Opern zeitlich versetzen

  • Zitat

    Original von der Lullist


    Die 3 Schicksalsgöttinnen erscheinen, denn sie stehen als einzige über allen Göttern und bieten sich als Jury an.
    das witzige ist ja, dass sie sich zu dritt ein Auge teilen


    Kann es sein, dass du die Moiren (die Schicksalsfrauen) mit den Graien (das sind die mit dem einen Auge und dem einen Zahn) verwechselst? Oder ist das Absicht?

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • oh stimmt, da habe ich was durch einander geschmissen, weil die Graien auch noch irgendwo auftauchen - das Zeugs liegt schon zu lange hier rum, ....

  • Zitat

    Original von der Lullist


    gebt mir die Kohle und ein gutes Ensemble und ich mach Euch eine Operninszenierung von der man bisher nur träumen konnte, wenn man alte Kupferstiche betrachtet hat :D


    "il pomo d'Oro Reloaded" ! :D:D:D


    Und du glaubst ernsthaft, dass sich jemand die 12-14 Stunden antut??

  • Ich würde es mir schon antuen wollen, wenn es in den Pausen ein barockes Gala - Dinner gibt u.ä. (siehe Ariadne) . :angel:



    In Erwartung auf Ohrenschmaus, Augenschmaus und Gaumenschmaus (in genau dieser Reihenfolge) grüßt herzlich


    der Operngernhörer :hello:

  • Zitat

    Original von m.joho
    Es ist wohl kaum erstaunlich, dass wir, Alten, bzw. "Staubis" uns hier empören. Schliesslich sind wir diejenigen, die mit zehntausenden von Franken (bzw. Euros) an Steuerngeldern die Bedürfnissen der Jung-Alternativen befriedigen und keine Gegneleistungen bekommen, die unseren Ansprüchen gerecht werden!
    Mit freundlichem Gruss
    "Musik ist eine heilige Kunst"


    Zuerst fiel dieser peinliche Ruf nach Benno von Arent, und jetzt heißt es: "Wir wollen bestimmen, weil wir es bezahlen". Das kann ja wohl nicht wahr sein. Und dann sind all die "anderen", die die nicht bezahlen und Regietheater interessant finden gleich "Jung-Alternative". Dazu gibt es zu sagen:


    Erstens sind nicht alle Jungen Alternative und zweitens bezahlen Junge genauso Steuern. Und die dürfen keinen Anspruch erheben? Seit wann ist das denn so?


    Und was soll diese unsägliche Politisierung? Das wäre so als würde ich sagen: Alle, die Zeffirelli unterstützen, wählen Blocher und Le Pen. Der Stammtisch läßt grüßen.


    Ich blick da nicht mehr durch. Und lieber Ulli (falls Du das hier liest), was mich nervt ist nicht die Meinung Einzelner, sondern daß solche Hammer wie oben zitiert einfach so hingenommen werden. Ich habe dann immer das Gefühl, daß so etwas passiv unterstützt wird.


    Wenn die Vielzahler tatsächlich über den Verbleib ihrer Schweizer Franken meckern, dann würde ich es tatsächlich begrüßen, daß die Vielzahler ihr Geld für sich behalten könnten und ihre eigenen Oper machen dürften mit viel Plüsch, Samt, Bohème, Traviata, Aida und Zeffirelli.


    Für ein gutes Drama braucht man nicht viel Geld sondern viel Geist, und Geistlosigkeit kann auch die heiligste Musik verschandeln.


    M.

  • Zitat

    Original von Mengelberg
    Ich blick da nicht mehr durch. Und lieber Ulli (falls Du das hier liest), was mich nervt ist nicht die Meinung Einzelner, sondern daß solche Hammer wie oben zitiert einfach so hingenommen werden. Ich habe dann immer das Gefühl, daß so etwas passiv unterstützt wird.


    Lass Dich nicht von Deinen Gefühlen trügen ...
    ;)
    So eine Sicht mit passiver Unterstützung nervt mich allmählich - da wird einem wer weiß was unterschoben, nur weil man nicht pflichtbewußt zu bestimmten von irgendwem vorgegebenen Themen sofort bellend eingreift, wenn man anderer Meinung ist.
    :no:
    Steuergeldargumenten kann ich überhaupt nichts abgewinnen, nicht mal dem Argument, dass das Publikum zahlt.


    Merkwürdig - diese "Hämmer" nehme ich nicht besonders ernst. Auch wenn z.B. Alfred schreibt, es gäbe bei ihm keine Diskussion bezüglich zeitlicher Versetzung. Ist doch ein nachvollziehbarer Standpunkt. Jeder geht schließlich von irgendwelchen Voraussetzungen aus, die nicht von anderen geteilt werden müssen. Bei Dir hätten wir da einen bestimmten Kunstbegriff, den Du uns (legitimerweise) nicht genau auseinanderlegst, den aber beispielsweise Alfred keineswegs teilen dürfte. Wenn Du sagst "Kunst muss so und so sein", ist das genauso ein fixer Standpunkt, über den Du keine Diskussion wünschst. Wozu auch?


    Die Ansätze der Beteiligten vertragen nunmal die Diskussion jeweils nur an anderer Stelle. Deshalb funktioniert die Diskussion ja auch überhaupt nicht. Was der eine diskutieren will, befindet sich für den anderen jenseits des Diskussionswürdigen.


    Nochmal zu den Steuerzahlern - wenn die abstimmen dürften, würde die klassische Musik kaum subventioniert werden, egal welche Inszenierung in der Oper.
    :wacky:

  • Ich möchte mich als Neuling nicht aus dem Fenster hängen und auch nicht diese m.E. schon zu lange gefochtene Schlacht weiter kämpfen, aber es ist mir ein Bedürfnis, Mengelberg für seine Ausführungen zu danken.
    Sie sprechen mir aus der Seele, und ich wünschte, es gäbe mehr Leute, die aktuelle Inszenierungen schätzen, ohne gleich die konservative Richtung für rechtsradikal zu halten - und ich wünschte, die Konservativen würden sich eines etwas gemäßigteren Vokabulars bedienen (Regietheater-Mafia, kann das wahr sein?).


    Danke, Mijnheer Mengelberg. :yes:

  • Noch kurz zwei Bemerkungen zu Mengelbergs Empörung:
    Wenn in deutschsprachigen Ländern nur noch die Bedürfnisse der Jungen und Alternativen bedient werden liegt m.E. wirklich etwas im Argen (dass man z.B. um einen nicht verfremdeten, d.h.verballhornten Parsifal zu sehen nach Mannheim fahren muss und eine Inszenierung aus den 50er Jahren zu sehen bekommt, spricht doch Bände!)
    Und ja, langsam bin ich wirklich dafür unser Giesskannenprinzip der Subventionen, welches die Selbstverwirklichungsorgien der Vertreter des Regietheaters erst ermöglicht, durch das amerikanische System zu ersetzen. Vielleicht haben wir dann viel weniger Operntheater und es bleiben nur die grossen Häuser, dies aber mit Vorstellungen, die dem Niveau und der Aesthetik der Met Paroli bieten können.
    Mit freundlichen Grüssen.

  • Ich verstehe die ganze Aufregung nicht.


    (und betone pflichtschuldigst, daß ich hier als Opernfreund mitdiskutierere - nicht als Forenbetreiber)


    Zitat

    Wenn die Vielzahler tatsächlich über den Verbleib ihrer Schweizer Franken meckern, dann würde ich es tatsächlich begrüßen, daß die Vielzahler ihr Geld für sich behalten könnten und ihre eigenen Oper machen dürften mit viel Plüsch, Samt, Bohème, Traviata, Aida und Zeffirelli.


    Ich glaube, DIE würden das auch begrüßen - und wenn mich meine Nase nicht trügt könnte es bals so weit kommen (aber das diskutieren wir bitte in einem Eignen Thread, der mir soeben eingefallen ist, und den ich noch heute starten werde: "Oper und ihre Finanzierung" - oder so ähnlich, Titel ist noch nicht endgültig)


    Es ist nun mal so daß die Welt durch den Satz:
    "Wer zahlt - schafft an" definiert ist.


    Ich möchte an dieser Stelle davor warnen, immer zu erwarten, daß ldie eigenen politischen Wertvorstellungen in Sachforen geteilt werden, das ist unrealistisch - und nicht machbar. Bei Foren über andere Theman ist die Lösung einfach: Man geht auseinander und die Sache ist erledigt.
    Im Fall der "klassischen Musik" ist das - die Vergangenheit hat es gezeigt - die Zukunft bestätigen - nicht praktikabel.
    Zu klein ist der Kreis jener die sich für diese Musikrichtung (die es in Wahrheit auch nicht wirklich gibt) interessieren, als daß man sich solche Sperenzchen erlauben dürfte. Zudemn fehlt dann die Grundlage für jede Diskussieon.
    Auch wenn ich in Ausnahmefällen - wie hier in diesem Thread - erkläre, über gewisse grundlegende Werte, die für mich unantastbar sind, nicht diskutieren zu wollen - so ist das bereits ein Diskussionsbeitrag.


    Ich bin übrigens verwundert, daß Regietheaterbefürworter noch immer allen Ernstes glauben, sie wären in der Mehrheit, lediglich von ein paar "Staubis" die keine Ahnung hätten, unmaßgeblich gestört, ein vernachlässigbarer Faktor. Wer hier stört wir sofort mit der Keule "reaktionär-Faschistisch" etc niedergeprügelt - aber groß ist die Gefahr sowieso nicht.
    Die Wahrheit sieht anders aus.
    MEHRHEITLICH interessiert die Bevölkerung das Thema Oper überhaupt nicht - auch sogenannte Opinionleader, Intellektuelle, politische Entscheidungsträger und Marktstrategen sind hier einbezogen (dazu mehr im neune Thread)


    Dann gibt es eine weitere Mehrheit. Sie ist der Meinung, daß Oper heutzutage verballhornt wiedergegeben wird - aber es sei sinnlos dagegen anzukämpfen. Sie haben resigniert - das Internet ist ihnen suspekt, sie treten scheinbar kaum in Erscheinung. Mag sein, daß sie in den nächsten jahren das Medium Internet für sich entdecken, das gäbe eine Verschiebung der Kräfte. Sich darüber zu wundern, daß es sie gibt halte ich persönlich für blauäugig


    Der Rest sind die "Modernisierer"
    Man begnet ihnen mit Mißtrauen, aber eininge folgen ihnnen "weil alles neue reizt" und weil man "dazugehören will". Wer möchte heutzutage noch gerne als "verstaubter Bildungsbürger " gesehn werden ?


    Ich kann mir vorstellen, daß in Zukunft vieles geschrieben wird (ich meine nicht in diesem Forum), das die stille Zustimmung breitester Bevölkerungsschichten finden wird und gewissen anderen Leuten nicht gefallen wird. Thats Live.


    Zu Beruhigung :
    "Der peinliche Ruf nach Benno von Arendt" wurd vermutlich deswegen stillschweigend hingenommen, weil die Mehrheit der Leser in diesem Forum den Namen nie gehört hat. Man hat im realen Leben letztich auch andere Sorgen, als die Karriere von angeblichen oder wirklichen größen der 30er Jahre zu verfolgen. Und man wird es auch akzeptieren müssen, daß die schweigende Mehrheit (ich meine nun nicht jene im Forum, sondern allgemein) das tut, was sonst nicht ungern an ihr gesehen wird - daß sie schweigt. Entsetzensschreie können nun mal nicht eingefordert werden.


    Ein römisches Sprichwort sagt frei übersetzt:


    Wer schweigt, scheint zuzuzstimmen


    Aber es wird gern interpretiert


    "Wer schweigt, stimmt zu"


    Und das entspricht nicht der Realität



    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Noch kurz zwei Bemerkungen zu Mengelbergs Empörung:
    Wenn in deutschsprachigen Ländern nur noch die Bedürfnisse der Jungen und Alternativen bedient werden liegt m.E. wirklich etwas im Argen (dass man z.B. um einen nicht verfremdeten, d.h.verballhornten Parsifal zu sehen nach Mannheim fahren muss und eine Inszenierung aus den 50er Jahren zu sehen bekommt, spricht doch Bände!)
    Und ja, langsam bin ich wirklich dafür unser Giesskannenprinzip der Subventionen, welches die Selbstverwirklichungsorgien der Vertreter des Regietheaters erst ermöglicht, durch das amerikanische System zu ersetzen. Vielleicht haben wir dann viel weniger Operntheater und es bleiben nur die grossen Häuser, dies aber mit Vorstellungen, die dem Niveau und der Aesthetik der Met Paroli bieten können.
    Mit freundlichen Grüssen.


    8o8o8o


    vor so einem Wunsch kann ich nur warnen, denn damit würde die ganze Vielfalt der Kultiur die wir Heute haben auf einen Schlag zerstört.


    Ich habe zum beispiel ganz andere Bedürfnisse und Wünsche, was ist denn damit ?
    Ich will z.B. keinen Parsifal sehen, mich interessiert Wagner nicht, mich interessiert das ganze Standardrepertoire nicht.
    Ich besucher lieber Werke von Cavalli, Lully, Rameau, Händel, Kraus, Telemann und anderen Komponisten des 17. und 18. Jarhunderts.


    Diese wunderbaren Entdeckungen soll man alle aufgeben, damit man bestimmte Inszenierungswünsche erfüllen kann ?
    Da bin ich doch mehr als skeptisch - denn das bedeutet eine wirkliche Verarmung.
    Eine Oper mehr im Programm ist allemal mehr wert, als ein Kunststoff -Felsen.
    Nein so etwas möge hoffentliche niemals eintreten.


    Dann soll lieber alles so bleiben wie es ist - denn jetzt gibt es wenigstens noch die Chance diese Werke hin und wieder zu erleben, vielleicht nicht in der Form die man sich als einzelner vielleicht wünscht - aber das ist allemal besser, als wenn nur noch Wagner und Strauß gespielt werden.

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  • m.joho schrieb


    Zitat

    langsam bin ich wirklich dafür unser Giesskannenprinzip der Subventionen, welches die Selbstverwirklichungsorgien der Vertreter des Regietheaters erst ermöglicht, durch das amerikanische System zu ersetzen. Vielleicht haben wir dann viel weniger Operntheater und es bleiben nur die grossen Häuser, dies aber mit Vorstellungen, die dem Niveau und der Aesthetik der Met Paroli bieten können.


    und der Lullist antwortete


    Zitat

    vor so einem Wunsch kann ich nur warnen, denn damit würde die ganze Vielfalt der Kultiur die wir Heute haben auf einen Schlag zerstört


    Genau das ist ja - wengleich nur partiell - angestrebt, es sit also eine - wenn auch implizite Drohung. Die " Regietheaterkultur" soll - wenn schon icht zerstört - zumidest empfindlich dezimiert werden. Die ist am besten und einfachsten zu erreichen wenn sie sich selbst finanzieren muß - Ein Albtraum jeden Regietheaterfreaks - und die Realisierung dieses Traumes ist keineswegs abwegig - sie steht sozusagen mit der Wirtsachaftskrise (nein die habe nicht ich herbeigebetet - !!!) als dräuende Gewitterfront am Kulturhimmel......


    Genau sollten wir das im Opernsubventionen Thread- er steht inzwischen - erläutern


    Wer soll das bezahlen - Opernsubvention versus Privatfinanzierung


    Für die Barockoper - die den Lullisten interessiert - sehe ich eigentlich keine Gefahr.
    Auch hier plane ich noch für heute einen neuen Threa (so es noch keinen gibt)
    "Barockoper im Aufwind ?" - so soll er heissen


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Die " Regietheaterkultur" soll - wenn schon icht zerstört - zumidest empfindlich dezimiert werden. Die ist am besten und einfachsten zu erreichen wenn sie sich selbst finanzieren muß - Ein Albtraum jeden Regietheaterfreaks - und die Realisierung dieses Traumes ist keineswegs abwegig - sie steht sozusagen mit der Wirtsachaftskrise (nein die habe nicht ich herbeigebetet - !!!) als dräuende Gewitterfront am Kulturhimmel......


    Dasselbe, lieber Alfred, gilt auch für "verstaubte" Inszenierungen.
    Die sind vielleicht sogar noch teurer als "neumodische" Inszenierungen. Die sind sehr oft minimalistisch.


    Die Frage des Geldes gehört hier aber nicht.
    Hier soll nur über die Zweckmäßigkeit und Notwendigkeit von "modernen" bzw "altertümlichen" Inszenierungen geredet werden.
    Muß das erste und beugt man sich für die Knute eines Regisseurs? Oder darf der Librettist über sein Grab hin jeden mit Hölle und Verdammnis drohen, der nicht genau seine Anweisungen befolgt??


    LG, Paul

  • Eben nicht, lieber Paul.


    Ich glaube nicht, daß der Librettist mit Hölle und Verdammnis droht, wenn sein Drama gut umgesetzt wird. Man unterschätzt Werke gnadenlos, wenn man glaubt, daß es in ihnen um nichts weiter als die Handlungszeit geht. Sie ist ein Rahmen für etwas viel wichtigeres - ein Rahmen, den man in den meisten Fällen um des Dramas willens austauschen kann. Wenn ich oben lese, daß man ein Werk "nicht wiedererkennen" könne, bloß weil es in einer anderen Zeit spielt, kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Dazu gehört eine reichlich oberflächliche Leseart des "Werkes".


    :hello:
    M.

  • In der Theologie (jedenfalls in dem protestantischen Ableger davon) spricht man vom "Sitz im Leben", wenn man untersucht, warum ist z.B. ein Gleichnis ausgerechnet in ein bestimmtes Szenario eingebettet, was ist der Kern der vermittelten Botschaft, wie stehen das Szenario und die Erfahrungswelt der Menschen, denen das Gleichnis erzählt wurde, zueinander.
    Dann überlegt man, wie der heutige "Sitz im Leben" aussehen könnte. Ist das Szenario ohne Erläuterung für uns heutige Menschen verständlich? Ist das Szenario auf heutige Verhältnisse eins zu eins übertragbar? Oder gibt es Möglichkeiten, durch Veränderungen des Szenarios die Botschaft besser, aktueller zu vermitteln? Oder ist es mir möglich, durch kurze Erläuterungen oder andere Mittel das alte Szenario so zu beleben, dass es auch für uns heutige Menschen als Träger der Botschaft taugt.


    Nun habe ich selber ein Gleichnis gebraucht. ;)
    Ich bin nicht davon überzeugt, dass es ausreicht, alles so zu inszenieren, wie es in den Regieanweisungen steht. Unterschiedliche Zeiten nehmen unterschiedlich wahr.
    Nehmen wir mal als Beispiel ein übliches Brahmsportrait und wie es auf Menschen in den letzten 50 Jahren gewirkt haben mag. In den 50er Jahren, am Anfang der 60er Jahre galt sein Rauschebart nur als altväterlich. Ende der 60er/Anfang der 70er Jahre liefen eine ganze Reihe von Leuten mit einem ähnlichen Vollbart rum. Brahms wirkte jugendlicher, dynamischer.
    Heute geht die Jugend wieder glattrasierter oder mit Dreitagebart - wieder wertet man Brahms ganz anders.
    Diese - zugegeben sehr oberflächliche -Herangehensweise bestimmt allerdings das Vorurteil, mit dem man möglicherweise die Musik von Brahms wahrnimmt. (Ich rede jetzt nicht von Musikliebhabern.)


    Auf der anderen Seite interessiert es mich auch zu erleben, was passieren würde, wenn Fricka mit einem Widdergespann auf die Bühne gefegt käme!

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

    Einmal editiert, zuletzt von Martina-Sophie ()

  • Liebe Martina-Sophie, lieber Mengelberg,


    Laß ich wieder konkret mit meinem Beispiel kommen:


    In dem Waffenschmied ist Hans Stadinger ein Waffenschmied. Weil die Oper so heißt, bedeutet das, daß sein Beruf nicht geändert werden kann. Sonst beginnt schon die Verwirrung mit dem Titel.


    Ein Waffenschmied heute??? Diesen Beruf kennen wir eigentlich nicht mehr. Oder es ist ein obskurer Terrorist, der eine selbstgebastelte Waffe benützt.
    Nee, Waffenschmiede sind abgelöst durch Waffenhändler. Die aber nicht in einen sauberen Ruf stehen. Und dann wird hier einen Eindruck vermittelt, den es absolut nicht geben darf.


    Kurz: das versetzen der Oper nach "anno heute" führt dazu, das bereits der Titel unbegreiflich wird. Besser wäre es dann m.E. zu erklären mittels eines gedrückten Einlageblattes, was im Mittelalter ein Waffenschmied war und was er tat.


    Ich will hiemit sagen, daß, auch wenn der Plot nach heute transportiert werden könnte (denn an sich ist es "eine alte Geschichte"), es Gründe geben könnte, um das doch nicht zu tun.


    Was ist hier das geringere Übel? Versetzen nach heute, oder eine zweifelhafte Nachahmung von mittelalterlichen Kleidung und Umgebung? Nur um die Epoche zu skizzieren.
    Meiner Meinung nach das letzte.


    LG, Paul

  • So wenig, wie es Waffenschmiede in dem Sinne heute noch gibt, gibt es bekanntlich auch keine Meistersinger (selbstredend), Minnesänger ("Tannhäuser") oder etwa den Freiheitskampf eines spanischen Infanten ("Don Carlo") mehr, ergo finde auch ich, daß sich die zeitliche Versetzung bei sehr vielen Opern – nicht bei allen, aber gerade welchen mit ganz eindeutig festgelegter historischer Thematik, wie diese ganzen Herrscher-Opern à la "Aureliano in Palmira", "Maometto II", "Maria Stuarda", "Anna Bolena", "Dom Sébastien" etc. pp. – gar nicht rechtfertigen läßt.


    Wir alle wissen (oder sollten es zumindest), daß Kaiser Aurelian im 3. Jahrhundert, Sultan Mehmed II. im 15. Jahrhundert, Maria Stuart und Anne Boleyn, Don Carlos und Sebastian von Portugal im 16. Jahrhundert lebten. Wieso man das also um jeden Preis zeitlich versetzen muß, leuchtet mir nicht ein.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe doch nur gesagt, man muss sich das Szenario genau anschauen, um dann zu entscheiden, wie man damit umgeht. Ein bloßes Übersetzen in Gegenwartsklischees hilft da nicht weiter. Das funktioniert mE genauso wenig, als würde ich einen Goethe-Text oder auch nur einen Beitrag aus diesem Forum mit Hilfe eines Übersetzungsprogrammes ins Slowakische übertragen. (Das Übersetzungsprogramm ist zugegebenermaßen besonders schlecht, wie ich aus einigen Kommunikationsversuchen weiß.)


    Bleiben wir beim Waffenschmied, einem Beruf, der nun auch schon zu Lortzings Zeiten als Broterwerb überholt war. Dann ist nach meinem Vorgehen zu fragen, warum hat Lortzing seine Geschichte dort angesiedelt? Und dann kann ich weiter fragen: Gibt es ein Milieu, in dem die Geschichte stimmig ist, oder belasse ich das Szenario dort, wo ist ist. Das ist für mich aber nun nicht unbedingt die ständische Gesellschaft der beginnenden Neuzeit sondern diese Gesellschaft durch die Brille und die Erfahrungen eines aufgeklärten, die Demokratie verehrenden Bürgers des 19 Jh. gesehen.
    Vor diesem Hintergrund muss ich mir die Anlage und Führung der Personen anschauen und bei meiner Inszenierung berücksichtigen. Eine einfache Übernahme der Regieanweisungen zur Uraufführung schließt sich für mich daher aus.


    Dann lasst uns in eine andere Möglichkeit durchdenken:
    Nun ist der Stadinger ja auch noch Tierarzt, bei einem platten Übertragungsversuch könnte ich jetzt sagen: Juchhuh, den Beruf gibt es noch! Inzwischen sogar akademisch gebildet! Siedel ich das Stück doch einfach in einer Tierklinik an! Dann könnte man noch ein paar Gags mit weißen Kaninchen einbauen.


    Es tut mir leid, das würde nicht funktionieren. Ich kann doch nicht einfach die Wämse ausziehen und den heutigen Straßenanzug oder den OP-Kittel anziehen lassen.


    So, jetzt habe ich gesagt, was für mich nicht in Frage kommt. Allerdings müsste ich über eine schlüssige Lösung erst einmal etwas länger nachdenken.


    Ich weiß nur: Was für mich esentiell ist:
    Oper muss sinnlich erfahrbar sein, mit Ohren und Augen! (Mit der Nase nicht unbedingt - mir ist ein Tristan mal gründlich durch das Parfüm der neben mir sitzenden Dame verdorben worden.)
    Insofern hasse ich es, wenn die Inszenierung dies nicht hergibt sondern sich mir erst durch das Studium eines Wälzers von Programmheft erschließt.

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

  • Zitat

    Original von Martina-Sophie
    Ich weiß nur: Was für mich esentiell ist:
    Oper muss sinnlich erfahrbar sein, mit Ohren und Augen! (Mit der Nase nicht unbedingt - mir ist ein Tristan mal gründlich durch das Parfüm der neben mir sitzenden Dame verdorben worden.)
    Insofern hasse ich es, wenn die Inszenierung dies nicht hergibt sondern sich mir erst durch das Studium eines Wälzers von Programmheft erschließt.


    Leider muß das mehr und mehr, fürchte ich.
    Laß ich mal den Waffenschmied ändern in Schmied. Wieviel Jugendlichen wissen überhaupt, wie der Werkstatt eines Schmiedes eingerichtet ist. Wie ein Amboß aussieht?


    Es gibt ein Niederländisches Sprichwort "Iemand een hart oder de riem steken", was bedeutet "Jemandem Mut machen".
    Es ist schon Jahrhunderte alt. Kommt von der Tätigkeit eines Schusters. Wenn der ein Loch in einem Gürtel machen mußte, legte er den Gürtel über einen kleinen eisernen Spitze. Die nennt man auf Niederländisch "hart" (Herz). Dann konnte er danach das Loch im Gürtel machen.
    Weil der altertümliche Schuster ausgestorben ist, kennt der moderne Mensch dieses Instrument nicht (mehr). Und so höre ich mehr und mehr, daß Menschen den Fehler machen zu sagen "Ein Gürtel unter das Herz stellen" statt "Ein Herz unter den Gürtel stellen".


    Wir können also nicht mehr ohne Erklärung etwas deutlich machen. Oder müßten vielleicht ein Libretto bearbeiten.


    Außerdem, ob "Regie" oder "Staubi", ich glaube, daß beide Gruppen damit einverstanden sind, daß man wenigstens etwas weiß über die Oper, die man besuchen will.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von Joseph II.
    Wir alle wissen (oder sollten es zumindest), daß Kaiser Aurelian im 3. Jahrhundert, Sultan Mehmed II. im 15. Jahrhundert, Maria Stuart und Anne Boleyn, Don Carlos und Sebastian von Portugal im 16. Jahrhundert lebten.


    Dann sollte die Musik zu "Aureliano in Palmira" natürlich auch aus dem 3. Jahrhundert stammen! :yes:

  • Zitat

    Original von Zwischenrufer2
    Dann sollte die Musik zu "Aureliano in Palmira" natürlich auch aus dem 3. Jahrhundert stammen!


    Darf am 3. Jhdt. "entlehnt" auch??? :untertauch:

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  • Jetzt kommen wir aber in grausige Vorstellungen. 8o


    Kein Künstler, kein Librettist, Schriftsteller, Komponist, Maler, Bildhauer etc. wählt einen historischen Stoff, um eine möglichst genaue Geschichtsdarstellung zu liefern. ;)Jeder, auch ein Historiker, betrachtet Geschichte unter dem Eindruck seines eigenen Erlebens, seiner Erfahrung. Und wo ich von dem Wissenschaftler einen sehr sorgfältigen Umgang mit den Quellen (und zwar allen ihm zur Verfügung stehenden Quellen) verlange, so ist das für mich ein wesentlich anderes Kriterium in der Beurteilung von Kunst.
    So halte ich Don Carlos immer noch für ein hervorragendes Drama, auch wenn aus einem möglicherweise etwas debilen (?) Jüngling eine Heldengestalt wurde.
    In der politischen wie auch der persönlichen Auseinandersetzung der historischen Personen erkannte Schiller genug Potential, um daran eine Aussage zu seiner Zeit und darüber hinaus zu allgemein gültigen Werten und Konflikten machen zu können.
    In seiner Geschichte des Abfalls der Niederlande verhält er sich anders.



    Und was machen wir mit Stücken, die in Zeiten spielen, die es möglicherweise gar nicht oder, so wie sie geschildert werden, nicht gab. Wo wohnen die Götter Walhalls? (Oben auf dem Berg, in einer Burg, die Walhall heißt - aber sind es nun die Schweizer Alpen oder doch irgendwo in Island oder ist es egal?) Wann lebten sie?
    Aida wurde schon irgendwo erwähnt.


    Oder ein kleines Beipiel: Shakespeare lässt seinen Caesar ein Buch besitzen. Was mache ich nun historisch korrekt? Zieh ich ihm nun Strumpfhosen an und gebe ihm ein Buch? Oder eine Toga und eine Schriftrolle? Oder eine Toga und ein Buch? Bei der dritten Möglichkeit könnte man sagen, dass man bei dieser Handlungsweise Kostüm und Requisit so wählt, wie es Shakespeare wahrscheinlich getan wurde.

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

  • Zitat

    Original von Martina-Sophie
    Oder ein kleines Beipiel: Shakespeare lässt seinen Caesar ein Buch besitzen. Was mache ich nun historisch korrekt? Zieh ich ihm nun Strumpfhosen an und gebe ihm ein Buch? Oder eine Toga und eine Schriftrolle? Oder eine Toga und ein Buch? Bei der dritten Möglichkeit könnte man sagen, dass man bei dieser Handlungsweise Kostüm und Requisit so wählt, wie es Shakespeare wahrscheinlich getan wurde.


    Oh, wie dumm von mir. :O
    Ich habe immer behauptet "Entweder man spielt die Oper in der Zeit, worin sie spielen soll. Oder versetzt sie in der Zeit des Komponisten.
    Aber diese dritte Möglichkeit "Versetzen in eine Umwelt, wie sie beim Komponieren gedacht wurde", das habe ich kein Moment erwogen.
    Und gerade das ist die wahrscheinlichste Inszenierung.
    Z.B. Mohren hatten einen Turban; Holländer hatten Holzschuhe; Juden waren Wucherer und Pfandleiher.


    LG, Paul

  • Kopiroska schrieb im verlinkten Thread

    Zitat

    Nach der Aufführung am 26. (jetzt Freitag) wurden einige Bruchstücke der halb szenierten Aufführung der Oper in den ungarischen Medien gezeigt. Die ganze Aufführung konnte man live im Bartók Radio hören. So ähnlich war das auch mit dem Ring vor paar Tagen. Leider habe ich nur auf diese Art und Weise Eindrücke gewinnen können.


    Diese wenigen Eindrücke haben mich allerdings ein bisschen überzeugen können, dass der Zwist zwischen "Regietheater" und/oder "Librettotreue" durch solche Versuche zum Wohle der Musik in den Hintergrund gestellt werden könnte... Ich glaube nicht, dass das nur eine Art Sparmaßnahme sein sollte. Aber ich glaube auch nicht, dass all das, was das Theater heute bieten kann und will, rückgängig gemacht werden könnte. Und die Opern balancieren auf einem Seil zwischen Theatererlebnis oder/und Musikerlebnis. Bestimmt gibt es viele Methoden, wie man auf dem Seil bleibt und nicht runterfällt.


    Ich finde es die Mühe Wert den ganzen Beitrag hier zu zitieren. Denn etwas fiel auf: ...ich glaube auch nicht, dass all das, was das Theater heute bieten kann und will, rückgängig gemacht werden könnte".


    Das Theater kann heute viel: Kerzen ersetzen durch elektrisches Licht; Bilder (sogar holographische) projektieren; mit Klänge experimentieren; usw.
    Die Frage ist m.E. nicht ob das Theater es kann und ein Regisseur es will, sondern eher ob es darf. Ob es gestattet ist.


    Um es mit einem dummen, groben Beispiel zu verdeutlichen: Wenn im Libretto Rede ist von einer Vergewaltigung, muß dann auf der Bühne wirklich vergewaltigt werden?
    Gibt ein Libretto nicht eher den Umriss, durch welches die Ausführung auch begrenzt wird?


    LG, Paul

  • Was mir heute oft abgeht, ist die Phantasie.


    Beispiel:
    Vergewaltigung - muss das alles gezeigt werden (selbst wenn es das Libretto vorgibt, siehe "Lady Macbeth von Mzensk" oder kann da nicht auch mit Andeutung gearbeitet werden.


    Oder die Feuer- und die Wasserprobe, das ist doch eine Szene, in der gerade die Phantasie gefordert ist, da keineswegs strikt vorgegeben ist, was da genau stattfindet.

    Il mare, il mare! Quale in rimirarlo
    Di glorie e di sublimi rapimenti
    Mi si affaccian ricordi! Il mare, il mare!
    Percè in suo grembo non trovai la tomba?

  • Zitat

    Original von musicophil
    Das Theater kann heute viel: Kerzen ersetzen durch elektrisches Licht; Bilder (sogar holographische) projektieren; mit Klänge experimentieren; usw.
    Die Frage ist m.E. nicht ob das Theater es kann und ein Regisseur es will, sondern eher ob es darf. Ob es gestattet ist.


    Lieber Paul,


    solange Komponist bzw. Textdichter noch leben, können sie darüber entscheiden. Bis zu 70 Jahre nach deren Tod die Erben (Urheberrecht). Danach ist das Werk rechtefrei und jeder kann damit machen, was er will. Das ist eben der Kompromiss des Gesetzgebers. Eine Geschmackspolizei oder die vielzitierte "Reichswerktreuekammer" gibt es nicht, denn, wie das Grundgesetz selbst in Art. 5 sagt: Eine Zensur findet nicht statt, die Kunst ist frei. Eine echte Vergewaltigung darf auf der Bühne natürlich nicht stattfinden, eine täuschend echte hingegen schon. Echte Tiere dürfen auf der Bühne nicht geschlachtet werden (Verstoß gegen den Tierschutz), Kunstblut darf hingegen durchaus vergossen werden. Solange das Strafrecht beachtet wird, ist alles auf der Bühne erlaubt.


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Original von GiselherHH
    Solange das Strafrecht beachtet wird, ist alles auf der Bühne erlaubt.


    Lieber Giselher,


    Du hast selbst Jura studiert, und weiß deshalb besser als ich, wie gleitend die Normen des Strafrechtes sind.
    Immer mehr wird erlaubt, worüber wir vor 100 oder 200 Jahre noch eine Veto aussprachen. Zensur gibt es nicht mehr. Höchstens wird nachträglich geprüft.


    Diskriminierung ist ein neues Begriff, wodurch plötzlich manches nicht mehr erlaubt wurde, was früher selbstverständlich war. Ohne daß man sich realisierte, daß etwas pejorativ sein könnte.


    Ich gebe hier ein Beispiel, daß bei uns vlielleicht für Probleme sorgen könnte. Pedrillo singt in einer Arie "In Mohrenland gefangen war ein Mädel hübsch und fein...". Der Begriff Mohr ist bei uns inzwischen qualifiziert als diskriminierend.
    Ich bin neugierig, ob irgendeiner bei uns sich beschwerdet.


    Was will ich hiemit sagen? Was heute verboten ist, kann morgen schon erlaubt sein (v.v.). Und man erlaubt eher, als daß man verbietet!
    Bedeutet das aber, nur weil es erlaubt ist, daß es auch getan werden muß?


    LG, Paul

  • Liebe Diskussionsteilnehmer!


    Auf die vernünftige Frage von Paul: „Gibt ein Libretto nicht eher den Umriss, durch welches die Ausführung auch begrenzt wird?“ ist die Antwort: Doch, ja – nur die Grenzen können auf der Ebene der Theorie nicht erfasst/erklärt/angegeben/vorgeschrieben werden. Diskutieren kann man darüber nur in concreto, in Bezug auf einzelne Fälle. Es wäre die Aufgabe der Theaterkritik und der verschiedenen Foren usw., die Einzelproduktionen sine ira et studio, aber scharf und unerbittlich zu kritisieren.


    Die andere Frage war: „Die Frage ist m. E. nicht ob das Theater es kann und ein Regisseur es will, sondern eher ob es darf. Ob es gestattet ist.“ Dies ist eine Frage des Geschmacks, der Moral, des Zeitgeistes, der vorherrschenden Meinung/Ideologie des gegebenen Zeitalters. Dass wir in einem Zeitalter leben müssen, wo die Kunst auf die Gewalt in der Gesellschaft/ im Leben mit doppelter Gewalt zu reagieren scheint, ist ein zwar erklärbares, jedoch trauriges Faktum. Das bedeutet nicht, dass man nicht versuchen könnte, etwas dagegen zu tun – eine Diskussion wie diese ist schon eine Tat in diese Richtung, glaube ich.


    Soweit ich die Diskussion verstanden habe, ging es dem Themenstarter am Anfang darum, ob eine zeitliche Verschiebung bei der Inszenierung möglich ist und wenn ja, bei welchen Werken. Diese Fragestellung war noch eng mit der Musik verbunden. Es scheint inzwischen, dass dieses Moment: nämlich die Frage, inwieweit DIE MUSIK durch die Inszenierung neue „Flügel bekommt“, verloren gegangen ist.


    Das Regietheater ist vor allem Theater, ein typisches Produkt des postmodernen Zeitalters, wo das Thema des Kunstwerks einfach ein anderes Kunstwerk ist. Es geht nicht mehr darum, was in dem zum Thema gewählten Kunstwerk geschieht, sondern darum, das Kunstwerk als Ausgangsthema auffassend darüber etwas auszusagen.


    Deshalb dachte ich, dass durch das Thema der „halb szenierten“ Aufführungen, den „Arlecchino“ aufgeworfen hat, das verlorene Moment der Musik wieder in den Vordergrund gestellt werden könnte.


    Liebe Grüße
    :hello:

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