Was faszinierte die Zeitgenossen an Karl Böhm?

  • [...] alles andere als eine Hommage an den großen Künstler, sondern ein Verriß der besonders perfiden Art. Schon die Puppe, die Böhm darstellen soll, ist von so abgrundtiefer Häßlichkeit, daß man auf den Inhalt gar nicht mehr gespannt zu sein braucht. Böhm selbst kann sich nicht mehr wehren, doch seine Nachkommen hätten allen Grund für juristische Schritte. Aber man wird wohlweislich davon absehen, um dem Stück nicht zu weiterer völlig unverdienter Aufmerksamkeit zu verhelfen. Dem überragenden Künstler und Dirigenten Karl Böhm wird es ohnehin keinen Abbruch tun.

    :jubel::jubel::jubel:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Mein liebstes Karl-Böhm-Foto ist dieses:


    Karl_B%C3%B6hm_%281894%E2%80%931981%29_mit_Frau_und_Sohn_%281952%29_OeNB_653944.jpg

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Nikolaus Habjans hochgelobte Inszenierung von Paulus Hochgatterers Stück über Karl Böhm am Schauspielhaus Graz ist für die nächsten zwei Wochen im Stream abrufbar. Ich kann dieses hervorragend gemachte Ein-Personenstück nur allewärmstens empfehlen:


    https://www.schauspielhaus-graz.com/play-detail/boehm/


    Christa Ludwig, Paul Schöffler, Elisabeth Schwarzkopf und viele andere treten in dem Stück übrigens auch auf.

    Ich habe das Stück im Burgtheater gesehen und war begeistert. Tolles interessantes Theater! Besonders interessant natürlich für die, die mit der Materie einigermaßen vertraut sind (damalige Kulturpolitik, Sänger, Dirigenten, Mozart, Schubert, Wagner ...), und dann auch ungemein amüsant. Wer da jetzt beleidigt von "Verunglimpfung" spricht, hat wahrscheinlich keinen Humor und auch mit Theater nichts am Hut. Überdies handelt es sich nicht um eine reine Dokumentation über den Dirigenten Karl Böhm, wiewohl jedoch viele seiner Zitate einfließen oder auch Worte, die er gesagt haben könnte. Ich fühle mich ein wenig an meinen besten Freund erinnert, der mir beleidigt mitteilte, dass der Papst-Film "Habemus papam" mit Michel Piccoli sehr enttäuschend sei, da die Handlung "ja total unrealistisch" sei. Wer nun der alte Mann auf der Bühne wirklich ist, weiß man nicht so genau. Ein Doppelgänger? Macht nichts. Selten so gelacht - nicht weil's vordergründig lustig wäre, sondern weil die Zitate und die oftmaligen Bemerkungen zum Publikum so unvorbereitet trafen und verblüfften.

    Das Video dürfte aus Graz sein. Im Burgtheater gibt es diese "Böhm"-Produktion ca. einmal pro Monat als Gastspiel. Großartige Atmosphäre auch im Publikum! Sehr zu empfehlen.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Mein liebstes Karl-Böhm-Foto ist dieses

    Das glaube ich ja gerne,


    aber um 1980 gab es auch diesen Karl Böhm:



    Da kann man nun nicht sagen, dass die Puppe sehr weit davon entfernt ist. (Ich schaue mir das Stück gerade an.)


    Edit: Oder hier:


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Allein die Tatsache, dass Böhm im Mittelpunkt eines Theaterstückes steht, verdeutlicht doch eigentlich gerade seine Bedeutung. Über welche anderen Dirigenten gibt es dergleichen? Ich glaube eher, dass das Stück sogar seinen Teil dazu beträgt, die neuerliche Beschäftigung mit Böhm und seinen klanglichen Hinterlassenschaften zu befördern.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • [...] aber um 1980 gab es auch diesen Karl Böhm:

    [...]


    Da kann man nun nicht sagen, dass die Puppe sehr weit davon entfernt ist. (Ich schaue mir das Stück gerade an.)

    Lieber Stimmenliebhaber, gut dass du dieses Bild/Video einstellst. Ich vergaß etwas Wichtiges in meinem Kommentar oben: Ich fand das Stück streckenweise sehr berührend.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Mein liebstes Karl-Böhm-Foto ist dieses:


    Karl_B%C3%B6hm_%281894%E2%80%931981%29_mit_Frau_und_Sohn_%281952%29_OeNB_653944.jpg

    Diese Photographie, die ich gar nicht kannte, ist wirklich sehr schön. Darauf wirkt selbst die beileibe nicht einfache Vater-Sohn-Beziehung harmonisch. Ich hatte immer den Eindruck, Karl Böhm habe die Filmkarriere seines Sohnes Karlheinz mit Argusaugen verfolgt und nur widerwillig akzeptiert. Sollte ich mich irren? Besonders der seinerzeit sehr umstrittene Film Augen der Angst (im Original Peeping Tom), in dem der jüngere Böhm einen Psychopathen spielt und welcher vom Katholischen Filmdienst 1960 als "[k]rankhaft, abwegig und peinlich geschmacklos" bezeichnet wurde, dürfte dem Senior übel aufgestoßen sein.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich glaube eher, dass das Stück sogar seinen Teil dazu beträgt, die neuerliche Beschäftigung mit Böhm und seinen klanglichen Hinterlassenschaften zu befördern.

    Lieber "Joseph II.", genau das glaube ich auch. Es wird nachfolgenden Generationen weit mehr für diesen Künstler und sein hinterlassenes Schaffen interessieren, als wenn man ihn auf einen unantastbaren Denkmalssockel erhebt und die Leute gehen achtlos daran vorbei wie an allen hohen Denkmalssockeln. :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Allein die Tatsache, dass Böhm im Mittelpunkt eines Theaterstückes steht, verdeutlicht doch eigentlich gerade seine Bedeutung. Über welche anderen Dirigenten gibt es dergleichen?

    Nur am Rande: Über Wilhelm Furtwängler gibt es ein Theaterstück von Ronald Harwood, welches von István Szabó verfilmt wurde Taking Sides – Der Fall Furtwängler. Ich kenne weder Stück, noch Film, fürchte jedoch, dass auch diese Werke bei einigen hier auf wenig Gegenliebe stoßen könnten ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Nur am Rande: Über Wilhelm Furtwängler gibt es ein Theaterstück von Ronald Harwood, welches von István Szabó verfilmt wurde Taking Sides – Der Fall Furtwängler. Ich kenne weder Stück, noch Film, fürchte jedoch, dass auch diese Werke bei einigen hier auf wenig Gegenliebe stoßen könnten ...

    Ach stimmt, lieber Michael. Ich kenne zwar den Film, wusste aber nicht, dass dieser auf einem Theaterstück basiert.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich sah den Film im Kino und fand ihn etwas langweilig. Warum, das kann ich nicht einmal mehr sagen. Es lag wohl daran, dass mit Furtwängler ein sehr typischer Fall von Verstrickung im Nationalsozialismus dargestellt wurde. Was mich umtreibt, ist die Frage, ob man Opportunismus, Anbiederei und Realitätsverweigerung eigentlich auch einer Interpretation anhören kann. Oder sollte man einen indirekten Weg gehen, indem man sich beispielsweise den zweiten Satz der "Eroica" von 1944 anhört, tief erschüttert ist, diese Erschützerung aber schnell wieder empört abschütteln muss, weil ja der Dirigent, der so einen ergreifenden Moment mit seinem Orchester zustande bringt, mit den braunen Machthabern paktiert hat? Wäre es da nicht besser, diese Musik nicht erst zu hören und nach einem unverdächtigen Dirigenten zu greifen?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Wäre es da nicht besser, diese Musik nicht erst zu hören und nach einem unverdächtigen Dirigenten zu greifen?

    Ich denke nicht. Das nächste nach dieser Logik wären dann nur noch "unverdächtige Komponisten", und davon gibt es gar nicht so viele. Ich denke viel eher, dass die Beschäftigung mit einer Künstlerpersönlichkeit und ihrer Biografie den Zugang zum hinterlassenen Werk erleichtert und vertieft.


    Ich habe mir jedenfalls den Stream der "Böhm"-Theateraufführung aus Graz mit Gewinn angesehen und war insbesondere beglückt über die zahlreichen Stellen schönster Musik, die man in diesem Kontext gleich ganz anders hört - aber man hört sie, und auch das mit Gewinn.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Zuerst mal wieder der Film über Karl Böhm. wo man ihn der verschiedenen Etappen seiner Karrierre sieht - und nicht als Ruine . die wir ja alle einaml werden, so wir es erleben.

    Böhm war nicht immer angenehm - aber ein Perfektionist

    SEHR interessant sie Aussagen der Zeitzeugen !!!

    Wer da jetzt beleidigt von "Verunglimpfung" spricht, hat wahrscheinlich keinen Humor

    Und nun zu mir . und meinem Sinn für Humor:

    Das trifft - auch wenn ich hier gemeint bin - wirklich nicht ins Schwarze:


    ich habe sehr viel Sinn für Humor, kann schlagfertig sein und ach äussert verletzend.

    "Lachen tötet" - der Spruch ist nicht von mir- aber ich enn mich damit aus.

    Ich glaube, daß einiegen eine Gänsehaut über den Rücken liefe, wenn sie mal in den Genuss meines Humors kämen.

    Er ist dem nicht unähnlich, wie er in dieser Böhm-Parodie eingesetzt wird - aber ich benutze ihn nur, wenn ich etwas oder jemanden vernichten will.

    Bei Böhm besteht aber hein Anlass...

    Wie dem auch sei -

    Ich habe viel Humor -und nicht immer ist er freundlich-in meinem Film schiderer ich die Menschen nicht frendlich.

    Leider fehlen 5 Minuten (Spielzeit= 2 Stunden Drehzeit) bis zur Fertigstelluing- sodass er nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken wird....

    Ausserdem wir niemand ins Kino gehen...


    Beste grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Leider fehlen 5 Minuten (Spielzeit= 2 Stunden Drehzeit) bis zur Fertigstelluing- sodass er nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken wird....

    Einige der größten Werke der Musikgeschichte sind unvollendet geblieben, da wärst Du in bester Gesellschaft. Zudem bietet der fehlende Schluss auch viele Möglichkeiten für Generationen nachfolgender Filmemacher, Deinen Film zu komplettieren. ^^

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Alfred, nein, du warst bei meiner Unterstellung nicht konkret gemeint - weiß ich doch, dass du viel Humor hast. Es war eher allgemein gedacht und ich erinnere mich an manche Kommentare über das Stück, die es ablehnten.

    Mir ist das schon oft aufgefallen, dass Sitznachbarn im Theater oder in der Oper verärgert oder sehr unzufrieden und frustriert sind (und ich verstehe sie auch), während ich selbst in so einer Aufführung oft leichte Beute bin und die Vorstellung genießen kann oder mich einwickeln lassen kann und hinterher das Gefühl habe, ein interessantes Erlebnis gehabt zu haben. Es ist immer wieder etwas Neues. Während mein bester Freund die Erwartung hatte, "Habemus papam" sei ein Film über die Papstwahl und eine Lobpreisung des Papstes - da war ihm nicht zum Lachen zumute und er war frustriert; und ich hatte keine Ahnung, was in dieser Filmsatire (oder wie man das nennen mag) auf mich zukommt, vielleicht eine Art Dokumentation, wie heilig und hehr alles ist. Umsomehr erstaunt und erheitert war ich, was sich da alles abspielt, auch an Menschlichem. Ich musste sehr oft schmunzeln und fand das alles einfach entzückend. Und bei dem Stück "Böhm" stieß ich mich weder an der "Hässlichkeit" der Puppen, noch sah ich irgendwo eine Verunglimpfung von Karl Böhm. Ich habe einige fabelhafte Aufnahmen mit Böhm, habe das eine oder andere Interview gesehen und wusste, dass er sicher ein wichtiger Dirigent war, aber ich war beim Gedanken an ihn nie emotional. Ich habe ihn nur respektvoll und mit einer gewissen Hochachtung zur Kenntnis genommen. Und bei diesem Theaterstück bzw. seit diesem Theaterstück habe ich auf einmal eine Art Liebe zu diesem Menschen empfunden. Liebe, auch Mitgefühl, dann wieder Mitleid, dann aber auch wieder Heiterkeit über manche etwas schrulligen Auftritte oder Ausfälligkeiten. Das ist das, was Theater mit mir - natürlich mit Hilfe der eigenen Fantasie - machen kann. Und mit meiner Unterstellung, manche hätten mit Theater nichts am Hut, meine ich, dass sie das mit sich nicht machen lassen. Kommt mir jedenfalls so vor.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Leider fehlen 5 Minuten (Spielzeit= 2 Stunden Drehzeit) bis zur Fertigstelluing- sodass er nie das Licht der Öffentlichkeit erblicken wird....

    Ausserdem wir niemand ins Kino gehen...

    Lieber Alfred,


    noch ist nicht aller Tage Abend! Ich gehe mal davon aus, dass vermittels geeigneter Medikamente, Impfungen, oder was auch immer, früher oder später auch wieder Filme gedreht und im Kino angeschaut werden können.


    Widrigenfalls bestünde vielleicht auch immer noch die Möglichkeit, das Drehbuch so umzuschreiben, dass die Außenaufnahmen nach innen verlagert werden können? Du wirst da schon eine Lösung finden.


    Lass Dich nicht unterkriegen, Alfred! Einen Film zu drehen, war Dein Kindheitstraum, und Du hast unglaublich viel Zeit, Geld und Mühe darein investiert, hast das Drehbuch selbst geschrieben, Leute begeistert, und das alles auf die Beine gestellt - da wirst Du doch einen Weg finden, den Film fertigzustellen!


    Vielleicht bekomme ich ihn ja dann auch irgendwann einmal zu sehen; ich freue mich schon darauf.


    Liebe Grüße


    P.S. Ich bitte, diese off-topic-Einlassung zu entschuldigen und ggf zu löschen. Danke.

  • VORWEG: Ich werde den Teil, der meinen Film betrifft spätestens in zwei Tagen hier entfernen unt in den interenen Kinobereieich (existiert der noch ?) ODER eventuekll im

    https://amateurvideo-filmforum-wien.at/

    darüber schreiben.


    Es ist nicht das Ende das fehlt, sonderen eine Zwischenszene auf die Bezug genommen wird, die man aber zur Not auch weglassen kann. Aber sie ist recht lustig und ich würde darum weinen.



    HEUER wird es sich https://amateurvideo-filmforum-wien.at/r nicht mehr machen lassen - aber wir altern auch - und das wird man im Film sehen....

    Dank Digitaltechnik ist es aber möglich auch nachträglich den Film zu ergänzen - aber da binn ich dann schon tot oder total senil - Game Over. (Da schau ich dann aus wie der alte Karl Böhm)

    Aber ich glaub nicht , daß irgendwer sich dann in den nächsten 20 Jahren noch in ein Kino oder Theater oder Opernhaus getraut. Ich jedenfalls nicht....

    LG Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Vorab erst einmal herzlichen Dank für das schöne Foto an Rheingold (Rüdiger). Eine Bereicherung für jeden Freund des Künstlers, zu denen ich mich vorbehaltlos zähle.

    Wer da jetzt beleidigt von "Verunglimpfung" spricht, hat wahrscheinlich keinen Humor

    Es fragt sich, was man unter Humor versteht! Humor auf Kosten anderer, dazu noch auf Menschen, die sich nicht mehr wehren können, ist schlicht und ergreifend niederträchtig. Wo soll da die Stelle zum Lachen sein?


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • Es fragt sich, was man unter Humor versteht! Humor auf Kosten anderer, dazu noch auf Menschen, die sich nicht mehr wehren können, ist schlicht und ergreifend niederträchtig. Wo soll da die Stelle zum Lachen sein?

    Lieber Nemorino,


    der Trailer ist ein Ausschnitt von 1:30 Minuten. Ich verstehe nicht, wie Du aufgrund dieses winzigen Zeitschnipsels über ein ganzes Theaterstück urteilen willst. Da sind doch Missverständnisse vorprogrammiert - wenn man schlicht das Stück nicht kennt:


    Überdies handelt es sich nicht um eine reine Dokumentation über den Dirigenten Karl Böhm, wiewohl jedoch viele seiner Zitate einfließen oder auch Worte, die er gesagt haben könnte.

    Und dies schreibt Jemand, der die Aufführung gesehen hat. Dem zufolge wird Karl Böhm gerade nicht unvorteilhaft oder gar abstoßend sondern eher liebenswert - mit menschlich-allzumenschlichen Schrullen - dargestellt, sonst wäre eine solche Publikumsreaktion wie diese nicht verständlich:


    Und bei diesem Theaterstück bzw. seit diesem Theaterstück habe ich auf einmal eine Art Liebe zu diesem Menschen empfunden. Liebe, auch Mitgefühl, dann wieder Mitleid, dann aber auch wieder Heiterkeit über manche etwas schrulligen Auftritte oder Ausfälligkeiten.

    Da sind wir dann wieder beim Thema, dass man ein Theaterstück und eine Inszenierung ganz gesehen haben muss, um sie zu beurteilen. ;) Was wäre, wenn ein Hörer der 9. Symphonie von Beethoven nur die ersten Takte hört und aufgrund dessen sagt: Diese ganze Symphonie ist eine musikalische Nichtigkeit und des Anhörens nicht wert? (Bekanntlich ist es das Genie von Beethoven, aus scheinbaren Nichtigkeiten etwas ganz Großes zu machen.) Die Kritiken, die ich gelesen habe - einschließlich die in der bürgerlich-konservativen FAZ - waren alle ausnehmend positiv bis euphorisch. :D


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ich verstehe nicht, wie Du aufgrund dieses winzigen Zeitschnipsels über ein ganzes Theaterstück urteilen willst.

    Lieber Holger,


    …. ehrlich gesagt, das würde ich auch nicht verstehen! Ich wundere mich, daß Du das überhaupt von mir denkst.:)


    Nein, ich habe das Stück in voller Länge gesehen, sogar zweimal. Es ist hier in diesem Thread abrufbar, in den Beiträgen Nr. 51 und 53.

    Wie ich schon anfangs (Beitrag 60) bemerkt habe, halte ich die Aufführung künstlerisch durchaus für gut gemacht, aber inhaltlich ist es ein bösartiger Angriff auf einen Toten, der sich nicht mehr wehren kann. Zu Böhms Lebzeiten hätte wohl niemand gewagt, das Stück so auf eine Bühne zu bringen, erst recht nicht in seiner Geburtsstadt Graz. Wobei ich nochmals bemerken muß, daß mir schon die Puppe, die Böhm darstellen soll, gereicht hat - sie ist, zumindest in meinen Augen, abstoßend.


    Natürlich hat das Stück auch Anklang gefunden, auch hier im Forum. Und ich hätte schon im voraus sagen können, von wo der Beifall kommt ….


    Niemand ist sakrosankt, auch Karl Böhm nicht, in seinem Leben hat es neben viel Licht auch Schatten gegeben. Welcher Mensch ist frei davon? In diesem Zusammenhang wurde auch auf das Stück "Der Fall Furtwängler" von Ronald Harwood hingewiesen. Ich kenne nur die Szabó-Verfilmung. Dagegen ist das Stück von Hochgatterer über Böhm noch harmlos. In diesem Film wird der Dirigent als hinterhältiger Parteigänger der Nazis dargestellt - und das war er nun wirklich nicht!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Nein, ich habe das Stück in voller Länge gesehen, sogar zweimal.

    Genau, das besonders abstoßend, verabscheuungswürdig und verbannenswert ist, schaut mal sich als anständiger Mensch sogar zwei Mal an! :hahahaha:

    Zu Böhms Lebzeiten hätte wohl niemand das Stück gewagt so auf eine Bühne zu bringen, erst recht nicht in seiner Geburtsstadt Graz.

    Böhms Lebzeiten sind halt seit vier Jahrzehnten vorbei und die Zeit geht weiter, auch wenn einige das nicht wahrhaben wollen.

    Natürlich hat das Stück auch Anklang gefunden, auch hier im Forum. Und ich hätte schon im voraus sagen können, von wo der Beifall kommt ….

    Tatsächlich? Du hättest darauf gewettet, dass von Konservativen wie "Joseph II.". "m.joho" und "melot" Beifall für dieses Stück kommt? Erstaunlich! Ich hätte erhlich gesagt das nicht vorhersagen können. Aber gerade der Beifall dieser Konservativen zeigt ja, dass das Stück etwas etwas haben muss, das nichts mit Herabwürdigung zu tun hat - und dass zwischen konservativ sein und rechtsreaktionär sein (also das Rat der Geschichte zurückdrehen wollend, als ob das gehen würde...) eben doch noch ein erheblicher Unterschied besteht.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Wie ich schon anfangs (Beitrag 60) bemerkt habe, halte ich die Aufführung künstlerisch durchaus für gut gemacht, aber inhaltlich ist es ein bösartiger Angriff auf einen Toten, der sich nicht mehr wehren kann.

    Lieber Nemorino,


    klar ist das parodistisch, satirisch. Und diese Gattung übertreibt immer drastisch und teilweise auch hart. Wenn man sich nur an das Vorbild der antiken Komödie erinnert: Aristophanes war wirklich so gar nicht zimperlich, wenn er die Berühmtheiten seiner Zeit karrikierte, z.B. Sokrates. Dagegen ist diese Karrikatur ganz bestimmt ziemlich harmlos! Ob man das bösartig nennen kann? Ohne eine gewisse Boshaftigkeit gäbe es die Gattung Komödie schlicht nicht - das ist mit Blick auf Aristophanes evident. Was sie aber von wirklicher Bösartigkeit unterscheidet, ist eben dann doch ihr spielerisch-ästhetischer Charakter.

    Wobei ich nochmals bemerken muß, daß mir schon die Puppe, die Böhm darstellen soll, gereicht hat - sie ist, zumindest in meinen Augen, abstoßend.


    Ein Hinweis darauf, warum die Masken so sind wie sie sind, findet sich in einer Kritik, die ich gefunden habe:


    Wunderbar ist das von Habjan verinnerlichte, mit einem Hauch Schönbrunnerisch verfeinerte weinerliche Graz-Idiom, das alle ‚Böhm‘-Figuren auszeichnet.


    Auch Böhm wird also als ein typischer Grazer dargestellt: Das Gesicht wirkt zerknirscht und ist eine grantige Leidensmine, die komisch wirken aber auch Mitleid erregen kann. Die Maske ist ein Charakterbild - und Charakterbilder sind nie "schön", weil sie das Innere und seine Verwerfungen nach Außen kehren.


    Schöne Grüße

    Holger

  • klar ist das parodistisch, satirisch. Und diese Gattung übertreibt immer drastisch und teilweise auch hart

    Lieber Holger,


    kein Zweifel, Kabarett und Komödie leben von der Zuspitzung. Bei lebenden Personen habe ich da, wenn gewisse geschmackliche Grenzen nicht überschritten werden, keinerlei Probleme, doch einen Toten so darzustellen finde ich schlicht pietätlos.

    Das Gesicht wirkt zerknirscht und ist eine grantige Leidensmine, die komisch wirken aber auch Mitleid erregen kann.

    So kann man das natürlich auch sehen, auf mich wirkt es nach wie vor abstoßend in seiner Häßlichkeit, und ich denke, das ist auch bewußt so gewollt von den Machern. Mich hat die Figur jedenfalls geschockt, und die Handlung streicht ja wenig Böhms künstlerische Kompetenz heraus, sondern stürzt sich mit wahrer Genüßlichkeit auf seine Grantigkeit und seine Schwächen.

    Weil aber auch durchaus seriöse Kritiker das Stück sehr positiv beurteilt haben, wollte ich es beim ersten Eindruck nicht bewenden lassen und habe es mir gestern noch einmal "angetan". Aber auch das hat mein Urteil nicht entscheidend ändern können, ich finde es einseitig durch die "linke Brille" betrachtet und in weiten Teilen dem Menschen und Künstler Karl Böhm nicht angemessen, um es einmal moderat auszudrücken. Doch das ist natürlich ein ganz persönlicher Eindruck, aber ganz allein stehe ich damit ja nicht.

    Aristophanes war wirklich so gar nicht zimperlich

    und hat sich damit ja auch nicht nur Freunde geschaffen, immerhin starb er eines gewaltsamen Todes durch den Henker. Ob das allerdings ursächlich mit seinen offenherzigen Äußerungen zu tun hatte, ist nicht hinreichend bewiesen.


    Schönen Abend nach Münster und

    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Heute bei der Forenrestaurierung, die ja immer mit gewisser Recherche verbunden ist habe ich einen Clip mit Karl Böhm gefunden, den zuvor offensichtlich nicht vorhanden war. Clips kommen und gehen ja bei googel und youtube andaueren...


    Ich glaube, daß dieser CLip hier Karl Böhm - wie er wirkich war - einigermaßen gerecht wird.

    Ein pingeliger unbarmherziger Perfektionist, der alles sieht, alles hört, und alles dorthin bringt, wo er es will

    Ein musikalisches Genie !!!



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Um den Clip im vorherhehenem Beitrag mehr Gewicht zu verleihen bringe ich Euch den Mitschintt eine Probe unter Toscaninini Da kann man hören welch Gentlemen Böhm war

    Kein Musikfreund sollte sich diese Sternstunde der Musikgeschichte entgehen lassen



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • "Viral", wie man heutzutage sagt, also weit im Internet verbreitet -auch unter nicht-Klassik-Fans- ist dieser Mini-Clip, der Böhms kurzzeitige Resignation widerspiegelt ob eines unzulänglichen Horn-Einsatzes; allerdings nicht während einer Probe, sondern mitten im Konzert...


  • Die rote Strickjacke und das graue Hemd, in welche die Puppe im Stück von Hochgatter in der Grazer Aufführung durch Nikolaus Habjan gewandet ist, kennt man gut. Böhm war so bei den Aufnahmen der Tonspur zum "Elektra-Film von Götz Friedrich in den Wiener Sophiensälen angezogen. Als diese Produktion auf DVD erschien, war ihr eine sehr berührende eigenständige Dokumentation beigegeben, die zuvor auch im TV lief. Ihr Titel: "Ob ich die Musik nicht höre? Sie kommt doch aus mir". Wenn man so will, ist sie für mich das Gegenstück zu dem Puppenfilm. Kurze Ausschnitte sind bereits weiter oben aus dem Zusammenhang heraus eingestellt worden. Nach der Quelle muss man erst im Netz suchen. Diese Dokumentation beginnt damit, dass der greise und hinfällige Dirigent vor seinem Wohnhaus abgeholt wird. In seiner unnachahmlichen Art sagt er selbst, dass er herum wackele. Auf der Autofahrt durch das frühlingshafte Wien sagt Böhm sehr wichtige und gute Dinge. Darunter ein Bekenntnis zu Mozart und zu neuer Musik. Er muss zum Pult geführt werden. Und nun geschieht ein Wunder. Die Musik entfesselt in ihm eine unglaubliche letzte Kraft. Die letzte Aufnahmesitzung fand im April 1981 statt. Wenig später, nämlich am 14. August, würde er tot sein. Diese Aufnahme haben mich immer sehr erschüttert. Und ich bin auch davon beeindruckt, dass er den Mut hatte, sich in seiner Gebrechlichkeit zu zeigen. Mir drängte sich immer ein Vergleich mit Papst Johannes Paul II. auf. Der starb auch öffentlich, weil er davon überzeugt war, sein hohes Amt bis zuletzt ausfüllen zu müssen. Das ist auch irgendwie tragisch. Aber es ist so geschehen.



    Ich habe mir das Puppenspiel angeschaut. Mir fehlt ein wenig der Humor für solche Sachen. Ich finde aber, dass es gut gemacht ist. Was mich allerdings dann doch stört, ist die Art und Weise, wie mit dem alten Mann gespielt, wie er vorgeführt wird. Denunzierend und erbarmungslos. Dass natürlich auch die Schwarzkopf das übliche, inzwischen etwas ranzig gewordene Fett abbekommt, störte mich weniger. Das gehört ja inzwischen zum guten Ton.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Um den Clip im vorherhehenem Beitrag mehr Gewicht zu verleihen bringe ich Euch den Mitschintt eine Probe unter Toscaninini Da kann man hören welch Gentlemen Böhm war

    Es gibt dutzende übereinstimmende Zeugenaussagen von Sängern (viele davon bei "da capo" authentisch nachzuhören), was für ein Grantler und Miesepeter Karl Böhm war. Warum versuchst du mit aller Gewalt erwiesene Wahrheit umzudichten und aus ihm einen "Gentleman" zu machen???

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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