Stimmen von heute - Juan Diego Florez - Endlich mal wieder ein kompletter Tenor?

  • Irgenwie bin ich beruhigt. Mit gefällt sein Mozart eigentlich nicht, vor allem aber , wenn er deutsch singt.
    Oft habe ich mich gefragt, wie Italienern zumute sein muß, wenn sie einen deutschsprachigen Sänger in einer italienischen Oper in italienischer Sprache singen hören. Dieser Akzent ist sicher ein Störfaktor, aber wenn sonst alles passt ist er plötzlich weggeblendet. Mir geht es etwa bei Leopold Simoneau als Tamino so - Im Falle von Florez ist es IMO aber so, daß sein Timbre den (gar nicht sooo schlimmen) Akzent noch verstärkt.
    Ich bin eher ein Befürworter von Florez, denn zu Beginn seiner Ära war er IMO schlechthin DER Rossini Spezialist, und man konnte Almaviva endlich von jemand anderem gesungen hören als von Luigi Alva. Ich habe ihn allerdings in letzter Zeit kaum gehört. Frage: Ist es nur das Mozart-Program - oder ist seine Stimme in den letzen Jahren in der Tat "härter" geworden ? Es mag aber auch sein, daß sich mein Geschmack geändert hat (das Hörvermögen sowieso), denn einst hätte ich sein Timbre als strahlend mit metallischem Beiklang bezichnet, heuer eher als hart und metallisch (?)


    Beste Grüße aus Wien
    Alfred


    A

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Also, ich habe mir die CD nun reichlich angehört und muss sagen >sie gefällt mir weitgehendst doch sehr gut < !
    Was mir partout nicht ins Ohr gehen will, ist die Arie aus Idomeneo frag mich einer warum? ?( , ich kann es nicht erklären.

    Zitat

    Alfred
    Oft habe ich mich gefragt, wie Italienern zumute sein muß, wenn sie einen deutschsprachigen Sänger in einer italienischen Oper in italienischer Sprache singen hören.

    Das spuckte bei mir früher immer im Kopf herum, jedoch, wie meine Ital.Kollegin mir damals versicherte würde sich das doch sehr in Grenzen halten, wogegen meine beste Freundin aus Lausanne mir oft sagte das sie bei dieser/m oder jenem Sänger/in spontan lächeln müsse.


    Aber weiter mit Florez, ich finde z.B. bei der Tamino und der schwierigen und oft ausgelassenen Baumeister Arie macht er seine Sache richtig gut, trotz der kleinen liebenswerten Schlenker, und hier trifft er mMn auch den richtigen Tonfall (wird jawohl auch bei seiner Frau etwas deutsch gelernt haben ;) ), was ihm am allerbesten gelungen ist, ist die Arie aus "Il re pastore" und die Konzertarie "Misero! O sogno....", da ist er in seinem Element! Man muss sich einfach auf seine Interpretation einlassen und dann klappt es auch mit Flórez und seinem Mozart ! Mein Fazit, ich bin doch froh diese CD erworben zu haben! :love:


    Über das was noch von ihm kommt mache ich mir jetzt noch keine Gedanken :) warten wir ab!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Diese CD von Ernesto Palacio läuft schon den ganzen Tag, und warum stelle ich die hier ein?, weil er der Lehrer von Flórez war, und das hört man ungemein, ich möchte fast sagen das Timbre ist zum verwechseln ähnlich! Wenn man es nicht wüsste könnte man meinen es wäre eine Aufnahme vom Juan Diego!


    klick


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Ich möchte auf den - zugegebenermaßen sehr alten - Titel des Threads eingehen. Wie der Themensteller bei Beitrag Nr.1 völlig richtig schreibt, ist es schwer, den Begriff "kompletter Tenor" anzuwenden. Bei Florez würde ich das persönlich schon gar nicht tun. Sein Repertoire ist doch verhältnismäßig eingeschränkt, etliche Klassiker für die Stimmlage Tenor wird er aufgrund dessen wohl nie singen. Das gilt natürlich für jeden Sänger, aber ihm traue ich beispielsweise nicht zu, jemals Puccini zu singen (und auch kaum Verdi). Und das wäre für einen südamerikanischen Tenor doch ungewöhnlich.
    Und dann kommt etwas anderes hinzu. Sein Timbre gefällt mir einfach nicht. Es schmeichelt meinem Ohr einfach nicht. Ich habe ihn sowohl live gehört, als auch in Aufnahmen. Er wirkt auf der Bühne sympathisch - das ist keine Frage. Aber für mich ist er von einem "kompletten Tenor" meilenweit entfernt.


    Selbstverständlich ist das Geschmackssache und die meisten hier im Forum schätzen ihn wohl wesentlich mehr, als ich es tue. Ist noch jemand der Meinung, dass es geeignetere Kanditaen für den Titel "kompletter Tenor" gäbe?

  • Das gilt natürlich für jeden Sänger, aber ihm traue ich beispielsweise nicht zu, jemals Puccini zu singen

    Hat er aber längst, und zwar schon vor vielen Jahren:





    https://www.youtube.com/watch?v=k4mbd9VMZb0



    Es finden sich bei Youtube auch Arien von Rollen, die er meines Wissens (noch?) nicht gesungen hat: Rodolfo und Kalaf. Kalaf wird er wohl nie singen, aber einen Rodolfo traue ich ihm in ein paar Jahren durchaus zu!



    Und dann kommt etwas anderes hinzu. Sein Timbre gefällt mir einfach nicht. Es schmeichelt meinem Ohr einfach nicht.


    So geht es mir in den meisten Fällen mit den österreichischen Tenören, die du hier im Forum bislang "ins Spiel" gebracht hast! :D



    Ist noch jemand der Meinung, dass es geeignetere Kanditaen für den Titel "kompletter Tenor" gäbe?


    Möglich. Aber nicht die besagten Vorschläge von dir! :D :untertauch:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Ich möchte auf den - zugegebenermaßen sehr alten - Titel des Threads eingehen. Wie der Themensteller bei Beitrag Nr.1 völlig richtig schreibt, ist es schwer, den Begriff "kompletter Tenor" anzuwenden. Bei Florez würde ich das persönlich schon gar nicht tun. Sein Repertoire ist doch verhältnismäßig eingeschränkt, etliche Klassiker für die Stimmlage Tenor wird er aufgrund dessen wohl nie singen. Das gilt natürlich für jeden Sänger, aber ihm traue ich beispielsweise nicht zu, jemals Puccini zu singen (und auch kaum Verdi). Und das wäre für einen südamerikanischen Tenor doch ungewöhnlich.
    Und dann kommt etwas anderes hinzu. Sein Timbre gefällt mir einfach nicht. Es schmeichelt meinem Ohr einfach nicht. Ich habe ihn sowohl live gehört, als auch in Aufnahmen. Er wirkt auf der Bühne sympathisch - das ist keine Frage. Aber für mich ist er von einem "kompletten Tenor" meilenweit entfernt.
    Selbstverständlich ist das Geschmackssache und die meisten hier im Forum schätzen ihn wohl wesentlich mehr, als ich es tue.


    Hallo, Greghauser
    Vielen Dank für Deine Bewertung und Einschätzung. Siehe auch m. Btr. 170, 173 und 177 von Mme. Cortese. Du hast meine volle Zustimmung (Zitathervorhebung von mir).
    Verdi hat er gesungen, zumindest den Duca im Rigoletto in Dresden und auch sogar in Wien. Wie ich meine - leider. Ich halte das für eine absolute Fehlbesetzung.
    Für mich hat er in dieser Partie nicht das Notwendigste, was man von einem Duca erwartet. Es gibt einen GA - Live - Mitschnitt aus Wien, den ich unten reinstelle.
    In einem anderen Thread wurde von einem unserer Mitglieder ein anderer Tenor kritisiert, der "so frei mit den Noten umging", wie er es noch nie gehört hat.
    Tip: Man höre sich mal in dem Link die "Cabaletta" an - ab 1.09! Nichts als zur Schau stellen hoher Töne und das Ganze paßt irgendwie überhaupt nicht!



    Ist noch jemand der Meinung, dass es geeignetere Kanditaen für den Titel "kompletter Tenor" gäbe?

    Ich glaube, den "kompletten Tenor" gibt es nicht. So wie es Partien gibt, die für ihn gemacht, für ihn komponiert sind - pers. Beispiel - Pavarotti als Rodolfo,
    wo ich sage - "das macht ihm keiner nach" - gibt es auch Partien, die trotz vorhandener großartiger Stimme, nicht ideal für denjenigen sind.
    Auch hier könnte ich einiges von Pavarotti anführen, wo ich empfindee, das ist nicht seine Partie. Und letztlich ist und bleibt es auch immer ein pers., individueller Geschmack.
    Herzlichst
    CHRISSY
    https://www.youtube.com/watch?v=ECcTYLfo1s8


    Im Thread "Neue Stimmen" habe ich als Duca den Tenor "Florin Guzga" vorgestellt. Im Vergleich zu beiden tun sich mir Welten als Unterschied auf!
    Welch stimmlicher Wohlklang von Guzga!!!

    Jegliches hat seine Zeit...


  • Im Thread "Neue Stimmen" habe ich als Duca den Tenor "Florin Guzga" vorgestellt. Im Vergleich zu beiden tun sich mir Welten als Unterschied auf!


    Mir allerdings auch! Und darum kann ich sehr gut nachvollziehen, warum Herr Flórez den Duca an der Wiener Staatsoper und Herr Guzga in Cluj singt. Man kann über Flórez' Timbre und seine Stimme sicher trefflich streiten, was der eine schön findet, mag der andere vielleicht nicht. Aber eines hat Flórez, den ich häufig live erlebt habe, u.a. auch in der Wiener "Rigoletto"-Aufführung, die hier verlinkt wurde, ganz sicher nicht verdient, nämlich als einem bestenfalls durchschnittlichen Tenor gegenüber als hoffnungslos unterlegen bezeichnet zu werden. Ich habe jedenfalls von Flórez noch nie so viele zu tief intonierte Töne gehört wie von Herrn Guzga hier in der Kadenz am Ende von "La donna è mobile":


  • Aber eines hat Flórez, den ich häufig live erlebt habe, u.a. auch in der Wiener "Rigoletto"-Aufführung, die hier verlinkt wurde, ganz sicher nicht verdient,
    nämlich als einem bestenfalls durchschnittlichen Tenor gegenüber als hoffnungslos unterlegen bezeichnet zu werden.


    Florin Guzga vs. Florez, im direkten "Duca - Vergleich" als bestenfalls durchschnittlichen Tenor zu bewerten, da kann ich nur empfehlen,
    bei einem evtl. vorhandenen Hörgerät, mal die Batterien aufzuladen!

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Der Unterschied zwischen dem Beitrag von "Melomane" von 22.08 Uhr und dem Beitrag von "Chrissy" von 23.08 Uhr ist schnell ausgemacht und liegt klar auf der Hand: Während der Beitrag von 22.08 Uhr in der Sache argumentiert (Intonation in der Kadenz), tut der Beitrag von 23.08 Uhr das nicht, sondern ist einfach nur eine dümmliche persönliche Beleidigung!


    Und wenn der Verfasser des Beitrags von 23.08 Uhr die vom Verfasser des Beitrags von 22.08 Uhr bemängelten Intonationsprobleme (zu tiefe Töne) in der Kadenz nicht hört, sollte er vielleicht einmal selbst an ein Hörgerät denken...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Das gilt natürlich für jeden Sänger, aber ihm traue ich beispielsweise nicht zu, jemals Puccini zu singen
    Hat er aber längst, und zwar schon vor vielen Jahren:


    Naja, der Rinuccio ist jetzt nicht gerade das, was man sich unter einer typischen Puccini-Partie vorstellt. Aber interessanter link. Ich habe noch nie gehört, dass beim Duett "Lauretta mia" der Tenor rauf singt, der Sopran aber nicht ... Umgekehrt natürlich schon.


    So geht es mir in den meisten Fällen mit den österreichischen Tenören, die du hier im Forum bislang "ins Spiel" gebracht hast!


    Schade. Übrigens ist Flórez auch Österreicher. ;)

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  • Übrigens ist Flórez auch Österreicher. ;)


    Kommt immer drauf an, wie man "Österreicher sein" definiert! ;)


    Dass er wie Frau Netrebko einen österreichischen Pass hat, glaube ich sofort!


    Der Stern von Flórez ging ja schon vor etwa 20 Jahren auf und es war wirklich ein Stern, der etwas erleuchtete, was vorher lange im Dunkeln lag. Seine außerordentlichen Qualitäten als Rossini-Tenor waren ja seriöserweise nicht zu bestreiten, er hatte eine Virtuosität, eine Koloraturgeläfigkeit und eine Atemtechnik, die wirklich atemberaubend war.



    Ich habe Flórez mehrfach live erlebt, mit zwei Solo-Abenden (2004 und 2012 jeweils in der Deutschen Oper Berlin), außerdem 2006 gleich 2x als Elvino in der DOB, 2007 in der "Italiana" in Köln und 2010 als Conte Almaviva in der Scala, vielleicht habe ich noch was vergessen, aber er hat bei jedem dieser Auftritte seinem künstlerischen Ausnahmerang alle Ehre gemacht - er ist ein Jahrhundertsänger im Rossini-Fach (man vergleiche z.B. mit dem Almaviva von Luigi Alva in der Abbado-Aufnahme, das war lange die Realität im Rossini-Fach!), was aber jemandem (und damit meine ich nicht "greghauser"!), für den die wertvolle Operngeschichte mit "Nabucco" beginnt und mit "Turandot" endet, natürlich schnuppe ist...



    Dass Flórez seit einigen Jahren in ein schwereres Fach strebt, streben muss, weil Stimmen sich halt verändern, ist verständlich, er wäre dumm, wenn er so täte, als hätte sich nichts geändert. Dass dieser Weg steinig ist und von Erfolgen und Misserfolgen (wobei die Erfolge eindeutig überwiegen!) geplastert ist, ist ebenso verständlich.




    Im Herbst 2016 erlebte ich Flórez (bislang letztmalig) 2x als Raoul de Nangis an der Deutschen Oper Berlin - das war sicherlich eine Grenzpartie für ihn, im 4. und 5. Akt stieß er in den dramatischeren Passagen hörbar an diese Grenzen, aber die Romanze im 1. Akt war so traumhaft und fantastisch gesungen, wie ich selten gesungene Musik gehört habe und auch der lyrische Teil des großen Duetts mit der (laut Wagner) "Jahrhundertmelodie" war wunderbar gesungen, und das bis heraus zum hohen Des. Ich würde ihn mir als Raoul jederzeit wieder anhören wollen!


    Fazit: Wer die Fähigkeit hat zu erkennen, dass es in der Oper mehrere Fächer und Gesnagsschulen gibt, wird den Rang eines Juan Diego Flórez in seinem Fach, dem Belkanto-Fach (was Verdi oder Puccini eben NICHT ist und der Verismo schon gar nicht), nicht ernsthaft bestreiten, sonst wüsste er genau, wie lächerlich er sich machen würde.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich schätze Juan Diego Florez sehr, war allerdings auch skeptisch, was seine weitere stimmliche Entwicklung und Rollenauswahl betraf - als ich las, dass er die Hauptrolle in Offenbachs "Les Contes d'Hoffmann" singen wollte, war ich auch erst besorgt, dass sich diese Rolle, die ja durchaus eine gewisse Dramatik aufweist und Stehvermögen und Durchschlagskraft erfordert, und dem Tenor einiges abverlangt, vielleicht doch zu schwer sein könne - doch was soll ich sagen: es war ein einziger Triumph! Er hat das so fantastisch gesungen, mit soviel Verve, Leidenschaft, und auch, wo gefordert, mit Düsterkeit und Zerrissenheit, dass er mich restlos überzeugt hat, und ich ihn den größten Interpreten dieser Rolle, die ich in den letzten Jahren gehört habe, Domingo, Shicoff, Calleja, Beczala, Grigolo, Alagna, ohne Weiteres an die Seite stellen würde.
    Ob und wie er in Puccini reüssieren könnte, wage ich nicht abzuschätzen; allerdings finde ich ihn dennoch einen ganz herausragenden Tenor und freue mich sehr darauf, seine weitere Entwicklung begleiten zu können.
    Im Übrigen ist der Threadtitel des "kompletten Tenors" sehr unglücklich gewählt - wer könnte von dramatisch bis Belcanto, von lyrisch bis Lied und Oratorium alles abdecken? Wer könnte gleichzeitig tenore di grazia und dramatischer Tenor sein? Das finde ich auch gar nicht erstrebenswert. Und wer sich nur auf gewisse Rollen spezialisiert, ist sicher nicht "unkomplett", unvollständig oder gar defizitär, sondern trotzdem im besten Falle - ein wahrer Meister seines Faches.

  • Im Übrigen ist der Threadtitel des "kompletten Tenors" sehr unglücklich gewählt - wer könnte von dramatisch bis Belcanto, von lyrisch bis Lied und Oratorium alles abdecken? Wer könnte gleichzeitig tenore di grazia und dramatischer Tenor sein? Das finde ich auch gar nicht erstrebenswert. Und wer sich nur auf gewisse Rollen spezialisiert, ist sicher nicht "unkomplett", unvollständig oder gar defizitär, sondern trotzdem im besten Falle - ein wahrer Meister seines Faches.

    Da sprichst du ein wahres Wort gelassen aus! :thumbup:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Im Übrigen ist der Threadtitel des "kompletten Tenors" sehr unglücklich gewählt - wer könnte von dramatisch bis Belcanto, von lyrisch bis Lied und Oratorium alles abdecken? Wer könnte gleichzeitig tenore di grazia und dramatischer Tenor sein? Das finde ich auch gar nicht erstrebenswert. Und wer sich nur auf gewisse Rollen spezialisiert, ist sicher nicht "unkomplett", unvollständig oder gar defizitär, sondern trotzdem im besten Falle - ein wahrer Meister seines Faches.


    Lieber Don,


    auch ich möchte Dir ganz nachdrücklich zustimmen. Du hast den Unsinn des Begriffes im Threadtitel toll auf den Punkt gebracht.


    Es wird allerdings vermutlich nichts verändern an den Diskussionen hier im Forum. Leider!
    Hier wird nicht wirklich über Stimmen und Gesangskunst diskutiert, sondern meist werden einfach Gutachten (oder eben Schlechtachten) über Sänger nach einem ziemlich oberflächlichen Höreindruck abgegeben. Begründungen und Argumente für Urteile gibt es kaum.
    Natürlich ist vieles beim Hören von Sängern Geschmacksache. Dabei geht es eigentlich zumeist nur um Klang einer Stimme. Dass freilich weitere Kriterien für die Beurteilung und Einstufung von Sängern relevant sind, wird von vielen ignoriert. Und diese Kriterien sind eben teilweise durchaus nicht Geschmacksache!


    Der Fall, der die letzten Beiträge in diesem Thread herausgefordert hat, ist eigentlich ein treffliches Beispiel für das Problem.
    Da wird ein Sänger, dessen Stimmklang als angenehm empfunden wird, der aber erheblich Mängel an Technik, Stil und Kultur hat, gegen einen Tenor ins Feld geführt, dessen Technik und stilistische Kompetenz über jeden Zweifel erhaben sind, weil man eine Abneigung gegen dessen Stimmklang hat.


    Die Beurteilung von Sängern ist aber nun wirklich nicht einfach nur eine Frage des Geschmacks. Aber das ist eigentlich mein "ceterum censeo". Das erneut auszuführen, will ich mir heute mal sparen!
    Beurteilung von Sängern – Eine Frage das Geschmacks oder objektiver Kriterien?


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Nun möchte ich auch meinen Senf dazu geben. Als vor ...zig Jahren die Ankündigung bei mir ankam, daß in Dresden Florez seinen ersten Herzog singen würde, habe ich weder Kosten noch Mühe gescheut und mir Karten besorgt, für die 2. Premiere mit der identischen Besetzung wie zur Premiere, d.h. Florez als Herzog, Damrau als Gilda, Lucic als Rigoletto und Zeppenfeld als Sparafucile. Ich hatte Großes erwartet. Ich kannte Florez aus div. TV-Übertragungen, hatte selbst mehrere CD (wovon mir besonders seine Donizetti und Bellini-CD gefällt) und war besonders begeistert von seiner Regimentstochter (Paris??). Wer die gefürchtete Arie aus dieser Oper mit den 9 hohen "C" so singen kann wie er, der mußte einfach zu den besten Sängern unserer Zeit gezählt werden. Auch wenn mich die Rossini-Koloraturen nicht so mitreißen wie die Rossini-Fans, so mußte ich sagen, daß er dieses Genre meisterhaft beherrscht, Rossini selbst wäre sicher begeistert gewesen.


    An dieser Einstellung zu Florez hat sich nichts geändert. Er ist in seinem Fach - und da schließe ich mich Garaguly vorbehaltlos an - wohl immer noch führend in der Welt.
    Mit dieser hohen Erwatungshaltung fuhr ich nach Dresden. Die Premiere wenige Tage vorher kam im TV, und mich beschlichen erste Zweifel. Das Bühnenbild außer der Gewitterszene im letzten Akt war für meine Begriffe grottenschlecht, besonders das im Hause Rigolettos. Nichts weiter als eine schräge Bodenkonstruktion mit einem nackten Bett. Und da hat sich der Herzog unbemerkt von Gilda angeschlichen. Ich dachte mir, die Ärmste ist wohl blind und taub, daß sie nicht merkt, wie da einer um ihre Liegestatt schleicht und immer damit kämpfen mußte, nicht abzurutschen. Meine Vorfreude war schon gedämpft.
    Trotzdem nahm die Atmosphäre einen gefangen. 3 Weltstars auf einen Haufen! Dann begann Florez mit "Freundlich blick ich auf diese und jene" (ich kann nicht italienisch, kenne aber die Oper in deutsch wohl auswendig) und es war die erste Enttäuschung. Seine Stimme war dünn, nicht durchsetzungsfähig, im 2. Rang (wir saßen Parkett) nach Aussagen von Bekannten kaum zu hören. Es kam auch kein Szenenapplaus. Sein nächster Auftritt auf dem schrägen Fußboden war wesentlich besser. "Liebe ist Seligkeit", da konnte er die Schönheit seiner Stimme zeigen, den Schmelz, und seine glänzende Höhe. Es ist nicht die Stimme eines Pavarotti oder dem von mir sehr gern gesehenen Cesare Curzi (DVD u.a. mit Ernst Gutstein aus München) oder Bonisolli, es ist Florez. Sein Duett mit Diana Damraus war für mich schon ein Höhepunkt und wurde nur getopt im Quartett bei "Holdes Mädchen sieh mein Leiden". Die langsame und schrittweise sich bis zum "B" oder "A" erhöhende Stimme trug auf einmal, da kam kurz Gänsehaut auf. Aber der Minuspunkt war schon vorüber. Die Szene "Ich seh die heißen Zähren" mit der anschließenden Cabaletta und dem "C" versemmelte er, wie schon in der Premiere. Entweder weil er dabei schnell laufen mußte und nicht genügend Luft hatte, oder er hatte einfach einen schlechten Tag? Aber gleich 2 hintereinander? Oder war der Herzog (noch) nichts für ihn? Ach so, da war ja noch "Oh wie so trügerisch". Er hats gesungen. Aber wieder war seine Stimme leise. Das "C" kam wie erwartet, glänzend und mühelos, aber nicht leuchtend. Auch hier zwar Szenenbeifall, aber nicht der, den ich 1957 live beim 60-jährigen Rosvaenge erlebt hatte!! Oder war das Publikum in zu hoher Erwartung und zu verwöhnt? Oder hat Fabio Luisi in seinem Drang, mit dem Orchester zu glänzen dessen Lautstärke forciert anstatt es zu bremsen?
    Zum Schluß gab es Applaus für Florez, stürmischen Applaus für Damrau und Bravorufe für Lucuc. Aber auch enzelne Buhs für Luisi. Der Regisseur war ja leider nur zur Premiere anwesend. Gesamteindruck: Florez ist ein begnadeter Sänger. Aber ich war in der falschen Oper. Inzwischen habe ich ihn wieder oft im TV erlebt, und da hat er gezeigt was er kann und wofür er zu Recht gelobt wird.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Oder war der Herzog (noch) nichts für ihn?

    Flórez hat das 2007 selbst als Testlauf gesehen und danach festgestellt, dass die Partie noch nichts für ihn ist, weshalb er sie für einige Jahre wieder aus seinem Repertoire genommen hat. Zuletzt hat er sie aber wohl wieder gesungen, u.a. an der Wiener Staatsoper und das durchaus mit unzweifelhaftem Erfolg. (Wer natürlich Franco Bonisolli oder Mario del Monaco für den idealen Duca hält, mag enttäuscht sein - ebenso wie derjenige, der überrascht ist, dass der Duca keine Rossini-Rolle ist...)



    Zitat

    Ach so, da war ja noch "Oh wie so trügerisch". Er hats gesungen. Aber wieder war seine Stimme leise. Das "C" kam wie erwartet, glänzend und mühelos, aber nicht leuchtend.


    Ich hätte vermutlich im 3. Akt "Rigoletto" überhaupt kein hohes "C" erwartet...





    Wenn ich in diesem Video den Notentext mitlese, finde ich kein hohes C, nicht mal das hohe H, das meistens von den Tenören am Ende gesungen wird, obwohl es nicht im Notentext steht.
    Wenn ich dieses Video freilich HÖRE (Jonas Kaufmann), dann denke ich mir, dass Flórez schon 2007 so schlecht nicht geklungen haben kann...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

    Einmal editiert, zuletzt von Stimmenliebhaber ()

  • Ich hätte vermutlich im 3. Akt "Rigoletto" überhaupt kein hohes "C" erwartet...


    Ganz offensichtlich ist der User "La Roche" doch ein weitaus größerer Freund von harmonisch gewagten Wendungen als er in diesem Forum, wo er sich als ein Liebhaber ausschließlich tonaler Musik gibt, zugeben möchte: Wer in das in H-Dur stehende "La donna è mobile" ein hohes "C" einbaut, ist in seinem tiefsten Inneren doch ein musikalischer Avantgardist.

  • Danke, lieber LaRoche,
    für den sehr ausführlich und differenzierenden Bericht. Es war für mich interessant, wie Du die Aufführung erlebt hast und die Leistung des Tenors darin beurteilst. Das klingt durchweg angemessen und ich kann es gut nachvollziehen, dass Du enttäuscht Dresden wieder verlassen hast.
    Da ich diese Aufführung nicht gehört, ja überhaupt Herrn Florez noch nicht als Duca gehört habe, kann ich dazu weiter nichts sagen. Allenfalls irritierend waren für mich einzelne Angaben über Tonhöhen, aber vermutlich hast Du nicht noch mal in der Partitur nachgeschaut.


    Sehr viel mehr irritiert hat mich allerdings das Auftauchen des Namens von Cesare Curzi in dem Bericht. Er war - soweit ich mich richtig erinnere - in den späten 50er und 60er Jahren in Nürnberg engagiert. Ich habe ihn gelegentlich an der Städtischen Oper Berlin und an der Bayerischen Staatsoper in München als Einspringer erlebt. Danach hatte ich den Eindruck, dass er ein - sagen wir es mal ganz unverblümt von Fußballfreund zu Fußballfreund - guter Mann für die Oberliga sei, mehr aber auch nicht.

    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich danke sehr für die zum Teil sehr freundlichen Belehrungen zur Tonart des "La donna e mobile". Beim Suche kann man jede Tonart finden, ich kenne einen Klavierauzug in C-Dur, und danach ist der Schlußton ein "C". Vielleicht war das ein Klavierauszug für weniger geübte Klavierschüler. Im englischen Wikipedia habe ich eine Bemerkung gefunden, wonach die Tonart "B" Dur ist. Natürlich bin ich auch auf 4 Kreuze gestoßen, habe aber auch Noten mit nur einem Kreuz gefunden.


    Meine Unwissenheit bitte ich zu entschuldigen. Die sehr hilfreiche Bemerkung im Beitrag 197 veranlaßt mich, die Beiträge des Verfassers zukünftig nicht mehr zu beachten. Für Spott derart bin ich zu "reif", und ich muß mir überlegen, mich zukünftig an derartigen Diskussionen überhaupt zu beteiligen.
    Lieber caruso, daß Du meine Enttäuschung nachvollziehen kannst, das spricht dafür, daß Du Dich auch in andere Charaktere versetzen kannst. Natürlich war ich von Florez enttäuscht, aber genausosehr von der Inszenierung. Insgesamt war es aber eine positive Erfahrung. Sie hatte mich darin bestätigt, daß auch ein hervorragender Tenor nicht alles singen kann, und damit bestätigt worden ist, daß es den "kompletten" Tenor nicht mehr gibt. Und sie hat mich auch darin bestätigt, daß Luisi in der Oper kein Mann der leisen Töne ist.


    Nun zu Cesare Curzi. Hier ein Auschnitt:


    Dazu kommt das phantastische Aussehen, die Kulisse usw. dieser Inszenierung, die ich als DVD habe. Aufgenommen und selbst gebrannt. Bin auf Deine Meinung gespannt, aber leider kennst Du die Bilder dazu nicht.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich danke sehr für die zum Teil sehr freundlichen Belehrungen zur Tonart des "La donna e mobile". Beim Suche kann man jede Tonart finden, ich kenne einen Klavierauzug in C-Dur, und danach ist der Schlußton ein "C". Vielleicht war das ein Klavierauszug für weniger geübte Klavierschüler. Im englischen Wikipedia habe ich eine Bemerkung gefunden, wonach die Tonart "B" Dur ist. Natürlich bin ich auch auf 4 Kreuze gestoßen, habe aber auch Noten mit nur einem Kreuz gefunden.

    :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Im englischen Wikipedia habe ich eine Bemerkung gefunden, wonach die Tonart "B" Dur ist. Natürlich bin ich auch auf 4 Kreuze gestoßen, habe aber auch Noten mit nur einem Kreuz gefunden.


    Das grenzt nun wirklich schon an eine Sensation: Die ganze Musikgeschichte müsste aufgrund dieser Entdeckung neu geschrieben werden. Alternativ wäre es aber auch möglich, dass deine Englisch-Kenntnisse eine kleine Auffrischung benötigen. Nur ein kleiner Tipp: Bei der in englischsprachigen Ländern häufig aufgeführten "Mass in B minor" von Johann Sebastian Bach handelt es sich nicht um die im deutschsprachigen Raum verschollene "b-Moll-Messe" desselben Komponisten.


    Meine Unwissenheit bitte ich zu entschuldigen. Die sehr hilfreiche Bemerkung im Beitrag 197 veranlaßt mich, die Beiträge des Verfassers zukünftig nicht mehr zu beachten. Für Spott derart bin ich zu "reif", und ich muß mir überlegen, mich zukünftig an derartigen Diskussionen überhaupt zu beteiligen.


    Grundsätzlich habe ich wenig Probleme mit Unwissenheit und sie ist auch kein Grund, sich entschuldigen zu müssen. Schwierig finde ich es persönlich nur, wenn auf Grundlage eben dieser Unwissenheit angeprangert wird, dass das hohe "C" von Herrn Flórez "wie erwartet, glänzend und mühelos, aber nicht leuchtend" kam. Ich finde, dass ein Profisänger auch in diesem Forum so viel Respekt verdient hat, dass er nicht für einen Ton kritisiert wird, den er gar nicht gesungen hat.

  • un zu Cesare Curzi. Hier ein Auschnitt:.....


    Dazu kommt das phantastische Aussehen, die Kulisse usw. dieser Inszenierung, die ich als DVD habe. Aufgenommen und selbst gebrannt. Bin auf Deine Meinung gespannt, aber leider kennst Du die Bilder dazu nicht.


    Lieber LaRoche!


    Bitte sei nachsichtig und erspare mir, dass ich zu der Aufnahme etwas sagen soll!


    Jetzt steht sowieso gleich die Champions League auf dem Plan. Bei Dir doch sicher auch. Ich habe nicht Sky und muss zu einem Freund radeln.


    Beste Grüße
    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber caruso,


    auch ich finde diese Aufnahme stark kaschiert. Die digitale Bearbeitung hat dem Original geschadet. Ich hatte diese Oper auf Festplatte aufgezeichnet und dann daraus eine DVD gemacht. Unser Freund Hans Mikl (hami) hatte mir dann diese vervielfältigt, und ich habe diese DVD an einige Bekannte weitergegeben. Darin war Curzi anders als auf dieser remasterten CD.


    Es ist auch schon seltsam, einen italienischen Tenor in einer italienischen Oper auf deutsch zu hören, mit italienischem Akzent, und das in den 50-er Jahren, wo man im Gesang manches anders beurteilte als heute. Ich habe mir die DVD nochmals angeschaut, und ich bin nach wie vor von der ganzen Inszenierung begeistert. Und auch von der Originalstimme Curzis.


    Sky habe ich nicht, auch meine Freunde meiden es, den geldgierigen Fußballverantwortlichen einen Haufen Geld in den Rachen zu schmeißen. Lieber verzichte ich. Wutentbrannt, aber meinen Prinzipien treu bleibend. Alte Männer können stur sein. Ist sicher auch der Rentenhöhe geschuldet, wenn man vom Ersparten leben muß, wenn die Rente 80 % der Miete auffrißt (und dann noch Strom, Auto, Versicherung, TV- und Internet/Telefon u.a. dazukommen). Übrigens war ich keinen Tag meines Lebens arbeitslos. Ich habe nur in der DDR gelebt.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Natürlich war ich von Florez enttäuscht, aber genausosehr von der Inszenierung. Insgesamt war es aber eine positive Erfahrung. Sie hatte mich darin bestätigt, daß auch ein hervorragender Tenor nicht alles singen kann, und damit bestätigt worden ist, daß es den "kompletten" Tenor nicht mehr gibt.

    Lieber La Roche, wer war das nicht? Wenn ich mich recht erinnere, war dieser Herzog ja sein Debüt. Florenz fühlte sich damals wohl an dem Punkt angekommen, wo es Zeit würde, nach einem neuen künstlerischen Betätigungsfeld Ausschau zu halten jenseits seines angestammten von Rossini geprägten Fachs. Ich bin da sehr milde gestimmt, wenn ihm das nicht überzeugend gelang. Was hat er auch mir für betörend schöne Erlebnisse beschert, die ich nie vergessen werde können? Der Erfolg von gestern ist aber nun mal kein Wechsel auf die Zukunft. Das Geschäft ist hart und erbarmungslos. Die Leute wollen nun mal was sehen und hören für ihr Geld. Ich würde gern wissen, wohin die Reise mit Florenz geht. Er ist ja noch vergleichsweise jung. Dresden wird ja gern mal als Experimentierbühne gewählt, um Neues auszuprobieren. Es liegt etwas abseits vom Schuss. Denken wir nur an den "Lohengrin" mit Anna Netrebko.


    Neulich hörte ich mich durch diese CD:

    Eigentlich hatte ich mir viel mehr versprochen. :(



    Ich bin hier nicht der Erste, der mit dem Thread-Titel nicht viel anzufangen weiß. Kompletter Tenor? Was ist das? Was wäre - um die Umkehrung zu bemühen - ein un-kompletter Tenor? :S

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Rheingold,

    nach wie vor bin ich der Meinung, daß trotz meiner Dresdener Enttäuschung Florez einer der führenden Belcanto-Tenöre ist. Rossini wäre sicher glücklich gewesen, ihn gehabt zu haben!

    Was ist nun ein kompletter Tenor? Das können wohl auch die Fachleute nicht definieren. Ich glaube aber schon, daß Tenöre bis in die 60-er Jahre noch nicht so spezialisiert wurden wie heute. Wenn ich mir überlege, was Rosvaenge so alles gesungen hat, vom Tamino bis zum Lohengrin, vom Herzog bis zum Lyonel, vom Chapelou bis zum Lenski usw., dann muß ich schon sagen, daß er das konnte. Selbst Operette hat er gesungen, und sein Feuerreiter gilt wohl als eine der besten Liedinterpretationen.

    Auch Peter Anders war vielseitig, aber im Ergebnis seiner Stimmentwicklung vom Mozart- zum Heldentenor. Ich glaube, daß deutschsprachige Tenöre vielseitiger waren als ihre italienischen Kollegen, obwohl zwischen Rossini- und den Verismointerpreten auch Unterschiede gemacht wurden. Aber darüber zu diskutieren überlasse ich den Experten. Meine Meinung dazu ist zu oberflächlich und durch Bauchgefühl gesteuert.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Allein die Tatsache, dass im Jahr 2018 noch derart episch über eine misslungene Aufführungsserie vor 10 Jahren (!) lamentiert wird, zeigt doch auf welch hohem Niveau die Karriere von Flórez vonstatten geht: Wenn ein Misslingen eine derartige Rarität ist, dass man das Ereignis nach so langer Zeit immer noch für so erwähnenswert hält, spricht das sehr dafür, dass ihm seitdem auch einiges gelungen ist. Flórez hat das lirico-Fach nach dem Dresden-Experiment einige Zeit ruhen lassen, seit einigen Jahren hält er die Zeit aber offensichtlich wieder für reif: Seine aktuellen Partien sind in dieser Saison u.a. der Des Grieux (Massenet), Alfredo, Edgardo... Den Conte in "Barbiere" behält er aber dennoch im Repertoire. Ich persönlich fand die letzten Live-Erlebnisse mit ihm, u.a. als Raoul 2016 in Berlin, aber auch als Duca 2016 in Wien, sehr überzeugend und bin sehr froh, dass es so einen Sänger, der hohes stilistisches Vermögen mit technischen Fähigkeiten und einem sehr aparten Timbre paart, im heutigen Opernbetrieb gibt.

  • Gestern hatte ich das Vergnügen, ein Konzert von Florez in Künzelsau zu hören ; leider war es ein wenig getrübt. Er war krank, mußte am Samstag einen Abend in Palermo absagen und war erkennbar noch nicht wieder ganz auf der Höhe. Mehrere Stellen ging er mit hörbarer Vorsicht an, zwei- bis draimal gab es bei ihm ungewohnte Kratzer auf der Stimme, "Che gelida manina" wurde gestrichen. Aber er ist Profi genug, um auch daraus das Beste zu machen. Bei Léhars "Freunde, das Leben ist lebenswert" legte er einen kleinen Walzer mit dem Dirigenten ein. Und als er schließlich zur Geitarre griff war das Publikum, zumal die weibliche Hälfte, natürlich hin und weg. Das Orchester, die Würth Philharmonie, ist noch nicht sehr alt und hatte mehr oder minder das erste Post-Corona-Konzert, was man auch hörte, zumal bei der Einleitung zu "Fra poco a me ricovero" hatten die Hörner einen schwarzen Moment... Hoffen wir daß er bld wieder fit ist ; wahrscheinlich werde ich mir eine Karte für das Berliner Konzert im Dezember besorgen und mal sehen wie es dann damit geht.

  • Gestern erst live in der Scala heute schon im chinesischen Web, In Deutschland ist das leider undenkbar.

    Lieber rodolfo, angeboten werden diese Übertragungen von Bilibi, einem Netzumnzternehmen, das seinen Sitz in Shanghai hat und in den USA einen Börsengang im Wert von vier Miiliarden US-Dolar anstrebte. Über das Netz kann jeder, der das will, darauf zurückkgreifen und sich nach Lust und Laune bedienen. Insofern ist eine nationale Zuordnung nicht gegeben und im Kern sinnlos. Deutschland muss also nicht erfinden, was es schon gibt.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Lieber Reingold, so meinte ich das nicht. Ich meinte das es bei YouTube nicht so oft vorkommt, das Premieren noch am nächsten Tag hochgeladen werden.

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