Symphonie Nr. 59 A-Dur "Feuer"
Besetzung: 2 Oboen, 2 Hörner, Fagott, Streicher
Baujahr: 1768
Der Beinahme dieser Symphonie scheint nicht autentisch zu sein; das Beiheft zur Pinnock-Aufnahme äußert zwar die Vermutung, er könne mit dem "feurigen Charakter" der Symphonie zu tun haben, aber ob der so feurig ist, dass sie den Namen verdient hat, finde ich bezweifelnswert; vielleicht die ersten paar Takte. James Webster (nachzulesen auf Haydn107.com) nennt noch die These, der Beinahme habe etwas mit dem ein paar Jahre später in Esterháza aufgeführten Schauspiel "Die Feuersbrunst" zu tun, bezweifelt aber ihre Richtigkeit. Gleichwohl sieht er in der Symphonie Anleihen von Schauspielmusik, zum Beispiel in den Überraschungen der Ecksätze und den langen Cantilenen des langsamen Satzes.
Der recht knappe erste Satz mit bei Haydns Kopfsätzen eher unüblicher Tempobezeichnung Presto lebt vom Kontrast zwischen vorwärtstreibenden Passagen und ihrem meist energielosen im Sande verlaufen nach einiger Zeit. Schon das Hauptthema exzerziert das vor: Es handelt sich um ein vom Rhythmus bestimmtes Motiv, dessen melodischer Variantenreichtum sich mit Tonrepetitionen und Skalen erschöpft und das mit gehörigem Feuer die Symphonie eröffnet, aber schon in Takt 8 auf einem E-Dur-Akkord zum Stillstand kommt. Die Fortsetzung kommt dann nach einigen Anlaufschwierigkeiten in Form von ständigen Dynamikwechseln, die wie Sforzati wirken, doch noch in Schwung und leitet zum lyrischen Seitenthema aus Achtelketten der ersten Violinen (Takt 27) über. Die Schlussgruppe ist zunächst wieder sehr bewegt, aber auch sie kommt auf einem langen E-Dur-Akkord zum völligen Stillstand.
Die Durchführung (ab Takt 50) verarbeitet zunächst vor allem die Stelle mit den Dynamikwechseln aus der Exposition durchaus dramatisch, bis nach einer plötzlichen Generalpause in Takt 66 die Achtelketten des Seitenthemas das Wort erhalten und nach einer Zeit in kürzer werdenden Schnipseln zwischen ersten und zweiten Violinen hin- und hergeworfen werden; in die letzte Achtelkette der zweiten Violinen platzen dann die ersten mit der Reprise (Takt 79) hinein, wo dieses Mal das Hauptthema sogar in einer Fermate steckenbleibt. Ansonsten folgt die Reprise im Wesentlichen der Exposition, und wie diese endet auch der Satz im Pianissimo versandend (diesmal natürlich mit einem A-Dur-Akkord).
Der zweite Satz (Andante píu tosto allegretto) steht in a-moll. Das Hauptthema wird aus einem durch seine Chromatik etwas fremdartig klingenden Motiv gebildet, aber es macht nach kurzer Überleitung schon in Takt 21 für ein kantables zweites Thema in C-Dur Platz. Nach einem kurzen Einwurf des Eingangsmotivs dürfen sich die ersten Violinen für den langen Rest der Exposition in Achtelketten aussingen.
Das dürfen sie zunächst auch in der Durchführung (ab Takt 74), aber zunehmende Chromatik kündet die Rückkehr des Eingangsmotivs an. Dessen Verarbeitung endet aber schnell in einer Generalpause, und in strahlendem A-Dur, von den bisher völlig unbeteiligten Bläsern unterstützt, setzt die Reprise mit dem Seitenthema ein (Takt 97). Das wird zwar auch noch einmal durch das Eingangsmotiv beantwortet, diesmal durch die Hörner gestützt, aber dies bleibt Episode, und der Rest des Satzes gehört dem Aussingen in Achtelketten.
Das Menuett, dessen Anfang ein wenig wie der des zweiten Satzes wirkt, steht wieder in A-Dur. Ein trotz des Beginns triumphierend aufsteigender Vordersatz wird im A-Teil von einem lyrischen Nachsatz beantwortet; im B-Teil stehen die an den zweiten Satz angelehnten störrischen Anfangstöne im Mittelpunkt.
Das Trio steht in a-moll; seine Achtelketten werden alleine von den Streichern bestritten.
Das Finale (Allegro Assai) startet mit einem zweimaligen Hornmotiv, das von den Oboen beantwortet wird. Erst danach melden sich die Streicher zu Wort, im Stile einer Fugeneröffnung, auf die aber keine Fuge folgt; das Fugato gibt es dann in der Durchführung (ab Takt 58 ), die mit einer Generalpause endet. In der Reprise (ab Takt 84) schweigen die Hörner zunächst, das Eröffnungsmotiv wird von den Streichern in zurückhaltendem Piano bestritten - aber die Hörner kommen noch zu ihrem Recht, denn nach dem eigentlichen Ende der Reprise folgt eine Art Coda (die aber wiederholt wird, also formell wohl zur Reprise gehört), in der Hörner und Oboen den Satz mehr oder weniger so beschließen dürfen, wie sie ihn eröffnet haben (ab Takt 131).
Insgesamt hat mich diese Symphonie positiv überrascht, ich hatte sie als ziemlich uninteressant in Erinnerung. Das ist sie gewiss nicht, aber gewiss auch keiner meiner Favoriten.
Gruß,
Frank.