolgt).


    Was ich meinte ist, dass aber auch NUR dann dafür geschwärmt wird.



    C.

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  • Nur zwei Wege?
    Antwort vor allem an „Klimperer“ und „Sakow“


    Klimperer schreibt:
    „Selbst wenn Dus Dir wünschen würdest und die feste Überzeugung hast, dass sie etwas verpassen, die Ignoranten haben das Recht zu ignorieren! Und wir müssen das dann weise lächelnd aushalten.... Und mit gutem Beispiel vorangehen...“


    Ja, die Frage ist nur, was heißt genau „mit gutem Beispiel vorangehen“. Ich glaube, wir sind doch der gleichen Meinung, dass es nichts Passives bedeuten soll.


    Zwischen Zwang/Besserwisserei einerseits und Aushalten/selber trotz alledem weitermachen andererseits sollte doch auch einen Zwischenweg geben, und zwar einen besonders wichtigen: nämlich unser „Weitermachen“ so zu gestalten, damit die anderen (das „Zielpublikum“) unbewusst/unbemerkt positiv reagiert. Es gibt eine berühmte Schrift von Brecht, wo er von der List schreibt, die man braucht, um andere anzusprechen (er sagt: Die Wahrheit zu verbreiten – da bin ich bei „Wahrheit“ vorsichtig… und eher für das ewige Fragen danach….). So gefährlich diese List in den Händen verschiedener Menschen/Mächte auch sein mag, sie kann im Dienste von guten Zielen eine große Kraft sein. Die ganze Pädagogik basiert doch letzten Endes darauf. Deshalb dürfte man keineswegs auf bewusste Methoden verzichten, anderen Menschen das beizubringen, wovon man glaubt und weiß, dass das für sie in vielerlei Hinsicht eine besondere Bereicherung bedeuten kann.


    Zu solcher Art „List“ rechne ich Kleinigkeiten des Alltags und große Werke der Kunst. Eine Kleinigkeit zu sein scheint, was ich in den siebziger Jahren in den Niederlanden erlebt habe, da durften wir aus dem Osten praktisch ohne Geldmittel, aber schon mit einem Reisepass und mit einem von Konserven gefüllten Rucksack durch Europa wandern und in Youth Hosteln übernachten. In mehreren Youth Hosteln in den Niederlanden gab es früh morgen immer klassische Musik beim Frühstück zu hören, meistens Barock, meistens Bach. Ein großes Werk ist das, was in Venezuela ermöglicht wurde. Der Dokumentarfilm davon wurde jetzt in Prag beim Fernsehfilm-Festival „Goldenes Prag“ mit dem Hauptpreis gekrönt.


    :hello:

  • In der Stadt, in der ich wohne, wurde vor zwei Jahren am Gymnasium ein Versuch gestartet eine neu eingeschulte 5er Klasse als Bläserklasse auszubilden, d.h. die Eltern der Kinder, die diese Klasse besuchen, mussten sich dazu verpflichten in Kooperation mit der Kreismusikschule ihre Kinder ein Blasinstrument lernen zu lassen ( während des Musikunterrichts in der Schule).
    Der Versuch läuft mit großem Erfolg. Krönung war jetzt ein öffentliches Konzert. Ab Klasse 7 findet der Unterricht nicht mehr an der Schule statt, trotzdem haben sich ca. 90% der Kinder dafür ausgesprochen weiterhin Unterricht in ihrem gewählten Instrument zu nehmen.


    :hello:
    Jolanthe

  • Na denn, Jolanthe, das ist doch toll, was du erzählst! -
    Das sollte doch Schule machen! -


    Großartig!


    Den umgekehrten Fall kenne ich allerdings auch, wo eine Mutter ihrer kleinen Tochter unterstellt, sie könne nicht singen! - Die Tochter sang aber sehr gerne, schloss sich am Gymnasium dem Schulchor aus freien Stücken an, ja später selbst dem Chor, in dem ihre Mutter singt, der Chorleiter testet sie, um sie der richtigen Stimmlage zuzuordnen, der Chorleiter entdeckt ihre schöne Stimme und nimmt sie in die Chorakademie auf. Zusätzlich nimmt sie Gesangsstunden. - Ihr Ziel ist ein Gesangsstudium an der Musikhochschule. :)


    Schöne Sonntagsgrüße,


    Melisma :hello: