Vor solchen Schweinen spiele ich nicht - Das neue Selbstbewußtsein des Künstlers

  • "vor solchen Schweinen spiele ich nicht !"


    Diesen legendären Satz hat Beethoven dereinst gesagt, als einer der Sponsoren einer Privatveranstaltung sein lautes störendes Reden nicht einstellen wollte. Das Zitat ist durch schriftliche Quellen belegt, es handelt sich also um keine Anekdote, keuiíne Legende , sondern um einen Tatsachenbericht.
    Das Besondere hieran ist die Loslösung vom Dienstherrn, bzw Auftraggeber, der Künstler sieht nicht mehr Ihn, sondern sich selbst als Initiator des Kunstwerks . und benimmt sich dementsprechend selbstbewusst,


    Auch bei Mozart gibt es schon Ansätze zu solchem Verhalten und sogar - nan höre und staune - bei Joseph Haydn und franz Schubert.
    Der Trend hat sich bis heute fortgesetzt, bis dahin daß einige Künstelr das Publikum für entbehrlich halten oder zumindest für inkompetent, nicht würdig über ein Kunstwerk zu urteilen........


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Soloche Episoden sind aber auch schon aus dem 17. jahrhundert überliefert.


    Lully hat seine Ballett und Opernaufführungen unterbrochen und losgebrüllt.
    Diverse Sänger haben die Bühne verlassen, wenn die Aufmerksamkeit nicht da war usw.


    Im 17. Jahrhundert war das Selbstbewußtsein des Künstlers eigentlich schon völlig ausgebildet. Und wenn man ohnehin berühmt, reich, ein Star war, dann brauchte man sich von niemanden mehr etwas bieten zu lassen.


    Wie schon öfter mal gesagt der Absolutismus, also die Allmacht des Fürsten war bestensfalls Anspruch, aber keine Realität.
    (Meist waren aber gerade die Fürsten sehr offen für Kunst und Musik, so dass es da wohl weniger Reibung gab.)


    Sind von Händel nicht auch solche Reaktionen überliefert ?



    Zitat

    Der Trend hat sich bis heute fortgesetzt, bis dahin daß einige Künstelr das Publikum für entbehrlich halten oder zumindest für inkompetent, nicht würdig über ein Kunstwerk zu urteilen........


    damals wie Heute gibt es eben die Masse die Kunst weder schätzt noch versteht. Warum sollte man also seine Perlen vor die Säue werfen ?


    Echte Kunst für die Kenner und Liebhaber, für den Rest der Ausschuß :D

  • Das Vorbild hierfür waren wohl die Maler und Bildhauer der Renaissance. Ich kann zwar keine Anekdoten zitieren, aber Michelangelo und Co sollen legendär launisch gewesen und damit bei ihren Gönnern durchgekommen sein. Auch Josquin Des Prez konnte es sich leisten, Bedingungen zu stellen. Bei Musikern war das extreme Geniegebaren aber noch lange nicht so ausgeprägt. Im Barock dürften Primadonnen und Kastraten hier wohl häufiger entsprechend aufgefallen sein als Komponisten (wenn sie nicht gerade an Händel gerieten...)


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Leider finder ich für die nun geschilderte Begebenheit keine zuverlässige Quelle mehr - dennoch erinnere ich mich folgendes gelesen zu haben.


    Haydn wurde von irgendjemandem schlecht behandelt, gerügt oder verunglimpft.


    Haydn reagiert damals in der Form, daß er bemerkte, daß ein "Doktor der Musik", der zudem an der Tafel des Königs von England gespeist habe, sich derlei nicht mehr gefallen zu lasssen brauche


    Weitere Detail entziehen sich derzeit meiner Erinnerung, aber ich habe mir diese Stell gemerkt, weil sie so gar nicht zum sonst gängigen Haydn-Bild passt, der immer freundlich und nachgiebig - zumindest aber diplomatisch war.
    In England jedoch dürfte man eine bis dato stumme Saite seines Wesen zum Anklingen gebracht haben......


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • mhh ich könnte mir vorstellen, dass man Haydn da wohl schon recht herb angegriffen haben dürfte.


    Das was ich bisher gelesen hatte, machte auch nicht den Eindruck, dass er ein Choleriker gewesen wäre.
    Es wäre natürlich jetzt sehr interessant, was Haydn so auf die Palme gebracht hatte :D

  • Was ich mich frage, ist eher:


    Warum rasten Musiker nicht viel häufiger aus, weil sie sich was vom blöden Publikum bieten lassen müssen, das gar nicht geht?


    Die Antwort darauf lautet, daß sie es sich nicht leisten können. Musiker sind vom Geld anderer abhängig. Z.B. von reichen Mäzenen oder heute von irgendwelchen Firmen, denen die Kunst am A*sch vorbeigeht, die aber Sponsoring als weitere Chance sehen, ihre blöden Werbebanner an den Start zu bringen.


    Deswegen hält man das Maul. So einfach ist das.


    Und selbst wenn ein Musiker selber nicht direkt von Finanz-Idioten abhängig ist, hält er lieber die Klappe, weil sonst Konzertveranstalter oder Agenturen nichts mehr von ihm wissen wollen.


    Sogar der große Richard Wagner hat allzu oft klein beigegeben, da er ohnehin ständig finanziell in Schwierigkeiten war. Bestes Beispiel war der "Tannhäuser-Skandal", bei dem sich reiche Fatzkes total danebenbenahmen (http://www.koelnklavier.de/tex…onisten/wagner-tannh.html).


    Jeder normale Mensch hätte da eigentlich sofort nach dem ersten Abend die Koffer gepackt. Aber Wagner hielt tapfer durch und änderte sogar seine Oper...


    Beethoven hat einfach total normal und richtig reagiert. Ich halte es für Unsinn, ihn wegen dieser und vergleichbarer Äußerungen in die "Choleriker"-Schublade zu stecken; vielmehr hat er als einer der wenigen nur mal ab und zu ausgesprochen, was viele (die meisten?) Musiker denken.


    LG,
    Hasenbein

  • Im Volksliederthread hatte ich schon über Beethoven geschrieben


    Zitat

    In einem Brief d.d. 19-2-1813 schreibt Beethoven u.a. daß er bezüglich des Honorars nicht zufrieden ist. Keinesfalls könne er mit dem gleichen Preis wie Haydn (der auch schon für Thomson Volkslieder vertont hatte) abgespeist werden, da seine Arbeit mit der Haydns nicht vergleichbar sei. Schließlich habe Haydn keine Ritornelle und Einleitungen verfaßt und weder Duos noch Trios gesetzt, auch eine Violoncellostimme habe er nicht hinzukomponiert.


    Beethoven litt nicht an einen Mangel an Überheblichkeit.


    LG, Paul

  • Ich glaube nicht, daß dieser Vorfall ein Beleg für eine Überheblichkeit Beethovens ist.


    Beethoven wollte, wie wir alle :D, mehr Geld. Und deswegen mußte er sich irgendeine Begründung überlegen.


    Haydn war schon tot, es konnte also keinen Ärger mit diesem (im übrigen ja von Beethoven hochverehrten) Komponisten geben. Und es war damals sicherlich schon so ähnlich wie heute, daß man sich mit einem Honorar, das schon vor Jahren galt, nicht zufriedengeben will, sondern ein an die aktuelle Preis- und Gagensituation angepaßtes will. Wenn die Begründung "Heutzutage sind die Gagen halt höher als vor 10 Jahren" nicht zieht, dann muß man halt kreativ werden...


    LG,
    Hasenbein

  • Zitat

    Original von hasenbein
    Ich glaube nicht, daß dieser Vorfall ein Beleg für eine Überheblichkeit Beethovens ist.


    Beethoven wollte, wie wir alle :D, mehr Geld. Und deswegen mußte er sich irgendeine Begründung überlegen.


    Hallo Hasenbein,


    Die Begründung ist aber teils falsch. Denn Haydns Bearbeitungen haben alle als Begleitung ein Trio: Klavier, Violine und Cello.
    Und es gibt genügend Duette dabei. :D


    LG, Paul

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  • Na und?


    Ich sag' ja, es geht dabei ja nicht um das, was Beethoven in seiner Begründung über Haydn behauptet.


    Beethoven hat sich einfach irgendwas ausgedacht, um mehr Geld zu kriegen. Und wenn dieser Thomson ihm das geglaubt hat - umso lustiger! Ein weiterer Beleg dafür, daß reiche Mäzene und Auftraggeber oft keine Ahnung haben!


    Die nehmen die Musiker aus - also darf man sie im Gegenzug auch mal vera*schen. Gut gemacht, Ludwig! :D

  • Du warst schneller mit antworten, als ich die Bücher der Boxen durchschauen konnte.
    Ritornelle hab ich nicht so schnell gefunden, aber Einleitungen gab es genug.


    Betrachte dies bitte als PS.


    LG, Paul

  • Außerdem war Beethoven nun mal zu seiner Zeit der Beste.


    Und er wußte das.


    Deswegen wäre es keine Überheblichkeit, sondern lediglich voll zutreffend gewesen, wenn er gesagt hätte: "Ich komponiere am besten, also sollte ich auch das meiste Geld kriegen."


    Leider ist es auch heute noch so, daß es für die beste künstlerische Leistung meist NICHT das meiste Geld gibt, sondern für verwässerten, effektheischenden oder den Wünschen des Publikums entsprechenden Kram.


    Wes Brot ich ess, des Lied ich sing...


    LG,
    Hasenbein

  • sagitt meint:


    Dieser Tag las ich über David Fray, dass er höchst empfindlich auf Störungen reagiert und auch mal abbricht.


    Sind Störungen wirklich Ausdruck mangelnder Wertschätzung ?


    Das ist ja ein weiters Feld.


    Als man zu Händels Zeiten in die Oper ging, fand in diesem Raum gleichzeitig viel statt. Wurde Händel deswegen nicht geschätzt ?


    Das könnte man mal genauer beleuchten.
    Beethoven musste wahrscheinlich ein übersteigertes Selbstbewusstsein haben,. weil er als Kind ja manche Kränkung hinnehmen musste und dann später als immer mehr ertaubender Mann ebenfalls.

  • Zitat

    Original von sagitt
    Sind Störungen wirklich Ausdruck mangelnder Wertschätzung ?


    Ja, oft.
    Oder einfach ein Zeichen von Ignoranz oder schlechtem Benehmen.


    Einer, der im Klassik-Konzert redet oder laut Bonbons auspackt, dem ist offenbar wichtiger, daß er sich nicht in der Ausübung seiner lächerlichen, egozentrischen Aktivitäten gestört fühlt, als mit dafür zu sorgen, daß die Veranstaltung 100% so wie vorgesehen stattfinden kann.


    Können die Leute nicht mal für 2 Stunden ihr dämliches Ego hintanstellen und einfach mal stillsitzen und den Kopp dichtmachen?


    Was gibt es, das man unbedingt während eines Konzerts besprechen muß??? Und wenn man Husten hat, geht man nicht in ein Konzert, peng, aus. Oder man muß mit den Konsequenzen leben und nicht sagen: "Huch, was ist der Künstler (oder sind die anderen Leute) empfindlich!"


    Zitat


    Als man zu Händels Zeiten in die Oper ging, fand in diesem Raum gleichzeitig viel statt. Wurde Händel deswegen nicht geschätzt ?


    Mag ja sein - aber Du willst nicht ernsthaft diesen unzivilisierten, laut-durcheinanderen Zustand als normal oder wünschenswert hinstellen, oder? Dann kann ich auch auf irgendein Stadtfest mit Wurstbuden gehen und mir da auf einer der zahlreichen sich soundmäßig überlagernden Bühnen einen Musiker anhören *kopfschüttel*


    Zitat


    Beethoven musste wahrscheinlich ein übersteigertes Selbstbewusstsein haben,. weil er als Kind ja manche Kränkung hinnehmen musste und dann später als immer mehr ertaubender Mann ebenfalls.


    Wie ich schon andeutete - Beethoven hatte kein übersteigertes Selbstbewußtsein. Beethoven war der Geilste und wußte das. Wo ist es krankhaft übersteigert, wenn er sein Wissen um diese Tatsache offenlegt und für sich Konsequenzen daraus zieht? Es verstößt nur gegen die alberne Höflichkeitsetikette, sich nicht selber loben zu sollen. Musiker haben gefälligst immer schön bescheiden zu sein... Wenn Napoleon sich zum Kaiser krönt, dann war das o.k. - nur der Kaiser der Musik darf sich nicht mal selber so nennen oder entsprechende Bezahlung verlangen?


    LG,
    Hasenbein

    Einmal editiert, zuletzt von hasenbein ()

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  • Ja, ich meine schon, dass Störungen Audruck mangelnder Wertschätzung sind.


    Es sollte schon ausreichen, wenn man sich mal vor Augen führt, wieviel Arbeit in einer Opernaufführung steckt, um mal für 3 Stunden den Mund zu halten.
    Leider können viel Zuschauer nicht mehr unterscheiden zwischen einer Live-Vorstellung und dem heimischen Fernseher.
    Und früher ging man meiner Meinung nach in die Opernhäuser und Theater, um gesehen zu werden und nicht des Genusses wegen. Den holte man sich im kleinen Kreis.

    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Zitat

    Original von hasenbein
    Können die Leute nicht mal für 2 Stunden ihr dämliches Ego hintanstellen und einfach mal stillsitzen und den Kopp dichtmachen?


    Ich fürchte, daß diese Fähigkeit von Generation zu Generation mehr abnimmt. Heutzutage (wohl auch schon vor einigen Jahren) können gerade junge Leute sich kaum Musik anhören, die länger als drei, vielleicht fünf Minuten dauert, zumal das die typische Song-Länge ist. Sich dann zwei oder gar vier Stunden ruhig in eine Oper zu setzen, ist für solche Leute ziemlich schwierig.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Joseph II.


    Ich fürchte, daß diese Fähigkeit von Generation zu Generation mehr abnimmt. Heutzutage (wohl auch schon vor einigen Jahren) können gerade junge Leute sich kaum Musik anhören, die länger als drei, vielleicht fünf Minuten dauert, zumal das die typische Song-Länge ist. Sich dann zwei oder gar vier Stunden ruhig in eine Oper zu setzen, ist für solche Leute ziemlich schwierig.


    Wenn es nur die jungen wären, wäre es vermutlich noch auszuhalten. Leider ist das eine grassierende Seuche durch alle Altersschichten.


    Bestes Beispiel: Eltern mit ihrer Tochter, die ungefähr in meinem Alter sein dürfte. Sitzen grundsätzlich auf den Mittelplätzen in der ersten Reihe und fallen jedesmal unangenehm auf durch ihre megalauten Kommentare, die sogar auf der Bühne zu hören sind, wenn ihnen irgendetwas nicht passt.

    If you don't make mistakes, you're not trying hard enough. (Jasper Fforde)

  • Zitat

    Original von Joseph II.


    Ich fürchte, daß diese Fähigkeit von Generation zu Generation mehr abnimmt. Heutzutage (wohl auch schon vor einigen Jahren) können gerade junge Leute sich kaum Musik anhören, die länger als drei, vielleicht fünf Minuten dauert, zumal das die typische Song-Länge ist. Sich dann zwei oder gar vier Stunden ruhig in eine Oper zu setzen, ist für solche Leute ziemlich schwierig.


    Ich weiß nicht, wenn mich jemand im Konzert akustisch nervt, hat er meist schon graue Haare. Das kann natürlich daran liegen, dass 90% der Konzertbesucher graue Haare haben oder dass er das nicht mehr für eine Störung ansieht, was er tut, da er schwerhörig ist etc.
    :rolleyes:

  • Kann Kurzstückmeisters Beobachtung nur bestätigen.


    Erstens sind vorwiegend ältere Herrschaften in Klassikkonzerten.


    Zweitens habe ich beobachtet, daß Störer oft entweder schon geistig nicht mehr ganz auf der Höhe sind (weswegen sie ihr Verhalten gar nicht so wahrnehmen) oder krank. Tja, wer wollte einer alten, multimorbiden Oma noch einen letzten Konzertbesuch verwehren, auch wenn sie dauernd hustet und röchelt oder andere komische Geräusche macht? Wäre ja unmenschlich! Trotzdem stört sie. Und zwar sehr. Schwierig lösbares Problem!


    Einmal versuchte eine alte Husterin, möglichst leise ihre Hustenbonbons auszuwickeln, was natürlich grandios scheiterte und ihr die Aufmerksamkeit der Umsitzenden garantierte (sie versuchte, durch extra langsames Auswickeln die Lautstärke zu senken :D)...war eigentlich fast Loriot-reif, aber trotzdem war ich genervt, weil es eigentlich ein sehr schönes Konzert war!


    Junge Menschen stören kaum in Klassikkonzerten, die mosern höchstens danach rum, daß sie so lange still sein mußten.


    LG,
    Hasenbein

    Einmal editiert, zuletzt von hasenbein ()

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  • Ich habe jede der geschilderten Varianten erlebt:
    - in der Ankaraner Oper gab es Carmen, und die Ouvertüre wurde von einigen anwesenden Jugendlichen heftig mitgeklatscht, worauf sich der Dirigent umdrehte und in's Publikum zischte, wenn hier jetzt nicht sofort Ruhe einkehre, breche er ab - das half;
    - in der Bonner Oper -bei irgendetwas Weihevollem, ich weiß aber nicht mehr was- warf eine beherzte Zuhörerin einige quasselnde Störer aus den letzten Reihen eigenhändig hinaus
    - und jedes Mal im Konzert erlebe ich, daß die beiden aufgedonnerten Damen (es sind jeweils andere, meist mittleren Alters), die sich vorzugsweise während längerer Piano-Passagen ausdauernd miteinander unterhalten, SMSe schreiben, wobei die Tastaturen im Tempo und der Lautstärke von Katchaturians Kosakenritt behämmert werden, sowie ausgiebig und für jeden hör- und sichtbar den Inhalt ihrer Handtaschen ordnen - ja, daß die gerade hinter mir sitzen.Mein böser Blick wirkt mal mehr, mal weniger nachhaltig, und ich bin ja auch nicht der Kulturpolizist - wenn das Ganze nur nicht so störend wäre...


    Vorbildlich übrigens die Disziplin auch der kleinsten Hörer in russischen Konzertsälen - das sollte man sich, wenn möglich, ab und wann mal gönnen, damit man nicht vergißt, wie man konzentriertes gemeinsames Hören auch erleben kann.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Zitat

    Original von hasenbein
    Zweitens habe ich beobachtet, daß Störer oft entweder schon geistig nicht mehr ganz auf der Höhe sind (weswegen sie ihr Verhalten gar nicht so wahrnehmen) oder krank. Tja, wer wollte einer alten, multimorbiden Oma noch einen letzten Konzertbesuch verwehren, auch wenn sie dauernd hustet und röchelt oder andere komische Geräusche macht? Wäre ja unmenschlich! Trotzdem stört sie. Und zwar sehr. Schwierig lösbares Problem!


    Einmal versuchte eine alte Husterin, möglichst leise ihre Hustenbonbons auszuwickeln, was natürlich grandios scheiterte und ihr die Aufmerksamkeit der Umsitzenden garantierte (sie versuchte, durch extra langsames Auswickeln die Lautstärke zu senken :D)...war eigentlich fast Loriot-reif, aber trotzdem war ich genervt, weil es eigentlich ein sehr schönes Konzert war!


    Hallo Hasenbein,


    Schau mal hier: "das allerallerallerschlimmste: husten im konzert" . :D


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von Joseph II.
    Ich fürchte, daß diese Fähigkeit von Generation zu Generation mehr abnimmt. Heutzutage (wohl auch schon vor einigen Jahren) können gerade junge Leute sich kaum Musik anhören, die länger als drei, vielleicht fünf Minuten dauert, zumal das die typische Song-Länge ist. Sich dann zwei oder gar vier Stunden ruhig in eine Oper zu setzen, ist für solche Leute ziemlich schwierig.


    Aber im Kino geht das dann komischer Weise doch... :baby:

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Aber im Kino geht das dann komischer Weise doch... :baby:


    Vielleicht, weil man dort jederzeit ne SMS tippen oder sich irgendwas in den Wanst stopfen kann. :stumm:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Vor Jahren hat mein damals ca. 14jähriger Bruder zwei vor uns sitzende etwas jüngere Knaben geohrfeigt, nachdem die auf seine Aufforderung, das Reden einzustellen, nicht reagiert hatten. Dann waren sie ruhig.


    Aber um auf das eigentliche Thema zurückzukommen, mein Vater (wie irgendwo erwähnt, Englischhornist) wurde häufiger gebeten, zur "Untermalung" bei Jubilar- oder Weihnachtsfeiern zu spielen, was er immer ablehnte, weil er das Gefühl hatte, er würde Perlen vor die Säue werfen.
    Nicht ablehnen konnte er die Auftritte eines Minichores, den er leitete und der Arbeiterlieder vortrug, vor diesem Publikum. Dass in der ersten Reihe dann einmal zwei Zigarren rauchende mit einander schwatzende Männer saßen, hat nicht nur ihn, der er ein starker Raucher war, sondern auch meine nichtrauchende mitsingende Schwester fast zum Abbruch des Vortrags gebracht.

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

    Einmal editiert, zuletzt von Martina-Sophie ()

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  • Vor vielen Jahren saß ich einmal in einem Klavierkonzert des damals hoch geschätzten, inzwischen ein bisschen in Vergessenheit geratenen Pianisten Gyula Kiss. Nach dem zweiten Teil des Konzerts gab es großen Applaus und man wartete auf die Zugaben. Da gab es jedoch einige im Publikum, die ungeduldig wurden oder einfach nur Angst hatten, dass sie in der Garderobe zu lange auf ihren Mantel warten müssen und gingen hinaus, wobei die Türen quietschten. Da drehte sich der Pianist mit seinem Klavierstuhl zum Publikum und schrie: Allegro barbaro. Und anschließend spielte er tatsächlich Bartóks Stück, vehement und kräftig. Und das Publikum (oder mindestens ein Teil davon) fühlte sich beschämt.


    KP

  • Eine Störung ganz ungewohnter Art hatte ich im vergangenen Jahr, kurz vor Weihnachten.
    Wir haben uns Verdis Requiem in Langenberg in der Wallfahrtskirche angehört. Leider war das Auditorium vollkommen überbelegt; nicht, als wenn das nicht schon störend genug gewesen wäre, nein, weil es gefährlich ist, so viele Menschen auf einem Fleck zusammenzupferchen, hatte man auch zahlreiche Sanitäter herumlaufen (ich weiss nicht mehr, ob Johanniter, Malteser oder was auch immer), die eindeutig NICHT freiwillig da waren.
    Sie liefen rum, haben sich ab und an was zugeflüstert, und, was das allerschlimmste war: haben ihre dicken Anoraks nicht ausgezogen. Die haben die ganze Zeit geraschelt und gerauscht! Das war wirklich KEIN Genuss, obgleich das Konzert ansonsten durchaus gelungen war.

  • Das hatte ich schon in Düsseldorf mit zahlendem Opernpublikum.


    Bei La Boheme... die zarten Harfentöne bereiten die erste große Arie vor, ein Nachbar stupft seine Nachbarin an und flüstert kaum überhörbar: "Jetzt kommt's!" - Die Arie war hin.


    Bei Turandot haben unsere Nachbarn mitgesungen. Mangelnde Textsicherheit machten sie durch eifriges Lalala wett...


    Und bei einer Aufführung von Schwanensee (nie wieder Ballett auf einer Holzbühne auf Hohlraum) verliehen unsere Nachbarn ihrer Sachkunde Ausdruck, indem sie jede Figur kommentierten ("Das war eine schräg eingetrippelte Längstraversale...").


    Und so könnte das endlos weitergehen.


    Ich gehe jetzt lieber in Konzere in der Tonhalle - in der Ecke, in der wir sitzen, tummeln sich meistens die Interessierten.


    Ich könnte jeden Dirigenten verstehen, der bei so etwas die Partitur zuknallt und Feierabend macht. Der Dirigent bekommt davon jedoch meistens nichts mit.


    Zitat

    Original von Maria-Sophie
    Vor Jahren hat mein damals ca. 14jähriger Bruder zwei vor uns sitzende etwas jüngere Knaben geohrfeigt, nachdem die auf seine Aufforderung, das Reden einzustellen, nicht reagiert hatten. Dann waren sie ruhig.


    Pädagogisch ausgesprochen fragwürdig, obgleich wirkungsvoll.... eine Mitschülerin (damals auch noch minderjährig) brachte ihren ungezogenen Neffen zum Schweigen durch die gezischte Drohung "Sei still, oder ich brech' dir den Arm", wobei sie sein Handgelenk hielt. Die Drohkulisse verhalf immerhin zu ungestörtem Genuss - ich hätte sie küssen können. (Hätte ich sowieso damals, aber das gehört nicht hierher...)

    Einmal editiert, zuletzt von Travinius ()