Otto Klemperer - Meine liebsten Aufnahmen

  • Eigentlich lernte ich Otto Klemperer erst sehr spät schätzen, ich liebte schnellere Tempi, den leuchtend strahlenden, eleganten Stil Karl Böhms, auch den klangschönen betörenden Luxussound von Karajan.
    Alles braucht seine Zeit - und irgendwann war auch ich bei Klemperer und seinen Interpretationen angelangt.
    Ich lernte das Wuchtige, Kolossale schätzen, und konnte gar nicht genug von seinen Interpretationen bekommen, die Mozart zwar irgendwie in Beethoven-Nähe zu rücken schienen - aber dennoch (oder gerade deswegen ?) beeindruckend waren.


    Als Klemperer unter "Aufsicht" des berüchtigten Produzenten Walter Legge begann seinen Beethoven-Sinfonien-Zyklus einzuspieln , da meinte Legge:
    "Herr Klemperer - sind die Tempi nicht ein wenig....... langsam ??"
    "Sie werden sich schon noch daran gewööööhnen" - war die lakonische Antwort Klemperers...


    Ich für mein Teil habe mich tatssächjlich daran gewöhnt.
    Beim Vorstellein unserer Lieblingsaufnahmen dieses Dirigenten lasse ich aber zuerst Euch den Vortritt....


    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • So langsam waren Klemp's Tempi gar nicht mal. Bei Beethoven klingt mir das alles sehr ausgewogen. Aber da es hier um die Lieblingsaufnahmen geht: durch Otto Klemperer habe ich Bruckner kennengelernt. Was ich damals im Radio gehört habe, kann ich freilich nicht mehr objektiv vergleichen: Niemals wieder habe ich eine mich derart faszinierende Einspielung von Bruckners 6. Sinfonie gehört;



    Bleiben wir ruhig bei Bruckner:


    Hier hätten wir eine fabelhafte Aufnahme der 4. Sinfonie. Klemperer hat sie zunächst für VOX, später für EMI eingespielt. Ich meine hier die VOX-Aufnahme mit ihrer Wahnsinns-Coda.



    Und schließen wir auch mit Bruckner:



    Gehört zu den Unverzichtbaren. Zumindest zu den meinen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Hallo Paul, diese Aufnahme der Beethoven Klavierkonzerte ist auch immer noch mein absoluter Favorit, auch wenn ich manche andere kennengelernt habe, die ich sehr mag und aus denen ich einzelne Aufnahme vielleicht noch besser finde. Aber mit Barenboim/Klemperer habe ich Beethovens Klavierkonzerte kennen und lieben gelernt.


    Als ich die Thread-Eröffnung gelesen hatte, wollte ich diese Aufnahme auch posten, aber nun bist du mir glücklicherweise zuvorgekommen. Da Otto Klemperer für mich einer der Dirigenten ist, die ich am meisten bewundere, habe ich genügend andere Einspielungen, die ich hier schreiben kann. Ich möchte zwei Aufnahmen nennen:




    Wolfgang Amadeus Mozart:
    Don Giovanni
    Ghiaurov, Crass, Watson, Gedda, Ludwig, Freni, New PO, Klemperer


    Auch nach über 40 Jahren immer noch eine der wunderbarsten und vitalsten Aufnahmen mit einer traumhaften Sängerbesetzung.


    und:




    Johannes Brahms:
    Symphonien Nr. 1-4
    +Haydn-Variationen op. 56a;Tragische Ouvertüre; Akademische Festouvertüre;Alt-Rhapsodie
    Ludwig, Philharmonia Orchestra, Klemperer


    Auch dies ist ein Meilenstein, eine Einspielung in kraftvoller Brahms-Schwermut - hört sich klischeehaft an, macht aber nichts. Für mich immer noch die ultimative Einspielung noch vor den grandiosen anderen Aufnahmen durch Schmidt-Isserstedt, von Dohnanyi, Wand und anderen.


    Und die dritte Aufnahme? Das lasse ich offen, weil ich hier so vieles nennen möchte: die Beethoven-Sinfonien, Bruckner wurde schon genannt, Mahler, die großartigste non-hip Einspielung der Sinfonien von Mozart, Wagners Fliegender Holländer ... und ... und ...


    Ich freue mich, dass dieser großartige Dirigent auch heute noch so geschätzt wird. Freundliche Grüße von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Leider gibt es von Klemperer ja nicht allzuviele Wagner-Aufnahmen, abgesehen von einer Holländer-GA und einer Doppel-CD mit Ouvertüren - aber dank Testament eben auch noch diese absolut grandiose Aufnahme:



    Richard Wagner (1813-1883):


    Die Walküre - Akt 1


    William Cochran, Siegmund
    Helga Dernesch, Sieglinde
    Hans Sotin, Hunding
    New Philharmonia Orchestra
    Otto Klemperer


    Rec.: London, 11/1972
    Testament


    Sehr guter Klang, mächtiges aber transparentes Dirigat, wunderbare Sänger.
    Das hätte eine hervorragende GA werden können, aber leider war Klemperer gesundheitlich dazu nicht mehr in der Lage.



    Gruß,
    Agon

  • Klemperer ist bei Bruckner, Brahms, teils auch Mahler verglichen mit den Tempi, die sich seither eingebürgert haben, recht zügig. Auch seine "kleine g-moll" von Mozart ist immer noch eine der zügigsten. Und bei all dem muß man noch Bedenken, daß wir es bei den Aufnahmen seit den 60er Jahren mit einem alten, vielfach gesundheitlich angeschlagenen Mann (*1885) zu tun haben; leider ist aus den 30ern ja nicht viel erhalten, die wenigen Aufnahmen der frühen 50er sind teils außergewöhnlich flott (mit 72 min. oder so die vermutlich schnellste Mahler 2 überhaupt (Concertgebouw)). Dank der außerordentlichen Transparenz und rhythmischen Wucht sind selbst die eigentlich zu breiten Tempi meistens erträglich, fast alle Einspielungen irgendwie erhellend, auch wenn man sie zu langsam findet. Ich schätze ebenfalls die schon genannten 4. u. 6. von Bruckner (EMI), nenne aber mal drei andere alte Favoriten:


    Mahler: 2. Sinfonie (EMI) jugendliche Prägung ;)


    Mahler: Das Lied von der Erde (mit Wunderlich, Ludwig, EMI) Der Klassiker schlechthin...


    Brahms: Ein Deutsches Requiem (EMI) -leider- mit Fischer-Dieskau (der noch ganz gut ist) und Schwarzkopf (deren keifender Ton niemanden trösten dürfte). Da aber fast alle Einspielung dieses Werks unter ähnlich problematischen (oder noch schlimmeren) Solisten leiden, muß man das wohl akzeptieren.



    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo allerseits,
    ich habe so ca. 250 Aufnahmen von Klemp im Zugriff und bin noch immer auf der Suche nach dem einen oder anderen Schätzchen (DS 9, zum Beispiel)
    Da ist es klar, dass es keine Lieblingsaufnahme gibt, das wechselt bei mir zu oft, aber tendenziell sind es die immer häufiger in guter Qualität aufgelegten Liveaufnahmen. Der alte Herr war eben ein Livekünstler. Nicht umsonst hat er seine Studioaufnahmen als Proben für die Liveaufnahmen verwendet, nicht umgekehrt.
    So sind Beethoven 9 aus Amsterdam oder Jupiter (Studio) von 1954 schon Highlights, wie auch Mahler 2 aus Bayern.
    Und 2-mal die Eroica. 1954 Februar aus Köln ("vom ersten Takt an die Pranke des Löwen") und 1970 aus Bonn ("An interpretation rising to a level of greatness no other interpreter can rival today"). Damit schließt sich übrigens ein Kreis. Sein erster Auftritt 1954 zum Beginn der Alterskarriere und sein letzter in Deutschland. Dazwischen liegen auch ca. 16 Minuten Zeitdifferenz :D in der Interpretation.


    Aber wenn ich dann so träumen darf, dann ist die schönste Aufnahme diejenige, die nie zustande gekommen ist und die dennoch existiert.
    Hier ist Sie

    Das war Klemps Don Giovann! i
    Legge lies ihn extra für ihn vorbereiten und Klemp musste absagen, weil er noch krank war. (Verbrennungen 3. Grades, weil er ja einen Brand im Bett ausgerechnet mit Kampferspiritus löschen musste)
    CmG sprang ein und wie wir wissen, war er ein ausgezeichneter Ersatz.
    Doch 1958 war Klemp noch in Bestform, weit entfernt von schweren Tempi, die er so ab 1965 bevorzugte.
    Ein Don Giovanni wie dieser hätte seinen Kölner von 1955 (George London als DG) sicher noch getoppt, zumal Legge nur das Beste vom Besten auffahren lies, was die Besetzung anbelangt.
    Shit happens.


    Ach, übrigens: Die Aussage, dass Legge Klemps Beethoven nicht mochte, kann nicht stimmen, schließlich schrieb er 1957 anlässlich der Aufführungen aller Sinfonien und Konzerte. "Klemperer goes from strength to strength. When we have completed the ninth, I shall have given you a Beethoven Cycle on record that will be prized as long as records are collected."


    Soviel dazu.
    Gruß S.

  • Ich bin ja kein Wagner Fan (ein schlechter Mensch und ein mittelmäßiger Komponist), aber sein Frühwerk ist teilweise schon bemerkenswert:
    Vor allem diese Aufnahme, die einen schier vom Stuhl in Richtung Untergang zieht:

    Die Liveaufnahme, passend zur bekannten Studioproduktion. Schneller, schärfer, härter.
    Gruß S.

  • Auch wenn ich weit entfernt bin von beneidenswerten 250 Aufnahmen Klemperers, ist er insgesamt mein liebster Dirigent.


    Viele schöne Aufnahmen wurden hier schon genannt, ich nominiere als erstes Schuberts 8. Sinfonie:



    -aufgenommen im Februar 1963 weiß sie durch rasante Tempi (13'35'' mit allen Wiederholungen und 11'31'') und durch einen "entschlackten", fast aggressiven Interpretationsansatz zu gefallen. Dieser Schubert hat nichts "verzärteltes" und ist "meine Referenz".


    Etwas "milder" und langsamer im ersten Satz (14'25'', 11'23'') präsentiert sich Klemperer in der Live-Aufnahme vom 1. April 1966:



    Das Klangergebnis ist etwas "konventioneller", aber immer noch sehr spannend und transparent (durch Klemperers bevorzugte deutsche Orchesteraufstellung).
    Mendelssohns "Schottische" Sinfonie ist übrigens ausgesprochen gewöhnungsbedürftig, denn der zweite Satz, "Vivace non troppo", ist erheblich mehr "non troppo" als "Vivace" (mit anderen Worten: "bleischwer") und weist zudem im Finale einen von Klemperer geänderten, eigens komponierten Schluß auf, statt der üblichen Coda.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Die Liveaufnahme, passend zur bekannten Studioproduktion. Schneller, schärfer, härter.


    Ich muß leider sagen, daß mich die Studioaufnahme des Fliegenden Holländers bei EMI noch nie angesprochen hat. Die furchtbare Klotzigkeit und Behäbigkeit des Dirigats passen überhaupt nicht zu diesem Werk, sondern ruinieren es eher. Falls die von Dir genannte Liveaufnahme wirklich so viel besser sein sollte und dazu auch noch klangtechnisch überlegen, wäre ich an dieser Testament-Aufnahme sehr interessiert.
    Ein ähnlicher Fall ist ja die Neunte von Beethoven, wo die Studioaufnahme auch wesentlich schlechter ist als die gleichzeitig entstandene Testament-Liveaufnahme.



    Gruß,
    Agon

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Mich wundert sehr, dass an vorderster Stelle noch nicht Beethovens Missa Solemnis genannt wurde, die Klemperer in hohem Alter zum wiederholten Male noch einmal aufnahm und die gebührend feierlich, zeitweise feinsinnig, zeitweise wuchtig daher kommt. Schon häufig trieb mir die Aufnahme Tränen der Rührung in die Augen. Ich verbinde sehr viel damit! Meine Referenz für die Missa Solemnis! :jubel: :jubel::jubel:



    :hello:Steffen

  • Bonsoir,



    Ich habe nicht viele Aufnahmen mit Klemperer, aber dafür Beethovens Violonkonzert mehrmals. Unter anderem auch diese Aufnahme von 1966 mit Yehudi Menuhin und Klemperer. Eine sehr gute und ausgeglichene Aufnahme, das Zusammenspiel ist einfach Ideal.


    gruß
    roman

  • Tschuldigung,
    aber da muss ein Missverständnis vorliegen.
    Das Beethovensche Violinkonzert mit Klemp exisitiert aktuell 2-mal.
    Einmal Live mit Szeryng von 1959 und mit Menuhin von 1966.
    Während die Aufnahme mit Szeryng zu den Höhepunkten gerechnet werden kann, ist die Aufnahme mit Menuhin eher unter den "Klemp-Gurken" einzusortieren.
    Aber so verschieden sind halt Geschmäcker.
    Gruß S.

  • Live Aufnahmen aus den Jahren zwischen 1948 und 1950 sind im Bartók Radio immer wieder zu hören


    Klemperer war nämlich nach dem II. Weltkrieg einige Jahre lang Dirigent der ungarischen Staatsoper in Budapest, es gibt eine ganze Reihe von berühmten Live-Aufnahmen mit ihm. Damals war der heiß geliebte Heldentenor der Ungarn József Simándy noch ganz jung, mit ihm gibt es auch eine Aufnahme vom Lohengrin und es gibt auch eine CD mit verschiedenen Aufnahmen aus Klemperers Budapester Zeit, leider kenne ich das nur vom Hörensagen...


    :hello:

  • Lieber s.bummer


    Sorry, ich meinte daß ich Beethoven's Violinkonzert mehrmals besitze, aber nur einmal mit Klemp.
    Leider kenne ich die mit Szeryng nicht, daher kann ich mich nicht dazu äußern.
    Ich habe Hahn-Zinman; Mutter-Masur, Kennedy-Tennstedt (Gurke), Giulini-Perlman; Francescatti-Ormandy; Kremer-Harnoncourt und werde mir nächstens Isabelle Faust mit Jiri Belohlavek zulegen. Da kann Menuhin leider nicht oben mitspielen, aber immer wenn ich das op. 61 höre, egal mit wem, dann fange ich an mitzusingen, es ist mein Lieblingsviolinkonzert.


    bonne nuit
    roman

  • Zitat

    Original von s.bummer
    Einmal Live mit Szeryng von 1959 und mit Menuhin von 1966.
    Während die Aufnahme mit Szeryng zu den Höhepunkten gerechnet werden kann, ist die Aufnahme mit Menuhin eher unter den "Klemp-Gurken" einzusortieren.


    Hallo s.bummer,


    Schau mal bei dem Szeryngthread.


    LG, Paul

  • LvB: Symphonien
    LvB: Fidelio (Studio 1962 und Live aus der Covent Garden 1961)
    Mahler: Symphonie Nr. 2

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

  • Lieber Rienzi,


    die beiden Londoner Fidelio-Aufnahmen zählen in der Tat zu den besten Interpretationen dieser Oper. Hier paßt das pathetische Klemperer-Dirigat mit seinem großen Atem und der inneren Spannung genau zum Werk. Hoch interessant auch der Vergleich der beiden Leonoren, die seelenvolle Sena Jurinac in der Live-Aufnahme und die stimmlich brillierende Christa Ludwig in der Studio-Aufnahme. Konkurrieren kann bei dem erreichten Niveau nur die Furtwängler Aufnahme aus dem Jahr 1953, trotz der mit fabelhaftem Ensemble besetzten Aufnahme unter Erich Kleiber. In allen von mir erwähnten Aufnahmen und einigen mehr sang übrigens Gottlob Frick den Rocco.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!


  • Klemperer war mit Bruno Walter wohl der bedeutenste Mahler-Interpret,


    der den Komponisten noch selber erlebt hat. Ich halte seine


    Interpretationen, wie die von Bruno Walter für absolut authentisch.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Eine wunderbare Aufnahme der Neunten von Beethoven aus dem Jahre 1964 ist uns durch dieses Video erhalten geblieben:



    Hervorzuheben neben dem greisen Klemperer besonders Ernst Haefliger im Tenorpart.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Als neues Mitglied, das erst heute freigeschaltet wurde, kann ich nach einem Tag Stöbern in diesem Forum, gerade und auch soeben bei der Lektüre über "meinen" Otto Klemperer, nur den Hut ziehen vor den Machern dieses Forums: Das ist ein wahrer Schatz - an Quantität und vor allem an Qualität! Ich ziehe ihn also, den (nicht vorhandenen) Hut und sage: Respekt, Respekt, Respekt! Und ich sage Danke!

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Lieber Bernd,


    auch ich möchte Dich als neues Mitglied hier willkommen heißen.


    Ich zähle seit Jahrzehnten zu den Bewunderern und Verehrern des Dirigenten Otto Klemperer; es gibt kaum eine kommerzielle Aufnahme von ihm, die nicht als CD in meinem Besitz ist, obwohl ich schon sein diskographisches Erbe in weiten Teilen auf LP hatte.


    Eine Live-Aufnahme, die hierzulande wenig bekannt ist, möchte ich Dir sehr empfehlen:

    Konzert Fuer Klavier Nr1 MOZART: Klavierkonzert Nr. 22 Es-dur, KV 482

    Annie Fischer (Klavier) wird begleitet vom Concertgebouw-Orchester Amsterdam, Dirigent: Otto Klemperer.


    Es handelt sich um einen Mitschnitt von 1956. Klemperer hat im Studio m.W. lediglich das Konzert Nr. 25 C-dur aufgenommen, mit Daniel Barenboim. Insofern handelt es sich um eine Rarität. Trotz Mono klingt die CD erstaunlich gut und transparent, und Publikumsgeräusche sind kaum zu hören.

    Annie Fischer war, wie Klemperer, ein Opfer des Nazi-Terrors und mußte, wie Klemperer, aus Europa fliehen. Darus resultiert die Bekanntschaft der beiden. Annie Fischer war Ungarin und floh nach Schweden, während Klemperer sich in den USA niederließ und nach dem Krieg nach England übersiedelte, wo er, mit dem EMI-Produzenten Walter Legge, seine berühmten Nachkriegsaufnahmen machte, zu denen ihm das von Legge gegründete Philharmonia Orchestra zur Verfügung stand.

    Das ebenfalls auf der CD, die aus Kanada stammt, enthaltene Beethoven-Konzert Nr. 3 entstand ein Jahr später in Berlin, mit Ferenc Fricsay am Pult. Klangtechnisch ebenfalls gut anhörbar.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich zähle seit Jahrzehnten zu den Bewunderern und Verehrern des Dirigenten Otto Klemperer; es gibt kaum eine kommerzielle Aufnahme von ihm, die nicht als CD in meinem Besitz ist, obwohl ich schon sein diskographisches Erbe in weiten Teilen auf LP hatte.

    Lieber Nemorino (mit Deinem schönen Kätzchen)!


    Danke Dir vielmals für Deinen Willkommensgruß und den Hinweis auf diese Rarität des Mozart-Klavierkonzertes mit Annie Fischer und Otto Klemperer (dazu noch der ebenfalls unvergessene Fricsay!) Die habe ich in der Tat noch nicht gehört und auch nicht in meinem Besitz.


    Dass Dich und mich die Verehrung, ja Liebe zu Otto Klemperer verbindet, das ist offenkundig. Es wird aus Deinen Worten sehr deutlich! Auch ich halte O.K. für einen der ganz großen Dirigenten - ob es um Bach, Beethoven, Mozart, Brahms, Bruckner oder Mahler geht. Vielleicht ist er sogar der Größte unter den wenigen wirklichen Jahrhundert-Dirigenten.


    Ich hatte in den 1970er Jahren schriftlich Kontakt mit seiner Tochter Lotte und sie antwortete mir auf meine entsprechende Frage, dass ihr Vater besonders die h-moll-Messe und die Matthäus-Passion liebe. 1973 flog ich nach Zürich, um Klemperers Beisetzung auf dem Friedhof "Oberer Friesenberg" beizuwohnen. Als junger Journalist verfasste ich darüber für das Feuilleton meiner damaligen Redaktion der "Allgemeinen Zeitung" in Mainz einen Beitrag unter dem Titel "Otto Klemperers Heimgang". Über die Beerdigung gab es ansonsten nur eine kurze dpa-Meldung.


    Klemperer lernte ich gemeinsam mit meinem Bruder schätzen, zunächst auch aus Protest gegen unseren Vater, der in der Nazi-Zeit Furtwängler erlebt hatte und, noch immer dieser dunklen deutschen Vergangenheit "verbunden", später auf den Hochglanz-Sound des Herrn von Karajan schwor. Da setzten wir Kinder den knorrigen Klemperer entgegen. Den Juden Klemperer! Auch als politisches Zeichen. Später dann nur noch aus musikalischen Gründen. Dass unser Vater ihn im Nachhinein als Interpreten auch schätzen lernte und liebte, versöhnte uns als seine durch ihn zur Klassik gestoßenen Kinder etwas mit ihm.


    Ich freue mich sehr auf einen weiteren Austausch mit Dir und allen seinen Verehrern über "unseren" Otto Klemperer


    und grüße Dich ganz lieb


    Bernd M. Riedle

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Vielen Dank, lieber Bernd, für Deine freundliche Antwort.


    Leider war es mir nicht vergönnt, an Otto Klemperers Begräbnis teilzunehmen, und auch ein brieflicher Kontakt mit seiner Tochter Lotte, die ihm nach dem Tod seiner Frau treu zu Seite stand, war mir versagt. Ich beneide Dich darum!

    Ich bin leider im Moment etwas in Zeitdruck, deshalb komme ich später darauf zurück.

    Folgende Bücher von bzw. über Otto Klemperer sind in meinem Besitz:

    Verzeiht, ich kann nicht hohe Worte machen

    eine schier unerschöpfliche Quelle, die seinen Gedanken und Gefühle über fast sieben Jahrzehnte festhält. Ich bekam das Buch vor Jahren von einen französischen Freundin als Geburtstagsgeschenk. Sie hatte es in einer Straßburger Buchhandlung gekauft.

    Hochinteressant und voller Humor ist auch folgendes Buch:

    413au6UkHRL._SX373_BO1,204,203,200_.jpg

    Im Gegensatz zum erstgenannten ist es - zumindest gebraucht - noch erhältlich. Ich kann mir aber gut vorstellen, daß beide in Deinem Schrank stehen.


    Ja, mein Kätzchen Paulinchen sieht süß aus, aber es ist vor zwei Jahren leider gestorben, knapp 14 Jahre alt. Ihre Mutter lebt aber noch von mir und konnte vor ein paar Wochen ihren 18. Geburtstag feiern, bei noch immer relativ stabiler Gesundheit.


    Liebe Grüße,

    Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Klemperer und Paulinchen


    ...und Pünktchen - so hieß mein Kater, der leider ebenfalls im vergangenen Jahr von mir ging, im Alter von nur 13 Jahren.


    Schön, dass uns nicht nur die Musik und Otto Klemperer, sondern auch die Liebe zu Katzen verbindet.


    Jetzt darf ich dich beneiden: Beide Bücher über Klemperer habe ich nicht. Nur Peter Heyworth und Eva Weissweiler ("Otto Klemperer - ein deutsch-jüdisches Künstlerleben"). Mal sehen, ob ich Deine Empfehlungen beschaffen kann.


    Hatte ja dieser Tage hier über ein Karajan-Konzert in Mainz berichtet - "Aus der Neuen Welt", und auf Klemperers Dvorak ("Das Feuer und die Glut") hingewiesen. Du kennst den Finalsatz sicher und bist bestimmt der gleichen Meinung: So, und nur so muss das gespielt werden...

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Folgende Bücher von bzw. über Otto Klemperer sind in meinem Besitz, das eine, gebraucht - noch erhältlich.

    Lieber nemorino, wenn Du mal Zeit hast, sei doch bitte so lieb und zitiere mir mal aus den beiden von Dir erwähnten Büchern zwei, drei Stellen bzw. Stichworte (ob aus Briefen oder dem anderen Buch), die für Klemperers Humor und unkonventionelle Art typisch sind, falls das nicht zu viel Mühe macht. Danke Dir vorab und LG Bernd

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Dringende Empfehlung zur Lektüre an alle Klemperer-Verehrer:


    Aus "The Critic" - Großbritanniens neuestem Magazin vom Juli2023:


    Symbol für globales Web

    Slipped Disc
    https://slippedisc.com/2023/06/secrets-of-ot…

    th?id=OIP.5QNFehWoee3NSZ3ebmudDQHaFS&w=80&h=80&c=1&vt=10&bgcl=b52098&r=0&o=6&dpr=1.3&pid=5.1

    Secrets of Otto Klemperer and his daughter, Lotte

    Web30. Juni 2023 · Klemperer died 50 years ago this July, aged 88, cared for by his daughter Lotte at their Swiss home. Lotte, a captivating character in her own right, died there 20 years ago this month. A...

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")


  • Exkurs, weil es in diesem Thread um die liebsten Einzelaufnahmen geht


    Otto Klemperer - The Complete Warner Classics Remastered Edition 1 "Symphonic Recordings"


    (Diskografie für EMI Columbia, HMV, Electrola and Parlophone)


    Das ist der Titel der seit kurzem erhältlichen Box mit 95 CDs. Im Herbst sollen die Opernaufnahmen erscheinen.


    Beim Werbepartner ist eine sehr ausführliche Rezension von JAW Records. Er beschreibt die Meriten dieser Transfers im Vergleich zu bereits erschienenen Einzel-CDs oder Teil-Boxen.


    Wer keine Klemperer-Aufnahmen (oder wenige wie in meinem Fall, nämlich zwei) besitzt und die erhältlichen Einzelaufnahmen beim Werbepartner sich anschaut, überlegt sich die Anschaffung.

    "Um Musik zu hören, muss man seine Ohren öffnen und auf Musik warten. Zuhören ist Anstrengung; blosses Hören keine Leistung – auch eine Ente kann hören." Igor Strawinsky



  • Die Klemperer-Aufnahme von Gustav Mahlers "Das Lied der Erde" mit Fritz Wunderlich und Christa Ludwig ist Schallplattengeschichte.


    Ich habe sie in meinem Besitz. Es ist mir die liebste Einspielung.


    "Um Musik zu hören, muss man seine Ohren öffnen und auf Musik warten. Zuhören ist Anstrengung; blosses Hören keine Leistung – auch eine Ente kann hören." Igor Strawinsky



  • wenn Du mal Zeit hast, sei doch bitte so lieb und zitiere mir mal aus den beiden von Dir erwähnten Büchern zwei, drei Stellen bzw. Stichworte (ob aus Briefen oder dem anderen Buch)

    Hallo Bernd,


    das Buch mit den Briefen von Otto Klemperer liegt vor mir, aber was soll ich daraus zitieren? Es sind Briefe an Verleger, Freunde, Kollegen, Sänger, Politiker, Geiger, Verwandte, Frau und Tochter, und das über einen Zeitraum von 1906-1973, also fast 70 Jahre. Das Buch umfaßt rd. 650 Seiten, da finde ich - zumindest auf Anhieb - nichts passendes. Bestimmt steht da auch manchmal etwas Humoristisches, aber das ist glaube ich eher die Ausnahme. Und das Büchlein mit den Anekdoten habe ich zwar, finde es aber im Moment nicht. Da werde ich mal suchen, wenn die Hitzewelle vorbei ist. Ich bin über 80, da muß man mit seinen Kräften haushalten.


    Eine Anekdote aus dem Buch kann ich aber so ziemlich aus dem Gedächtnis zitieren:


    Vorgeschichte: Otto Klemperer schloß nach Kriegsende einen Plattenvertrag mit dem Musikproduzenten Gerhard Mendelson, der ab 1946 in Wien mit seiner Firma "Austrophon-Schallplatten" Aufnahmen machte. Klemperer spielte für diese Firma, meist mit den Wiener Symphonikern, etliche Platten ein, darunter auch ein paar Beethoven-Sinfonien, die in Deutschland auf dem Label VOX vertrieben wurden.

    Bei einem Besuch 1949 in Los Angeles, wo Klemperer nach seiner Emigration zwischen 1933 und 1939 das dortige Philharmonic Orchestra geleitet hatte, ging er in Begleitung seines Produzenten in ein Plattengeschäft und verlangte Beethovens Fünfte mit Klemperer. Der Verkäufer, der weder den Dirigenten noch den Produzenten kannte, bedauerte, er habe das Werk nur mit Toscanini und Karajan vorrätig. Klemperer wurde ärgerlich und fuhr den Verkäufer an: Nein, die will ich nicht, ich will die mit Klemperer! Verkäufer: Warum unbedingt mit dem? ICH bin Klemperer, blaffte ihn der wütende Klemperer an. Darauf der Verkäufer spöttisch: So, dann ist Ihr Begleiter wohl Beethoven?

    Nein, das ist Mendelson! schrie Klemperer zornentbrannt und ließ den verdutzten Verkäufer ratlos zurück.


    Und so sah die Original-LP aus, die Klemperer vergebens verlangte:

    Beethoven: Symphony No. 5 In C Minor, Opus 67: Amazon.co.uk: CDs & Vinyl


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner