Regietheater - letzte verbliebene Schrumpfform linker Ideologie ?

  • Zitat

    Der Maler hat sein Werk vollendet. Es ist fertig. Es bedarf keiner weiteren Bearbeitung. Man hängt es auf. Das wars dann auch schon.


    träum weiter :D:baeh01:


    Zitat


    Warum werden eigentlich Gemälde, Deckenfresken und ganze Gebäude liebevoll und kostspielig saniert und restauriert? Das ist doch völlig unzeitgemäß... wenn man Schloß Versailles aus Kostengründen schon nicht abgerissen und durch ein mehrstöckiges Beton-Parkhaus ersetzt hat, dann hätte man wenigstens im Zuge der Sanierung die Deckenfresken gegen Graffitis ersetzen sollen, oder?



    das Schloss bringt dem frz. Staat Heute mehr ein, als es im Unterhalt kostet - 10 Mio. Besucher im Jahr !

  • Zitat

    Original von Basti
    Kehlmann, über den der stern treffend bemerkte: "Daniel Kehlmann nervt. Er ist 33, sieht aus wie 20 und schreibt, als wäre er 80", hat von Regietheater und Inszenierungen allgemein wahrscheinlich ungefähr so viel Ahnung wie Dieter Bohlen von den Fruchtbarkeitszyklen einer Galapagos-Schildkröte.


    Der "Stern" ist als ultralinke Zeitschrift sicher alles andere als unvoreingenommen. :no:


    Zitat

    Andererseits gibt es die Fraktion Otto Schenk. Nie wieder hat es ein Regisseur so grandios verstanden, den Werken jegliche Spannung auszutreiben. Zitat aus einem anderen Thread, sinngemäß: "der 'Riesen-Wurm' in der Nibelheim-Szene ist tatsächlich ein Riesen-Wurm!". Eben nicht! Das ist ein Kuscheltier, das nicht mal einem Säugling Angst machen würde! Personenführung ist bei Schenk gleichsam nicht vorhanden. Die Charaktere bleiben farblos.


    Besagte Schenk-Inszenierung hat zwanzig Jahre auf dem Buckel. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten gelänge es sicherlich, viel realistischere "Riesen-Würmer" zu kreieren, die auch bedrohlich herüberkommen. Wenn Schenk hier versucht, den Lindwurm als Lindwurm darzustellen, dann handelt er im Sinne Richard Wagners. Wem das möglichst Naturalistische zu langweilig ist, sollte Wagner eben meiden und sich der abstrakten Oper des 20. oder 21. Jahrhunderts zuwenden.


    "[...] Wagner nahm seinen Drachen sehr ernst – zu Recht, denn Fafner ist ein wichtiger Bestandteil der Sage. 1876 ließ der Komponist mit viel Mühen in England einen passenden Drachen herstellen und nach Bayern schicken; aber leider kam der Wurm stückweise an: zuerst der Schwanz, dann der Rumpf, und dann der Kopf, aber ohne den Hals. Ob der Komponist mit der modernen Lösung, den Drachen eher anzudeuten als darzustellen, einverstanden gewesen wäre, ist zweifelhaft: er schrieb eine Partie für einen Drachen und wollte ihn ebenso hörbar wie sichtbar zur Geltung bringen." – John Culshaw: Die Aufnahme, in: Beiheft zu "Siegfried", Dirigent: Sir Georg Solti, DECCA 1962, S. 40, übers. von Gerd Uekermann, 1984.


    Zitat

    Genauso kilometerweit am Kern des Werks vorbei schlitterte stets auch Herbert von Karajan, was nicht zuletzt aus seinem lächerlichen "Rheingold"-Filmchen erkennbar ist.


    Na, na, ich finde einige Szenen in diesem ständig kritisierten Video wirklich gelungen, etwa der Abstieg der Götter von Walhall nach Nibelheim, das hat sogar Peter Jackson in seinem "Herrn der Ringe" ziemlich offensichtlich kopiert.
    Überdies ist dieses "Rheingold" auch nicht die einzige Regie-Arbeit Karajans, auf die er aber gerne reduziert wird. Seinen Salzburger "Don Carlo" von 1986 halte ich bis heute für die optisch beeindruckendste Inszenierung dieser Verdi-Oper, und von mangelnder Personenführung kann da m. E. auch nicht die Rede sein.


    Zitat

    Deshalb möchte ich auch sagen, dass es nicht die Leute des Regietheaters sind, die sagen: "So und nicht anders!", sondern vielmehr die des verkrampften, verschlossenen und dummen Staubtheaters.


    Nein, die "Ultra-Regietheatler" sagen nur: "Wer es genauso, wie es im Libretto steht, inszeniert, versteht alles falsch."
    Ihre eigenen z. T. grotesken Veränderungen rechtfertigen sie dann mit der künstlerischen Freiheit oder – besonders beliebt – mit dem Argument, man müsse diese (ver)alte(te)n "Schinken" modernisieren, ihnen gleichsam das Zeitlose nehmen, sie ins 21. Jahrhundert gewaltsam hineinpressen, wie in ein Korsett.


    Zitat

    "Traditionstheater- letzte verbliebene Schrumpfform rechter Ideologie?"


    Rechts im Sinne von konservativ, bewahrend – auf jeden Fall!
    Heute ist das nur zum Schimpfwort verkommen. Man könnte vielleicht passender auch "reaktionär" sagen, zumal man diese "Aktionen" der "Regietheatler" durch eine "Re-Aktion" ja wieder rückgängig zu machen versucht.


    Zitat

    Und fast möchte ich diese Frage bejahen, denn wenn es einen Beweis dafür gibt, wie wenig wir nach Holocaust und Bombenkrieg dazu gelernt haben, dann diese Fluchten in ein Wolkenkuckucksheim.


    Ach, bitte, nicht die alte Laier vom Krieg. :rolleyes:
    Wie Alfred m. E. völlig richtig feststellt, gehen die allermeisten Leute bestimmt nicht in die Oper, um sich mit der jüngeren deutschen Geschichte auseinander zu setzen. Und wenn sie es tun, dann sollten sie nicht in Opern gehen, die eindeutig vor dieser unseligen Zeit geschrieben wurden, ergo über die Zeit nach ihrer Entstehung nichts aussagen können. Praktisch heißt das: Das gesamte Standard-Repertoire im Opernhaus (Mozart, Rossini, Verdi, Wagner, Puccini und einige mehr) ist absolut ungeeignet für solche Bezugnahmen.


    Zitat

    Ich gehe in die Oper, um etwas Spannendes zu erleben, um etwas Neues zu entdecken.


    Dann sind dafür aber Opern des 18., 19. und frühen 20. Jahrhunderts denkbar ungeeignet. :pfeif:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zum Thema "Daniel Kehlmann" muß ich immer wieder an einen der "Briefe an die Leser" aus der Satirezeitschrift "Titanic" vom März 2009 denken, der das Wesen dieses Menschen m.E. perfekt auf den Punkt bringt:


    Zitat

    Ein kleiner Vorschlag, Daniel Kehlmann!


    Versuchen Sie doch mal, einfach normal zu gucken, wenn Sie fotografiert werden, und nicht immerzu wie ein Schulsprecher im Abiturjahrgang mit LK Latein und Griechisch, der gerade in einer Lokalzeitung geäußert hat, wie wichtig er es findet, wählen zu gehen. Sie haben sich das wohl daheim vorm Spiegel gut überlegt: »Angepaßt und folgsam dreinblicken, aber mit einer Prise jugendlichem Trotz gewürzt! So ist es gut! Ich bin zwar der Klassenbeste, aber kein Streber, ich hab’ durchaus meine eigene Meinung!« Dabei, Kehlmann, haben Sie die doch gar nicht. Oder nur manchmal. Ganz im Gegensatz zu Ihrer hochfotogenen Kumpeline


    Titanic


    Und, lieber Joseph II., den "Stern" als "ultralinke" Zeitschrift zu bezeichnen, ist wirklich hochgradig lächerlich...er gehört zum Spektrum der ganz normalen bürgerlichen, angepassten Medien.



    :hello:Agon

  • Zitat

    Der "Stern" ist als ultralinke Zeitschrift sicher alles andere als unvoreingenommen.


    :wacky:



    Zitat

    Rechts im Sinne von konservativ, bewahrend – auf jeden Fall!
    Heute ist das nur zum Schimpfwort verkommen. Man könnte vielleicht passender auch "reaktionär" sagen, zumal man diese "Aktionen" der "Regietheatler" durch eine "Re-Aktion" ja wieder rückgängig zu machen versucht.


    Gerade Du als Student der Geschichte, solltest wissen, dass man frühere Fehler nicht wiederholen sollte.
    Daher ist Deine bejubelung einer "reaktionären Gesinnung" doch sehr befremdlich.


    Ich halte übrigens die Linken wie auch die Rechten für reaktionär, weil sie einer politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Form angehören, die sich in beiden Fällen als Fatal, Erfolglos und als Unsinnig herausgestellt hat.
    Für mich sind Leute die die rote oder die schwarz weiß Rote Fahne schwingen, einfach nur Premium - Deppen an denen der Zug der Zeit vorbei gefahren ist.



    Zitat

    Dann sind dafür aber Opern des 18., 19. und frühen 20. Jahrhunderts denkbar ungeeignet.



    komisch die meisten Opern aus dem 18. Jahrhundert sind in unserer Zeit zum ersten Mal aufgeführt worden - ich definiere soetwas in jedem Fall als "etwas neues entdecken"


    Im übrigen entdeckt man prinzipiell etwas neues für sich, wenn man ein Werk zum ersten Mal erlebt (ich entdecke auch bei erneutem Erleben eines Werkes ständig Neues)


    Daher ist Dein Statement reine Polemik.
    Ich mag Polemik, aber die muss schon etwas Qualität haben ;)


    Im besten Fall wird es ein fieser Bonmot - aber da musst Du noch üben :baeh01:


    Zitat


    Und fast möchte ich diese Frage bejahen, denn wenn es einen Beweis dafür gibt, wie wenig wir nach Holocaust und Bombenkrieg dazu gelernt haben, dann diese Fluchten in ein Wolkenkuckucksheim.


    ich weiß nicht ob "rechte Gesinnung" der Grund ist, denn die Suche nach dem Paradis ist eine der ältesten Sehnsüchte der Menschheit.
    Aber natürlich will ich mich da nicht festlegen - möglich ist alles :pfeif:
    ich sehe es lieber romantisch



    Wenn ich meine Arbeit in dieser Tradition verpflichtet fühle, dann sehe ich mich nicht in der Tradition der "Sissi Filme" sondern eher in den Projekten "Domus Aurea" oder "Versailles"


    Das mag auch eine Form von Weltflucht sein, hat aber nichts mit Verdrängung zu tun, sondern ist einfach das streben nach einer besseren Welt, einem Ideal.



    Zitat

    PS: Ich weise erneut darauf hin, daß Politik in diesem Forum nicht gestattet ist, räume aber ein, daß dieser Thread einen Sonderfall darstellt, wo diese Grenze gelegentlich (unfreiwillig, wie ich hoffe) überschritten wurde, bzw werden musste....
    MOD002 Alfred


    Na Alfred, wenn man den Thread schon entsprechend betitelt, dann darf man sich nicht beschweren. ;) :lips:

  • Zitat

    Original von der Lullist


    Na Alfred, wenn man den Thread schon entsprechend betitelt, dann darf man sich nicht beschweren.


    Ach Mann, das ist Alfred gar nicht. Da steht doch deutlich MOD002 :baeh01:

  • 8o


    ein paar Beitrage weiter oben läßt Alfred sich zur Hoffnung hinreißen,
    daß in naher/ferner Zukunft das Opernpublikum zu bestimmen hat, was wie gespielt wird !
    Welch ein Anlaß, sich zu betrinken :(
    Glücklicherweise muß es dazu nicht kommen, da ich einen Großteil des heutigen Tages in der Würzburger Stadtbibliothek verbracht
    und mich mit Gegenmunition ein wenig eingedeckt habe...


    In der (ich meine aktuellen) Ausgabe der "Opernwelt"...
    (vermutlich für einige ein ideologisch ziemlich eingesautes Blatt, aber die müssen ja hier nicht weiterlesen)
    ...schreibt die Regisseurin und Dozentin Barbara Beyer über ihre Opernregieklasse:


    "Die Tendenz ist offenkundig: Viele jungen Regisseure...haben kaum Interesse daran, die bekannten rund sechzig Opern einfach weiter auszupressen...
    Einig ist man sich darin, daß es zentral um die Frage geht, in welcher Form sich überhaupt noch etwas ... durch das Theater aussagen läßt.
    Mit anderen Worten: Die gängigen hermeneutischen Interpretationsmuster werden infrage gestellt. Gleichzeitig begegnen die jungen Regisseure
    ...aber auch den dekonstruierenden Ansätzen des sogenannten Regietheaters mit Skepsis.
    Ihr Problem mit arrivierten Regisseuren ist, daß diese die Werke meist im klassischen Sinn interpretieren, also Befeutungen und Aussagen herstellen.
    Das Inszenierungsergebnis will dann vor allem verstanden werden - weniger erfahren und erlebt ...
    Herkömmliche Konfliktmodelle und die in ihnen versteckten Erklärungsmuster sind für junge Regisseure kaum interessant,
    ebenso wenig das Anprangern politischer Verhältnisse ...
    `Die Wahrheit existiert nicht mehr`,sagen sie uns. Deshalb wollen sie die Vorgänge auf der Bühne nicht gewichtet oder bewertet sehen.
    Es geht ihnen um ein assoziatives, fragendes, frei fantasierendes Sich-dazu-Verhalten...
    Die Regisseure bauen sich eine eigene Dramaturgie. Die Geschichte bildet oft nur das Gedankengerüst..."



    S C H N I T T



    ... und in einer "Theater heute"-Ausgabe (Sry, vergessen welche) ein paar Sätze über Pina Bausch, die ich gleichfalls hier zitieren will
    - sie passen mir dann doch noch besser HIERHIN als in den von Harald eröffneten P.B.-Thread...


    "Dass man anders Theater machen kann, wie es zur gleichen Zeit in Deutschland vielleicht nur noch Peter Zadek getan hat:
    Das ist das bleibende Verdienst der Kunst von Pina Bausch...
    Sie hat das Aufbrechen des abgeschlossenen Repräsentationsraumes und der Guckkastenbühne ins Auge gefaßt
    und damit die Kommunikationssituation im Theater verändert ...
    Assoziative Dramaturgien und Montagen verstören in Zeiten digitaler Medien unsere Wahrnehmung kaum noch
    ((( UPS - da kennt aber einer manche Operngeher nicht :D ))).
    Sie sind lesbar geworden wie einst die starren Formen des klassischen Balletts"



    guts nächtle =)
    michawitschny

  • Ich hab ein bisschen im Internet herumgegoogelt und bin überrascht wie sehr die Rede aufgewühlt hat - Hier im Form ist es ja noch vergleichsweise ruhig - gemessen an anderen aussagen die ich gelesen habe. Der Haß ist größer als ich dachte:


    Peter Stein:


    Zitat

    " In der ganzen Welt wird das deutsche Regietheater inzwischen verlacht"


    Auszug aus einer Leserreaktion im Standard


    Zitat

    Diese Individuen zerstören in ihrer Ignoranz, Unwissenheit und Halbgebildetheit schon seit Jahrzehnten die Musik und das Theater.


    ein anderer Standard Leser:


    Zitat

    Die Beschimpfung der Andersdenkenden wurde von genau diesem linken Gesindel erfunden.


    und noch einer:


    Zitat

    Das Problem ist der Link-linke Terror,
    der wie ein eisiger Wind schon seit Jahrzehnten über unsere Theater fegt.


    Lesermeinung "ZEit online" über das Regietheater


    Zitat

    So kann man in der Tat das Theaterpublikum verstören, so dass sie mehr und mehr fernbleiben. Aber es kommen ja immer noch genug, fraglich ist nur wer.


    Intendant der Salzburger FestspieleThomas Oberender
    auf dei Frage über seinen (als konservativ eingestuften) Nachfolger:


    Zitat

    Das Problem ist nicht Alexander Pereira, der macht, was man von ihm kennt, und integer ist. Sondern jenes Milieu und Denken, das ihn bestellt und heute so konservativ ist wie zu Karajans Zeiten


    swiss info:


    Zitat

    Statt deutsches Regietheater sollen die Salzburger Festspiele in Zukunft internationale Theaterkunst auf höchstem Niveau präsentieren. Diesen Wunsch äusserte der designierte Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf in der Festspielstadt.


    Welt online:


    Zitat

    Richtig ist, dass es sich hier um eine der letzten ideologischen Bastionen der Linken handelt, weshalb von dieser Seite her auch wütend aufgejault wird.



    Auch Sätze wie "Das Regietheater ist eine Seuche " waren zu lesen...


    Es handelt sich hier natürlich aus urheberrechtlichen Gründen stets nur um kurze Zitate. -Die Quiellen sind angegeben, die texte lnachlesbar.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Scheint so, als würde die Reaktionswelle dann von Salzburg ausgehen – man meint fast, als erhebe sich der übermächtige Schatten des omnipotenten gebürtigen Salzburgers H.v.K. nach zwanzig Jahren des Ausharrens aus dem Grabe. Rückbesinnung auf den großen Protektor der Salzburger Festspiele, der sie in höchste Höhen führte, also?


    Das andere große Zentrum im deutschsprachigen Raum, Bayreuth, dürfte in absehbarer Zeit auf diesen Zug aber kaum aufspringen. Oder ist zu erwarten, daß die Wagner-Urenkelin ihren Inszenierungsstil quasi über Nacht um 180 Grad verändern wird?


    Allerdings auch in Bayreuth bereits im dritten Jahr der K. Wagner-"Meistersinger" breite Ablehnung dieser Inszenierung, Aussöhnung mit den Altwagnerianern nicht in Sicht.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Auch wenn es offensichtlich eine Menge Menschen gibt, die so denkt, hiervon distanziere ich mich mit allem Nachdruck.


    Ich habe diese Diskussion nie gesehen als eine politische Diskussion, und wünsche das auch nicht so zu sehen.
    Wenn man ganz allgemein sagen würde "Artisten sind eher links als rechts", könnte ich damit leben. Um aber erstens Termen wie "extrem links" und "extrem rechts" (o.ä.) zu benützen und zweitens zu sagen/denken "Regietheater ist a priori falsch" taugt genauso wenig, wie umgekehrt zu sagen "eine Staubiregie ist per definitionem langweilig".


    LG, Paul

  • LINKES GESINDEL na fein
    - die Zeiten hatten wir ja schonmal, wo unsereiner derart beschmissen wurde...


    DER STANDARD sollte sich IMO was schämen, dergleichen zu veröffentlichen !!


    UPS - Mitternacht vorbei...
    vielleicht träum`ich das ja alles nur


    :(
    m.

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  • Zitat

    DER STANDARD sollte sich IMO was schämen, dergleichen zu veröffentlichen !!


    Dazu muß gesagt werden, daß derSatandard aus meiner Sicht am ehesten als liberal (linksliberal ??) einzustufen ist, und derartige Veröffentlichungen als "abschreckendes Beispiel" sieht. Vielleicht filtert er aber überhaupt nicht (Es handelte sich um ONLINE Leserbriefe)



    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !





  • Ich habe zwar keinen Leserbrief verfasst, kann dem aber nur zustimmen. "Linkes Gesindel" weckt allerdings gewisse Assoziationen und ich würde mich nie solcher Vokabeln bedienen. Aber wundern muss man sich nicht. Das Bürgertum ist ja jetzt auch lange genug durch die Regietheaterriege beschimpft und gebrandmarkt worden.

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich hab ein bisschen im Internet herumgegoogelt und bin überrascht wie sehr die Rede aufgewühlt hat - Hier im Form ist es ja noch vergleichsweise ruhig - gemessen an anderen aussagen die ich gelesen habe. Der Haß ist größer als ich dachte:


    Wo der Hass regiert setzt der Verstand meist aus.


    :hello:


    Gerd

  • Nicht unbedingt.
    Das ist ein oft gehörter Satz.
    Trotzdem ist er falsch.
    KALTER Haß vermag oft zu Höchstleistungen anzustacheln, zu einer Ideenvielfalt, die ansonst undenkbar gewesen wäre.
    Die PR, den Gegener als DUMM darzustellen ist an sich schon zweifelhaft, ein zweischneidiges Schwert gewissermaßen.
    Die Methode wird dennoch gern eingesetzt, meist erfolglos. Geradezu selbstmörderisch wird sie jedoch dann, wenn - was mir hier der Fall zu sein scheint - man der eigenen PR zu glauben beginnt - und den Gegner unterschätzt.


    In Fidelio ist Don Pizarro von unbändigem Hass gegen Filorestan erfüllt.
    Als Rocco - im strategisch ungünstigsten Augenblick - ihm die Gefolgschaft verweigert und Filorestan nicht umbringen will, da trifft der Gouverneur - man mag dazu stehen wie man will - die richtige Entscheidung, nicht lange zu diskutieren oder auf seinem Recht als Vorgesetzter zu bestehen, nein er nimmt die Sache selbst in die Hand.
    Vermutlich vergeudet er die ihm zur Ausführung seiner Tat notwendige Zeit, durch Absingen der Arie "Ha, welch ein Augenblick und bringt sich so um seinen Triumph... " Eben dumm gelaufen.


    Zurück zum Thema...


    Persönlich glaube ich nicht, daß es jetzt zu einer Schlammschlacht zwischen Regietheater und konventionellem Theater kommen wird, der Übergang wird im Rahmen diverser Neubesetzungen von Schlüsselpositionen eher schleichend vor sich gehen.


    Zudem ist "Regietheater in "gezähmter" unpolitischer Form als intellektuelle Gedankenspielerei auf Experimentierbühnen ja durchaus nicht ununteressant - wenn man das Stück zunächst mal in der vom Autor angedachten Form genossen (oder nicht genossen) hat.


    Übrigens: Der Regisseur Peter Zadek ist gestern in Wien gestorben.


    mfg
    aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    KALTER Haß vermag oft zu Höchstleistungen anzustacheln, zu einer Ideenvielfalt, die ansonst undenkbar gewesen wäre.


    Dem kann ich zustimmen, nur fragt sich natürlich in welche Richtung diese "Höchstleistungen" führen!

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    In Fidelio ist Don Pizarro von unbändigem Hass gegen Florestan erfüllt.
    Als Rocco - im strategisch ungünstigsten Augenblick - ihm die Gefolgschaft verweigert und Florestan nicht umbringen will,
    Alfred


    Können wir uns auf "Florestan" einigen?? ;) - aber sonst, was diese Passage betrifft, d'accord :hello:


    korrigiert, ich war unkonzentriert und müde
    Berichtigung wird anschliessend gelöscht
    Dank
    Alfred

    Hear Me Roar!

  • Zunächst eine kleine Abbitte an den Lullisten (und andere):
    Ja, Barockoper hatte eine ausgefeilte Personenregie - freilich nicht im Sinne einer realistischen Personenführung im heutigen Sinn, sondern im Sinne eines Katalogs an Gesten und Posen. Also ähnlich wie in den von mir diesbezüglich angeführten asiatischen Theaterformen.


    Auch das mit dem Rampensingen war etwas pauschalierend (bei der Seria wohl eher häufig - jedenfalls wurde der Uraufführungs-Idomeneo wegen seines statuarischen Spiels kritisiert). Allerdings haben wir weder ausführliche Szenenanweisungen noch brauchbare Dokumente aus dieser Zeit.
    Nachprüfbar ist allerdings aus Fernsehaufzeichnungen klassischer Inszenierungen, dass Singen an der Rampe jedenfalls im 20. Jhdt sehr häufig vorgekommen ist (und man von interaktivem Spiel kaum sprechen kann).


    Echt "originalgetreue" Inszenierung gibt's übrigens auch gelegentlich - etwa in Drottningholm oder Schwetzingen. Das gehört aber zum Gesamtkonzept eines original-erhaltenen Theaters samt Verzicht auf moderne Bühnentechnik. Wirklich schöne Produktionen - aber man darf's doch auch ganz anders machen.


    ###


    Zurück zu Kehlmann:


    Positiv äußerte sich zu dieser Rede unter anderem Andrea Breth. Sie hat mit ihrer Kritik an Regisseuren, die ohne Rücksicht auf und Befassung/Auseinandersetzung mit einem Text über ein Werk drüberfahren auch völlig Recht. Breth selbst ist ja bekannt für ihre akribische Textarbeit (sie kürzt auch praktisch nicht). Blöderweise zählt auch Frau Breth für echte Traditionalisten gemeinhin für böses Regietheater - spielt doch ihr Don Carlos (Burg) in weißen Wänden, es gibt Bademäntel, Glashäuser, ein wenig S/M und Straßenanzüge. Auch ihr Onegin (Salzburg) trägt Sonnenbrille und nimmt vor einem Fernseher Platz.


    Also wie jetzt?
    Ist jemand wie Breth für Traditionalisten nun gut oder böse? Regietheater oder nicht? Wenn Breth aber ihre Regie aus dem Text des Werkes herausliest und trotzdem so inszeniert - was läuft da "falsch"?
    Schließlich: wieso ist eine Regietheater-Regisseurin (so sie es ist) so verrückt und lobt Kehlmann? Und wenn sie es nicht ist - wo ist dann das Problem bei anderen?


    ...ja, ja, es ist halt alles sehr kompliziert.

  • Ich freue mich, dass sich die Wogen geglättet haben.


    Zitat

    Original von martello
    Echt "originalgetreue" Inszenierung gibt's übrigens auch gelegentlich - etwa in Drottningholm oder Schwetzingen. Das gehört aber zum Gesamtkonzept eines original-erhaltenen Theaters samt Verzicht auf moderne Bühnentechnik. Wirklich schöne Produktionen


    Das ist jetzt nur eine Frage aus Interesse an Deinem Standpunkt, nicht aus irgendwelchen strategischen Überlegungen:
    Wäre so etwas an einem nicht ganz original-erhaltenen Theater wie etwa dem Theater an der Wien für Dich auch schön oder kitschig?


    Zitat

    - aber man darf's doch auch ganz anders machen.


    Das halte ich eigentlich für die wichtigste Aussage aus Kehlmanns Rede.

  • Eine wirklich (oder weitgehend) "originalgetreue" Inszenierung geht natürlich auch in anderen Theatern - sofern die Bühne es von den Dimensionen her zulässt (idR: klein genug ist). So etwa Herbert Wernickes - eigentlich ein "Böser" - wunderbar barock-historisierte Inszenierung von Cavallis "Calisto": überbordende Bühnenkostüme, Lifte vom Schnürboden und jede Menge Klapptüren. Hinreißend!


    Ich habe auch überhaupt kein Problem mit altmodischen Inszenierungen/Szenerien, wenn die Personenführung passt und das Werk daher durchdringt. Etwa der von Stephen Lawless mit einer neuen Personenführung einstudiert MET-"Giovanni" (Zefirelli). Simple Bebilderung ohne eine Charakterisierung der Figuren ist mir freilich zuwenig - da kann die so korrekt sein, wie sie will.


    Umgekehrt möchte ich mich dagegen verwahren, dass Regisseuren die Kompetenz nur deshalb abgesprochen wird, weil sie ihre Interpretation nicht aus der Textoberfläche sondern aus dem (abstrahierten) Textgehalt beziehen. Das sklavische Festhalten an einem Text in einer Kunstform, die so künstlich ist, wie keine andere (man kommuniziert singend - als Ägypter etwa auch noch italienisch) und in der vieles gar nicht "korrekt" dargestellt werden kann, ist mir einfach nicht verständlich.


    Zudem bin ich einfach ein Fan unterschiedlicher Interpretationen eines Werks (szenisch wie musikalisch), die mich zum Mitdenken anregen - Konwitschnys Aida muss nicht jedem gefallen (wird sie auch nicht), hebt aber Aspekte des Werks hervor, die regelmäßig einem Massenauflauf der Statisterie zum Opfer fallen. Auch Klaus Guths Figaro war vielleicht ein bischen sehr Strindberg - aber warum sollte man ein Werk, dass dutzendfach als harmloses Komödchen verniedlicht wurde nicht auch einmal von der ernsten Seite angehen. So lustig ist das alles ja nicht.


    "Der Zeit ihre Kunst - der Kunst ihre Freiheit" - ist doch eine schöne Sache.


    Im Übrigen ist das "Regietheater" etwa so ein geschlossener Block wie die "Klassik-Hörer" - auch hinsichtlich des internen "befetzens".

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  • Zitat

    Original von martello
    Umgekehrt möchte ich mich dagegen verwahren, dass Regisseuren die Kompetenz nur deshalb abgesprochen wird, weil sie ihre Interpretation nicht aus der Textoberfläche sondern aus dem (abstrahierten) Textgehalt beziehen. Das sklavische Festhalten an einem Text in einer Kunstform, die so künstlich ist, wie keine andere (man kommuniziert singend - als Ägypter etwa auch noch italienisch) und in der vieles gar nicht "korrekt" dargestellt werden kann, ist mir einfach nicht verständlich.


    Lieber Martello,


    Ich kann nur für mich selbst reden, daher darfst Du nicht sagen "alle denken so wie er".
    Was mich interessiert, ist "Wie hat der Komponist es damals erlebt. Was hat er damals gesehen und gehört". Ein Hobby von mir ist Geschichte. Darin kenne ich mich ziemlich gut aus. Wenn also "versteckte" Anspielungen auf etwas gemacht werden, verstehe ich das meist.


    Mein Blick ist also gerichtet auf die Zeit des Komponisten. Wie er politische, kulturelle, religiöse und soziale Bewegungen erfuhr und versuchte darauf zu reagieren. Oder gerade nicht.
    Denn nicht jede Oper vermittelt eine Botschaft. Es kann auch ganz einfach Zerstreuung gewesen sein.


    LG, Paul

  • Langam wird mir jetzt auch deutlich, warum LINKS auf andere Seiten untersagt sind...


    :beatnik:


    rabULLIst

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Er redet das, wovon er weiß, daß es Aufmerksamkeit auf ihn zieht. Schlau. Mit anderen Worten: Mainstream-Gequatsche.


    Sind ja auch drauf reingefallen, wie u. a. dieser Thread und die in ihm zitierten Stimmen beweisen.


    Zum eigentlichen Disput: es gibt ihn nicht. Es ist ein Schein-Disput; er verdeckt die Banalität, daß alles Theater Regie ist. Entweder erhellt sie, oder sie entläßt uns freundlich, aber dumm wie zuvor. Im Zweifel schaffen das beide 'Regieformen', dümmliches Agitprop-Theater genauso wie hohle Ausstattungsorgien.


    Gruß

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    Es gibt ihn nicht?


    Äh, habe ich was verpasst? Ist das Theater wieder frei von der Tyrannei der Verfremdungsregisseure?


    Schön wär's..... :hello:

  • Verfremdungen sind ein altbewährtes Mittel, Inhalte zu verdeutlichen. In der Bibel z.B. werden diese Texte als Gleichnisse bezeichnet. Inwieweit Librettisten und Komponisten auch Verfremdungseffekte eingesetzt haben, möchte ich gar nicht erst diskutieren. Und auch der Legisseul Plem-Plem fällt in diese Lubick.

    mit freundlichen Grüßen
    Martina
    Auf dem Rohre taugt die wonnige Weise mir nicht!

  • Wie steht es denn um den enormen Einfluss von PETER ZADEK , der gerade hochbetagt verstorben ist , und der einen ( über- ) grossen Artikel von der sicherlich "konservativen" "F A Z " gewidmet bekommen hat .


    Zadek war sicherlich kein "Linker" . Er war halt anders ; niemand musste in seine ja auch stark wechselnden Inszenierungen gehen .


    Und welcher Regisseur / Intendant ist denn "rechts" ? .


    Und an den Vorverfasser : B. BRECHT m u s s man spielen !
    Auch das hat nichts mit "links" oder "rechts" zu tun .


    Wie wäre denn Goethe dann theaterpolitisch zu verantworten ? Oder Schiller ? Wie ein Georg Büchner gar ?


    Übel ist für eine Inszenierung , wenn sie nur oder fast ausschliesslich provozieren will .


    Und soll es gar jugendfreie Versionen desselben Theaterstückes , derselben Oper geben ?


    Sind alle rechtlich "Erwachsenenen" "reif" für jedes Werk ? Dies wohl am wenigsten .


    Wahrscheinlich müsste man v o r und n a c h den Aufführungen in kleine n Gruppen die Regie"leistungen" mit ihren Widersprüchen und den Wandlunngen in den Jahren stundenlang diskutieren .


    Wenn ich mir den FAZ - rtikel über Peter Zadek ein zweites Mal durchlese , so ist dies als Fazit keine wirkliche Auseinandersetzung mit diesem Theatermann , sondern eine einzige Laudatio . So gelsen ist sie sogar eher überflüssig gewesen .


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Darf Brecht noch gespielt werden?


    Ich kann natürlich nicht für alle sprechen - aus meiner Sich: JA


    Brecht ist seinen eigenen Weg gegangen - er hat seine eigenen Stücke geschrieben, hat sein ästetisches und meinetwegen politisches Ideal in die Waagschale seiner Werke geworfen. (Angeblich hat er seiner unmittelbaren Umgebung den Besitz seiner Dinersclubkarte verschwiegen, die damals nur einer Elite vorbehalten war, um nicht an Glaubwürdigkeit einzubüssen - aber das ist eine menschliche -und keine künstlerische Facette der Person)


    Brecht/Weil sind authetisch und unverwechselbar.
    Auch wenn mir nichts ferner steht als der Kommunismus:
    Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny ist in seiner Art ein Meisterwerk.


    Aber das Verändern historischer Stücke stösst bei mir auf radikalen Widerstand - und bei andern auch.


    Es ist interessant wie Kehlsmanns Rede angegriffen wurde - und seine Person dazu. Das lässt für mich nur den Schluss zu, daß die Breitseite voll ins Schwarze getroffen hat - das Regiethaeater hat eine Salve abbekommen die vermutlich nicht ohne Folgen bleiben wird. Die Gegner sind mobilisiert.
    Daß die Zuikunft Salzburgs vermutlich eine konservative sein wird, sei nur am Rande vermerkt - vielleicht gibt es eine Signalwirkung, bzw einen Domino-Effekt..


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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