Die Klassikkrise findet nicht statt !!

  • Abgesagt ?


    Nein - wahrscheinlich gibt e gar keine und gab es nie eine.


    Aber Hallo !


    1) Die Subventionen werden laufend gekürzt


    2) Die Opernhäuser sind leer


    3) Die großen Plattenfirmen sperren zu oder reduzieren drastisch !


    4) Große Künstler verlieren ihre Verträge


    Und das soll keine Krise sein ?


    ___________________________


    Versuchen wir das mal zu beantworten:


    1) Das ist eher die Wirtschafts - als die Klassikkrise, auch sie ist künstlich - aber das steht auf einem andern Blatt.
    Eine gut geführtes Kulturunternehmen - Festival, Opernhaus,oder Konzertgesellschaft sollte sowohl, kostenbewusst, publikumsorientiert als auch sponsoringorientiert agieren - dann sollte sich eine vernünftige Balance herstellen lassen. Subventionen - so man welche kriegt . nimmt man natürlich auch. Zudem sollte eine Verwertung von Aufführungen für die Tonträger angedacht werden. einige Opernhäuser und Festivals (und nicht nur große - gehen diesen Weg.


    2) Liegt teilweise am Regietheater und an unpopulären Programmen
    Umdenken wird in Zukunft wohl unvermeidbar sein. Der Kunde ist König.
    Das war übrigens schon zu Mozarts Zeiten (und früher) so.


    3) Kein Wunder.


    Irgendwann in den späten achtzigern haben sie aufgehört ihre Stars zu pflegen und sie gegen "nobodys" ausgetauscht. Das mag zwar vielleicht nicht ganz falsch sein - stand aber im Gegensatz zur weiter gepflegten Hochpreispolitik. Einen Nobody . ega wie gut oder nicht gut - kann ich bei Naxos billiger haben.
    Im Gegenzug dazu hat man begonnen die "gro0en Stars" zu verramschen - ein irreversibler Fehler.
    Die "Klassikkrise" existiert - wenn überhaupt - nur bei den Majors - und bei einigen Labeln mit "exotischem" Programm.
    Ansonst sind in den letzten Jahren zahlreiche Label gegründet worden, die alle laufend Neuerscheinungen auf den Markt bringen.
    Man mag es kaum glauben:cpo, Naxos, Brilliant, Chandos. Hyperion - und zahlreiche andere - hat es in meiner Jugend alle nicht gegeben !
    Um 1985 sagte ein Sprecher eines Majors, das Sterben der Independient Labels voraus - weil man nämlich alle aufkaufen würde.
    Die Praxis sah dann jedoch anders aus.


    4) Zum einen waren die Gagen oft exorbitant hoch, zum andern verkauften sich vile Namen nicht mehr - zumindest nicht in Relation zu den vertraglich zugesicherten Gagen...
    Es muß jedem einleuchten, daß wenn nur einige wenige Label große Stars im Programm haben, der Markt anders gestaltet ist, als wenn jedes Kleinlabel mit interssanten Sängern präsent ist. Der Kuchen teilt sich dann anders auf.
    Es ist den Großen nicht gelungen die kleinen zu zerstören - ein Marketingfehler mit fatalen Folgen für die einstigen Marktführer.
    -------------------------------------------------------------------------------------


    Fpr uns Musikhörer ist aber inzwischen das Pardies entstanden.
    Unbekanntes Repertoire aller Zeitalter kommt ans Tageslicht - zu normalen - fairen - und gelegentlich auch moderaten Preisen.
    Und das alles in einwandfreier Tonquallität -(zumindest meistens)
    Barockopern die jahrhundertelang in den Archiven schimmelten, unbekannte Liedkomponisten der Romantik, Werke von (heute) uinbekannten Sinfonikern, - alldas taucht plötzlich aus der Versenkung auf - von zahlreichen independent Labels liebevoll eingespielt und editiert....


    Und das soll eine Klassikkrise sein ?


    Mitnichten.



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    ich kann dich nur bestätigen. Eine Klassikkrise existiert m.E. nicht.
    Da braucht man nur die Münchner Szene beobachten.
    Es ist sehr schwer Karten für spezielle Aufführungen zu bekommen...... Sei es Nationaltheater oder Cuvillies-Theater. Bei den Festspielen sowieso nicht. Muss man etliche Monate vorher buchen.......
    Spontanbesuche sind nicht möglich!.....:angry: Ich bin aber auch nicht bereit ca. 500 Euro für eine verunglückte Lohengrin Aufführung, auch wenn Kaufmann singt, zu bezahlen.....
    Auch sogenannte Klassikevents sind immer innerhalb von Minuten ausverkauft........ Bei Preisen, jenseits der Schmerzgrenze!
    Die Münchner kaufen sogar Karten für ein sog. Event, nur um mit der Netrebko im gleichen Lokal zu speisen, zu Euro 340!!!?(


    Bzgl. der Kartenpreise kann ich nur sagen: Die spinnen die Münchner und die Salzburger! :angry: Sind aber Ruck-Zuck ausverkauft. Anscheinend fehlt da nicht das Geld! Krise??


    Ich gehe öfter in die Oper, aber nicht in München!....
    Bin jetzt im August in Bremen und schaue mir Die Aixer Inszenierung von Idomeneo an.
    Kartenpreis Kat.1 105 Euro! 1. Reihe, nicht mal ein Drittel was eine vergleichbare Karte in München kostet!


    Ebenfalls im August bin ich in Innsbruck bei den Festspielen, Orlando Paladino von Haydn in der Berliner Fassung, mit den Freiburgern unter Jacobs. Kartenpreis Kat.1 Parterreloge 121 Euro! Da kann man nicht meckern....


    Auch bei den sogenannten TOP Festspielen -- Bayreuth -- Salzburg--- sind die Karten exorbitant teuer! Bis zu 500 Euro in Salzburg, im "elitären" Bayreuth jenseits von Gut und Böse, da weiß man garnicht was die Karten kosten, die sind ja schon Jahre im Voraus ausgebucht!
    Da kann man auch keine Krise feststellen!!....


    Bei den Festspielen in Aix-en-Provence, die auch heuer wieder ein Spitzen-Programm angeboten haben sind die Preise auch nicht so "elitär" wie in München oder Salzburg. Da wird Top-Qualität abgeliefert. Mit erstklassigen Künstlern! :jubel: Teuerste Karten, bei Premieren ca. 200 Euro


    Ich kann bei mir auch keine Krise feststellen, ich bin immer noch unterwegs um meine Favoritinnen zu sehen, lieber schränke ich mich anderweitig ein. Meine Opernbesuche lasse ich mir nicht nehmen!!


    Soviel zum Thema Klassikkrise


    Gruß
    :hello:

    Alles was du sagst, sollte wahr sein. aber nicht alles was wahr ist, solltest du auch sagen!

    Voltaire, (1694 - 1778),

  • Zitat

    Original von Alfred Schmidt
    2) Die Opernhäuser sind leer


    Münchner Opernfestspiele enden trotz Krise mit Rekordauslastung, das melden heute die Agenturen. Ich zitiere:



    Zitat

    München (ddp). Die Münchner Opernfestspiele haben im Krisenjahr 2009 ein Rekordergebnis verzeichnet. Erstmals unter der Ägide von Staatsopernintendant Nikolaus Bachler erreichte das traditionsreiche Festival eine Auslastung von 98,7 Prozent in den Hauptspielstätten Nationaltheater, Cuvilliés-Theater und Prinzregententheater. Damit sei das Rekordergebnis vom Vorjahr noch übertroffen worden, teilte die Bayerische Staatsoper am Freitag in München mit.


    In den vergangenen fünf Wochen wurden in Staatsoper, Cuvilliés-Theater, Allerheiligen-Hofkirche und Prinzregententheater 70 Opernaufführungen, Konzerte und Liederabende präsentiert, darunter Neuinszenierungen von Wagners «Lohengrin» und Leonard Bernsteins Kurzoper «Trouble in Tahiti».


    Und das bei diesen Preisen (s.o.)!


    LG


    :pfeif:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Liebe Forianer,


    zunächst möchte ich mich der so genannten Plattenindustrie zuwenden. Obwohl es sich ja hauptsächlich wohl um CD's handelt! :D


    In den obersten Etagen dieser Industrie haben längst Manager Einzug gehalten, die mit der klassischen Musik wenig am Hut haben. Zumindest aber herrscht ein einnfallsloses Miss-Management.


    Die Archive sind noch überfüllt mit Aufnahmen, die überhaupt noch nicht auf CD veröffentlicht worden sind.


    Wieder andere Aufnahmen werden jahr(zehnt)e lang nicht wieder aufgelegt.


    Andererseits tummeln sich diverse Aufnahmen in Mehrfach-Wiederveröffentlichungen:


    Don Giovanni unter Krips




    La Bohème unter Schippers




    Schumann-Sinfonien unter Karajan




    Gleiches gilt für die DVD-Produktion:


    Don Giovanni unter Karajan



    Was soll dieser Unsinn?


    Und das sind bei weitem keine Ausnahmen. Solche Doubletten sind in vielen Katalogen zu finden.


    Daran merkt man wie lieblos und konzeptionslos diese Firmen geführt werden. In dieser Hinsicht findet hier die Klassikkrise schon seit langem statt.



    Herzliche Grüße
    von LT :hello:

  • Kleiner Einwurf am Rande:


    Irgendwie glaubte ich eben ein Déjà-vu zu haben, als ich diesen neuen Thread registrierte. Stritten wir nicht vor kurzem schon unter dem Titel "Die Klassikkrise - eine selbsterfüllende Prophezeiung" darüber, ob eine Klassikkrise existiert oder nicht? Und schon gibt's ein Revival dieses Themas? Tamino Klassikforum in der Krise? Oder doch nur Saure-Gurken-Zeit? :D

    Nach Schlaganfall zurück im Leben.

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von enkidu2
    Kleiner Einwurf am Rande:


    Irgendwie glaubte ich eben ein Déjà-vu zu haben, als ich diesen neuen Thread registrierte. Stritten wir nicht vor kurzem schon unter dem Titel "Die Klassikkrise - eine selbsterfüllende Prophezeiung" darüber, ob eine Klassikkrise existiert oder nicht? Und schon gibt's ein Revival dieses Themas?


    Diese Dèjà-vu hatte ich eben auch.


    Zitat

    Original von enkidu2
    Klassikforum in der Krise? Oder doch nur Saure-Gurken-Zeit?


    ... oder einfach ein Sommerloch ? :D


    :hello:


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms


  • Das trifft sicherlich auf einige Mega-Labels zu, die ob ihrer Gigantomanie den Bezug zum Kern des Geschäfts: nämlich der Vermittlung von Kultur verloren haben, und nun, den Gesetzen des Kapitals unterworfen, sich soweit reduzieren, bis sie eines Tages nicht mehr im Geschäft sind. Nach dem Motto: Klassik rentiert sich nicht mehr.


    Andererseits ist der Rückzug der Giganten doch auch eine Chance für die vielen anderen Labels, die mit ihren Künstlern die Lücken füllen und mit ihren Neuentdeckungen das Angebot jenseits des Mainstreams für den Klassikliebhaber vervielfältigen.


    Also was die CD Produktionen angeht, vermag ich keine Klassikkrise zu entdecken. Über ein bischen Klassikkrise würde sich mein Portemonnaie sicherlich freuen.


    Gruß enkidu2

    Nach Schlaganfall zurück im Leben.

  • Teilweise braucht es einfach nur neue Konzepte. In Düsseldorf führe die Tonhalle auch lange Zeit ein Schattendasein. Aber seit einigen Jahren und einer gründlichen (gebäudetechnischen) Erneuerung sind die Häuser wieder voll.
    Die Konzepte, in der letzte Saison beispielsweise meistens ein Solokonzert für ein 'exotisches' Instrument gefolgt von einer großen Symphonie, scheint aufzugehen.


    Man wendet sich auch gezielt an Familien und Berufstätige, mit Familienkonzerten und Konzerten am Sonntag nachmittag, vor dem Abendessen.


    Ich glaube, die Leute sind durchaus interessiert an der Sache, man muss ihnen nur Appetit machen bzw. den Appetit in Bahnen lenken.


    Ich lebe hier im Prinzip sowieso wie die Made im Speck: Innerhalb einer Autostunde bin ich in jedem Konzerthaus zwischen Dortmund und Bonn - da sollte eigentlich immer was dabei sein... Man muss sich mal die Orchester- und Konzertsaal-Landschaft an Rhein und Ruhr anschauen - wo in der ganzen Welt findet man das noch? Und da werden sogar neue gebaut oder umgebaut, nicht nur geschlossen.


    Und wenn ich mir Labels wie z.B. Naxos oder CPO anschaue: ich kann auch nicht erkennen, dass da nichts Interessantes mehr herauskäme. Wenn die großen Labels ihre sogenannten 'großen Namen' gnadenlos vermarkten und an jeden Deppen massenweise Paul Potts, Andre Rieu (die beiden sollte ich vielleicht nicht in einem Satz nennen.... offizielle Entschuldigung an Herrn Potts) verhökern, verdienen sie damit vielleicht das Geld für die Randerscheinungen des Repertoires.

  • Zum "deja Vu":


    Es gibt insgesam DREI Threads tum Thema "Klassikkrise"


    Die Klassikkrise - eine selbsterfüllende Prophezeiung


    Dieser befasst sich mit der Schuld der Majors, die sie selbst verursacht haben.


    Das Ende der Klassikkrise kündigt sich an (?)


    Hier wird davon ausgegangen, daß es die Klassikkrise in der Tat gegeben hat, ud daß gewisse Anzeichen - beispielsweise eine vermehrte Aufnahmeaktivität der Majors - für deren baldiges Ensde sprechen


    UNSER Thread ingegen sollte sich damit befassen, daß es in der Tat wenige Indizien gibt, die für eine Klassikkrise sprechen - nie war das Angebot so vielfältig noch nie so viele Kleinlabels präsent.


    Wenn ein Thread jedoch in eine andere Richtung abdriftet, dann kann es zu scheinbaren Doppelthemen kommen


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Nun, ich denke auch nicht, daß es eine Klassikkrise gibt.


    Die Klassikszene ist ein Oberschichtphänomen, deswegen muß man da keine Angst haben.


    Selbst wenn es bei den Labels irgendwie Veränderungen und Verschiebungen gibt (und die wird es zwangsläufig geben, weil das Konzept von Labels, die CDs rausbringen, durch das Internet eigentlich schon längst überholt ist - die Künstler und ihre Agenturen werden über kurz oder lang andere Wege finden, ihre Musik zu verkaufen), so wird es weiterhin genug Reiche geben, die ihr Geld in standesgemäße Events wie klassische Großkonzerte & Festivals, Bayreuth etc. stecken. Außerdem gibt es noch u.a. die GEMA, die die Pfründe der Klassiker bestens schützt.


    Genauso wie generell in der Wirtschaft trifft die Krise die Kleinen und Mittleren, während die Reichen und Mächtigen weiterprotzen wie bisher. Kleinveranstalter gehen vor die Hunde oder hören auf, Konzerte anzubieten, weil sie die exorbitanten GEMA-Gebühren nicht bezahlen können und weil sie die Reichen nicht anlocken können; bei Großevents wie Bayreuth, Salzburg oder München braucht man sich nur anzugucken, wer alles im Publikum ist und in die Kameras winkt, um zu wissen, daß sich hier mit Sicherheit die allgemeine Krise nicht auswirkt... Und wenn doch mal gespart wird, bezahlt man einfach dem Bühnenpersonal unanständig wenig Geld (so wie es jetzt in Bayreuth ans Tageslicht gekommen ist), während an dem Prunk und Protz für die anwesenden Politiker und Manager ganz bestimmt nicht gespart wird...


    LG,
    Hasenbein

    Einmal editiert, zuletzt von hasenbein ()

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  • Hallo,


    um an Travinius' Äußerung anzuknüpfen:


    Im Ruhrgebiet gibt es keine wahrnehmbare Klassikkrise, zumindest was die sinfonische, Kammer- und Solomusik angeht - da ich mich für das Singtheater kaum interessiere, kann ich dazu nichts äußern. Hier werden laufend neue Konzerthäuser gebaut oder alte renoviert. In Dortmund haben wir nach dem Konzerthaus vor sechs Jahren, der Chorakademie kurz danach in diesem Jahr noch ein Orchesterzentrum NRW dazubekommen, wo sich junge Künstler weiterbilden können und ein sehr guter Kammermusiksaal vorhanden ist. Klassische Musik wird an allen möglichen Orten gespielt, die Festivals reihen sich aneinander wie Perlen an einer Kette: Man kann unmöglich einen repräsentativen Querschnitt auch nur einer Stadt bewältigen.


    Selbstverständlich tragen die großen Orchester und Stars das Geschäft, aber die Mischfinanzierung macht auch Zeitinseln zur zeitgenössischen Musik und die Aufführung entlegener Werke möglich.


    Natürlich glitzert es bei den meisten Konzertveranstaltungen silbern auf den Köpfen der Zuhörer, aber viele familienfreundliche Projekte und solche, die Schulen miteinbeziehen, machen Hoffnung auf größere Haarvielfalt oder zumindest genügend nachwachsende Silberhäupter.
    Nicht alle, aber viele finden ja erst in gesetzterem Alter zur klassischen Musik (zurück). In meiner Jugend musste es jedenfalls erstmal richtig krachen, aber heute höre ich fast nur noch klassische Musik und bin fleißige Konzertbesucherin. Diese Beobachtung mache ich durchaus auch bei anderen.


    Klassik lebt, zumindest hierzulande!


    Grüße
    tukan

  • Im Kulturteil der Münchner Abendzeitung steht heute zu lesen:


    Zitat:
    Laut einer Erhebung der Gesellschaft für Konsumforschung stehen Beethoven & Co trotz der Krise hoch im Kurs.


    Wer hört klassische Musik?
    Stefan Michalik, GF des Bundesverbandes Musikindustrie: „Die Musikbranche hat in den vergangenen Jahren
    erfolgreich daran gearbeitet, Hemmschwellen abzubauen. Weltstars wie Anna Netrebko sind nicht nur Klassikfans ein Begriff,
    während gleichzeitig Künstler wie David Garret mühelos Genregrenzen überwinden und so verstärkt auch jüngere Zielgruppen
    ansprechen. Es ist ein Vorurteil, Klassik sei nur etwas für die Bildungselite.
    Ein Drittel der Umsätze wird von Menschen mit Hauptschulabschluss oder mittlerer Reife generiert. Im ersten Halbjahr 2009
    stieg der Absatz von Klassikprodukten zum Vorjahreszeitraum um 23%. Die Zuwächse kommen vor allem
    aus dem Buchhandel und dem Konzert-Direktverkauf, beide konnten ihre Absätze mit Klassikprodukten verdoppeln“.
    Zitat Ende.

  • Klassische Musik steht bei den Konsumenten hoch im Kurs: Im ersten Halbjahr 2009 stieg der Absatz von Klassikprodukten in Deutschland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum laut einer Mitteilung des Bundesverband Musikindustrie um 23 Prozent.


    Die Zuwächse kommen vor allem aus dem Buchhandel und dem Konzert-Direktverkauf, beide konnten ihre Absätze mit Klassikprodukten verdoppeln.


    Zwar ist der typische Klassikkäufer nach Erhebungen der GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) städtisch, finanziell gut ausgestattet und gebildet, allerdings widerlegen Käuferstudien auch die verbreitete These, dass Klassik einzig Thema der Bildungselite ist.


    So werden ein Drittel der Umsätze von Klassikfans mit Hauptschulabschluss oder mittlerer Reife gemacht. Das gab der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) am Freitag in Berlin bekannt. Die Zahlen basieren auf den Medienkaufdaten von 25'000 Haushalten pro Monat.


    Während es in den Jahren 2002 bis 2005 nur vier Klassikprodukte in die Album-Charts schafften, waren es von 2006 bis 2009 mit 42 schon mehr als zehn Mal so viele.


    Das mit Abstand stärkste Segment bleibt die CD, aber auch DVD-Videoeinspielungen – beispielsweise von Opernaufführungen – werden gerne gekauft, zunehmend in letzter Zeit auch blue-ray-discs.
    Die an manchen Stellen prophezeite Rückkehr zur Vinyl-LP taucht in den Statistiken jedoch bis heute (noch) nicht auf.


    Quelle: (cf)


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Harald Kral
    Klassische Musik steht bei den Konsumenten hoch im Kurs: Im ersten Halbjahr 2009 stieg der Absatz von Klassikprodukten in Deutschland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum laut einer Mitteilung des Bundesverband Musikindustrie um 23 Prozent.


    Ist da vielleicht irgendein Film verantwortlich?
    (Meiner Erinnerung nach zählte die Titanic-Filmmusic zu "Klassik" und bescherte dem Sektor außerordentlich Steigerungsraten 1997 oder 98...)



    Zitat


    Während es in den Jahren 2002 bis 2005 nur vier Klassikprodukte in die Album-Charts schafften, waren es von 2006 bis 2009 mit 42 schon mehr als zehn Mal so viele.


    Quelle: (cf)


    Was schafft es denn da z.B. in die Charts?
    Lang Lang oder Nebtrebko-Recital wäre ja noch o.k., ich fürchte aber eher "Paul Potts" oder so etwas...


    Sind solche Listen gemeint:


    "http://www.spiegel.de/kultur/charts/0,1518,458990,00.html"


    zu LPs: Es gibt eine kleine Nische von audiophilen LP-Hörern, die nicht nur mit Flohmarktmaterial zufrieden sind, sondern Wiederauflagen von bekannten Alben (besonders Mercury, Decca, RCA Living stereo usw.) zu horrenden Preisen (25-40 EUR/LP) und mehr kaufen. Aber im Klassikbereich dürften die kaum ins Gewicht fallen.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Rückkehr zu LP könnte ich mir eher im Jazz/gehobenen "U-Bereich" vorstellen, da das Album dort eine ganz andere Rolle spielt als in der Klassik. In der Klassik handelt es sich ja "nur" um Aufnahmen von etwas, das eigentlich im Konzertsaal oder in der Kirche stattfindet und in authentischer Version (nämlich dort) ohnehin anders klingt.

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Rückkehr zu LP könnte ich mir eher im Jazz/gehobenen "U-Bereich" vorstellen, da das Album dort eine ganz andere Rolle spielt als in der Klassik.


    Gibt's auch bei der Klassik: Anna Netrebkos "Traviata" ist z.B. parallell auch als LP erschienen.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Wie man sieht ist dieser Thread offensichtlich KEIN "Sommerlochthread" und auch kein "Parallelthread" er wird weitgehend angenommen.


    Ein Thema das vor 2 oder 3 Jahren bereit in ähnlicher Form abgehandelt wurde mag damals (von teilweise anderen ) Forianern auf Interesse oder Gleichgültigkeit gestoßen sein - jedoch gelten heute andere Parameter.


    Wir befinden uns - auch wenn manche das nicht wahrhaben wollen - am Rande einer Wende in Richtung "neokonservativ"
    Das mag durchs Scheitern des Neoliberalismus und parallel dazu am Scheitern von linken Ideologien liegen - genau weiß das vermutlich niemand. Aber Werte wie "gutes Benehmen", "Allgemeinwissen" und "Kultur" haben allmählich wieder einen Stellenwert bekommen, den man vor einigen Jahren noch für undenkbar hielt.
    Und das wirkt sich vermutlich auch auf den Bereich "Klassik" aus.
    Daß hier vorzugsweise eine ahnungslose Klientel zu uns stößt, die z.B Netrebko für das Maß aller Dinge hält (Die Frage ob sie es ist, werde ich heute in einem neuen Thread zu klären versuchen) soll uns nicht irritieren, manche Klassik-Neulinge von heute werden allmählich zu Kennern heranwachsen und frisches Blut in die Szene bringen...


    Schliesslich werden ja auch von Majors - zaghaft aber doch -Neuaufnahmen von Opern produziert.....ein teurer Spaß...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Da wird doch immer gemeldet, dass gerade die Amerikaner so stark von der Krise betroffen sind. Nach den Meldungen dieser Woche trifft dies auf die Opernhäuser - z.B. die New Yorker "MET" - nicht zu, zumindest was den Kartenverkauf betrifft:


    Zitat

    New Yorker Met mit Ersttags-Rekordverkauf

    Der erste Tag des Vorverkaufs für die jeweils kommende Saison bedeutet für die New Yorker Metropolitan Oper Höchstbetrieb. Noch höher als hoch gings heuer zu: An einem einzigen Sonntag verscherbelte das Haus für 2,5 Millionen Dollar Entrittskarten.


    Der Erstsonntags-Verkauf dieses Jahres übertraf den Verkauf des letzten Jahres von 2 Millionen Dollar um ganze 25 Prozent. Verkauft wurde via Post, Telefoncenter und Webseite.


    Den bisherigen Rekord erreichte das Haus 2007, als am ersten Tag des Vorverkaufs Tickets für 2,1 Millionen Dollar Abnehmer fanden. Die Met eröffnet die Saison 2009/10 am 21. September mit einer Neuproduktion von Puccinis «Tosca».
    (Quelle: cf)


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Das sind sicher erfreuliche Nachrichten für die MET, wobei dieser Anstieg nicht zuletzt auf das Konto des rührigen Intendanten Peter Gelb geht, der einen behutsamen, aber nachhaltigen Modernisierungskurs fährt und dadurch neue Publikumsschichten anspricht. Man müsste allerdings zum Vergleich sehen, ob mit dem Rekordticketverkauf auch mehr Einnahmen erzielt wurden oder ob sich der Rekord vor allem einem Run auf die preiswerteren Kategorien verdankt. Die MET kann es allerdings gut gebrauchen, denn sie ist von der andauernden Weltwirtschaftskrise ziemlich hart getroffen (die finanziellen Rücklagen sind um 1/3 geschrumpft, die Spenden gingen um 10 Mio. Dollar zurück, 4 Neuproduktionen bzw. Wiederaufnahmen mussten gecancelt werden, den Beschäftigten wurde das Gehalt um 10% gekürzt usw.).


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Original von Harald Kral
    Klassische Musik steht bei den Konsumenten hoch im Kurs: Im ersten Halbjahr 2009 stieg der Absatz von Klassikprodukten in Deutschland im Vergleich zum Vorjahreszeitraum laut einer Mitteilung des Bundesverband Musikindustrie um 23 Prozent.


    Die Zuwächse kommen vor allem aus dem Buchhandel und dem Konzert-Direktverkauf, beide konnten ihre Absätze mit Klassikprodukten verdoppeln.


    Buchhandel? Klassik?


    Das bin ich, das bin ich!


    Komisch nur, daß ich diese Zahlen nicht bestätigen kann - und noch seltsamer, daß mich jede Plattenfirma auf diese Zahlen anspricht, weil sie sich nicht erklären können, bei wem dieser riesige Zuwachs denn gelandet sein soll...


    Im Ernst: welche Branche könnte denn ernsthaft einfach mal so ein Viertel der bisherigen Umsätze mal so oben drauf legen? Die haben schon vorher Platten verkauft und Marketing ist auch keine Erfindung aus dem Jahre 2009.


    Steht denn irgendwo, wie die auf diese Zahlen kommen? Werden Konzertverkäufe und Buchhandlungen extra gewertet und dann einfach oben drauf geschlagen?


    :pfeif: Jürgen

    Ich brauche keine Millionen, mir fehlt kein Pfennig zum Glück...

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  • Laut dem Bundesverband der Musikindustrie hat die Klassikkrise zumindest 2009 nicht stattgefunden. 2009 stieg die Zahl der verkauften CDs um 16,7% gegenüber dem Vorjahr auf nun 14,7 Mio. Stück an.


    Auch insgesamt ist der Verkauf von CDs in Deutschland leicht gestiegen, nämlich um 1,5% auf 147,3 Mio. Stück. Also gibt's derzeit wohl auch keine CD-Krise.


    Das Angebot von Klassiktiteln wuchs in 2009 um 14,9 Prozent auf 64.687 Tonträger. Die Zahl der Klassik-Neuerscheinungen legte auch zu, nämlich um 10,4% auf 6.930 Stück.


    Interessant fand ich auch zu lesen, dass etwa 60% der Bevölkerung gar keine Musik kaufen und dass die 5% Intensivkäufer 34% des Umsatzes am Musikmarkt generieren. Leider keine Zahlen über die Tamino-User.


    Gruß enkidu2

    Nach Schlaganfall zurück im Leben.

  • Also ich kann jetzt nur auf einen Punkt von Alfreds Liste oben eingehen.
    Das einzige leere Theater, was ich in letzter Zeit gesehen habe, war in Dortmund zum "babier". Essens Aalto Theater ist nahezu immer ausverkauft (zumindest in den Vorstellungen wo ich rein möchte).
    Münsters Auslastung ist zwar nicht ganz so fulminant hat aber trotzdem einige besucher.
    Also an dem Punkt kann die Krise nicht so ausgeprägt sein.

  • Wenn schon eine allgemeine Krise herrscht, kann auch die Kultur sich dieser kaum entziehen. Dazu kommt noch die fatale Einstellung vieler Kommunen, dass Sparmaßnahmen im Kulturbereich am leichtesten durchzusetzen und dem Bürger am bequemsten zu verkaufen sind. Leider hat sich die Tatsache noch nicht in allen Köpfen durchgesetzt, dass kulturelle Aktivitäten wichtige Standortfaktoren sind, die Lebensqualität in einer Region entscheidend beeinflussen und sich auch wirtschaftlich rechnen. In scheinbar unsicheren Zeiten reduzieren auch viele Bürger ihre Kulturausgaben. Gott sei Dank ist der tüchtige Kulturstaatsminister Neumann ein engagierter Aufklärer und Kämpfer in dieser Richtung.
    Die Hoffnung ist, dass mit Überwindung der allgemeinen Krise sich auch die Lage im kulturellen Bereich wieder normalisiert. Dass auch in diesen Zeiten zumindest ein Erhalt des erreichten Standards möglich ist, beweisen die Kulturschaffenden in Heilbronn. Mit einem neuen Leitungsteam konnte die Auslastung des Theaters und die Eigeneinspielquote signifkant gesteigert werden. Am aussagekräftigsten kann ich meine Argumentation an der erfolgreichen Entwicklung des Heilbronner Sinfonie Orchester aufzeigen, weil ich dort seit nun fast 50 Jahren in Vorstandspositionen - 45 Jahre als 1. Vorsitzender und 4 Jahre als Ehrenvorsitzender - verantwortlich tätig bin.
    Wir haben rund 1500 Abonnenten, 1800 Besucher im Schnitt pro Konzert, also fast immer ausverkaufte Veranstaltungen. Unsere Eigeneinspielquote liegt immer über 50%. Wir dürften damit die Konzertreihe mit den meisten Abonnenten in Baden-Württemberg haben.
    Worauf sind diese Erfolge zurückzuführen:
    Wir machen Programme, die genau auf den Geschmack unseres Publikums abgestimmt sind. Um die Wünsche unserer Zuhörer genau zu treffen, führen wir in regelmäßigen Abständen Publikumsbefragungen durch und entsprechen so weit wie nur möglich diesen Erwartungen. Das müssen und dürfen dann keine populistischen Wunschkonzerte sein. Die Programmgestaltung soll neues Erleben bringen und spannend sein. Bei der richtigen Mischung gelingt dies hervorragend. Jedes Konzert muss ein Event sein, das neugierig und am Ende den Besucher zufrieden macht. Wir haben seit über 30 Jahren einen bewährten künstlerischen Leiter und eine kontinuierliche Besetzung im Orchester. Unsere Philosophie drückt der Werbeslogan "Das Sinfonie Orchester - ein Stück Heilbronn" prägnant aus. Wir sind ein Orchester zum Anfassen und haben einen engen, herzlichen Kontakt zu unserem Publikum, das wir ständig pflegen. Wir betreiben seit langem ein intensives Zielgruppenmarketing und, und, und.......Zu erwähnen ist noch das günstige Preis-/Leistungsverhältnis, das so gestaltet ist, dass alle Schichten ins Konzert gehen können. In Heilbronn gibt es auch noch das renommierte Württembergische Kammerorchester, das ebenfalls mit ungewöhnlich hohen Besucherzahlen glänzen kann. Die kleine Großstadt Heilbronn mit allerdings großem Einzugsgebiet entwickelte sich auch durch das breite Angebot und eine anspornende Wettbewerbssituation zu einer aktiven Kulturstadt.
    Mit meinen Ausführungen wollte ich aufzeigen, dass der allerorts beklagte Besucherrückgang und der Zusammenbruch der Abonnementreihen nicht schicksalhaft sein muss. Dann wollte ich einige wenige, aber grundsätzliche Erfahrungen darstellen . Diese sind auch interessant bei unseren ständigen Diskussionen um Regiestile und die Erfolgsvoraussetzungen für lebendige Kultur. Theater dürfen eben nicht gegen den Geschmack und die Erwartungen des Publikums inszenieren. Wer volle Häuser will ,sollte Provokation nicht zum Programm machen. Das Publikum will sich m. E. auch nicht ständig erziehen lassen. Es möchte spannende Erlebnisse, Erfüllung seiner Erwartungen und Erbauung. Eine diese einfachen Grunderkenntnisse berücksichtigende Konzeption ist der Weg zur Vermeidung und Beendigung der oft auch nur herbeigeredeten Krise.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!